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Julian Bonato, AGV NORD-Vorsitzender und Folkmar Ukena, NORDMETALL-Präsident
Termin beim Chef: Jean-Louis Jarraud von Mecalac Baumaschinen
Plus:PolitikKonjunkturumfrage–belastetIndustrie
Das Magazin
Nr. 2 / Juli 2023 / 41. Jahrgang www.meinarbeitgeberverband.de
Folkmar Ukena
Julian Bonato
Wellenkraftwerk getauft
Zu einer ungewöhnlichen Feier bei German Naval Yards Kiel (GNYK) und thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) hatte kürzlich die Fachhochschule Kiel geladen. Sie taufte den Prototyp eines neuen Wellenkraftwerks, das im Rahmen eines Azubi-Projekts vom TKMS- und GNYK-Nachwuchs gebaut worden war. Die 12 Meter hohe Konstruktion, die wie eine Boje im Wasser steht, kommt auf eine Nennleistung von rund 30 Kilowatt.
GNYK-Ausbildungsleiter Helge Krambeck: „Ein sehr anspruchsvolles und interessantes Projekt, bei dem die Azubis viel lernen konnten.“ CvF
STANDPUNKT NR. EINS
nichts ist so beständig wie der Wandel. Und deshalb sind all jene, die Bewährtes bewahren wollen, gut beraten, den Wandel zu gestalten. NORDMETALL und AGV NORD haben in den vergangenen Wochen ihre Führungsgremien neu gewählt – und dabei diese Grundsätze im Blick behalten. Die wenigen Abgänge aus beruflichen oder privaten Gründen konnten auf den Mitgliederversammlungen in Bremen und Schloss Hasenwinkel rasch geheilt werden –mit der Wahl neuer Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die sich für die Sache der Arbeitgeber in Norddeutschland mit und ohne Flächentarif engagieren wollen (s. S. 6 ff.). Diese Aufgabe erfüllten NORDMETALL-Präsident Folkmar Ukena und der AGV NORD-Vorsitzende Julian Bonato in den vergangenen beiden Jahren mit so viel Verve und Erfolg, dass die Unternehmensvertreter beider Verbände sie jeweils einstimmig wiederwählten. Wir freuen uns auf die nächsten zwei Jahre der bewährten Zusammenarbeit! Eindeutig freudlos hinterlässt die norddeutschen Industriearbeitgeber allerdings das, was die Politik in Brüssel, Berlin oder Bremen ihnen in den zurückliegenden Monaten aufgebürdet hat. Das geht aus unserer Frühjahrs-Konjunkturumfrage klar hervor (s. S. 18 ff.): Noch nie beklagten so viele Unternehmen die Belastung durch neue Gesetze und Regelungen wie heute. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ist da nur die Spitze des Eisbergs. Auch die bremische Ausbildungsabgabe, die im Wahlkampf vor der Bürgerschaftswahl an der Weser hochumstritten war (s. S. 14 ff.), ist ein weiteres Beispiel für kontraproduktive staatliche Eingriffe, die Bürokratie und Kosten verursachen. Wenn Sie jetzt glauben, die norddeutschen Metall- und Elektroarbeitgeber würden sich dem Wandel hin zu einer klimaneutralen, gesünderen und gerechteren Gesellschaft verweigern, dann irren Sie: Dekarbonisierung ist längst Teil vieler Geschäftsmodelle, attraktive Arbeitsbedingungen und gute Bezahlung sind in Zeiten eines Arbeitnehmermarktes selbstverständlich. Doch gerade jetzt, wo die Zukunft des Standorts Deutschland auf dem Spiel steht, greift die Politik den Firmen nicht etwa mutig unter die Arme, um ihre Wettbewerbskraft nachhaltig zu stärken, sondern sie treibt Arbeits- und Energiekosten in exorbitante Höhen – und dadurch die Unternehmen ins Ausland. Statt den Betrieben größere Spielräume zu geben, um den Strukturwandel zu meistern, beschneidet sie deren Freiheit immer öfter mit Grenzwerten und Berichtspflichten, mit Ausstiegsdaten und Produktverboten. Statt den digitalen und ökologischen Wandel zu fördern, beschädigt der politisch verordnete Wandel unsere industrielle Basis durch unausgegorene Gesetze und ideologiegetriebene Vorgaben. Kämpfen Sie mit uns dafür, den Wandel verantwortlich zu gestalten und das Bewährte zu bewahren: die deutsche Metall- und Elektroindustrie, die für Hunderttausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie deren Familien Wohlstand und Beschäftigung sichert.
Dr. Nico Fickinger, Hauptgeschäftsführer NORDMETALL
„Kämpfen Sie mit uns dafür, den Wandel verantwortlich zu gestalten“
Foto: Christian Augustin
3 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Termin beim Chef
Mit Esprit und Geschäftssinn
Der Franzose Jean-Louis Jarraud führt Mecalac Baumaschinen in Rendsburg-Büdelsdorf. S. 52
Titel
Kontinuität in den Verbandsgremien
Die Mitglieder von NORDMETALL und AGV NORD haben im Juni ihre jeweiligen Präsidenten Folkmar Ukena (Foto l.) und Julian Bonato für die kommenden zwei Jahre in ihren Ämtern bestätigt. S. 6/10
Konjunkturumfrage
Politik belastet die Industrie
Der Wirtschaftsstandort Deutschland muss wieder attraktiver werden. Das zeigen die Ergebnisse der Frühjahrs-Konjunkturumfrage, an der sich 159 Unternehmen aus ganz Norddeutschland beteiligt haben. S. 18
NORDMETALL-Stiftung
Was die Jugend von heute bewegt
Die Kunsthalle Bremen lässt ein Jugendkuratorium ans Werk, um junges Publikum anzulocken. S. 50
2 Verband NORDMETALL vor Ort in Bremen Hitzige Debatte vor der Wahl 14 Zukunftstagung Maritime Wirtschaft Delegationsreise vernetzt Schiffbauer mit Abgeordneten in Berlin 30 Mehrwert Verband Folge 72: Was es bei „Workation“ zu beachten gilt 46 Wir für Sie Folge 41: Unsere Frau für den Arbeitsmarkt – Loraine Awizus 48 Tarif Update Tarifkonflikt in der Zeitarbeit wirkt auf M+E-Betriebe 62 Rubriken Panorama – Die letzte Reise von U17 40 Menschen und Meldungen 42 Made in Northern Germany – Duo-Molch 44 Cartoon / Wirtschaftszitat 47 Grafik des Monats 49 Treffpunkt Nord 56 INSM – Aus der Hauptstadt 60 Termine 61 Kontakt zu NORDMETALL 63 Mein Standpunkt – Klimavernunft 64 Personenregister / Impressum 65 Kurz vor Schluss / Podcast 66 „Ich lese Standpunkte“ – Markus Biercher 67 Thema Psychische Gesundheit Was tun bei seelischen Belastungen im Unternehmen 22 Berufsorientierung Wie die M+E-Industrie Mädchen für MINT begeistert 27 Face to Face Johannes Arlt MdB und Thomas Röwekamp MdB 32 Reportage Nordex baut in Rostock Windkraftanlagen für die ganze Welt 36
2023 Plus 4 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 5 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Fotos: Christian Augustin, Angelika Heim Fotos: Kirsten Haarmann, Nicole Benewaah, Christian Augustin, Nordex SE
Vorstand wiedergewählt
Im Amt des Präsidenten bestätigten die Mitglieder für die kommenden zwei Jahre den Familienunternehmer Folkmar Ukena (LEDA Werk, Leer). Wiedergewählt als Vizepräsidenten wurden Lena Ströbele (NVL, Bremen), Robert Focke (Nordischer Maschinenbau Rud. Baader, Lübeck), Dr. Thomas Piehler (Philips, Hamburg) und Steffen Pohl (Liebherr-MCCtec, Rostock). Zum Schatz-
meister bestimmten die M+E-Unternehmer erneut Marco Wagner (Airbus Operations, Hamburg).
Erstmals in den Vorstand gewählt wurden Bernd Hartmann (thyssenkrupp Marine Systems, Kiel) und Dr. Stefan Nehlsen (Mankenberg, Lübeck). Im Amt bestätigt wurden Jutta Humbert (Getriebebau NORD, Bargteheide), Cathrin Kohnke (Stryker Trauma, Kiel), Sonja Neubert
(Siemens, Hamburg), Michael Frieß (Mercedes-Benz Group, Bremen), Dr. Daniela Haller (Airbus Aerostructures, Bremen), Dr. Michael Winkler (HELLA Fahrzeugkomponenten, Bremen), Anna Blumenberg (MEYER WERFT, Papenburg), Klaus Brunkhorst (Atlas Weyhausen, Wildeshausen) sowie Dr. Hendrik Coldenstrodt-Ronge, (BizLink Special Cables Germany, Friesoythe).
Auch im Tarifpolitischen Ausschuss herrscht weitgehend Kontinuität: Verhandlungsführerin und Vorsitzende bleibt NORDMETALL-Vizepräsidentin Lena Ströbele, stellvertretender Vorsitzender Axel Fiene (Still, Hamburg). Neu entsandt wurden Ramona Basic (Kroenert, Hamburg), Regine Reuter (Danfoss Power
Solutions, Neumünster), Torben Andrasch (Mercedes-Benz Group, Bremen), Jan Dröll (Airbus Aerostructures, Bremen), Thorsten Albers (TURBO-Technik, Wilhelmshaven) sowie Roland Hansen (Broetje-Automation, Rastede). Wiedergewählt wurden Dr. Volker Subatzus (Airbus Operations, Hamburg), Birgit Nikisch (Louis Schierholz, Bremen), Heiko Dirks (Norddeutsche Seekabelwerke, Nordenham), Bernd Hartmann (BizLink Special Cables Germany, Friesoythe) sowie Stefan Spoede (Premium AEROTEC, Varel). Alle Entscheidungen fielen einstimmig.
NORDMETALL-Präsident Folkmar Ukena kritisierte in seiner Rede die zunehmenden Belastungen, die die
Foto: Christian Augustin Fotos: Christian Augustin Mitgliederversammlung
NORDMETALL
Ende Juni hat die NORDMETALL-Mitgliederversammlung in Bremen eine neue Führung des Arbeitgeberverbandes der Metall- und Elektroindustrie in Norddeutschland gewählt.
Volles Haus: Die NORDMETALL-Unternehmensvertreter im Atlantic Grand Hotel Bremen.
Neue Chefin: Verena Albrecht führt die NORDMETALL-Bezirksgruppe im Nordwesten.
Begrüßung: NORDMETALL-Präsident Folkmar Ukena.
Nahm die Wahl in den Vorstand an: Dr. Stefan Nehlsen (Mankenberg).
Neu im Vorstand: Dr. Bernd Hartmann (thyssenkrupp Marine Systems).
6 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 7 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Konzentrierte Versammlungsleitung (v. l. n. r.): Marco Wagner, NORDMETALL-Schatzmeister, Folkmar Ukena, NORDMETALLPräsident, Dr. Nico Fickinger, NORDMETALL-Hauptgeschäftsführer.
Politik den Betrieben beschere. Er habe sich vorgenommen, diesen Problemkreis in seiner neuen Amtszeit mehr denn je anzugehen. „Ich sehe derzeit keine stringente Energiepolitik in Deutschland, die der Deindustrialisierung durch explodierende Preise einen Riegel vorschieben würde“, sagte Ukena. Er selbst habe für seine Gießerei und Ofenherstellung in Ostfriesland auch unter Berücksichtigung der „Strompreisbremse“ eine
Verfünffachung der Energiepreise zu stemmen, die bestenfalls teilweise an die Kundschaft weitergegeben werden könne. Hinzu komme noch eine gesetzliche Pflicht zur ausufernden Berichterstattung hinsichtlich Lieferketten und Nachhaltigkeit. Und der Ausblick auf 2024 sei noch ungewiss.
NORDMETALL-Hauptgeschäftsführer Dr. Nico Fickinger konnte in seinem Rechenschaftsbericht steigende
Mitgliederzahlen vorweisen. Der Flächentarif müsse dringend weiter modernisiert werden, damit das Wachstum künftig nicht nur dem OT-Bereich zugutekomme, sondern verstärkt auch wieder im T-Bereich stattfinde. Die gerade von den Gremien gebilligten Vereinbarungen für eine noch engere Kooperation mit den NORDMETALL-Bezirksgruppen Nordwest und Unterweser bildeten eine gute und faire Basis für künfti-
ges Wachstum in Bremen und Niedersachsen. Nach mehrstündiger Sitzung im Bremer City Atlantic Grand Hotel bat das NORDMETALL-Präsidium die Unternehmensvertreter zum Grillabend auf die Dachterrasse. Bei bestem Wetter, herrlicher Aussicht auf die Türme des Bremer Doms und guten Gesprächen klang die NORDMETALL-Mitgliederversammlung aus. Alexander Luckow
Abstimmung:
Fotos: Christian Augustin Fotos: Christian Augustin
Über den Dächern Bremens: Grillabend nach der NORDMETALL-Mitgliederversammlung.
Bester Laune: Marco Wagner (Airbus Operations, l.) und Thomas Lambusch (Ehrenpräsident NORDMETALL).
Gelöste Stimmung (v. l. n. r.): Axel Fiene (Still), Lena Ströbele (NVL), Dr. Peter Schlaffke (Stv. Hauptgeschäftsführer NORDMETALL).
Neu im Tarifpolitischen Ausschuss: Thorsten Albers (TURBO-Technik).
Einstimmig wählten die NORDMETALLUnternehmensvertreter Vorstand und Tarifpolitischen Ausschuss neu.
8 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 9 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Abschied: Jürgen Lehmann (ehem. NORDMETALL Oldenburg, l.) im Gespräch mit Dr. Nico Fickinger (Hauptgeschäftsführer NORDMETALL).
