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Holz ist mein Leben“

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An ausreichend Holz vor der Hütte hat es Friedrich Engstler nie gemangelt. Seit fast 60 Jahren betreibt er ein Sägewerk in Dalaas. Ans Aufhören denkt der heute 85-Jährige aber noch immer nicht. Gemeinsam mit der marie blickt er auf sein arbeitsreiches Leben zurück.

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Text und Fotos: Frank Andres Friedrich Engstler arbeitet täglich außer Sonntag in seiner Sägerei, die er mit 27 Jahren von seinem Vater übernommen hat.

Es ist das Jahr 1935 als Friedrich Engstler das Licht der Welt erblickt. Der Bauernsohn wächst gemeinsam mit sieben Geschwistern in Dalaas auf. „Der Vater war sehr streng“, erinnert er sich. Arbeit bestimmt sein Leben. Schon als Kind steht er um 3 Uhr in der Früh auf, um die Tiere nach Zürs auf die Alpe zu bringen. Transportiert zu Fuß in einem fünf Kilogramm schweren Rucksack die Molke nach Langen. Dort steigt er in den Zug und fährt nach Hause. „Uns hat man nicht geschont. Aber dadurch wurden wir das Arbeiten gewöhnt“, kann er dieser Zeit im Rückblick auch durchaus etwas Positives abgewinnen.

„Friedl, mach du das“

Friedrich Engstler macht bei der Firma Dobler in Muntlix eine Ausbildung zum Zimmerer. Nach der Lehre geht er für ein Jahr in die Schweiz. Absolviert danach die Bauhandwerkerschule und arbeitet zwei Jahre als Baumeister in Rankweil. Im Winter ist jobmäßig aber nicht viel los. Er bewirbt sich deshalb auf eine offene Stelle beim Straßenbauamt. Und er bekommt den Job. Er mag seine Arbeit, aber vor allem die Hoteliers am Arlberg bereiten ihm manchmal Sorgen. „Die wollten immer, dass die Straße nach Lech offenbleibt. Egal bei welchem Wetter. Und wenn die Autos der Gäste wegen starken Schneefalls hängengeblieben sind, hieß es nur: „Ihr habt schlecht geräumt.“ Diese Sache ist ihm auf Dauer zu heiß. Und wie es der Zufall will, findet Friedrich Engstler mit 27 Jahren seine endgültige berufliche Bestimmung. Er wird Sägewerksbesitzer. Die 1884 erbaute Sägerei hatte sein Vater 1927 gepachtet und 1937 der Firma Getzner abgekauft. Eigentlich soll ein Bruder von Friedrich die Sägerei 1962 übernehmen, aber dieser wird krank. Schließlich sagt der Vater zu seinem Sohn: „Friedl, mach du das.“ Und Friedrich macht. Bis heute. Insgesamt fast sechs Jahrzehnte. Sein Vater ist erleichtert. Friedrich Engstler erinnert sich: „Er hat immer gesagt: Mit den Kühen muss ich mich weniger ärgern als mit den Menschen.“ Friedrichs Vater war zeitlebens mit Leib und Seele Bauer.

„Meine Frau hat die ganze Familie gemanagt. Ohne diesen guten Zusammenhalt wäre das alles nicht möglich gewesen.“

Friedrich Engstler ist seit 1987 auch Kraftwerksbetreiber. Seine Turbinen liefern aus Wasserkraft bis 60 Kilowatt Strom pro Stunde.

