PZ03_11.02.2021

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„Die fetten Jahre sind vorbei“ Auch eine Abschiedsfeier ist in Zeiten wie diesen ein bisschen anders. Als Alfred Valentin, Generalsekretär der Stadtgemeinde Bruneck seit 1998, in den Ruhestand verabschiedet wurde, ließen sich gar einige Gratulanten online zuschalten. Valentin wusste nichts von der Feier. Da soll noch mal einer sagen, der Gemeindesekretär wüsste über alle Vorgänge in der Gemeinde Bescheid... Im Interview blickt der 62-Jährige zurück und erzählt von der Aufregung am ersten Arbeitstag, dem Spagat zwischen Effizienz und Genauigkeit, dem Konfliktpotential im Bereich der Urbanistik und warum ihm der Mittwoch heilig ist

PZ: Hätten Sie sich Anfang 2019 vorstellen können, dass Sie einmal mit digitalen Grußbotschaften in den Ruhestand verabschiedet werden? Alfred Valentin: Nein. Aber damit zeigte sich einmal mehr, welche Möglichkeiten das breit aufgestellte Glasfasernetz in Südtirol bietet. Manche waren persönlich im Gemeinderatssaal dabei oder wurden wie Landeshauptmann Arno Kompatscher live zugeschaltet. Unter anderem sendeten Generaldirektor Alexander Steiner, die Künstler Elfriede und Franz Kehrer und der Ehrenpräsident der Gemeindesekretäre Anton Gaiser Grußbotschaften. Die Wertschätzung von Bürgermeister Roland Griessmair und Stellvertreter Antonio Bovenzi hat mich sehr gefreut. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Bauund Recyclinghof, aus den Küchen, das Reinigungspersonal, die Bibliothek, die Ortspolizei, die Verwaltung, alle haben sich mit digitalen Botschaften eingebracht. Am Tag vorher klopfte Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder an die Tür und schaute mit Markus Falkensteiner und Christian Tschurtschenthaler vorbei. Und Reinhold Messner,

Alfred Valentin, Jahrgang 1958, wächst in Sand in Taufers auf. Nach der Matura an der Handelsschule (damals noch auf Schloss Bruneck untergebracht) macht er den Befähigungslehrgang zum Gemeindesekretär und tritt seine erste Stelle als damals jüngster seines Standes in Feldthurns an. Gemeindesekretär mit Maturaabschluss? Der Mangel an Bewerbern macht es in Südtirol damals möglich. Aber das will Valentin ändern und studiert berufsbegleitend Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Trient. Der damals von der Eurac organisierte Studiengang ist speziell auf Gemeinden zugeschnitten. 1979 wechselt er an die Gemeinde St. Lorenzen, weil er näher an daheim arbeiten will. Der Fußball ist zu dem Zeitpunkt seine ganze Passion und er spielt liebend gern beim SSV Taufers. Ab 1. März 1998 arbeitet er in Bruneck, zunächst an der Seite von Günther Adang, dann begleitet er Christian Tschurtschenthaler und schließlich Roland Griessmair. Von 2005 bis 2011 steht er dem autonomen Verband der Südtiroler Gemeindesekretäre vor. Ende Jänner 2021 geht Valentin in den Ruhestand, doch wirklich ruhig wird es nicht werden, übernimmt er doch die Präsidentschaft der Inhouse-Gesellschaft Sport und Freizeit Bruneck GmbH. Valentin ist Vater von drei // Kindern und lebt mit seiner Frau in Kematen.

mit dem ich beim Schlossumbau zusammenarbeiten durfte, gab sich persönlich die Ehre. Da sind die Emotionen hochgekommen und Tränen geflossen. Sie müssen im Umgang mit anderen Menschen viel richtig gemacht haben. Es heißt oft, von der Qualität des Gemeindesekretärs hängt der Erfolg der Gemeinde ab. Die Wahrheit ist: Er hängt wesentlich vom Zusammenspiel zwischen Bürgermeister und Gemeindesekretär ab. Beide Rollen sind wichtig und beide müssen ihr Rollenverständnis ausfüllen. Ein schwacher Bürgermeister kann nicht durch einen starken Gemeindesekretär ersetzt werden, umgekehrt funktioniert das genausowenig. Ich bin auch kein Befürworter von Gemeindesekretären, die zwei Stellen haben. Das mag für eine Gemeinde zwar kostensparend sein, aber es geht viel Potential verloren. Das Problem sind die fehlenden Anwärter auf die ausgeschriebenen Stellen. Warum ist das so?

MENSCHEN IM PORTRAIT

ALFRED VALENTIN

Es ist höchst an der Zeit, die Zugangsvoraussetzungen zu erleichtern. Du kannst nicht fertige Juristen und Wirtschaftsakademiker in einen Kurs für zwei Jahre zwingen, danach in die Referentenzeit drängen und keine Termine für die Prüfung ansetzen. Die springen ab oder werden abgeworben. Sie waren der jüngste Gemeindesekretär Italiens, als sie Ihre Stelle in Feldthurns angetreten haben. Mit welchem Gefühl? Da war viel Aufregung dabei. Ich war 21, habe ausgeschaut wie 17. Damals hat man Gemeindesekretäre wie Pfarrer betrachtet, als graue Eminenzen. Und dann kam dieser Jungspund. Mit dem Bürgermeister, Anton Dorfmann, ist es gleich gut gelaufen. Und ich habe den Schritt nie bereut. Nach Feldthurns kam St. Lorenzen und dann Bruneck. 43 Jahre in den Gemeindestuben, fünf Bürgermeister: Was ist das Fazit? Der Gemeindesekretär übt einen Beruf aus und muss sich an den jeweiligen >> PZ 3 | 11. F E B R UA R 2021

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