Mitgliederversammlung und Unternehmerforum
AGV NORD feiert 25-jähriges Bestehen
Wo alles vor 25 Jahren begann, feierten die Mitglieder nun das Jubiläum: Im Tagungshotel der Wirtschaft Schloss Hasenwinkel fanden Anfang Juni Mitgliederversammlung und Unternehmerforum des Allgemeinen Verbandes der Wirtschaft Norddeutschlands statt.
„Aus einem knappen Dutzend Mitgliedsunternehmen, die sich 1997 zu einem Arbeitgeberverband der flächentariffreien Unternehmen zusammengeschlossen haben, ist in einem Vierteljahrhundert eine schlagkräftige Interessenvertretung von mehr als 400 Betrieben mit gut 40.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in ganz Norddeutschland geworden“, betonte der AGV-NORD-Vorsitzende Julian Bonato. Der Geschäftsführer der MHG Heiztechnik aus Buchholz in der Nord-
heide wurde als AGV-NORD-Vorsitzender in den Vorstandswahlen bestätigt, ebenso der stellvertretende Vorsitzende Ralf Lorber (Egger Holzwerkstoffe Wismar). Als neues Mitglied des Vorstands wurde Gregor Müller (M&D Flugzeugbau, Friedeburg) bestimmt. Beim anschließenden Unternehmerforum diskutierten der frühere schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz MdL (FDP), die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) Tanja Gönner und der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion Die Linke im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern Henning Foerster über das Miteinander und Gegeneinander von Politik und Wirtschaft. Buchholz warnte die rund 60 anwesenden und vielen online zugeschalteten Unternehmens- und Verbandsvertreter in einem engagierten Impulsreferat vor dem Ruf nach einem allumfassenden Staat: „Wir befinden uns auf dem Weg in eine interventionistische Staatsordnung. Stattdessen sollten wir wieder stärker auf die soziale Marktwirtschaft setzen, in der der Staat lediglich die Rahmenbedingungen vorgibt“, so der derzeitige Innen- und rechtspolitische Sprecher der Kieler libera-
Austausch bei Kaiserwetter: Schloss Hasenwinkel zeigte sich von seiner besten Seite.
Amtswechsel: Edgar Wonneberger übergibt die Leitung der Schweriner Geschäftsstelle des AGV NORD an Kathrin Köhn. Julian Bonato (r.) und Dr. Nico Fickinger gratulieren.
Fotos: Angelika Heim Fotos: Angelika Heim
Gute Bilanz: Der wiedergewählte AGV-NORD-Vorsitzende Julian Bonato.
Wahlkoordinator: Der stv. AGV-NORDHauptgeschäftsführer Dr. Peter Schlaffke.
Hochengagiert: Dr. Bernd Buchholz MdL (FDP).
Verdiente Arbeitgeber-Repräsentanten (v. l. n. r.): Uwe Kunkel (ehem. AGV-NORD-Vorsitzender), Hans Manzke (ehem. NORDMETALL), Edgar Wonneberger (AGV NORD), Kathrin Köhn (AGV NORD).
10 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 11 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Frisch gewählter Vorstand (v. l. n. r.): Dr. Andreas Dikow (Webasto), Roland Habeck (HAWART OMV Landtechnik), Lars Reeder (Hein & Oetting Feinwerktechnik), Julian Bonato (MHG Heiztechnik), Ulrike Ferch (Grosstanklager-Ölhafen Rostock), Gregor Müller (M&D Flugzeugbau), Dr. Nico Fickinger (AGV NORD).
Gedankenaustausch: Dr. Nico Fickinger (AGV NORD), Dr. Bernd Buchholz MdL (FDP), Lars Schwarz (VU-Präsident).
Im Schlossgarten: Kaffeepause.
Dr. Bernd Buchholz MdL (FDP), Tanja Gönner (BDI-Hauptgeschäftsführerin), Alexander Luckow (AGV NORD).
len Landtagsfraktion, der bis 2012 auch unternehmerische Erfahrung als Vorstandsvorsitzender von Gruner+ Jahr sammelte.
BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner betonte die Bedeutung von internationaler Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit: „Deutschland profitiert nach wie vor von seinem starken Mittelstand und einem einzigartigen Konzept der Beruflichen Bildung. Doch heute benötigen wir ganz andere Skaleneffekte. Da kommt es umso stärker auf eine gute Sozialpartnerschaft und eine starke, selbstorganisierte Wirtschaft an“, so die frühere, langjährige CDU-Ministerin in Baden-Württembergischen Landesregierungen.
Der linke Landtagsabgeordnete Henning Foerster verteidigte in der Debatte unter anderem das Tariftreueund Vergabegesetz, das die rot-rote Landesregierung für Mecklenburg-Vorpommern auf den Weg gebracht hat: „Es muss im ureigenen Interesse der Unternehmen sein, anständige Arbeitsbedingungen und angemessene Löhne zu zahlen – und das gesamte Beschäftigungspotenzial zu nutzen, also auch für die Beschäftigung von Geringqualifizierten oder ausländischen Fachkräften zu sorgen“, sagte der Eisenbahn-Gewerkschaftler. Die versammelten Unternehmer und Unternehmerinnen bewerteten das zwar kritisch, waren sich aber den-
noch einig: Auch bei gegensätzlichen Ansichten in der Sache muss es ein Miteinander zwischen Wirtschaft und Politik im Grundsätzlichen geben, zum Wohle des Landes – ein gutes Motto für das nächste Vierteljahrhundert des NORDMETALL-Schwesterverbandes der flächentariffreien
Nach dem Unternehmerforum (v. l. n. r.): Lars Schwarz (VU-Präsident), Julian Bonato (AGV-NORD-Vorsitzender), Henning Foerster MdL (Die Linke), Dr. Bernd Buchholz MdL (FDP), Tanja Gönner (BDI-Hauptgeschäftsführerin), Dr. Nico Fickinger (AGV-NORD-Hauptgeschäftsführer).
Hier geht's zum Video mit den Highlights des Unternehmerforums.
Betriebe. Alexander Luckow
Debatte: Dr. Andreas Dikow (Webasto, r.), Julian Bonato (AGV-NORD-Vorsitzender).
Gut gefüllt: Der große Saal im Schloß Hasenwinkel Tagungshotel der Wirtschaft.
Spannende Diskussion (v. l. n. r.): Henning Foerster MdL (Die Linke),
Grußwort: Lars Schwarz, VU-Präsident.
Fotos: Angelika Heim
12 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
NORDMETALL vor Ort
Bremen vor und nach der Wahl
Sensoren für moderne Automobile sind äußerst empfindliche Produkte. Die gut 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hella Fahrzeugkomponenten in Bremen wissen behutsam mit ihnen umzugehen. Wenig sensibel gingen hingegen die fünf Spitzenkandidaten der relevanten bremischen Bürgerschaftsparteien miteinander um. Während der NORDMETALL-vor-OrtDebatte knapp zwei Wochen vor der Bürgerschaftswahl in der Hella-Werkskantine ging es zur Sache.
Sachlich-gelassen begrüßte Hella-Geschäftsführer
Dr. Michael Winkler die Gäste der siebten Ausgabe des Diskussionsformats „Wirtschaft trifft Politik“, gut drei Dutzend vor Ort und mehrere hundert im Livestream. Die Politik möge doch die Rahmenbedingungen so setzen, dass sich mehr junge Menschen mit Technik beschäftigen, „am besten mit einem Ingenieurstudium in Bremen und dann bei Hella“, so der promovierte Nachrichtentechnik-Ingenieur.
Forderung nach Bürokratieabbau
NORDMETALL-Präsident Folkmar Ukena definierte gleich mehrere Felder, in denen die bremische Politik akuten Handlungsbedarf habe, um die Stadt für dringend gesuchte Fachkräfte wie für Unternehmen attraktiver zu machen: Die vom rot-grün-roten Senat eingeführte Ausbildungsabgabe müsse wieder abgeschafft werden. Stattdessen müsse die Ausbildungsreife potenzieller Azubis endlich durch eine ambitioniertere Schulpolitik gesichert werden. Bremen rangiert seit vielen Jahren auf dem letzten Platz in allen BundesländerBildungsrankings. Schließlich brauche es ein Belastungsmoratorium für die Industrie: „Bürokratieabbau und nicht -aufbau, das ist es, was unsere Industrie in dieser entscheidenden Phase von der Politik fordert“, so der Leeraner Familienunternehmer.
Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte verwies auf das 2,5-Milliarden-Zukunftsprogramm seines Senats, mit dem Bremen ganz wesentlich auch in den industriellen Sektor investiere: Nicht nur das Stahlwerk, auch die Flugzeugindustrie, die Elektromobilität oder die Wasserstofferzeugung seien Schwerpunkte bremischer Wirtschaftspolitik. Der SPD-Spitzenkandidat verteidigte gleichzeitig die Ausbildungsabgabe und die Tariftreueregeln an der Weser und forderte eine schnelle Einigung in Berlin auf einen Industriestrompreis:
„Mich wundert nur, dass diejenigen, die sonst immer gegen Subventionen sind, in diesem Punkt darin das
einzig selig machende Mittel sehen. Ein Industriestrompreis ist eine Subvention“, so der Senatspräsident in Richtung CDU und FDP.
Der bremische Unions-Spitzenkandidat Frank Imhoff MdBB reagierte darauf deutlich: Man könne nach der Abschaltung von Atom- und Kohlekraftwerken die Industrie „jetzt nicht im Regen stehen lassen. Das Gezanke in der Koalition in Berlin finde ich unerträglich, weil dadurch tausende Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen“. Dass sich der Senat an der Tarifbindung von Unternehmen bei Auftragsvergabe oder Förderung orientiere, sei falsch. Ihm sei es „egal“, ob Unternehmen mit oder ohne Tarifverträge arbeiten. „Starre Steigbügel“ würden hier nicht weiterhelfen, so der Präsident der Bremischen Bürgerschaft.
Kontroverse zum Industriestrompreis
Deutlichen Widerspruch zu den Positionen des Bürgermeisters und Bürgerschaftspräsidenten wagte FDPSpitzenkandidat Thore Schäck MdBB: „Die Industrie unterstützen zu wollen, ist wichtig und richtig – gerade auch im europäischen Vergleich. Doch wo soll das Geld herkommen?“ Bremen habe jetzt schon die höchste ProKopf- Verschuldung aller Bundesländer, müsse 600 Millionen Euro Zinsen jedes Jahr bedienen, die nicht mehr in ÖPNV und Bildung flössen. „Wenn man solche Forderungen wie nach einem Industriestrompreis aufstellt, erwarte ich von jemandem, der Bürgermeister werden
Bremens NORDMETALL-Repräsentant Cornelius Neumann-Redlin mahnt eine wirtschaftsfreundliche Politik des neugewählten Senats an.
Fotos: Christian Augustin Fotos: Christian Augustin
15 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 14 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
NORDMETALL-Präsident Folkmar Ukena fordert ein Belastungsmoratorium für die Industrie.
will, dass er Vorschläge macht, wo er an anderer Stelle kürzen will. Da haben weder die Regierungsparteien in Bremen noch die CDU bislang Antworten drauf gegeben“, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete.
Das brachte Kristina Vogt, bremische Wirtschaftssenatorin und Spitzenkandidatin der Linken, regelrecht auf die Palme: „Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt und hat ein hohes Steueraufkommen. Diese vergleichsweise kleine Summe von rund zehn Milliarden Euro muss doch im Haushalt aufzutreiben sein“, so ihr emotionaler Appell. Es gehe auch um Investitionen des Bundeslandes Bremen, das 330 Millionen Euro Fördermittel für die Stahlwerke, für Airbus und weitere Unternehmen gebe. „Dazu müssen wir neue Schulden aufnehmen und das ist genau richtig. Wir brauchen einen Industriestrompreis – und zwar schnell“, sagte Vogt. Im Übrigen sei die Tarifbindung schon deshalb auf dem Vormarsch, weil Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Branchen immer mehr meiden würden, die sie unterliefen.
Bremens Verkehrssenatorin Dr. Maike Schaefer von Bündnis 90/Die Grünen versuchte es mit einer gelassenen Analyse: „Wir erwarten von der Industrie, dass sie ihren Beitrag zum Klimaschutz leistet, etwa die Transformation in Richtung Wasserstoff. Das kostet die Industrie Milliarden. Deshalb finde ich es richtig, die Industrie mit einem Industriestrompreis zu unterstützen“, so die grüne Spitzenkandidatin. Auch dürfe man den Industriestrompreis und andere Subventionen für die Wirtschaft nicht gegen Sozialleistungen wie die geplante Ausweitung der Kindergrundsicherung ausspielen.
Keine festen Koalitionsaussagen
Keiner der Spitzenkandidaten mochte sich öffentlich auf künftige Koalitionen festlegen. Besonders Sozialdemokrat Bovenschulte lobte zwar die Arbeit seines bisherigen rot-grün-roten Senats, schloss aber eine Zusammenarbeit mit der CDU in der neuen Legislaturperiode nicht aus. Ob er dies aus taktischen Motiven mit Blick auf unentschlossene Wähler der Mitte tat oder ob ihm dies als Druckmittel bei neuen Koalitionsverhandlun-
gen mit den alten Partnern dienen sollte, wurde nicht deutlich. Jedoch brauchte Bremens SPD nach dem Wahlsonntag unter seiner Führung nur wenige Tage, um sich für Verhandlungen zur Fortführung des bisherigen Rathausbündnisses auszusprechen. „Das Linksbündnis rückt nach rechts“, orakelte kürzlich die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ über die Zukunft der bremischen Senatspolitik – nach den herben Stimmenverlusten für die Grünen sei ein „pragmatischerer Kurs nach dem
Angriffslustig: Thore Schäck MdBB, FDP-Spitzenkandidat.