Eigener Chef

Friedrich Engstler ist zum ersten Mal sein eigener Chef. Die meiste Zeit arbeitet er allein oder zu zweit in seiner Sägerei. Zwei Burschen machen bei ihm die Lehre. Der erste bleibt vier Jahre. „Er war fachlich sehr gut, aber unzuverlässig. Er hat immer wieder mal blau gemacht. Da habe ich ihm geraten, dass er besser zur Bahn geht“, erzählt Friedrich Engstler, der im Juli seinen 86. Geburtstag feiert. Der zweite Lehrling hält ihm länger die Treue. 25 Jahre lang. Als Friedrich Engstler 70 Jahre wird, fragt ihn sein ehemaliger Lehrbub, wie lange er noch weiterarbeiten möchte. Sein Chef antwortet ihm: „So lange ich gesund bleibe.“ Friedrich Engstler will ihm sogar die Sägerei verpachten, doch dieser lehnt ab. „Er war ein guter Arbeiter, aber mit Schreibarbeiten hatte er nichts am Hut.“

Holz für Orgel

Die Arbeit in Friedrich Engstlers Blockbandsägerei hat sich über die Jahrzehnte stark gewandelt. In den Anfängen schneidet er vor allem Holz für Einfamilienhäuser. Mindestens jede zweite Woche einen Dachstuhl. Durch die Fertigteilhäuser hat sich aber sein Geschäft komplett gewandelt. Heute gehe der Trend in Richtung fertig verleimte Platten. Anstelle von Häusern fertigt Friedrich Engstler heute vorwiegend Carports oder macht Häuser-Umbauten. Aber er hat auch schon Holz für eine Orgel für die Propstei St. Gerold gefertigt. Heute beliefert er vorwiegend Möbeltischlereien und einzelne Holzfensterbauer im Klostertal.

Beitrag zum Klimaschutz

Friedrich Engstler setzt in seiner Sägerei von Anfang an auf Regionalität. Nur für Dachstuhlbauten importiert er Holz aus Deutschland. Seit dem großen Windwurf im Jahr 1990 bezieht er aber sein gesamtes Material, 90 Prozent davon Fichte, aus der näheren Umgebung. Diese Entscheidung hat Friedrich Engstler ganz bewusst getroffen. „Holz ist ein natürlicher Rohstoff. Wir sollten es nicht von dort beziehen, wo es am billigsten ist, sondern aus unserer Region. Da fängt für mich Klimaschutz an.“ Holz sei zudem ein nachhaltiger Rohstoff, von dem jährlich bei uns mehr nachwachse als verbraucht werde.

Gänsehautmoment

Ans Aufhören denkt der bald 86-Jährige nicht. Täglich, spätestens um 8 Uhr in der Früh, wirft er seine Bandsäge an. 400 bis 500 Festmeter Holz verarbeitet er heute pro Jahr. Am Samstag um 17 Uhr geht er ins Wochenende, wenn er für Kunden nicht noch schnell einen dringenden Auftrag zu erledigen hat. Diese Mehrstunden nimmt er aber gerne in Kauf. „Ich habe eine Liebe zur Natur. Holz ist mein Leben.“ Früher habe er regelrecht eine Gänsehaut bekommen, wenn er einen alten Baum gefällt habe. „Der stand vielleicht 200 oder 300 Jahre an einem Platz und hat Wind und Wetter getrotzt.“

Welchen großen Traum möchte sich Friedrich Engstler aber noch erfüllen? „Reisen“, sagt der heute14-fache Opa und zweifache Uropa ohne lange zu überlegen. 1998, 1999 und 2001 war er gemeinsam mit Anni Drexel in einem Missionsspital in Nigeria. Machte dort die Zimmererarbeiten und lernte den Menschen vor Ort sein Handwerk. Zehn Jahre später reist er nochmals in das westafrikanische Land, um Hobelmaschinen und Fräsen wieder zum Laufen zu bringen.

Aber ohne seine Annemarie, mit der er seit 1966 verheiratet ist, wäre das alles nicht möglich gewesen, betont Friedrich Engstler. „Sie hat unsere fünf Kinder aufgezogen und den Haushalt gemanagt. Sie hat für den Zusammenhalt innerhalb der Familie gesorgt. Das hat mir die notwendige Kraft gegeben.“ Womit wieder einmal bewiesen wäre, dass der alte Spruch, „Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau“, nach wie vor seine Gültigkeit hat.

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