AB 3. MÄRZ
THE CARD COUNTER
THRILLER, DRAMA|USA, GROSSBRITANNIEN, CHINA 2021 Ein Verhörspezialist, der für Kriegsverbrechen im Gefängnis saß, verdient jetzt als Kartenzähler in Casinos sein Geld. Paul Schrader liefert vielleicht einen der eindrucksvollsten Filme zum Thema Irak-Krieg. William Tell (Oscar Isaac) war als Soldat in Abu Ghraib stationiert. Er wurde als Verhörspezialist von Major Gordo (Willem Dafoe) ausgebildet. Als publik wurde, was dort geschah, waren es vor allem die unteren Ränge, die dafür büßen mussten. So verbrachte auch Tell mehr als acht Jahre im Gefängnis. Wieder raus ist sein Leben eines der Einsamkeit. Er reist von Stadt zu Stadt, von Casino zu Casino und verdient so seinen Lebensunterhalt. Als Kartenzähler könnte er beim Blackjack weit mehr verdienen, aber er genießt das Leben als „anonymer“ Spieler. Bis ein junger Mann auf ihn zukommt und die Vergangenheit wieder aufgewühlt wird. Schrader ist ein unbequemer, ein eigensinniger Filmemacher. Seine Werke biedern sich nicht an. Sie sind unkonventionell, aber sie atmen immer auch den Geist ihres Schöpfers. Einen Schrader-Film erkennt man, da bildet „The Card Counter“ keine Ausnahme. Der Film ist langsam erzählt. So manchem wird er wohl zu langsam sein. Aber Schrader erlaubt seinem Star Oscar Isaac, das dunkle Psychogramm eines Mannes zu zeichnen, der so wie seine Opfer im Foltergefängnis im Irak längst gebrochen ist. Spieler tragen eine Last, erklärt William Tell als Off-Erzähler dem Zuschauer. Wenn sie mit Sponsoren arbeiten, häufen sie trotz hohen Gewinnen auch hohe Schulden an. Die abzubauen, ist kaum möglich, aber es gibt eine andere Last, die niemals schwinden wird – die Taten der Vergangenheit, die Tell noch immer heimsuchen. „The Card Counter“ ist kein Kriegsfilm, aber er arbeitet mit den Traumata des Krieges. Die Szenen in Abu Ghraib fing Schrader in einem anderen Bildformat ein. Chefkameramann Alexander Dynan, der mehrmals mit Schrader zusammenarbeitete, benutzte dafür eine VR-Linse, die einen Winkel von 220 Grad zulässt und das Ganze wie aus einem Videospiel wirken lässt – was die Gräuel, die man hier sieht, nur noch betont. Leichte Kost ist „The Card Counter“ nicht. Er fordert die Aufmerksamkeit und die Geduld des Zuschauers, während er die Hölle eines persönlichen Traumas mit der unwirklichen Scheinwelt der Casinos in Einklang bringt. PROGRAMMKINO.DE/PETER OSTERIED REGIE & BUCH Paul Schrader DARSTELLER Oscar Isaac, Tiffany Haddish, Tye Sheridan LAUFZEIT 111 Minuten FSK 16
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