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Kunstmuseum Thun: Moment
KUNSTMUSEUM THUN
Momentaufnahme unterschiedlicher Resonanzen
Parallel zur Weihnachtsausstellung «Cantonale Berne Jura» findet im Kunstmuseum Thun das Ausstellungsformat «Ortswechsel» statt. Dabei präsentieren zwei Thuner Kunstschaffende Werke, die während ihres AtelierAufenthalts im Ausland entstanden sind.
Kunstinteressierte können sich diesen Winter gleich auf zwei neue Ausstellungen im Kunstmuseum Thun freuen. Vom 11. Dezember 2021 bis 23. Januar findet die diesjährige interkantonale Weihnachtsausstellung «Cantonale Berne Jura» statt. Das Format wurde 2011 von Kunsthäusern und Museen aus den Kantonen Bern und Jura ins Leben gerufen. Verteilt auf die verschiedenen Institutionen bietet die Ausstellung regionalen Kunstschaffenden jedes Jahr eine wichtige und breite Plattform. Unter dem Titel Resonanz(en) wird die Weihnachtsausstellung im Kunstmuseum Thun auch in diesem Jahr thematisch kuratiert.
19 künstlerische Positionen
Unter der Leitung von Simone BüschKüng vom Kunstmuseum Thun wählte die Jury aus 411 Eingaben 19 künstlerische Positionen zum Thema Resonanz(en) aus, die ab dem 11. Dezember in Thun zu sehen sind. Alle Werke weisen eine Resonanz auf ihr Umfeld wie auch auf die Betrachtenden auf oder lösen eine solche aus. Der Begriff Resonanz umfasst dabei ein breitgefächertes Themenfeld. So setzen sich manche Werke inhaltlich mit dieser Thematik auseinander, indem sie die Reaktion auf etwas Bestimmtes verdeutlichen. Die Künstlerin Nina Rieben (*1992) beleuchtet beispielsweise in ihren grossformatigen Fotografien «Sentimental Title, loading» (2020) das Verhältnis zwischen Nähe und Distanz. Die Aufnahmen zeigen Sonnenuntergänge, die jedoch von einem weissen Feld durchbrochen werden. Die Leerstelle entstand durch die Reflexion auf der Fensterscheibe und steht in starkem Kontrast zum dämmrigen Abendrot, dessen Stimmung in den weissen Feldern auf eindrückliche Weise nachklingt und Raum für Reflexionen lässt.
Spiel mit dem Ausstellungsraum
Andere Werke spielen mit dem Ausstellungsraum oder befassen sich in Bezug auf ihre Materialbeschaffenheit und künstlerische Erscheinungsweise mit der Dichotomie von Eindruck und Wirklichkeit. Demnach wirken etwa die Zeichnungen des Künstlers Lorenz Fischer (*1993) aus seiner Werkreihe «Move with the Leaves» (2020 bis heute) wie Metall. Die fragile Grafik wird in der Vorstellung des Betrachtenden zu einem scheinbar festen und harten Material, dessen Unbiegsamkeit wiederum durch das Aneinanderheften der einzelnen Fragmente in Frage gestellt wird.

Dokumentarfilm über den Lockdown Eine Resonanz kann aber auch das Echo auf aktuelle Situationen oder bestimmte Ereignisse sein. So hält zum Beispiel die Künstlerin Lea Fröhlicher (*1986) in ihrem Dokumentarfilm «Bewegung im Stillstand» (2021) die ungewisse Reise des Oltner Kulturlokals Coq d’Or durch die Schwierigkeiten des Lockdowns und die Suche nach einer neuen Identität fest. Dabei erzählt sie eine Geschichte über kulturelle Entschleunigung, Freiräume für eine Rückbesin
Ausstellungen im Kunstmuseum Thun
«Cantonale Berne Jura» und «Ortswechsel» 11. Dezember 2021 bis 23. Januar 2022
Vernissage: Sa, 11. Dezember, ab 11 Uhr Beteiligte Kunstschaffende an der «Cantonale»:
Marlys Bratschi, Renata Bünter, collectif FUTAL, Lorenz Fischer, Rebekka Friedli, Lea Fröhlicher, Rokko Gottwald, Simone Haug, Lukas Hoffmann, Oliver Krähenbühl, Kotscha Reist, Nina Rieben, Maja Rieder, Philipp Schaerer, Sébastien Schnyder, Maria Tackmann, Aline Witschi, Emmanuel Wüthrich und Anke Zürn.


Bilder linke Seite: Werk von Lorenz Fischer aus der Serie «Move with the Leaves – Shine with the Chrome» und Werk von Nina Rieben «Sentimental Title, loading». Bild links: Eine Zeichnung von Reto Steiner, die während des Atelieraufenthalts in Berlin entstanden ist. Bild oben: Filmstill aus dem Dokumentarfilm «Bewegung im Stillstand» von Lea Fröhlicher.
nung auf das Wesentliche und Gedankenreisen in eine unsichere Zukunft.
Kunst ist immer auch eine Reaktion auf das Leben. Die diesjährige Ausstellung erscheint daher wie eine Momentaufnahme ganz unterschiedlicher Resonanzen, die auf vielfältige Weise in den künstlerischen Positionen zum Ausdruck kommen.
Impressionen aus der Ferne
Neue Eindrücke ausserhalb des heimischen Ateliers lösen nachhaltige Denkprozesse aus und sind inspirierend für das weitere Schaffen. Welche Eindrücke werden gesammelt? Wo liegen die Inspirationsquellen? Was lösen sie im künstlerischen Schaffen aus? Und welche Netzwerke entstehen? Solche Fragestellungen sind unter anderem Bestandteil des Formats «Ortswechsel» im Projektraum enter.
Die Kulturabteilung der Stadt Thun vergibt regelmässig Stipendien an Thuner Kunstschaffende für Atelieraufenthalte im Ausland und ermöglicht damit kreative Schaffensprozesse in einem völlig neuen Umfeld. «Ortswechsel» bietet eine Plattform, Spuren und Erlebnisse der Atelieraufenthalte zu zeigen. Dieses Jahr, parallel zur «Cantonale», stellen Maria Tackmann (Atelier Kairo, 2020–2021) und Reto Steiner (Atelier Berlin, 2021) aus. Beide zeigen eine Auswahl an Zeichnungen, die während ihrer Aufenthalte in Kairo und Berlin entstanden sind. Für Maria Tackmann (*1982) sind die Zeichnungen eine Art Tagebuch, das parallel zu ihrer installativen Arbeit entsteht. Ausgangspunkt sind jeweils Eindrücke, Muster, Farben, Oberflächen, Strukturen, aber auch Objekte aus ihrer unmittelbaren Umgebung. Auch Reto Steiner (*1978) nimmt in seinen Arbeiten Bezug auf seine in Berlin gesammelten Impressionen. Seine Skizzen, die er in kleinen Heften festhält, treten dabei wie gezeichnete Gedanken in Erscheinung, deren Flüchtigkeit durch das Durchschimmern der jeweils vorherigen Zeichnung beinahe greifbar wird.