Vorbild der niedersächsischen SPD“ in Sachen Wirtschafts- und Verkehrspolitik sowie innerer Sicherheit zu erwarten.
Cornelius Neumann-Redlin, Hauptgeschäftsführer der bremischen Unternehmensverbände, die „NORDMETALL vor Ort“ bei Hella Fahrzeugkomponenten tatkräftig unterstützten, dankte am Ende des Nachmittags für die engagierte Debatte. Der Arbeitgeberrepräsentant, der auch NORDMETALL in Bremen vertritt, wünschte sich künftig im Rathaus und besonders im Wirtschaftsressort „Sachwalter der Wirtschaft“, die besonders die Industrie unterstützen. Die norddeutschen Arbeitgeber der Metall- und Elektroindustrie werden genau beobachten, ob dieser Wunsch Wirklichkeit wird.
Alexander Luckow
Zupackend: Kristina Vogt, Spitzenkandidatin der Linken und bremische Wirtschaftssenatorin.
Siegessicher: Bremens alter und neuer Bürgermeister sowie Senatspräsident Dr. Andreas Bovenschulte (SPD). In der Defensive: Dr. Maike Schaefer, grüne Spitzenkandidatin und bis zur Bürgerschaftswahl Verkehrssenatorin.
Mitbewerber: Frank Imhoff MdBB, CDU-Spitzenkandidat und Präsident der Bremischen Bürgerschaft.
Fotos:
16 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 17 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Gut besucht: Die Kantine von Hella-Fahrzeugkomponenten im Bremer Süden.
Christian Augustin Fotos: Christian Augustin
Sorgen über politische Regulierungswut und Fachkräftekrise
Deutschland muss wieder attaktiver werden: für Fachkräfte, Investoren und Unternehmen. Vor allem die Kosten für Arbeit, Material und Energie, aber auch die Gesetzgebung belasten die norddeutsche Wirtschaft.
„Die Vielzahl neuer wirtschaftsfeindlicher Gesetze oder Regelungen sowie die immer bedrohlichere Fachkräftekrise sind die großen Sorgen der norddeutschen Metallund Elektroindustrie“, resümiert Folkmar Ukena, NORDMETALL-Präsident, die Frühjahrs-Konjunkturumfrage von NORDMETALL, AGV NORD und den Arbeitgeberverbänden Oldenburg, Bremen und Ostfriesland.
Wirtschaftsstandort immer unattraktiver 61 Prozent der Betriebe beklagen, dass sich die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland in den ver-
gangenen sechs Monaten verschlechtert habe, der zweithöchste Wert innerhalb von sieben Jahren. 38 Prozent sehen keine Veränderung, mit einem Prozent sieht praktisch niemand Verbesserungen. Neue Gesetze bewerten 45 Prozent als erschwerende Wirtschaftsfaktoren, mehr als doppelt so viele Firmen wie vor einem Jahr. Insgesamt haben 159 Unternehmen mit rund 109.000 Beschäftigten im März und April an der Befragung in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und dem nordwestlichen Niedersachsen teilgenommen.
Wie gut sind qualifizierte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt verfügbar?
Die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland hat sich in den letzten 6 Monaten …
Den Arbeitskräftemangel ordnen 70 Prozent der Unternehmen als schwere Last für die norddeutsche M+EIndustrie ein. 75 Prozent beklagen die schlechte oder unbefriedigende Verfügbarkeit von Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt. Besonders in Hamburg (86 Prozent) und in Bremen (77 Prozent) wird dies als belastend bewertet. Mit 74 Prozent leiden fast genauso viele Betriebe unter dem Mangel an qualifizierten Auszubildenden.
„Statt der Industrie immer neue und vielfach höchst fragwürdige Vorschriften zu machen, sollte sich die Politik endlich intensiver auf die Bekämpfung des Fachkräfte- und Azubi-Mangels konzentrieren“, kritisiert der Familienunternehmer Ukena. Bis heute gebe es weder einen nennenswerten Zuzug qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland noch werde das Problem der viel zu geringen Zahl gut gebildeter Bewerber für Ausbildungsplätze durch eine ambitioniertere Schulpolitik ernsthaft angegangen. „Beide Negativfaktoren leisten einen zusätzlichen Beitrag zur Dein-
dustrialisierung Deutschlands, die angesichts dramatisch gestiegener Energie-, Material- und Arbeitskosten vier von fünf Unternehmen als schwere Last bezeichnen“, so der geschäftsführende Gesellschafter der LEDA-Werke in Leer, Ostfriesland.
Bessere Geschäftslage
Nach den schweren Einbrüchen durch die Coronapandemie und den Überfall Russlands auf die Ukraine bewerten fast neun von zehn Betrieben die Geschäftslage derzeit wieder als gut oder befriedigend. Knapp die Hälfte der
Umfrage Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Norddeutschlands M+E-Unternehmen fühlen sich vom „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“ (LkSG) so belastet, wie es der sperrige Titel erwarten lässt: Im Rahmen einer bundesweiten Umfrage durch Gesamtmetall bekundeten über 90 Prozent der Firmen im Norden ihre direkte oder indirekte Betroffenheit. Entgegen der Zielsetzung des Gesetzes sind nicht nur alle großen Unternehmen, sondern über Kunden und die Lieferkette indirekt auch kleine (85 Prozent) und alle mittleren Unternehmen betroffen. Mehr als 80 Prozent der Unternehmen bewerten den Aufwand durch die Sorgfaltspflichtenprüfung als hoch bis sehr hoch, die zusätzlichen Kosten schwanken zwischen rund 23.000 Euro jährlich für kleine Betriebe und 354.000 Euro für große. Die betroffenen Unternehmen fürchten durch eine in Brüssel diskutierte Verschärfung der Lieferkettenregeln noch mehr Bürokratie (97 Prozent), noch höhere Kosten (94 Prozent), eine weitere Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit (71 Prozent) und würden sich als Folge verstärkt aus Ländern und Handelsregionen zurückziehen (51 Prozent).
Rubrik
Angaben in Prozent, Quelle: NORDMETALL schlecht unbefriedigend befriedigend gut 10 44 41 5 13 44 39 4 21 37 39 3 23 45 29 3 20 41 36 3 21 39 37 3 15 44 37 4 11 30 50 9 9 35 46 10 25 43 29 3 23 50 25 2 41 42 14 2 35 40 23 2 2017 FrühjahrHerbst 2018 FrühjahrHerbst 2019 FrühjahrHerbst 2020 FrühjahrHerbst 2021 FrühjahrHerbst 2022 FrühjahrHerbst 2023 Frühjahr
Angaben in Prozent, Quelle: NORDMETALL 38 60 25 70 18 81 15 83 26 73 28 69 30 69 41 56 38 62 26 69 31 66 36 60 38 56 72 28 61 38 2 5 1 2 1 3 1 3 0 5 3 4 6 0 1 verschlechtert nicht verändert verbessert 2017 FrühjahrHerbst 2018 FrühjahrHerbst 2019 FrühjahrHerbst 2020 FrühjahrHerbst 2021 FrühjahrHerbst 2022 FrühjahrHerbst 2023 Frühjahr 2016 FrühjahrHerbst
18 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 19 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Konjunkturumfrage
norddeutschen M+E-Unternehmen ist mit Aufträgen über die kommenden sechs Monate hinaus ausgelastet, ein knappes Viertel für das nächste halbe Jahr. Nur noch 17 Prozent der Firmen sind durch Lieferengpässe noch stark oder sehr stark in ihrer Produktion eingeschränkt,
im vorigen Herbst waren es im Umfragegebiet noch 33 Prozent. Ein gutes Viertel der Betriebe richtet durch die Suche neuer Handelspartner und die Verringerung von Abhängigkeiten ihre Lieferketten neu aus.
Eine Verbesserung der Geschäftslage erwarten im kommenden halben Jahr mit einem knappen Viertel fast doppelt so viele Unternehmen wie im vorigen Herbst, mit starken regionalen Unterschieden: In Bremen erwarten nur acht Prozent eine Verbesserung, in Mecklenburg-Vorpommern 38 Prozent. Um durchschnittlich 14 Prozent müssen die norddeutschen M+E-Unternehmen ihre Verkaufspreise erhöhen, um die aktuellen Preissteigerungen auszugleichen. 46 Prozent wollen die Zahl ihrer Mitarbeiter in den nächsten drei Monaten erhöhen, der höchste Wert seit mehr als sieben Jahren. Zu erwarten wären so rund 1.800 Neueinstellungen in der norddeutschen M+E-Industrie bis zum Hochsommer.
Folkmar Ukena: „Der Weltmarkt fragt unsere hochklassigen norddeutschen Metall- und Elektroprodukte wieder verstärkt nach. Aber die Politik unterstützt uns nicht bei der Schaffung besserer Rahmenbedingungen, um mehr Aufträge mit mehr und qualifizierterem Personal abzuarbeiten, im Gegenteil: Berlin und Brüssel überziehen die Betriebe mit immer mehr Bürokratie, vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz bis zur Arbeitszeiterfassung. Dieser Trend muss sich umkehren, damit die Deindustrialisierung nicht fortschreitet, Arbeitsplätze erhalten bleiben und der Wohlstand nicht schrumpft“, so die Forderung des NORDMETALL-Präsidenten. Alexander Luckow
(Noch) keine Zeit zum Aufatmen
Erschwerende Wirtschaftsfaktoren
Häufigkeit der Nennungen
Angaben in Prozent, Quelle: NORDMETALL
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Das Frühjahr 2023 zeigt, dass wir ökonomisch recht robust durch den Winter 2022/2023 gekommen sind. Der große Schock einer allumfassenden Energiemangellage mit Gas-Rationierungen ist ausgeblieben. Enttäuschend ist dennoch der Befund, dass die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal des Jahres 2023 im Vergleich zum Vorquartal kein Wachstum generieren konnte. Damit hat sich die Rezession zum Jahresende 2022, als das BIP den Vorquartalswert um 0,5 Prozent unterschritt, zwar nicht fortgesetzt – trotzdem ist keine Zeit zum Aufatmen da. Denn die Stagnation des Wirtschaftswachstums zusammen mit einer anhaltenden hohen Inflationsrate von sechs Prozent (Mai 2023) verdeutlichen das veritable Risiko einer mittelfristig anhaltenden Stagflation.
Während die staatlichen und privaten Konsumausgaben zuletzt abnahmen, legte die Industrieproduktion insgesamt zu. Die Auftragsbücher füllen sich langfristig wieder und Investitionen werden vermehrt geplant. Doch die Produktion der energieintensiven Industrie ist nach kurzer Erholung am Anfang des Jahres im März erneut gesunken und liegt damit wieder 15 Prozent unter dem Niveau von 2015. Auch die Produktionszahlen des Maschinenbausektors stagnieren. Nur die Elektro- und vor allem die Autoindustrie verzeichnen eine erhöhte Produktion seit dem Jahresanfang.
Tempo und Fachkräfte gefragt
Daher ist nun Tempo gefragt, wenn Deutschland als Wirtschaftsstandort im internationalen Wettbewerb nicht unter die Räder gelangen will. Die Herausforderungen sind längst bekannt und vielfältig: Nicht nur die Inflation würgt einen potenziellen Aufschwung ab, sondern auch der Fachkräftemangel hemmt den geplanten Beschäftigungsausbau und die Expansion der Unternehmen. Forderungen nach höheren Löhnen und einer 4-Tage-Woche greifen zu kurz, denn sie können das strukturelle Problem und die Auswirkungen des demografischen Wandels nicht lösen.
Innovationen wie die künstliche Intelligenz können nur dann ihre Wachstumspotenziale entfalten und dabei helfen, Ressourcen effizienter einzusetzen, wenn die Digitalisierung mit den dazugehörigen Investitionen in die Infrastruktur, Forschung und Bildung vorangetrieben wird. Die Energiekosten bleiben das zentrale Thema für die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Wirtschaftsstandortes, daher kommt der Vorschlag für einen Industriestrompreis zur rechten Zeit. Wichtig hierbei ist jedoch, dass die Anreizwirkung des Preises erhalten bleibt, damit weiterhin erneuerbare Energie ausgebaut wird und sich der Stromverbrauch auch künftig an den Zyklen der preisgünstigen Stromeinspeisung orientiert.
Bürokratiekosten senken
Möchten sich Deutschland und die EU als Wirtschaftsstandort behaupten, muss nicht nur die doppelte Transformation zügig und durchdacht umgesetzt werden, sondern müssen auch allgemein die Bürokratiekosten gesenkt werden. Und politische Maßnahmen wie das Lieferkettengesetz dürfen nicht die ausgerufenen Ziele einer resilienteren und diversifizierten Wirtschaft konterkarieren. Gerade in unsicheren Zeiten mit undurchsichtigen geopolitischen Positionen muss die EU eine Industriepolitik im richtigen Maße verfolgen, ohne einen Subventionswettlauf mit China und den USA zu riskieren, den sie aufgrund ihrer am Ende geringeren Größe und politischen Heterogenität ohnehin verlieren würde.
Arbeitskräftemangel neue Gesetze Euro-Kurs Energiekosten Materialkosten Arbeitskosten Internationale Politik 82 78 81 7 45 44 70
Gastbeitrag von Prof. Dr. Michael Hüther
Foto: IW Köln
Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln
20 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 21 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Medien im ganzen Norden berichten über die NORDMETALL-Frühjahrs-Konjunkturumfrage.
