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50 JAHRE RICCARDO MUTI
Riccardo Muti, heuer 80, feiert seine 50 Jahre in Salzburg: „Don Pasquale“Partitur und Taktstock (li. o.), bei der Probe mit den „Wienern“ (li. u.).
Salzburg war damals Treffpunkt der Berühmtesten. Eine Zeit der Giganten! Auch meine Frau – Cristina MazzavillaniMuti ist seit über 20 Jahren Intendantin des Festivals von Ravenna – konnte es kaum glauben.“ Doch es stimmte alles. „Nach Probentagen mit dem Orchester in den Wiener Sofiensälen fuhr ich Ende Juli nach Salzburg. Im Festspielhaus angekommen, sah ich im Foyer einen Riesen: Bernhard Paumgartner, damals 83, legendäres Gründungsmitglied und Präsident der Salzburger Festspiele, der vor Beginn dieser Festspiele starb. Ich hatte die Courage, ihn anzusprechen. Und er wusste, wer ich war. Ich werde ganz nostalgisch, wen ich aller in diesen Tagen traf: Karajan, Swjatoslaw Richter, David Oistrach, Mstislaw Rostropowitsch, den großartigsten Cellisten dieser Zeit . . . Ich fühlte mich wie im Traum. Karajan besuchte meine Proben und lud mich ein, in Hinkunft jedes Jahr nach Salzburg zu kommen. Seither dirigiere ich die Wiener Philharmoniker. Seit 50 Jahren. Ich habe drei Generationen von Orchestermusikern dirigiert, viele wurden gute Freunde. Und selbst viele der dritten Generation haben heute schon weiße Haare. Und immer spürte ich hier das Erbe eines Toscanini, Furtwängler, Bruno Walter.“ Karajan war für Muti eine Art Mentor. „Als ich ihn 1982 vor meiner Mozart-,Così fan tutte‘ fragte, wie er mich denn ,gefunden‘ habe, knurrte er nur: ,Wenn ich jemanden finden will, finde ich ihn auch!‘“ Schon die ersten Erfolge wurden zum „turning point“ in Mutis Karriere. „Ich bin stolz, wie sehr Karajan mich schätzte. Und dass er sich auch für meine Erfolge interessierte. Als ich 1979 die ,Wiener‘ auf einer USTournee leitete, rief er mich an. Um sieben Uhr früh! Ich wollte zuerst schon fragen, wer der Verrückte da am Telefon sei . . . “ Seit 1971 hat Muti, der am 28. Juli seinen 80. Geburtstag feiert, in Salzburg sieben Opernproduktionen in dreizehn Jahren herausgebracht
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Bevor ich sterbe, versuche ich’s: Ich wage mich heuer in Salzburg an Beethovens Missa solemnis, mit der ich seit 1972 lebe. Covid hat mir die Zeit gegeben, mich ausschließlich diesem kolossalen Werk zu widmen. Beethoven ist da ein Gigant wie Michelangelo.
und – neben seinen traditionellen Konzerten rund um den Mariä Himmelfahrtstag – an rund 70 Abenden dirigiert. Wobei er sich besonders gern Mozart widmete: so „Don Giovanni“ in der Regie von Michael Hampe als Übernahme von Herbert von Karajan, „Così fan tutte“, vier Saisonen lang in der luxuriös-fulminanten Inszenierung Hampes, „Die Zauberflöte“ in zwei verschiedenen Produktionen von Graham Vick und Pierre Audi, mit spektakulären Bühnenbildern des Malers Karel Appel, und einmal für „Clemenza di Tito“. Erfolg hatte er aber auch mit Gaetano Donizettis „Don Pasquale“ und – zuletzt – 2017 mit Giuseppe Verdis „Aida“. Herbert von Karajans Tod zu Festspielbeginn 1989 empfand Muti als Zäsur. Er dirigierte zum Abschied im Salzburger Dom das Mozart-Requiem und Verdis Messa da Requiem, lehnte es aber ab, Karajans geplanten „Maskenball“ zu übernehmen. „Ich war schockiert, dass man das einfach, pietätlos, irgendeinem Dirigenten übertrug.“ Ab 1991 musste er sich mit Gerard Mortier, dem neuen Salzburg-Intendanten, über eine „Clemenza di Tito“ und eine „Traviata“ auseinandersetzen. „Mortiers schräge, modernistische Ideen konnte ich nicht akzeptieren. Ich mag es nicht, wenn man ,Rigoletto‘ in einer Wäscherei spielt. Da mache ich Oper lieber konzertant – wie Verdis ,Ernani‘ 2015 in Salzburg. Da stört mich dann nicht irgendein Idiot mit Unpassendem !“ 2016 folgte Markus Hinterhäuser als Intendant. Muti dirigierte im Großen Festspielhaus Verdis „Aida“ in einer Inszenierung Shirin Neshats mit Anna Netrebko, danach beschloss er, in Hinkunft sich vor allem Konzerten zu widmen. Nun dirigiert er nach Beethovens 9. Symphonie im Corona-Jahr 2020 (mit den Wiener Philharmonikern) Beethovens Missa solemnis. Muti: „Seit Jahren lebe ich mit den fünf verschiedenen Ausgaben. Aber der große Carlos Kleiber sagte mir einmal, das sei Musik, die besser auf dem Papier bleibt. Für den Menschen sei sie zu groß. Beethoven ist da ein Gigant wie Michelangelo.“


In Salzburg feierte Muti Triumphe bei seinen 50 Festspielen – hier: „Aida“ mit der gefeierten Anna Netrebko in der Titelrolle als äthiopische Sklavin.