Thun-Magazin Nr. 6, November 2021

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KULTUR

«Mich fasziniert das Unspektakuläre des Alltags» Der Autor, Kabarettist und Slam-Poet Christoph Simon ist bekannt für seinen schrägen Humor und präzisen Sprachwitz. Am 27. November liest der zweifache Schweizermeister im Poetry Slam und Gewinner des Salzburger Stiers an der Thuner Literaare-Herbstlese. Christoph Simon, lange waren Sie als Romanautor bekannt. Seit 2012 treten Sie mit Ihren Texten auf der Bühne auf. Wie kam es zu diesem Schritt? Es war vielmehr ein fliessender Übergang als ein Bruch. Ich habe schon zuvor Lesun­ gen gehalten und unterschiedliche Bühnenformate ausprobiert, die an mich herangetragen wurden. Nach meinem Atelierstipendium in New York 2012 präsentierte ich an den Poe­ try-Slams aber nicht mehr Auszüge aus meinen Büchern, sondern schrieb berndeutsche Kurztexte eigens für die Bühne. Sie mögen also beides – einsames Schreiben und Scheinwerferlicht. Ja, das hätte ich nie gedacht. Ich wusste ja nicht, wie das wird und ob es mir gefällt, den ganzen Tag Lampenfieber zu ha­ ben und für Auftritte manchmal auch lange unterwegs zu sein. Davor und we­ niger vor dem eigentlichen Bühnenauf­ tritt hatte ich Respekt.

In Ihren Geschichten beschreiben Sie Situationen und Figuren aus dem Alltag. Ist es eine Mischung von tatsächlich Erlebtem und Fiktion? Oft verdrehe ich eine reale Situation oder betrachte sie von einer anderen Seite. Die Figuren fliessen ineinander. In meinen Geschich­ ten forme ich verschiedene Materialien aus der Realität und Fiktion zu etwas Ei­ genem. Sammeln Sie permanent irgendwelche Begebenheiten? Ich habe immer ein No­ tizbüchlein dabei. Mich fasziniert das Unspektakuläre des Alltags und das Spiel mit den Dimensionen. Ich reduziere meine Geschichten oftmals auf eine kleine Begebenheit des Alltags und be­ schreibe sie ausführlich, zum Beispiel eine Situation vor dem Glascontainer oder im Pendlerzug. Haben Sie in Ihren Texten eine Lieblingsfigur? Es ist eigentlich immer diejenige Fi­ gur, an der ich gerade arbeite. Aktuell ist

Bild: Christoph Simon liest an der Lite­ raare-Herbstlese aus drei seiner Bücher.

es ein Quartier-Strolch, der meint, er könne stets alles besser als die anderen, und damit den Leuten auf den Geist geht. Er verkörpert anstrengende Seiten mei­ ner Persönlichkeit und sagt Dinge, die ich in der Realität nicht zu sagen wage. Und was haben Sie für die «Herbstlese» bereit? Ich lese aus drei in diesem Jahr erschienenen Büchern: «Die Dinge da­ heim», einem Gedichtband und «Der Suboptimist». Interview: Marianne Flubacher Bild: Michael Isler

Literaare «Herbstlese»

Samstag, 27. November 2021 Frachtraum Thun Christoph Simon liest um 13 Uhr. Mehr Infos: www.literaare.ch www.christophsimon.ch 6/21  |  ThunMagazin

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