Wenndie Seele wund wird
Dieser Sonntag im Sommer 2011 wird sein Leben für immer in ein Vorher und Nachher teilen. Frank Mercier kämpft mit Notärzten und der Ehefrau seines Nachbarn um dessen Leben – vergebens. Der 50-Jährige war Minuten zuvor nach dem Joggen vor dem gemeinsamen Doppelhaus mit einem Herzinfarkt zusammengebrochen. Bis zum Eintreffen der Bestatter wacht Mercier stundenlang bei der Leiche des Verstorbenen, drinnen kümmert sich seine Familie um die Witwe. Den Rat des Notfallseelsorgers, sich psychologische Hilfe zu holen, ignoriert der Managementberater und Geschäftsführer. Die Witwe und das Kind bräuchten doch jetzt Unterstützung, nicht er. Wie sehr ihn dieses Drama traumatisiert hat, erkennt er erst nach Monaten. Diagnose: Schwere Depression – ausgelöst durch ein Trauma-Flashback.
Unterschätzte Krankheit Depression
Zwölf Jahre nach der Tragödie begrüßt Mercier an einem Donnerstag im Mai die Teilnehmerinnen und Teilnehmer seines Online-Impulsvortrags „Depression und Arbeitswelt“. Zugeschaltet haben sich vor allem Personalverantwortliche aus Unternehmen. Mercier hat sich als ehrenamtlicher Vorstand der Deutschen Depressionsliga auf Seminare für Fach- und Führungskräfte spezialisiert. Die große Nachfrage erklären diese Zahlen: Im Laufe ihres Lebens sind 23 Prozent der Deutschen unmittelbar selbst von einer Depression betroffen, 37 Prozent sind mitbetroffen durch erkrankte Angehörige.
„Depressive Störungen gehören zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere am meisten unterschätzten Erkrankungen“, schreibt das Bundesministerium für Gesundheit und spricht von einer „Volkskrankheit“. Immer stärker wirkt sich dies auf die Arbeitswelt aus.
Laut aktuellem „Psychreport“ der Krankenkasse
DAK-Gesundheit auf Basis der Krankschreibungen von 2,4 Millionen DAK-versicherten Beschäftigten erreichte der Arbeitsausfall aufgrund psychischer Erkrankungen 2022 einen neuen Höchststand. Mit 301 Fehltagen je 100 Versicherten lagen diese Fehlzeiten um 48 Prozent über dem Niveau von 2012. Übertroffen wurden diese Werte nur von Erkrankungen des Atmungssytems (398 Fehltage, vor allem durch Corona- und Erkältungswellen) und des Muskelskelettsystems (354 Fehltage). Eine regionale DAK-Studie von 2021 zeigt, dass sich die Werte im Norden in etwa am Bundesschnitt orientieren – wobei sie in Mecklenburg-Vorpommern mit 55 Prozent am deutlichsten zugelegt haben. „Das hat verschiedenste Ursachen“, sagt Dr. Sylvia Neu, Geschäftsführerin der Unter-
nehmensberatung der Wirtschaft (UdW) in Schwerin. Sie beobachte beispielsweise nur eine geringe Offenheit der Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern, etwas für ihre psychische Gesundheit zu tun. Zudem komme es auf die jeweilige Branche an: So weise etwa der Dienstleistungssektor einen höheren Grad an psychischen Belastungen auf. Beschäftigte im Handel oder Servicecenter fehlten deutlich häufiger aufgrund von psychischen Erkrankungen als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bau oder Handwerk, so Neu. Ein weiterer Faktor sei das Geschlecht: Frauen seien meist doppelt so lang aus psychischen Gründen krankgeschrieben wie Männer. „Geht man davon aus, dass die neuen Bundesländer eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen haben und diese überwiegend im Dienstleistungsbereich arbeiten, könnte auch dies ein Grund für den höheren Krankenstand in Mecklenburg-Vorpommern sein“, analysiert Neu. Zudem habe das Bundesland 2021 mit einem Durchschnittsalter von 47,5 Jahren die drittälteste Bevölkerung in Deutschland gehabt. „Das ist insofern ein Problem, da der Anteil psychischer Erkrankungen mit zunehmendem Alter ebenfalls zunimmt“, sagt Neu.
Mehr Betroffene suchen sich Hilfe Zermürbt uns der Dauerkrisenmodus mit Klimakrise, Pandemie, Krieg und wirtschaftlichen Abstiegsängsten? Werden unsere Seelen wund durch zu viele Reize, zu viele Blicke auf Smartphones und Tablets? War früher eben doch alles besser? Nein, so einfach ist das nicht. Denn eine Folie in Merciers Vortrag mag so gar nicht zu dem Anstieg der psychischen Erkrankungen passen: 2021 nahmen sich in Deutschland 9.215 Menschen das Leben, zu Beginn der Achtzigerjahre lag diese Zahl fast doppelt so hoch. Experten führen dies vor allem auf die wachsende Enttabuisierung psychischer Erkrankungen zu-
Frank Mercier Vorstand, Deutsche Depressionsliga
Foto Hintergrund: iStock Foto: Rüdiger Dunker Fotodesign, Darmstadt, Germany Psychische Gesundheit
Immer mehr Menschen werden psychisch krank. Dies hat auch dramatische Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Was Unternehmen jetzt tun können.
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Dr. Dirk Mackau Arbeitswissenschaftler, NORDMETALL
rück, viel mehr Betroffene suchen sich Hilfe, bevor es zu spät ist. Dies führt eben auch dazu, dass die Zahl der erfassten psychischen Erkrankungen steigt. Für Arbeitgeber bedeutet diese Entwicklung aber auch immense Herausforderungen: Psychische Erkrankungen führen sehr oft zu langen Fehlzeiten, laut DAK lag die durchschnittliche Falldauer 2022 bei knapp 37 Fehltagen pro Krankschreibung. Fast jede zweite Frühverrentung beruht inzwischen auf einer psychischen Erkrankung, was den Fachkräftemangel weiter verschärft. Unmittelbaren Einfluss können Arbeitgeber nur auf mögliche psychische Belastungen am Arbeitsplatz nehmen, die bis zum Burn-out reichen können. Dr. Dirk Mackau, Arbeitswissenschaftler bei NORDMETALL, rät Führungskräften, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig zu bitten, folgende Fragen auf einer Punkteskala von eins bis zehn zu beantworten: Wie gestresst fühlst du dich aktuell bei der Arbeit? Wie zufrieden bist du durchschnittlich mit deinem Job? Zur erstmaligen Kalibrierung dienen diese Fragen: Wie gestresst beziehungsweise zufrieden warst du jemals in deinem Traumjob? „Wenn die Werte stark auseinanderdriften, ist das ein deutliches Signal, dass man sich kümmern sollte“, sagt Mackau. Die dritte Frage läge dann auf der Hand: Was müsste sein, damit sich der Stress verringert und wie kann ich dich als Führungskraft dabei unterstützen?
Dieses „niederschwellige Instrument“, sagt Mackau, sei auch für hochbelastete Führungskräfte umsetzbar. Die Antworten gäben zudem Aufschluss, wo es im Unternehmen gerade hakt. Etwa, wenn das Hochfahren der Rechner zu lange dauert. Oder die Kommunikation zwischen Abteilungen nicht funktioniert, sodass Kolleginnen und Kollegen über „verplemperte Zeit“ klagen, weil ihnen ständig wichtige Informationen fehlen. „Kein Mitarbeiter und keine Mitarbeiterin erwartet, dass man die Probleme sofort auflöst. Das Signal der Führungskraft, dass man sich kümmern wird, ist entscheidend“, sagt Mackau.
Allerdings kann diese Methode nur funktionieren, wenn das Vertrauensverhältnis stimmt – andernfalls wird kaum ein Beschäftigter angeben, dass etwa die Arbeit in der gesetzten Zeit nicht zu schaffen sei. Mackau zitiert Peter F. Drucker, Pionier der modernen Managementlehre: „Culture eats strategy for breakfast.“ Will heißen: Eine gute Unternehmenskultur ist viel wichtiger als eine ausgefeilte Strategie.
„Ein Klima der Angst steigert die Gefahr psychischer Probleme am Arbeitsplatz“, sagt Mackau. Wenn Unternehmen ihn um Rat bitten, was man gegen hohe Fehlzeiten tun könne, nennt er vier Felder: Sorgen Sie dafür, dass das Gefühl der Verbundenheit und Zugehörigkeit ausgeprägt ist, Entfaltungsmöglichkeiten gegeben sind, die Entlohnung als angemessen empfunden wird und bei den Beschäftigten ein Kohärenzgefühl herrscht.
„Mit Kohärenz ist gemeint, dass der Beschäftigte den Sinn seiner Arbeit verstehen und Zusammenhänge erkennen kann. Wenn ich nie ein Feedback bekomme,
Psychische Gesundheit von Azubis
Die Zahlen sind alarmierend: Etwa die Hälfte der Auszubildenden in Deutschland zeigt stressbedingte Warnsignale wie Nervosität oder Stimmungsschwankungen. Jeder fünfte Jugendliche fühlt sich durch den Betrieb oder die Schule belastet und klagt über Schlafstörungen. Die Coronakrise hat für zusätzlichen Stress gesorgt: Rund 55 Prozent der Auszubildenden sahen sich durch die Pandemie in ihrer Ausbildung stark oder sehr stark belastet. Auch in der Freizeit war für viele Jugendliche an Abschalten nicht zu denken. Was also können Ausbildungsleitungen und Personalverantwortliche speziell für die psychische Gesundheit des Nachwuchses tun? Dieser Frage widmete sich das überregionale Netzwerktreffen Ausbildung von NORDMETALL, das Ende April online stattfand. Eine zentrale Erkenntnis: Gezielte Prävention kann
die Situation entschärfen. Dafür warben Dr. Moritz von Gliszczynski und Maxi Schäfer von der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen bei den rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Psychosoziale Belastungen gehörten zu den häufigsten Gründen, warum Ausbildungsverträge hierzulande vorzeitig gelöst würden. Die Referenten berichteten von dem Kooperationsprojekt „Präzubi“, das die Landesvereinigung gemeinsam mit der Deutschen Rentenversicherung Hannover Braunschweig durchführt, um mehr über die Bedürfnisse von Jugendlichen und geeignete Präventionsmaßnahmen herauszufinden. Auch Berufsschulen sehen die Experten in der Pflicht und empfehlen, Angebote zu entwickeln, die unter anderem die Selbstorganisation, die Stressregulation und Suchtkompetenz von Auszubildenden fördern. BiB
kann ich nicht einschätzen, was ich für das Unternehmen leiste“, sagt Mackau. Dann empfinde das Gehirn das Gleiche wie bei Schmerz: „Und das löst den Impuls aus, besser gar nicht mehr zur Arbeit zu gehen.“
Wie sehr mögliche psychische Probleme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter inzwischen in den Fokus der norddeutschen Unternehmen gerückt sind, zeigt das Beispiel Philips. Die Hamburger Deutschland-Zentrale des Unternehmens mit 2.400 Beschäftigten, 2018 ausgezeichnet mit dem Sonderpreis „Betriebliche Gesund-
heitsförderung“ beim Wettbewerb „Deutschlands beste Arbeitgeber“, setzt bei der Prävention unter anderem auf Seminare und Webinare zu Themen wie „Psychische Belastungen in Krisenzeiten“, „Mentale Gesundheit“ und „Die Kunst des Nichtdurchdrehens“. Seit 2008 gibt es zudem die sogenannten „Kollegialen Ansprechpartner“ („KAP“) bei Philips. Jeder KAP wird 80 Stunden geschult, lernt die Grundlagen psychischer Krankheiten kennen. Zur Ausbildung gehören Besuche vor Ort in Kliniken und Beratungsstellen. An die insgesamt 18 KAPs bei Philips im deutschsprachigen Raum können sich Beschäftigte mit ihren beruflichen und privaten Sorgen wenden und auf die absolute Schweigepflicht ihrer Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner vertrauen. „Wir leben dieses Programm“, sagt Betriebsärztin Dr. Grietje Duvigneau.
Mit dem PME-Familienservice gibt es eine weitere externe Anlaufstelle, die jeder Beschäftigte kostenlos konsultieren kann – anonym, das Unternehmen erfährt nicht, wer hier Rat sucht. „Selbstverständlich können Beschäftigte mit ihren Problemen auch zu uns in den Betriebsärztlichen Dienst kommen“, sagt Duvigneau.
Dies gilt auch für Führungskräfte, die Rat suchen, wenn sie spüren, dass ein Kollege oder eine Kollegin psychisch belastet sein könnte. Auch sie werden eigens geschult, um dies zu erkennen.
Dr. Grietje Duvigneau
Fachärztin für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin, Philips
Sich zur Krankheit bekennen, Rat suchen, dies ist auch das Anliegen der Deutschen Depressionsliga: „Wir unterstützen und ermutigen Betroffene zu einem achtsamen Umgang mit sich selbst. Denn Heilung beginnt mit
dem Wissen: Es kann jede und jeden treffen – als Betroffener bin ich nicht schuld an meiner Erkrankung.“ Frank Mercier spricht in seinen Vorträgen über seinen langen Leidensweg, über eigene Suizidgedanken: „Auf einmal erscheint dir der Tod wie ein guter Freund.“ In den Seminaren erklärt Mercier erste Warnzeichen wie unspezifische Kopf- oder Bauchschmerzen, ständige Müdigkeit, dauernde Lustlosigkeit, Reizbarkeit und Angst: „Ich hatte psychotischen Verarmungswahn. Ich habe gedacht, ich verliere meine Job, meine Familie und bettle an einer Straßenecke um jeden Cent.“ Zugleich warnt er davor, „alles zu pathologisieren. Wenn mein Partner stirbt, darf ich traurig sein. Und wenn die Hypothek drückt oder der Chef meckert, sind schlaflose Nächte auch mal okay.“
Fotos: Halstrick/Philips, Arne Vollstedt Foto: Margit Wild
„Culture eats strategy for breakfast.“
Dr. Sylvia Neu Geschäftsführerin, Unternehmensberatung der Wirtschaft
24 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 25 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Peter F. Drucker
Wer die Seite der Depressionsliga anklickt, sieht sofort das Gesicht von Torsten Sträter, dem bekannten Satiriker und Komiker und Schirmherrn der Organisation. Die Sendung „Chez Krömer“, in der er 2021 mit seinem ebenfalls betroffenen Berliner Kollegen Kurt Krömer über Depressionen spricht, zählt zu den Glanzlichtern der deutschen TV-Unterhaltung und wurde mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Krömer erklärt, wie er vier Stunden gebraucht habe, um eine Einkaufsliste zu erstellen: „Und dann war ich im Supermarkt, hab angefangen zu weinen, weil ich dachte, ich weiß nicht mehr, wie das hier geht."
