Hausarzt GYNÄKOLOGIE/UROLOGIE/ANDROLOGIE
Die andere Art des Schrittmachers
Foto: © shutterstock.com/ Peter Gudella
Sakrale Neuromodulation kann die Lebensqualität bei Inkontinenz verbessern
Leider sind Inkontinenz und Entleerungsstörungen nach wie vor ein Tabuthema. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Betroffene? Zu den ohnedies unangenehmen Symptomen kommen häufig sozialer Rückzug und Selbstisolation hinzu. Prim. Dr. Martin Haydter, Abteilungsvorstand der Urologie am Landesklinikum Wiener Neustadt, berichtet: „Inkontinenz bedeutet für viele – je nach Schweregrad des Harnverlustes – eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität. Auch aus einer Entleerungsstörung mit Restharnbildung oder vollständig fehlender Spontanmiktion ergeben sich Beeinträchtigungen im Alltag. Insbesondere aufgrund des erforderlichen Selbstkatheterismus.“ Die Behandlungsoptionen sind zwar zahlreich, aber die physikalischen und medikamentösen Therapien bringen nicht immer den gewünschten Erfolg. In solch einem Fall können Verfahren der Neuromodulation eingesetzt werden, um den Patientinnen und Patienten wieder ein weitgehend normales Leben zu ermöglichen.
12
Oktober 2021
Urologische sowie proktologische Indikationen Die sakrale Neuromodulation (SNM) gibt einem großen Patientenkollektiv Anlass zur Hoffnung. „Indiziert ist das Verfahren sowohl bei überaktiver Blase mit Harnverlust, Blasenentleerungsstörungen und kombinierten Blasenfunktionsstörungen als auch bei Stuhlinkontinenz“, erläutert Prim. Haydter. Die minimalinvasive Methode wird in zwei Schritten angewandt: „Zuerst werden die sakralen Elektroden operativ in die Neuroforamina S3 implantiert, anschließend erfolgt eine Testphase mit externen Impulsgeneratoren – diese kann sich über vier bis sechs Wochen erstrecken. Bei Therapieerfolg, sprich einer zumindest 50-prozentigen Symptomverbesserung, werden in einer zweiten Operation die permanenten Impulsgeber implantiert.“ Die Stimulation der Sakralnerven ähnelt technisch der Arbeitsweise eines Herzschrittmachers – daher werden in
Bezug auf die SNM auch die Begriffe Blasenschrittmacher, Darmschrittmacher oder Beckenbodenschrittmacher gebraucht. Kontraindikationen liegen selten vor. Anatomische Gegebenheiten können die Elektrodenimplantation erschweren oder undurchführbar machen – dank alternativer Zugangswege oder Elektrodenpositionierung lassen sich diese jedoch meist umgehen. Bei schwangeren Patientinnen ist die SNM laut Prim. Haydter kontraindiziert. Zudem weist der Urologe darauf hin, dass vor der Implantation eine genaue Abklärung erfolgen müsse und die im Therapiealgorithmus des jeweiligen Krankheitsbildes vorgeschalteten Behandlungen hinreichend ausgeschöpft worden sein sollten.
Bedeutende Erfolgsquote Neben der SNM können auch peripher ambulante Verfahren – etwa die