marie 61/ Juni 2021

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Mittendrin in V

„INKLUENCERINNEN“ FÜR EIN GUTES LEBEN MIT BEHINDERUNG Nicole Klocker-Manser

Der Verein Integration Vorarlberg feiert seinen 30. Geburtstag. Eltern für den inklusiven Weg zu ermutigen ist eine Pionierarbeit, die maßgeblich im Bregenzerwald ihren Ursprung hatte. Hier sind „Influencerinnen für die Inklusion“ zugange, um der Thematik zu mehr öffentlicher Wahrnehmung zu verhelfen.

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Text und Fotos: Andrea Fritz-Pinggera

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Inklusion ist ein Menschenrecht und kein besonderes Bedürfnis.

er 1989 ins Leben gerufene Verein Integration Vorarlberg ist Informationsdrehscheibe und Plattform, macht Betroffenen Mut und unterstützt den integrativen Weg. Neue Obfrau ab Juni ist Mag.a Nicole Klocker-Manser, die mit der Vizeobfrau der ersten Stunde, Ingrid Rüscher, einiges verbindet. Die Pädagogin und Arztassistentin Rüscher setzt sich seit vier Jahrzehnten unermüdlich für das gemeinsame Leben und Lernen von Kindern mit und ohne Beeinträchtigung in Kindergarten und Schule ein. Motor für ihr Engagement ist Tochter Stephanie (Jg. 1981), eines der ersten Integrationskinder in Kindergarten, Volks- und Hauptschule in Andelsbuch. Die einstige Jugendkoordinatorin der OJA Bregenzerwald, Nicole Klocker-Manser, begegnete Stephanie auf einem Reiterhof, bevor sie die junge Frau später im Rahmen des Pilotprojektes „persönliche Assistenz“ ein Jahr lang begleitete. Als die studierte Erziehungswissenschafterin selbst Mutter wurde, stellt sich nach einiger Zeit heraus, dass ihre Tochter Frida einen besonderen Entwicklungsplan hat und Unterstützung benötigt. Ingrid Rüscher mit ihrer großen Erfahrung und Nicole Klocker-Manser mit frischer Initiative ergänzen sich nun generationenübergreifend im Verein Integration Vorarlberg. marie: Was war 1989 die größte Schwierigkeit? Ingrid Rüscher: Ich wollte, dass Stephanie statt in die Sonderschule im vertrauten Umfeld zur Schule geht. Das konnten sich damals Direktoren, Landesschulrat und Behörden nicht vorstellen. Das war neu. Es waren zwar Kompromisslösungen vorhanden, ich beharrte jedoch auf einem integrativen Schulversuch, damit landesweit Kinder davon profitieren können. Zeitgleich engagierte sich eine Familie in Lustenau in derselben Thematik. Experten rieten uns zum gesellschaftlichen und politischen Engagement, um die Integrations-Idee größer aufzustellen. Mit der Vereinsgründung installierten wir die Integration Vorarlberg als Plattform für den inklusiven Weg. 1990 startete die erste Integrationsklasse. Wie wichtig ist die Wahl der Begriffe? Nicole Klocker-Manser: Sprache ist ganz wesentlich. Spreche ich von einem „Behinderten“, ist es vereinnahmend. Heißt es ,Mensch mit Behinderung‘ ist es lediglich eine Eigenschaft, ein Teil. Meine Tochter hat einen besonderen Genbaukasten. Ich nenne selten den Begriff Williams-Beuren-Syndrom, da ich Frida nicht in eine Schublade stecken will. Worte wie Erkrankung oder Gendefekt etc. sind nicht richtig. Unsere Gesellschaft ist vielfach defizitorientiert, das ist eine der Herausforderungen, Inklusion in die Köpfe zu bringen.


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