„Solche Sendungen geben den Betroffenen Hoffnung, dass sie eben nicht allein sind mit ihrer Krankheit“, sagt Mercier: „Und vielleicht gehen sie dann doch schneller zum Arzt.“
Peter Wenig
Deutsche Depressionsliga
Die Deutsche Depressionsliga (DDL) ist eine bundesweit aktive Patientenvertretung für an Depressionen erkrankte Menschen. Der gemeinnützige Verein ist eine reine Betroffenenorganisation, dessen Mitglieder entweder selbst von der Krankheit betroffen sind oder deren Angehörige. Wer nicht zu diesem Personenkreis gehört, kann Fördermitglied werden. Der Vorstand und die Mitglieder arbeiten ehrenamtlich für Aufklärung und Entstigmatisierung, an Angeboten der Hilfe und Selbsthilfe für Betroffene sowie an der Vertretung der Interessen dieser Menschen gegenüber Politik, Gesundheitswesen und Öffentlichkeit. Zu den Angeboten gehören auch Seminare und Workshops bei Unternehmen.
Die DDL mit mehr als 1.700 Mitgliedern finanziert sich im Rahmen der Selbsthilfeförderung der gesetzlichen Krankenkassen sowie durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Weitere Informationen bei Deutsche Depressionsliga e. V. – Von Betroffenen, für Betroffene
www.depressionsliga.de
Berufsorientierung
Was die M+E-Industrie unternimmt, um mehr junge Frauen für technische Berufe zu gewinnen.
Mädchen für MINT begeistern
Noch immer sind Frauen in MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) unterrepräsentiert. Laut MINT-Frühjahrsreport 2023 des Instituts der deutschen Wirtschaft liegt ihr Anteil bei 16 Prozent und damit weit unter dem Wert, den die M+E-Industrie braucht, um dem Fachkräftemangel entgegenwirken zu können. Mit zahlreichen Initiativen und Aktionen steuern die Unternehmen gemeinsam mit den Arbeitgeberverbänden gegen.
Wie cool es sein kann, eine gewerblich-technische Ausbildung beim Luft- und Raumfahrtunternehmen
Airbus zu starten, davon berichten weibliche Auszubildende des Konzerns regelmäßig während ihrer Besuche in ihren früheren Schulen. „Back2School“ nennt sich dieses Format, das der Flugzeugbauer aufgelegt hat, um mehr weibliche Azubis zu gewinnen. Derzeit sind nur ein Fünftel der rund 1.000 „AIRzubis“, wie der Konzern
seine Auszubildenden und Dualstudierenden nennt, an allen norddeutschen Airbus-Standorten weiblich. „Das wollen wir verändern“, sagt der Bremer Ausbildungsleiter Tim Lindemann. Ziel sei es, den Anteil junger Frauen auf mindestens ein Drittel anzuheben. Dazu hat das Unternehmen ein ganzes Bündel an Maßnahmen aufgelegt.
Schülerpraktika als Marketinginstrument
„Zu den einfachsten und zugleich erfolgreichsten Bindungselementen gehören nach wie vor unsere Praktika für Schülerinnen und Schüler“, sagt Lindemann. Etwa 250 junge Leute der Klassen 9 und 10 können pro Jahr für zwei beziehungsweise drei Wochen die verschiedenen Airbus-Standorte im Norden mit ihren vielseitigen Ausbildungsmöglichkeiten erkunden. „Dabei stellen die Mädchen fest: Ich kann das, hier bei Airbus
Foto: Hergen Deuter/Bockfilm
Foto: rbb/Daniel Porsdorf
160 Schülerinnen und Schüler erkundeten beim „Girls‘ und Boys‘ Day“ Ende April 2023 den Bremer Airbus-Standort.
Preiswürdig: Kurt Krömer (r.) und Torsten Sträter tauschten sich in der rbb-Sendung „Chez Krömer“ offen über ihre Erfahrungen mit Depressionen aus – und wurden dafür 2022 mit einem Grimme-Preis geehrt.
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sind super Leute und die Ausbildung macht großen Spaß“, sagt der Ausbildungsleiter. Zusätzlich stellt das Unternehmen alle Ausbildungsberufe in den sozialen Medien vor.
Darüber hinaus bietet das Luft- und Raumfahrtunternehmen in jeder ersten Sommerferienwoche ein spezielles Praktikum ausschließlich für Mädchen an. „Girls make it fly“ zeigt dem weiblichen Nachwuchs, dass Luft- und Raumfahrt jede Menge Spaß bringt und beste Berufschancen bietet. Diese Praktikumsaktivitäten, so Lindemann, seien nach wie vor das beste Marketinginstrument zur Gewinnung gewerblich-technischen Nachwuchses. Unter dem Stichwort „Female Marketing“ hat der Konzern eine ganze Reihe weiterer Aktivitäten zur Ansprache von jungen Frauen zusammengefasst. So werden spezielle Workshops nur für Mädchen angeboten, Messeteams für Berufsorientierungsmessen mit weiblichen Vorbildern besetzt und „AIRzubi-Talks“ als Online-Meetings ausschließlich für Mädchen organisiert. Auf einem eigens eingerichteten In stagramAccount stellen weibliche Auszubildende ihre Berufe vor, fungieren so als „Role Models“ und sprechen gezielt Mädchen an.
Gezielte Studienvorbereitung
Das Projekt „ProTechnicale“, das in Hamburg in Kooperation mit dem Zentrum für angewandte Luftfahrtforschung aufgelegt wird, unterstützt Airbus ebenfalls. Dabei können Oberstufenschülerinnen und Abiturientinnen ein Jahr lang gezielte Berufsorientierung und Studienvorbereitung erleben. „Unser Hamburger Standort öffnet den Teilnehmerinnen dafür gern seine Türen“, sagt Lindemann. Der Erfolg des Projekts ist messbar: 90 Prozent der bisherigen ProTechnicale-Teilnehmerinnen haben ein MINT-Studium begonnen. Für Bremen wird aktuell an einem ähnlichen Konzept gearbeitet. Auch Aktionen wie der Girls‘ Day seien nach wie vor wichtig, ist Dr. Nico Fickinger, Hauptgeschäftsführer von NORDMETALL und AGV NORD, überzeugt: „Zuletzt ist der Prozentsatz derer, die sich eine IT-Ausbildung oder ein Studium in dieser Richtung vorstellen können, nach einem solchen Aktionstag von zwölf auf 21 Prozent gestiegen“, sagt er und fügt an: „Bundesweit ist knapp ein Drittel der Studierenden in MINT-Fächern weiblich, in Schleswig-Holstein sind es sogar 33,4 Prozent und in Mecklenburg-Vorpommern 36 Prozent. Das zeigt: Langsam, aber sicher dürfte auch der Anteil der Mitarbeite-
rinnen in unserer vor allem in der Produktion männerlastigen Metall- und Elektroindustrie steigen.“
Die Verbände unterstützen eine Reihe von Aktivitäten und haben auch eigene Initiativen gestartet. Zum Beispiel das Projekt „MINT4girls“. Es ermöglicht Mädchen aus den Klassen 8 und 9 über verschiedene Module, eine
Die Veranstaltungen fanden im vergangenen Jahr im von NORDMETALL mitfinanzierten Schülerforschungszentrum Hamburg statt und folgten stets einem ähnlichen Aufbau. Die Mädchen mussten zunächst eine Gemeinschaftsaufgabe lösen, darauf folgte eine technisch-praktische Aufgabe in Kleingruppen und am Ende wurde in Zweierteams eine elektronische Schal-
bei, gehen in Schulen und informieren über unsere Ausbildungsberufe, und wir nehmen an Aktionen teil, die bewusst klischeefreie Berufsorientierung zulassen“, sagt er. So war Still unlängst bei der Berufe-Rallye „Mädchenwirtschaft“ dabei, einer Veranstaltung der Agentur für Arbeit, des Mädchenprojekts „Dolle Deerns e. V.“ und des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt. „An unserem Stand konnten die Mädchen ein Still-Logo selbst ausfeilen und virtuell schweißen“, berichtet Wehlen. Auf die Frage, was die Gesellschaft leisten muss, um mehr Mädchen für MINT zu begeistern, gibt Imke Kuhl-
Projektwoche mit MINT-Angeboten und über ein MINTPraktikum vertiefte Einblicke in die vielfältigen beruflichen Möglichkeiten im technischen Bereich. Das Projekt läuft aktuell in Bremen, Hamburg, Kiel und Lübeck und wirbt permanent bei den Mitgliedsunternehmen um die Bereitstellung von Praktikumsplätzen. nordbord , der Club für Schülerinnen und Schüler mit Spaß an Naturwissenschaften und Technik, ist ein weiteres Beispiel, wie NORDMETALL den Nachwuchs an MINT heranführt. Im Club können sich Kinder und Jugendliche Wissen aneignen, forschen, tüfteln und sich untereinander oder mit Expertinnen und Experten austauschen. Bei Unternehmenstagen bietet nordbord den Jugendlichen die Möglichkeit, Einblicke in Unternehmen zu bekommen. Die wiederum kommen mit Jugendlichen in Kontakt.
Eines der Events, das in diesem Rahmen stattgefunden hat, war ein Stärkenseminar für Mädchen ab der siebten Klasse. Es wurde von nordbord gemeinsam mit dem Hamburger Intralogistikunternehmen Still organisiert. Zudem engagierten sich die Unternehmen Hanseatic Power Solutions sowie Bosch Sicherheitssysteme
tung gebaut oder ein Logistikrätsel gelöst. Jan Wehlen, Ausbildungsleiter bei Still, erläutert: „Alle Mädchen haben eine positive Rückmeldung von einer Fachjury erhalten. Sie betonte bewusst die guten Ansätze und Erfolge, anstatt wie sonst oft üblich, auf mögliche Fehler hinzuweisen.“ Ermutigt und gestärkt gingen die Mädchen aus dem Seminar hervor und haben mit Spaß an der Sache MINT erkundet. Für diese Konzeption und das gelungene Seminar gab es vom Netzwerk „SchuleWirtschaft“, einer von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und dem Institut der deutschen Wirtschaft getragenen Initiative, den Preis „MINT für Mädchen und junge Frauen“.
Klischeefreie Berufsorientierung
„Still legt grundsätzlich viel Wert auf die Förderung von Mädchen und jungen Frauen im Rahmen der Aus- und Weiterbildungsangebote“, sagt Wehlen. Schon allein, weil Frauen in gewerblich-technischen Berufsbildern nach Wehlens Aussage noch viel zu unterrepräsentiert seien. „Deshalb engagieren wir uns in vielfältiger Weise. Wir sind regelmäßig bei nordbord-Veranstaltungen da-
Ausgezeichnetes Kooperationsprojekt: Das Stärkenseminar für Mädchen von nordbord ist in der Umsetzung durch die Firma Still von der Initiative „SchuleWirtschaft“ prämiert worden.
mann, Referentin Nachwuchssicherung bei NORDMETALL, eine vielschichtige Antwort: „Ganz wichtig ist es, früh anzufangen und nicht zu stigmatisieren, am besten schon in der Kita, aber auch im Elternhaus und in der Schule. Zudem brauchen wir eine klischeefreie Berufsorientierung und überaus wichtig sind viele Role Models. Aber auch praktische Erfahrungen und das Hineinschnuppern in die Berufe sind essenziell.“
Lothar Steckel
NORDMETALL und NORDMETALL-Stiftung engagieren sich seit vielen Jahren dafür, Mädchen für MINT zu begeistern. Einige Projekte und Initiativen finden Sie im Internet unter: www.nordmetall-stiftung.de und www.wir-bilden-den-norden.de
Jetzt reinhören in den Podcast „Mädchen für die Metall- und Elektroindustrie begeistern“ unter www.meinarbeitgeberverband.de/ fachkraefte-podcast.de
Foto: nordbord Fotos: Hergen Deuter/Bockfilm, Still
MINT-Power (Foto oben): Drei Teilnehmerinnen des preisgekrönten nordbord-Stärkenseminars Ende 2022 im Schülerforschungszentrum Hamburg.
Ganz bei der Sache (Foto rechts): In der Airbus-Ausbildungswerkstatt in Bremen probieren sich Mädchen in MINT-Berufen aus.
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im Gespräch mit Tagungsteilnehmern.
Von der Waterkant in die Hauptstadt
Ende April hat NORDMETALL eine exklusive Delegationsreise für Geschäftsführer von Schiffbauund Zulieferbetrieben nach Berlin organisiert.
Die maritime Wirtschaft gehört zu den Schlüsselindustrien in Deutschland. Die massiv subventionierte Konkurrenz aus Asien macht den norddeutschen Schiffbauern jedoch schon seit Jahren zu schaffen. Die Coronapandemie mit ihren desaströsen Auswirkungen auf Kreuzfahrten, Lieferketten und Preisentwicklung hat manches Unternehmen in die Insolvenz getrieben. Bekanntestes Beispiel: die MV Werften. Auch die verteidigungspolitische „Zeitenwende“ ist in der maritimen Wirtschaft noch nicht angekommen. Wegen Kalkulationsfehlern wurden aus dem 100 Milliarden Euro starken Investitionspaket der Bundesregierung sogar schon wieder Posten insbesondere bei der Marine gestrichen. Gute Gründe also, um dem politischen Berlin einen Besuch abzustatten und Geschäftsführer von Schiffbau-
und Zulieferbetrieben aus dem Norden mit den Abgeordneten ins Gespräch zu bringen, die sich für die Belange der maritimen Wirtschaft einsetzen.
