Tipps zu Sicherheit & Ausrüstung
Verhalten im Notfall Teil 5: Unterkühlung von Irene Gerstacker, Uta Miller und Thomas John
Eine Unterkühlung ist auch im Sommer möglich. Alle Verletzten, Erschöpften, die ohne Bewegung im Gelände verharren müssen, kühlen aus. Dies ist bereits der Fall, wenn nicht betroffene Begleiter*innen noch keine Kälte spüren und frieren. Der Körper produziert Wärme bei Muskelarbeit. Ohne Bewegung kann durch Zittern Wärme erzeugt werden; dazu wird sehr viel Energie benötigt. Ein erschöpfter Mensch, dessen Energiereserven bereits verbraucht sind, kann deshalb auch weniger Wärme durch Zittern produzieren und kühlt noch schneller aus. Wärmeaustrag aus dem Körper ist neben Kleidung zusätzlich abhängig von Faktoren wie Umgebungstemperatur, Feuchtigkeit bzw. Nässe und ganz bedeutend Windgeschwindigkeit. Wasser leitet Wärme schnell, Luftpolster wirken isolierend. Somit ist plausibel, dass Unterkühlung keinesfalls nur bei Minusgraden erwartet werden kann. Zeichen einer Unterkühlung Folgende Beobachtungen helfen, die verschiedenen Stadien festzustellen: 1. Der Betroffene zittert, schlottert und ist bei normalem Bewusstsein 2. Der Betroffene ist im Bewusstsein eingetrübt, ist motivationslos, kann sinnlose Handlungen und wirres Sprechen zeigen. 3. Der Betroffene ist bewusstlos 4. Herz-Kreislaufstillstand und Tod Maßnahmen bei Unterkühlung Rechtzeitig daran denken und vorbeugen! Stadium 1: Gezuckerte, heiße Getränke anbieten und zu aktiver Bewegung auf-
fordern. Wenn möglich nasse Kleidung wechseln, wärmende Kleidung, Mütze, etc. anziehen, in Biwaksack packen, wenn vorhanden. Stadium 2: Bei stark unterkühlten Betroffenen gezuckerte heiße Getränke geben, wenn Betroffene*r bei Bewusstsein ist. Keine aktive Bewegung mehr einfordern, nicht bewegen. Es darf kein kaltes Blut durch Bewegung aus Armen oder Beinen in den Kreislauf gelangen. Nach Möglichkeit windgeschützten Unterstand, Schneehöhle errichten. Betroffene*n mit eigener Körperwärme wärmen. Stadium 3: Bewusstlose in stabile Seitenlage bringen, überwachen (Atemstillstand möglich!), weiteres Auskühlen verhindern. Achtung: Wiedererwärmung im Gelände in der Regel nicht möglich. Es kann nur weitere Auskühlung verhindert werden. Stadium 4: Bei Atemstillstand sofortiger und ausdauernder Beginn mit Wiederbelebungsmaßnahmen wie Herzdruckmassage und Atemspende. Tipps Eine einfache Rettungsdecke (Folie) kann sehr gute Dienste erweisen und sollte nebst Biwaksack in keinem Rucksack fehlen. Die Verwendungsmöglichkeit einer Rettungsdecke bei Unterkühlung ist aus den Bildern ersichtlich und kann unter „Sicher am Berg: Taktische Alpinmedizin“ (s. QR-Code) der Bergrettung Tirol angesehen werden.
Wärmewickel mit Rettungsdecke. Alle Fotos: Thomas John
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