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GEMEINDEWAHLEN
Remo Berlinger: «In einer Demokratie werden keine Köni Alle vier Jahre werden in Thun der Gemeinderat und der Stadtrat neu oder wieder gewählt. Am 28. November ist es wieder so weit. Diesmal ist auch ein neues Stadtpräsidium zu bestimmen. Wie geht das alles vor sich? Vizestadtschreiber Remo Berlinger hat die Übersicht.
Vizestadtschreiber Remo Berlinger: Bei der Stadt Thun Hauptverantwortlicher für die fehlerfreie Durchführung der Gemeindewahlen.
Wählen ist unkompliziert – kompliziert ist nur die Ausmittlung der Ergebnisse.
Remo Berlinger, Wahlen sind für Insider stets ein furchtbar spannendes Thema. Aber Tatsache ist doch, dass sehr viele Leute nicht wählen gehen. Oft beteiligt sich nicht mal jede oder jeder Dritte … «Ich wähle nicht. Die machen sowieso, was sie wollen, und halten ihre Versprechen nicht ein.» Das hört man gelegentlich. Leider. Vielleicht liegt es an den plakativen, einfachen Wahlversprechen, die dann angeblich nicht erfüllt werden. Doch so einfach ist es nicht. Kandidierende müssen konkrete Ziele formulieren, damit man weiss, was sie wollen. Danach versuchen sie, diese zu erreichen. Wenn Wahlversprechen aber später infolge der demokratischen Prozesse nicht tel quel erfüllt werden können, sind manche enttäuscht. Sie werden misstrauisch den Politikern und Parteien gegenüber.
Remo Berlinger, muss ich als Bürger oder Bürgerin ein halbes Studium absolvieren, um zu verstehen, wie und wen ich am 28. November wählen soll? Ganz und gar nicht. Wenn man die einfache Wahlanleitung liest, ist auch das Wählen einfach. Wen man konkret wählen will – welche Partei bzw. Liste, welche Kandidierenden – muss man natürlich zuvor schon wissen. Am besten informiert man sich mittels Wahlprospekten, Tagespresse, Internet oder an Wahlveranstaltungen. Neu sind die Thuner Kandidaten- und Parteiprofile spätestens ab 6. November auch unter www.smartvote.ch abrufbar.
Das ist doch aber verständlich, wenn Versprechen nicht erfüllt werden. Nur auf den ersten Blick. In einer Demokratie werden aber glücklicherweise keine Könige gewählt, die einfach ihren Willen durchsetzen können. Alle Lösungen erfordern Kompromisse über die Parteigrenzen hinweg und viel Zeit. Als Wähler schicke ich diejenigen Leute in diese anspruchsvollen politischen Prozesse, mit denen ich politisch am ehesten übereinstimme und denen ich ein solches Mandat zutraue. Ich erwarte nicht, dass sie sich ganz durchsetzen, aber dass sie die Lösungen wesentlich mitprägen.
Beginnen wir beim grössten Gremium, dem Stadtrat. Was ist die Aufgabe der 40 Mitglieder, und wie setzen sie sich zusammen? Der Stadtrat, also das Stadtparlament, wählt Kommissionen, erlässt Reglemente, genehmigt die Legislaturplanung, den Voranschlag und den Jahresbericht. Das Parlament beschliesst ferner über höhere Ausgaben und kann dem Gemeinderat Aufträge erteilen. Die Zusammensetzung des Rates bezüglich der politischen Anschauungen entspricht etwa derjenigen der Gesamtheit der Stimmberechtigten. Dies kommt bei den Wahlen zum Ausdruck? Die Parteien sind im Stadtrat «proportional» jeweils etwa so stark vertreten, wie sie Anhänger finden in der Bevölkerung. Deshalb sagt man dem Wahlsystem «Proporzwahl» oder «Verhältniswahl».