Anderthalb Tage waren mit Diskussionsrunden zu Finanzierungsperspektiven für die zivile Schifffahrt und die Marine, zu maritimen Innovationen wie alternativen Antrieben oder KI- und datenbasierten Anwendungen sowie zu Rüstungskontrolle und maritimer Verteidigungspolitik gut gefüllt.
Einstimmen ließen sich die rund ein Dutzend Teilnehmer bei einem Mittagessen im Dachgarten-Restaurant des Deutschen Bundestages. Höhepunkt der Zukunftstagung war ein exklusives Treffen mit dem Maritimen Koordinator der Bundesregierung, Dieter Janecek MdB. Im Restaurant Borchardt erläuterte der Grünen-Politiker knapp 100 Tage nach seiner Berufung versiert und offen seine Pläne für die maritime Wirtschaft.
Lockere Atmosphäre: Gesamtmetall-Präsident Dr. Stefan Wolf (M.) beim Lunch-Talk mit Christian Schmoll (r., Tamsen Maritim) und Oliver Zander, Hauptgeschäftsführer Gesamtmetall.
Entspannter Auftakt: einige Teilnehmer und Organisatoren der Zukunftstagung Maritime Wirtschaft Ende April im Dachgarten-Restaurant des Deutschen Bundestages.
Auch der langjährige Director Shipping im Bundesministerium für Digitales und Verkehr, Achim Wehrmann, hatte ein offenes Ohr für seine Gäste.
Äußerst rege nutzten die Vertreter von thyssenkrupp
Marine Systems, Neptun Werft , Tamsen Maritim , Hitzler Werft , Schottel und Mecklenburger Metallguss die erstmals von NORDMETALL ausgerichtete Zukunftstagung, ihre Themen und Fragen gegenüber der Politik zu platzieren. Einige davon greift „Standpunkte“-Chefredakteur Alexander Luckow in der „Face to Face“-Debatte zwischen Thomas Röwekamp MdB (CDU) und Johannes Arlt MdB (SPD) in dieser Ausgabe auf (s. S. 32).
Auch die Verbandsarbeit kam in Berlin nicht zu kurz –fand die Tagung doch in den neuen Veranstaltungsräumen von Gesamtmetall statt. Und sowohl Gesamtmetall-Präsident Dr. Stefan Wolf als auch Hauptgeschäftsführer Oliver Zander ließen es sich nicht nehmen, beim gemeinsamen Lunch-Talk über die wichtigsten Themen aus Verbandssicht zu sprechen. Birte Bühnen
Experte für Visual Computing: Prof. Dr.-Ing. Uwe Freiherr von Lukas, Standortleiter Fraunhofer IGD, Rostock.
Ingo Gädechens MdB (CDU), Mitglied im Gremium „Sondervermögen Bundeswehr“.
Ins Gespräch vertieft: Manfred Müller-Fahrenholz (Neptun Werft).
Dr. Lars Greitsch (l., Mecklenburger Metallguss) mit Dr. Nico Fickinger (NORDMETALL).
Johannes Leithäuser (l., FAZ) mit Dr. Michael Paul (Stiftung Wissenschaft und Politik).
Verteidigungspolitik im Blick: Bernd Hartmann (thyssenkrupp Marine Systems).
Foto: Jens Jeske
Fotos: Dirk Hasskarl, Jens Jeske
Zukunftstagung Maritime Wirtschaft
Exklusiver Dinner-Speaker: Dieter Janecek MdB, Maritimer Koordinator der Bundesregierung,
Tessa Rodewaldt, Geschäftsführerin Maritime Plattform.
Michael Grosse-Brömer MdB (CDU), Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses.
30 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 31 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Thomas Röwekamp
… wurde 1966 in Bremerhaven geboren, studierte nach einer Lehre zum Bankkaufmann und abgeleistetem Grundwehrdienst Jura in Bremen und arbeitet dort als selbstständiger Rechtsanwalt und Notar. Seit 1991 war er Mitglied der Bremischen Bürgerschaft, 2003 bis 2007 Senator für Inneres und Sport und von 2007 bis 2021 Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Bei der Bundestagswahl 2021 zog der Vater von drei erwachsenen Kindern für die CDU in den Deutschen Bundestag ein und ist dort Mitglied im Verteidigungsausschuss.
Zwei Menschen, zwei Sichtweisen: Thomas Röwekamp (56), CDU-Bundestagsabgeordneter aus Bremen, und Johannes Arlt (39), SPD-Bundestagsabgeordneter aus Neustrelitz, diskutierten auf Einladung von NORDMETALL die Lage des Marineschiffbaus in Deutschland.
Standpunkte: Die maritime Wirtschaft Deutschlands erzielt mit rund 190.000 Beschäftigten einen Jahresumsatz von knapp 48 Milliarden, fast ein Drittel davon im Marine-Schiffbau. Warum sind trotz dieser hohen Relevanz die Aussichten der Branche durchwachsen?
Röwekamp: Der militärische Schiffbau in Deutschland ist zurzeit Restriktionen ausgesetzt, wie wir sie international, aber auch im europäischen Rahmen nicht kennen. Wir müssen beim Thema Rüstungsexporte, aber auch bei der Beschaffung von eigenen militärischen Systemen Geschwindigkeit und Fahrt aufnehmen, um unsere technologische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in Wirtschaftsleistung und Beschäftigung umzusetzen.
Arlt: Die Geschwindigkeit der Beschaffung haben wir – dankenswerterweise auch mit der CDU – im letzten Jahr bereits erhöht. Zudem hat der Verteidigungsminister im April mit der Aufhebung aller Erlasse und Vorschriften zur militärischen Beschaffung weiter beschleunigt.
Aber wir können noch besser werden. In diesem Jahr geben wir insgesamt 50 Mrd. EUR für Ausrüstung aus – ein gigantischer Betrag. Für die maritime Wirtschaft sind die Zukunftsaussichten so düster nicht: Durch den Spezialschiffbau und den Bau von Konverterplattformen können wir Wertschöpfung in Deutschland generieren.
Standpunkte: Bleiben wir mal bei den Exporten. Die Neufassung des Rüstungsexportkontrollgesetzes steht bevor. Welche Chancen und Risiken sehen Sie da?
Röwekamp: Die CDU-/CSU-Fraktion sieht keinen Grund für eine Veränderung der bewährten Regelungen zur Rüstungsexportkontrolle durch ein neues eigenständiges Gesetz. Seit der Bundestagswahl ist das erklärte Absicht der Ampel, aber bis heute fehlt eine Vorlage. Dadurch ist ein Vakuum entstanden, das der maritimen Rüstungsindustrie schadet: Dringend benötigte Exportgenehmigungen werden nicht erteilt, das Bundeswirtschaftsministerium trifft zurzeit keine Entscheidungen. International verlieren wir so Aufträge und Ansehen. Das muss sich rasch ändern. Wenn wir schon ein neues Gesetz bekommen, dann darf es keine zusätzlichen Restriktionen enthalten, sondern muss Rüstungsexporte erleichtern. Die brauchen wir nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine und im Wettbewerb mit unseren europäischen Partnern.
Standpunkte: Warum diese Hängepartie mit der Vorlage des Gesetzes?
Arlt: Uns ist eine starke deutsche Sicherheitsund Verteidigungsindustrie wichtig. Hier gab es auch in der SPD einen Paradigmenwechsel. Gerade unsere Industrie ist vor dem Hintergrund ihrer mittelständischen Struktur beson-
Johannes Arlt
… wurde 1984 in Berlin geboren, diente nach seinem Grundwehrdienst seit 2003 als Soldat, davon 15 Jahre lang als Offizier bei der Luftwaffe. Nebenberuflich baute er sein eigenes Unternehmen auf, war von 2009 bis 2015 Geschäftsführer einer Eventmanagement-Firma. Von 2019 bis 2021 war er deutscher Repräsentant an der Swedish Defence University und schloss im Juni 2021 sein Masterstudium im Rahmen des schwedischen nationalen Generalstabslehrgangs an der Försvarshögskolan in Stockholm mit Auszeichnung ab. Seit der Bundestagswahl 2021 vertritt der SPD-Politiker den Wahlkreis 17 in Mecklenburg-Vorpommern und ist Mitglied im Verteidigungs- und Wirtschaftsausschuss, unter anderem zuständig für maritime Wirtschaft.
Foto: Karlies Behrens Foto: Maurice Weiss 32 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 33 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
ders leistungs- und innovationsfähig, sie ist aber auch Risiken ausgesetzt, etwa bei Finanzierungsfragen oder unkalkulierbaren Export-Entscheidungen. Der SPD wäre eine gemeinsame europäische Regelung hier am liebsten, jedoch haben wir ein entsprechendes Rüstungsexportkontrollgesetz im Koalitionsvertrag verankert. Für uns hat die Planungssicherheit der Unternehmen in diesem Gesetz die höchste Priorität. Dies muss und darf nicht zu Lasten des Menschenrechtsschutzes gehen. Eine Diskussion über komplette Post-Shipment-Kontrollen von Großgerät, aber auch eine grundsätzliche Genehmigungsfiktion für den Export in NATO-, EU- und gleichgestellte Staaten sollten wir führen.
Röwekamp: Na ja, im Koalitionsvertrag ist ein solches Gesetz vorgesehen, im letzten Jahr wurden Leitlinien vorgestellt. Seitdem folgen nur Ankündigungen. Offenbar kann die Ampel zwei Konfliktpunkte nicht lösen: Das eine ist das Verbandsklagerecht. Dürfen bestimmte Verbände gegen Rüstungsexportentscheidungen der Bundesregierung den Rechtsweg einschlagen? Das wollen Grüne und Nichtregierungsorganisationen. Wir als CDU/CSU sehen keinen Sinn in einem Verbandsklagerecht gegen Einzelentscheidungen. Es ist reines Regierungshandeln, zu entscheiden, ob und welche Rüstungsgüter wir an andere Länder liefern. Und es gibt eine gute parlamentarische Kontrolle.
Standpunkte: Und der zweite Punkt?
Röwekamp: Der zweite Ampel-Streitpunkt, dreht sich um die Beteiligungen der deutschen Rüstungsindustrie an internationalen, insbesondere europäischen Projekten. Die Grünen wollen hier ein Vetorecht Deutschlands, bezogen auf die internationale Verwendung gemeinschaftlich produzierter Rüstungsgüter. Das würde praktisch zum Ausschluss Deutschlands führen, den bösen Begriff „German-free“ als Siegel für Restriktionsfreie Rüstungsgüter gibt es ja längst. Wir werben dafür, dass Deutschland die gleichen Rüstungsexportbedingungen hat, wie andere europäische Länder. Wer europäische Leitlinien für Rüstungsexporte ändern will, der soll das auf europäischer Ebene tun.
Arlt: Wir sprechen derzeit nicht mehr über ein Verbandsklagerecht. Das würde ich auch für falsch halten. Und Herr Röwekamp hat einen
Punkt: Deutschland muss ein zuverlässiger Partner sein und seinen Share in multinationalen Projekten auch zuverlässig liefern.
Standpunkte: Wie passt denn ein neues deutsches wertebasiertes Rüstungsexportkontrollgesetz zur EU-Taxonomie, die Rüstung ja generell als schädlich einstuft?
Arlt: Meiner Kenntnis nach ist diese Debatte derzeit vom Tisch. Wir müssen und werden dafür sorgen, dass dies so bleibt und sich die Auffassung durchsetzt, dass die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit in Europa liefert.
Röwekamp: Ich glaube, dass Taxonomie ungeeignet ist, bei den Fragen der Rüstungsexportkontrolle zu helfen. Ich bin für transparente, klare Regeln – die kann man in Europa und in Deutschland schaffen.
Standpunkte: Verändert denn die „Zeitenwende“ aus Ihrer Sicht auch das Ansehen und die Akzeptanz der deutschen Rüstungsindustrie im Allgemeinen und des Marine-Schiffbaus im Besonderen?
Arlt: Zeitenwende umfasst für mich zweierlei: Erstens muss ein Bewusstseinswandel einsetzen. Sicherheit hat einen Preis, dieser Einsicht dürfen wir uns aus Bequemlickeit nicht verschließen. Der angesprochene Bewusstseinswandel fängt beim Minister an und endet bei der Beamtin im Beschaffungsamt, wo mutige Entscheidungen honoriert werden müssen. Zeitenwende heißt zweitens, schnell und auf den Punkt liefern zu können. Die Beziehungen zwischen Bundeswehr und Industrie werden sich verändern; das Forderungsmanagement wird sich verbessern. Hoffentlich bald wird es auch mehr europäische Rüstungsprojekte im Common Design geben. Die starke maritime Industrie und der „graue“ Schiffbau können eine Vorreiterrolle in Europa spielen.
Röwekamp: Teil der Zeitenwende darf nicht nur sein, einmalig der Bundeswehr 100 Milliarden Euro Sondervermögen zur Verfügung zu stellen, sondern Zeitenwende bedeutet auch ein klares Bekenntnis zur deutschen Rüstungsindustrie. Verteidigung braucht Rüstungsgüter, die die Industrie liefert. Die Schmuddelecke, in die die Wehrtechnik von Teilen der Politik und pazifistischen Gruppen lange gestellt worden ist, gehört nun geschlossen. Die Ukraine lehrt: Rüstung kann auch bedeuten, Menschenleben zu retten. Unsere Abwehrwaffen schützen dort vor russischen Angriffswaffen.
Standpunkte: Der ursprüngliche 100 Milliarden-Plan sah 41 Milliarden für die Luftwaffe,
17 fürs Heer und 19 für die Marine, 23 für Digitalisierung, Bekleidung, Forschung vor. Davon ist wohl nicht mehr viel übrig, oder?
