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DIE MUTMACHERIN

Frühjahr 2021. Während die Kultur im ganzen Land schon so lange still steht, wird in den Räumen des Salzburger Festspielhauses bereits wieder geprobt, als wir die Festspiel-Präsidentin für dieses Magazin besuchen. Was die nächsten Monate in dieser endlosen Pandemie bringen werden, weiß noch keiner – und dennoch ist Helga Rabl-Stadler hier erneut der unerschütterliche Fels in der Brandung. „Es reicht nicht, eine Optimistin zu sein. Wir wollen Possibilisten sein.“ Mit diesen motivierenden Worten macht die Festspiel-Präsidentin ihren Mitarbeitern Mut. Nicht einfach nur darauf hoffen, dass es möglich sein wird – sondern es möglich machen. Das war und ist ihr Motto.

Mit diesem unerschütterlichen Willen, mit diesem „Glauben an die Kraft der Kunst in düsteren Zeiten, dem die Festspiele ihre Gründung verdanken“, hat sie auch im vergangenen Sommer dafür gesorgt, dass Salzburg zum schlagenden Herz der Kulturwelt wurde – während es in den anderen großen Festspielstätten rund um den Globus still blieb. „Gerade zum 100-JahreJubiläum kam eine vorschnelle Absage nicht infrage, wir hätten uns ob unseres Kleinmuts vor den Gründungsvätern geniert – und auch vor jenen, die 25 Jahre später, nach dem Zweiten Weltkrieg, das Festival aus den Trümmern wiederbelebten“, erklärt Helga Rabl-Stadler im „Krone“Interview.

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In seinen Gründungsgedanken schrieb Max Reinhardt 1917: „Die Kunst, insbesondere die Kunst des Theaters hat sich in den Stürmen dieses Krieges nicht nur behauptet, sondern ihr Bestehen und ihre Pflege geradezu als unumgängliche Notwendigkeit erwiesen.“ Und die „Possibilisten“ unserer Zeit folgten diesem Gedanken. „Die Pandemie war eine große Unbekannte für uns alle, aber wir wollten

von Salzburg

Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler sprach mit der „Krone“ über die Herausforderungen der Corona-Krise und ein etwas anderes Jubiläum, das nun in die zweite Runde geht.

Text: Franziska Trost

Gerade zum 100-JahreJubiläum kam eine vorschnelle Absage nicht infrage, wir hätten uns ob unseres Kleinmuts vor den Gründungsvätern geniert – und auch vor jenen, die 25 Jahre später, nach dem Zweiten Weltkrieg, das Festival aus den Trümmern wiederbelebten.

besonnen darauf reagieren, nichts absagen, bevor es nicht zwingend notwendig war. Darin waren wir uns im Direktorium einig. Dass wir spielen, war allerdings nur möglich durch die schnelle Programmadaption von Intendant Markus Hinterhäuser.“ Und durch das Sicherheitskonzept des Kaufmännischen Direktors Lukas Crepaz, auf das die ganze Welt gespannt blickte: Laufende Testungen, Masken bei Mitarbeitern und Besuchern, Kontakttagebücher, reduzierte Sitzplatzkapazitäten, keine Pausen, keine Gastronomie und viele, viele Vorsichtsmaßnahmen mehr – so gelang es, dass es bei 110 Aufführungen und mehr als 76.500 Besuchern zu keinem Covid-19Cluster kam. „Die Festspiele 2020 hatten etwas sehr Inniges. Aber ich freue mich schon darauf, wenn die Menschen irgendwann danach auch wieder in den Gasthäusern und Restaurants zusammenkommen und über die Aufführungen sprechen und diskutieren können. Die „Elektra“ ist nicht einfach eine Oper aus einer anderen Zeit –es ist eine Geschichte über Liebe und Hass sowie über Rache und Vergeltung, die auch heute noch Aktualität besitzt –und die Menschen zum Denken und Diskutieren anregt. Darum geht es in der Kunst.“

Helga Rabl-Stadler und ihre Direktoriumskollegen kämpften und kämpfen immer noch dafür, dass Kultur ein Lebensmittel ist, wie schon Max Reinhardt feststellte – auch in einer Pandemie. Und dass sie nicht nur für die Seele systemrelevant ist. „Die Kultur, und das muss man wirklich immer wieder betonen, ist ja auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in diesem Land. Wofür ist denn Österreich immer noch weltberühmt? Für die Kultur.“ Als „Mut- und Muntermacherin“ in der Krise wurde Helga Rabl-Stadler vom Magazin „Trend“ zur „Frau des Jahres 2020“ gekürt. Auch 2021 muss sie nun noch einmal die Mutmacherin für einen Sommer sein, der „sicher schwer und eine große Herausforderung werden wird“. Doch dann soll wirklich Schluss sein. „Ich habe meine Amtszeit nur um dieses eine Jahr verlängert, weil Die Pandemie war eine große Unbekannte für uns alle, aber wir wollten besonnen darauf reagieren, nichts absagen, bevor es nicht zwingend notwendig war.

mich Markus Hinterhäuser gebeten hat – und um das Jubiläum abzuschließen.“

Als sie einst 1995 in die Direktion der Festspiele einzog, da meinte sie im Fernsehen: „Außer dem Amt des Bundespräsidenten gibt es kein Amt, das ich lieber antreten würde als das Amt des Präsidenten der Salzburger Festspiele.“ Und während sich ihre Ära in Salzburg dem Ende zuneigt, ist sie nun tatsächlich immer öfter als künftige Bundespräsidentin im Gespräch. „Das war damals als Scherz gemeint“, lacht sie über diese Gerüchte. „Heute kann ich erst recht ausschließen, dass ich in die Politik zurückkehren werde.“

Wohin es sie stattdessen führen wird, das weiß sie noch nicht. „Ich habe meine Aufgaben nie gesucht, irgendwie haben sie mich immer gefunden. Mal sehen, was auf mich zukommt.“

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