Kronen Zeitung - Salzburger Festspiele

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ERINNERUNGEN

Michael Heltau: Meine Festspiel-Erinnerungen ann sich heute überhaupt noch je Zehn Jahre nach dem Furtwängler-Giovanni mand vorstellen, dass die „Salzburger war ich zum ersten Mal selbst dabei. Da war ich Festspiele“ an irgend einem anderen der Gute Gesell vom Walther Reyer im „JederPlatz stattfinden könnten als in Salzburg? Und mann“. Und schon im Jahr drauf (1965): Giorgio doch ist das vor hundert Jahren keineswegs Strehler! Er hatte mich als Troilus in „Troilus ausgemachte Sache gewesen. Helene Thimig und Cressida“ gesehen und wollte mich für seihat mir erzählt, wie lange Max Reinhardt über ne Inszenierung der „Entführung aus dem Seeinen geeigneten Ort nachgedacht hat. Reinrail “ als Bassa Selim haben. Ich war erstaunt, hardt war als junger Schauspieich dachte an eine Verwechsler in Salzburg im Engagement. lung. Weil in meiner Erinnerung Und er hatte Erfolg! Das ist nicht diese Rolle immer von gesetzten zu unterschätzen! Diese ErinneSängern mit großer Vergangenrungen! Die Freunde: Bahr, Hofheit gespielt wurde – und ich war mannsthal, Richard Strauss, Alfnicht ganz 32! Aber Strehler war red Roller, Franz Schalk, der sehr überzeugend mit seiner ErSalzburger Erzbischof Ignaz Rieklärung, für ihn sei der Bassa der (ganz wichtig!). Und Salzeine Mischung aus einem jungen burg, verträumt, verschlafen, Othello und einem jungen Naeher arm, ahnte noch nichts von than dem Weisen. Damit hat er seinem Glück. mich natürlich sofort verführt. 100 Jahre! Zwei Drittel davon Bernhard Paumgartner und Zu100 Jahre Festspiele, habe ich miterlebt, zuschauend bin Mehta waren bei allen ProPublikumsliebling Michael und mitwirkend. Leidenschaftben dabei. Ich glaube, wirklich Heltau erlebte zwei Drittel lich miterlebt. 1954 die Generalbei allen! Nicht, weil sie mussten. davon mit – als Zuschauer probe „Don Giovanni“ in der FelDas war zum ersten Mal, dass senreitschule. Dirigent Wilhelm meine Kollegen Sänger waren. und Darsteller. Eine ganz Furtwängler, Regie Herbert Im Nachhinein wundert es persönliche Liebeserklärung. Graf. Giovanni Cesare Siepi, mich nicht, dass in dieser AtmoDonna Anna Elisabeth Grümmer sphäre Bernhard Paumgartner Text: Michael Heltau und, und, und . . .Das volle Maß! ganz unvermittelt, aus heiterem Das reine Glück! Man kann es sich gar nicht Himmel, einmal zu mir sagte: „Heltau, Sie müsvorstellen, so etwas noch einmal zu erleben. sen die Mozartbriefe lesen!“ „Ich kenne die MoAber wenn man ein Glückskind ist und das Lezartbriefe!“, sagte ich, „ich liebe die Mozartbrieben großzügig, dann kommt die Karajan-Zeit fe“ „Im Rundfunk müssen Sie sie lesen!“, sagte und wieder ein Giovanni, mit Leontyne Price als er. Und ich habe die Mozartbriefe gelesen, viele Donna Anna . . . und, und, und. Und dann, nach Jahre hindurch, in den Pausen der Mozart-MatiJahren, wie es sich in Salzburg gehört, wieder neen am Sonntag. Das ist alles lange her. Aber, ein Giovanni, wieder eine Generalprobe. In der wie gesagt: nachzuhören und sogar nachzuseReihe vor mir sitzt Gerd Bacher, Sena Jurinac hen! Um die halbe Welt ist diese „Entführung“ neben mir, und die Donna Anna ist das Debüt gegangen. Lange genau so, wie sie zum ersten der Anna Netrebko . . . und, und, und. FestspielMal in Salzburg war. Nie habe ich das Gefühl gegeschichte! Ich bin ein Zuschauer, den sich die habt, dass meine Sprechrolle den Sängern Theaterleute nur wünschen können. Ich bin ein untergeordnet war. Bei Mozart steht sie ja auch genialer Zuschauer! an erster Stelle.

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Eine Handbreit über dem Boden

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