Arlt: Der Plan ist, das Sondervermögen im Wesentlichen bis Ende des Jahres 2023 ausgegeben, sprich: kontraktiert zu haben. Eine gemeinsame beachtenswerte Leistung der wehrtechnischen Industrie und des Beschaffungsamts der Bundeswehr.
Röwekamp: Da gerät gerade alles durcheinander. Das liegt daran, das Projekte aus dem Sondervermögen in den regulären Verteidigungshaushalt – den Einzelplan 14 – verschoben wurden und anders herum. Teilweise gibt es dafür gute Gründe, weil etwa Verbrauchsgüter wie Munition nicht aus dem Sondervermögen finanziert werden dürfen, teilweise aber auch nicht. Es fehlt zurzeit die Transparenz. Wir wissen nicht genau: Was ist bei der Marine finanziert? Was passiert mit weiteren Korvetten, was ist mit dem Nachfolgeprojekt bei der Fregatte? Was ist mit unbemannten Systemen, die im Zielbild der Marine für 2035 angestrebt werden? Im Übrigen gilt: Die Ankündigung des Bundesverteidigungsministers, er bräuchte zusätzlich zu den 100 Milliarden Sondervermögen jährlich zehn Milliarden mehr, um das NATO-Ziel zu erreichen, halten wir für begründet.
Standpunkte: Verteidigungsminister Pistorius erreicht ungeahnte Beliebtheitswerte, wohl auch, weil er stets einen entschlossenen Eindruck macht – trifft das aus Ihrer Sicht zu?
Röwekamp: Teils, teils. Er hebt sich wohltuend von seiner Vorgängerin ab, nicht nur in Stil oder Tempo. Wir Abgeordnete erhalten jetzt endlich klare Vorlagen, etwa zur Lieferung von Verteidigungswaffen an die Ukraine. Auch bei der Beschaffung treibt er die Dinge an. Der neue Grundsatz, marktverfügbare Systeme schnell zu beschaffen, anstatt langwierige Entwicklungsprojekte zu führen, findet unsere volle Unterstützung.
Arlt: Wenn sogar die Opposition unseren Minister lobt… Boris Pistorius führt das Ministerium mutig und entschlossen und setzt die notwendigen organisatorischen Veränderungen Stück für Stück planvoll und gut kommuniziert um. Das sollten wir uns alle zum Vorbild nehmen.
Standpunkte: In der ersten Kabinettsvorlage für den Haushaltsentwurf 2023 ist der Titel „Wehrtechnische Forschung und Technologie“ von 530 auf 330 Millionen Euro zusammengeschmolzen. Darf das so bleiben?
Arlt: Wir müssen sehen, dass wir hier unseren Wettbewerbsvorteil erhalten. Ich würde mir noch mehr die Nutzung europäischer Programme wie etwa den EDF wünschen. Da haben wir noch Potenzial.
Röwekamp: Wir müssen unseren Vorsprung in Innovation, Technologie und Effizienz erhalten, auch im Bau und in der Bewaffnung der Marine. Deshalb halte ich es für extrem schädlich, an der Stelle zu sparen, im Gegenteil: Hier muss aufgestockt werden.
Standpunkte: Braucht es für die Wehrtechnikindustrie und auch für den Marineschiffbau nicht dringend eine europäische Struktur, befördert durch die Politik, um im Wettbewerb mit Asien und den USA mithalten zu können?
Röwekamp: Wir müssen vernetzter denken, in Bündnis- und nicht nur Landesverteidigung. Das gilt auch für die Rüstungsprojekte. Ich bekomme zum Beispiel sehr gute Sachstandsberichte über das deutsch-norwegische U-BootProjekt. Am Anfang gab es da große Bedenken, jetzt klappt es offenbar trotz höchst unterschiedlicher Anforderungsprofile – auf deutscher Seite bis hin zur Berücksichtigung der Sportstättenverordnung.
Arlt: Vernetzung ist ein gutes Stichwort. Ja, wir sollten mehr europäisch beschaffen. Ja, wir sollten mehr im Common Design beschaffen. Aber dafür muss es auch innerhalb der EU ein Level playing field geben.
Standpunkte: Was erwarten Sie von Boris Pistorius bis zum Jahresende?
Arlt: Ich bin sicher, dass Boris Pistorius den eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzt: Reform des Beschaffungswesens, Umbau des Ministeriums, die Zeitenwende – auch verstanden als Bewusstseinswandel – voranzutreiben. Wenn diese erste Mission erfolgreich ist, dann wird auch die Herausforderung gelingen, genügend qualifiziertes Personal für die Streitkräfte zu werben.
Röwekamp: Ich erwarte, dass wir einen Verteidigungshaushalt erleben, der die Erfordernisse abbildet – inklusive des Wunsches, zehn Milliarden mehr zu erhalten. Ich hoffe, dass der Minister Widerstand leistet gegen die Plünderung des Sondervermögens. Und ich habe die Erwartung, dass er das Zwei-Prozent-Ziel für künftige Einzelpläne 14 in den kommenden Jahren erreicht, damit die Zeitenwende keine Episode bleibt.
Standpunkte: Wir danken Ihnen für das Gespräch. Aufgezeichnet von Alexander Luckow
Jens Jeske
Fotos:
„Den bösen Begriff
‚German-free‘ als Siegel für restriktionsfreie Rüstungsgüter gibt es längst.“
34 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 35 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Thomas Röwekamp MdB
Riesen Die
aus Rostock
Die Windkraftanlage, die im Prüffeld des Rostocker Nordex-Werks steht, ist ein echtes Schätzchen. Ein Oldtimer sozusagen. Die N27/250 stammt aus dem Jahr 1987, als der Rennfahrer Sebastian Vettel geboren wurde. Aber anders als der vierfache Formel-1-Weltmeister ist das Turbinenmodell in einigen Windparks immer noch im Einsatz.
„Anfang der 1990er-Jahre war unsere N27 die weltweit leistungsstärkste Windturbine im Markt“, erzählt Ingenieur Stephan Babbel, der das Rostocker Prüffeld seit 2014 leitet. „Sie hat eine Leistung von 250 Kilowatt, was damals wirklich beachtlich war und zugleich den technischen Fortschritt in diesem Bereich zeigt. Denn heute liefert unsere stärkste Anlage, die neue N163/6.X, eine maximale Leistung von 6,8 Megawatt –2.700 Prozent mehr als die N27/250.“
Was das konkret bedeutet, macht Werkleiter Alexander Farnkopf anhand eines praktischen Beispiels deutlich:
„Die N163/6.X produziert in einer Stunde so viel Strom, dass ein durchschnittliches Elektroauto damit rund 43.000 Kilometer zurücklegen könnte.“ Mit anderen Worten: Es würde für fast 250 Fahrten von Rostock nach Hamburg reichen, wo Nordex seinen Hauptsitz hat.
Kein Wunder also, dass die Rostocker stolz sind auf ihr neues Modell. Als vor ein paar Monaten die Serienproduktion der Maschinenhäuser vom Typ N163/6.X begann, gab es eine große Feier mit Nordex-CEO José
Luis Blanco, der gemeinsam mit Wirtschaftsstaatssekretär Jochen Schulte und Werkleiter Alexander Farnkopf den Startknopf drückte.
Blanco zeigte sich in seiner Ansprache zufrieden mit der Arbeit in Rostock. „Nur sieben Monate nach der Errichtung der ersten zwei Prototypen rollen jetzt planmäßig die Anlagen des Typs N163/6.X in Serie aus diesem Werk“, sagte er. „Langfristig soll die Jahresproduktion allein dieser Turbinen hier etwa ein Gigawatt betragen.”
Auch bei der Kundschaft kommt die N163/6.X prima an. Nordex hat bereits einige Aufträge mit einer Gesamtleistung von mehr als 1,2 Gigawatt für die Lieferung und Errichtung der Anlage erhalten. Die Nachfrage stammt vor allem aus den entwickelten Absatzmärkten, zusätzlich zu den Niederlanden aus Finnland, der Türkei, Estland und Deutschland.
Turbinenleistung flexibel konfigurierbar
In diesen Ländern befinden sich viele Projekte an schwächeren Windstandorten in der Planung. Genau dafür wurde die N163/6.X mit ihrer flexibel konfigurierbaren Leistung im Sechs-Megawatt-Bereich entwickelt. Einer der Aufträge kam Ende März von der litauischen Energija Group in Vilnius. Er umfasst die Lieferung, Errichtung und Inbetriebnahme von 16 Anlagen des Typs N163/6.X sowie einen langfristigen Servicevertrag für
Foto: Nordex SE
Nordex baut in der Hansestadt hocheffiziente Onshore-Windkraftanlagenfür Kunden in aller Welt
Reportage 36 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 37 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
die Wartung. Die Auslieferung der Turbinen beginnt laut Vertrag 2024, die Inbetriebnahme ist für das gleiche Jahr geplant.
Werkleiter Alexander Farnkopf: „Wir freuen uns über das große Interesse und wollen die wachsende Nachfrage für das neue Modell möglichst umfassend bedienen. Deshalb haben wir unsere drei Hauptfertigungslinien der Produktion in der Phase vor dem Serienstart speziell für diesen Anlagentyp erweitert.” Die damit verbundenen Investitionen summierten sich laut Konzernchef José Luis Blanco auf rund zwei Millionen Euro.
Belegschaft soll aufgestockt werden
Auch die Belegschaft wurde intensiv auf den Produktionsanlauf vorbereitet. Werkleiter Farnkopf: „Das sind alles erfahrene Kollegen, die schon seit Jahren Maschinenhäuser für andere Nordex-Turbinen bauen. Derzeit beschäftigen wir in der Rostocker Produktion ungefähr 770 Mitarbeiter. 75 weitere Fachkräfte möchten wir aber noch einstellen und qualifizieren.“
Auch in Sachen Ausbildung gibt es ehrgeizige Pläne. Personalreferentin Margarethe Heyn: „Ausbildung ist uns sehr wichtig. Wir haben aktuell rund 50 Azubis und wollen die Zahl mittelfristig deutlich erhöhen.“
Eine der Auszubildenden ist Ellen Händler. Die 26Jährige erlernt bei Nordex den Beruf der Industriekauffrau und ist derzeit im ersten Lehrjahr. „Ich habe mich nach meinem Bachelorstudium für eine Ausbildung bei Nordex entschieden, weil ich das Unternehmen und die Branche sehr spannend fand“, erzählt sie. „Und diese Wahl habe ich bislang nicht bereut. Die Stimmung in der Belegschaft ist positiv, die Perspektiven sind gut und die Kollegen, die ich bislang kennengelernt habe, sehr nett. Das gefällt mir.“
Das Werk in der Rostocker Südstadt ist aktuell das einzige der Nordex Group, in dem Triebstränge, Maschinenhäuser, Schaltschränke und Naben für alle Turbinenmodelle des Unternehmens von der Zwei- bis zur SechsMegawatt-Klasse gefertigt und montiert werden. Der Standort ist zugleich das Leitwerk der Maschinenhaus-Fertigung im weltweiten Produktionsverbund der Nordex Group. Hier entstehen mehr als 50 Prozent der Nordex-Maschinenhäuser.
Das Maschinenhaus, auch „Gondel“ oder „Nacelle“ genannt, heißt nicht ohne Grund so – es ist ähnlich groß
wie ein kleines Wochenendhaus. Bei einer Länge von ungefähr 13 Metern wiegt es 70 Tonnen, also fast so viel wie zwölf afrikanische Elefantenbullen.
Kontinuierliche Effizienzsteigerung
Es beherbergt den Triebstrang, die Rotorkopflagerung, Hilfsausrüstung wie Elektronik und Kühlsysteme, einen Teil der elektrischen Ausrüstung und den Mechanismus, mit dem die Turbine im Windpark um 360 Grad gedreht werden kann. Werkleiter Farnkopf: „Unsere Ingenieure im Bereich Forschung und Entwicklung arbeiten konti-
nuierlich daran, die Effizienz der Anlagen zu erhöhen. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Gondel unserer neuen Turbine N163/6.X trotz ihrer höheren Leistung nicht größer ist als die der älteren Anlagen.“
Auch ansonsten ruht sich das Unternehmen nicht auf den Erfolgen der Vergangenheit aus. Erst kürzlich meldete Nordex den Einstieg in zwei strategische Joint Ventures, die eine Menge Potenzial mit sich bringen könnten: eines für die Herstellung von Elektrolyseuren, die ein Kernelement bei der Herstellung von grünem Wasserstoff sind, und das zweite für die Entwicklung grüner Wasserstoffprojekte.
Hintergrund: Deutschland soll bis 2050 weitgehend treibhausgasneutral werden, so jedenfalls sehen es das Klimaschutzgesetz und der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung vor. Experten erwarten daher, dass die Nachfrage nach grünem Wasserstoff in den kommenden 30 Jahren massiv steigen wird.
Foto links: Der erfahrene Monteur Artem Amyelyenchuk in der Konstruktion, die das Drehen der Turbine im Windpark ermöglicht.
Foto rechts: Besucherbetreuerin Anke Holst (l.) mit der Auszubildenden zur Industriekauffrau Ellen Händler.
Die Ausbauzahlen gehen nach oben Dazu passen die jüngsten Daten der Fachagentur Windenergie an Land, die einen deutlichen Anstieg beim Ausbau der Windkraft meldet. Von Januar bis Ende März 2023 gingen nach Angaben der Berliner Agentur bundesweit 117 neue Windräder mit einer Gesamt leistung von 546 Megawatt in Betrieb, 17 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Das sorgt auch in Rostock für Optimismus. Werkleiter Alexander Farnkopf: „Angesichts der aktuellen politischen Verhältnisse sehe ich ausgezeichnete Chancen für unser Werk.“ Clemens von Frentz
Gigant in luftiger Höhe: Das Maschinenhaus einer Windkraftanlage, auch „Gondel“ genannt, ist rund 13 Meter lang und wiegt etwa 70 Tonnen.
39 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Fotos: Christian Augustin Fotos: Nordex SE
Die letzte Reise von U17
Es passiert selten, dass ein U-Boot einen Straßenbaum streift, aber Mitte Mai geschah genau das, als das Technik Museum Sinsheim Speyer (Baden-Württemberg) sein jüngstes Exponat erhielt. Das ausgemusterte U-Boot U17 war zuvor in Kiel auf einen Ponton gehievt und über den Nord-Ostsee-Kanal und die Nordsee nach Rotterdam gefahren worden. Von dort aus ging es rheinaufwärts an Köln und Mannheim vorbei nach Speyer. Hier wurde das 48,6 Meter lange und 500 Tonnen schwere Gefährt per Tieflader vom örtlichen Naturhafen auf das Ausstellungsgelände gebracht, wobei es zur Kollision mit dem Baum kam. Glücklicherweise überstanden beide den Vorfall ohne Schäden, daher kann das U-Boot bald zur Besichtigung für die Museumsgäste freigegeben werden. U17 war bei HDW in Kiel gebaut und 1973 in Dienst gestellt worden. 2021 ging es zurück nach Kiel, wo aus HDW inzwischen thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) geworden war. Dort wurden die Waffensysteme ausgebaut und das U-Boot auf seine letzte Reise geschickt. CvF
41 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 40 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Foto: thyssenkrupp Marine Systems
Menschen und Meldungen Job2Go
Lokomotiven-Auftrag
Der Bahntechnik-Hersteller Vossloh Rolling Stock aus Kiel und der Duisburger Hafen unterzeichneten auf der Branchen-Leitmesse Transport Logistik in München eine Absichtserklärung über die Lieferung von zwei Batterie-Wasserstoff-Lokomotiven des Typs „Modula“. „Diese Absichtserklärung setzt ein starkes Zeichen“, sagte Dr. Bernd Hoppe (2. v. l.), Vorsitzender der Geschäftsführung von Vossloh Rolling Stock: „Für unser Unternehmen, für unsere Kooperation mit Duisport Rail und für den Wasserstoff als einen der entscheidenden Schlüssel umweltfreundlicher Antworten auf die Fragen der Zukunft.“ Die neu entwickelte Lok kann bis zu vier Antriebsarten fahren und auch nachträglich auf unterschiedliche Antriebe umstellen. AS
USIN5G
Der Blei- und Zinkproduzent Glencore in Nordenham eröffnete ein Job2Go-Center in der Nordenhamer Innenstadt, um neue Fachkräfte anzuwerben. Gesucht werden Betriebsleiter, Ingenieure, Techniker, weitere Fachkräfte für die Produktionsstätte sowie Kandidaten für die noch freien Ausbildungsplätze. „Wir müssen und wollen mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen. Das ist jetzt im Job2Go-Center in der Fußgängerzone der Innenstadt besser und einfacher möglich als in den beiden Betrieben in Friedrich-August-Hütte“, begründete der Geschäftsführer Thomas Hüser (2. v. l.) die Eröffnung des Centers. Glencore vereint die Nordenham Metall GmbH und die Nordenhamer Zinkhütte GmbH unter einem Dach. Die Zinkhütte gehört bereits seit 2014 zur Glencore Group, seit 2021 ist auch die Nordenhamer Metallfirma Teil des Rohstoffunternehmens. AS
TierparkSpende
Anlässlich ihres 40-jährigen Bestehens hat die Firma Gisma Steckverbinder 4.000 Euro an den Tierpark Neumünster für dessen Pinguin-Anlage gespendet. Gesellschafter Manfred (l.) und Dr. Martin Maletzky (r.) sowie Geschäftsführer Tobias Frerck (2. v. r.) überreichten den symbolischen Scheck an Christian Wigger (2. v. l.) vom Tierpark-Verein. Pinguine haben sehr empfindliche Füße. Um sie zu schonen, wird ein spezieller Fußpfad in einen Teil des Pinguinbeckens eingebaut. Tierparkchefin Verena Kaspari freute sich über die Spende: „Die Firma Gisma unterstützt uns schon viele Jahre und auch diese Spende hilft uns sehr.“ AS
Erdbebenhilfe
Im Rahmen des Forschungsprojekts „Usage Scenarios for Innovation Networks in 5G“ entwickelt Drägerwerk Lübeck gemeinsam mit dem Landkreis Harburg Szenarien, in denen sich Technologie für die digitale Einsatzunterstützung von Feuerwehren nutzen lässt. Insgesamt 99 Ortsfeuerwehren werden mit entsprechenden Tablets ausgerüstet, auf denen die Software „Dräger Smart Rescue System“ installiert ist. „Bei Ankunft am Einsatzort fehlen den Feuerwehrleuten oftmals Informationen über Gefahrenstellen, über Fluchtwege oder wo sich Personen in einem brennenden Gebäude aufhalten. Solche potenziell lebenswichtigen Einsatzdaten liefert unsere Software bereits während der Anfahrt zum Einsatzort“, erklärt Timm Wallrodt (Mitte), Dräger-Projektleiter. Die Einsatzszenarien werden von der Kreisfeuerwehrführung Harburg in der Praxis erprobt. Entwickelt wurde die Technik in Kooperation mit der RheinischWestfälischen Technischen Hochschule Aachen. AS
BizLink Special Cables engagiert sich für humanitäre Hilfe: Das Unternehmen aus Friesoythe hat 150.000 Euro an das Deutsche Rote Kreuz für die Erdbebenhilfe in der Türkei und Syrien gespendet. Geschäftsführer Dr. Hendrik Coldenstrodt-Ronge (2. v. r.) und Finanzabteilungsleiter Joachim von Bredow (r.) überreichten den symbolischen Scheck in der Geschäftsstelle des DRK-Kreisverbandes in Cloppenburg. „Mit unserer Spende an das DRK möchten wir eine der Organisationen unterstützen, die schon unmittelbar nach der Katastrophe dort waren und weiterhin vor einer unvorstellbaren Zerstörung in so vielen Bereichen stehen“, erklärte Coldenstrodt-Ronge. „Der Bedarf an humanitärer Hilfe in der Türkei und Syrien ist groß – Unterkünfte, medizinische Versorgung, Lebensmittel und Trinkwasser, all das wird benötigt, um die Folgen des Erdbebens zu mildern. Die Spende wird uns als DRK helfen, zu helfen“, sagte Bernhard Möller (3. v. r.), Vorstandsvorsitzender des DRK-Kreisverbandes Cloppenburg. AS
Fotos: Foto: Landkreis Harburg, Glencore, Vossloh Rolling Stock Fotos: DRK-KV Cloppenburg / Nolting, Benjamin Steinhausen, Tierfoto: Andreas Schibilla
42 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 43 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Duo-Molch 1978
I.S.T. Molchtechnik GmbH – Hamburg
Das Hamburger Unternehmen ist Spezialist für Molchsysteme. Mit weltweit mehr als 4.000 Installationen gehört I.S.T. zu den führenden Anbietern in diesem Bereich.
Rohrleitungen dienen der Förderung von Flüssigkeiten. Oftmals müssen mehrere Produktchargen aufeinanderfolgend durch das Rohr transportiert werden. Zur Vermeidung von Produktvermischungen von einer Menge zu Anderen ist eine hohe Präzision bei der Trennung zwischen den Chargen wichtig. I.S.T. Molchtechnik sorgt mit seinen Lösungen dafür, dass der Transport von unterschiedlichsten Produkten in Rohr- und Leitungssystemen einwandfrei abläuft. So werden Ablagerungen in den Rohrleitungen ebenso vermieden wie umweltbelastende Spülprozesse zur Reinigung der Rohrleitung.
Das Unternehmen wurde 1978 durch Hubert Skibowski als Planungsbüro in Hamburg-Rahlstedt gegründet.
Dann spezialisierte sich der Mittelständler auf die Entwicklung und Herstellung sogenannter Molchsysteme.
Bereits 1980 erfolgte die Markteinführung des Standardprodukts „Duo-Molch“, von dem es heute mehrere Fortentwicklungen gibt. Sie werden überall dort eingesetzt, wo flüssige oder pastöse Medien oder auch Produkte wie Pulver oder Granulate aus einer Rohrleitung gefördert werden sollen. Um die Molche zu versenden und zu empfangen, sind spezifische Armaturen, ein Treibmedium und Entspannungsmöglichkeiten erforderlich. Die Sendestation ist wie ein „Bahnhof“ für den Molch. Wird er zum Herausdrücken eines Mediums wie etwa Lösungsmittel oder Klärschlamm benötigt, dann schiebt der Molch dieses wie ein Kolben aus der Leitung zum Ziel. Getrieben wird er durch Luft oder ein anderes Gas. Hat der Molch seine Aufgabe erfüllt, wird er von der Empfangsstation wieder in die Sendestation zu-
rückgeschoben. Die Rückfahrt ist dann vergleichbar mit der „Leerfahrt“ eines Zuges.
„Der Duo-Molch ist aus einem Doppelkugelmolch entstanden, zwei zusammengeschraubten Kugeln. Die Besonderheit ist die Bauform, die das Durchfahren von Rohrbögen und Abgängen wie bei speziellen T-Stücken ermöglicht. Hierfür hat der Duo-Molch zwei Dichtlippen“, erklärt Qualitätsmanager Horst-Dieter Kludas. Zur zuverlässigen Ortung in komplett geschlossenen Rohrsystemen befindet sich in der Mitte des Molchs ein Magnetkern. „Das mit dem Kern verbundene Magnetfeld kann durch Sensoren außerhalb der Edelstahlrohrleitung erfasst werden. So kann die Position des Molches in der Rohrleitung sicher bestimmt werden“, fügt Kludas hinzu. Bestimmte elektromechanische Gehäuse von I.S.T. bieten jedoch auch die Möglichkeit zur Ortung von Molchen ohne Magnet. Dabei ragt ein beweglicher Stößel mit Magnet in den Innenraum des Rohres oder in die Armatur hinein, der den vorbeifahrenden Molch registriert.
Die Produkte des Mittelständlers werden in der Mineralöl-, Pharma-, Lebensmittel- und Farbenindustrie sowie der chemischen Industrie eingesetzt. Die Firma hat Kunden in mehr als 40 Ländern, überwiegend aus dem europäischen Raum. Besonderer Marktvorteil für I.S.T.: Die Molchtechnik ist kompakter als die vieler anderer Anbieter und kann individuell auf den Kunden zugeschnitten werden. So konnte I.S.T. seinen Umsatz in den vergangenen Jahren trotz Pandemie stetig steigern. Seit Firmengründung wurden mehr als 40 Patente für molchtechnische Lösungen angemeldet – eine beeindruckende Leistung aus Hamburg-Rahlstedt. Albina Stelle
Made in Germany Northern
Fotos: Christian Augustin, I.S.T. Molchtechnik GmbH
45 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 44 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Folge 72: Internationaler Personaleinsatz
Zunehmender Drang nach Flexibilisierung
Keine Frage: Für flexibles Arbeiten zu sorgen, spielt in der täglichen Personalpolitik wie auch im Recruiting von Fachkräften eine immer größere Rolle. Das gilt auch über Landesgrenzen hinweg. Insbesondere in einem gemeinsamen EU-Binnenmarkt sollte das Arbeiten flexibel gestaltet werden können. Dabei gilt es gewisse rechtliche „Leitplanken“ zwischen grenzüberschreitender Flexibilisierung des Arbeitsortes und rechtssicherer Compliance zu beachten. Zumal man bei genauer Betrachtung leider feststellen muss, dass weder nationaler noch europäischer Gesetzgeber auf dieses „post-pandemische“ Phänomen der Flexibilisierung bislang eine komplett zufriedenstellende Antwort gegeben haben. Erste ermutigende administrative und rechtliche Entwicklungen gibt es dennoch. Auf sie weist NORDMETALL in seiner aktuellen Handlungshilfe für Mitgliedsunternehmen hin und setzt sie in umfangreiche Musterklauseln für Betriebsvereinbarungen, interne Policies und individualvertragliche Zusatzvereinbarungen für die Praxis um. So muss zwischen kurzen spontanen „Workation-Einsätzen“, Mehrstaatenbeschäftigung und sogenannten Grenzgängern differenziert werden. Bei Letzteren handelt es sich um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die ihren Lebensmittelpunkt im Europäischen Ausland haben, aber in Deutschland beschäftigt und hier auch sozialversichert sind. Damit diese Gruppe im „Homeoffice“ im EU-Ausland in einem weiteren Rahmen flexibel arbeiten kann, ohne im Nachbarland sozialversicherungspflichtig zu werden, hat die europäische Sozialversicherungsverwaltung nachgebessert. Dies kommt besonders Deutschland zugute, das im geografischen Zentrum Europas an neun Länder grenzt. In einer anderen Konstellation zeigen sich auch die deutschen Sozialversicherungsbehörden sehr praxis-
orientiert: So spielt es für eine sozialversicherungsrechtliche Entsendung und damit den Verbleib in der deutschen Sozialversicherung keine Rolle, dass beispielsweise die „Workation“ auf Wunsch des Mitarbeiters erfolgt. Dem Gesetzeswortlaut nach erforderte dies bislang die Weisung des Arbeitgebers.
Zentrale Bedeutung hat die räumliche wie zeitliche Einschränkung der mobilen Arbeit im Ausland. Nur so lässt sich das „Kippen“ von Sozialversicherungs- und Steuerpflicht vermeiden. Aber auch Fragen des anwendbaren Rechts, insbesondere des Arbeitsschutzniveaus in anderen EU-Mitgliedstaaten wie auch etwaige Meldepflichten, muss man bei der Umsetzung in die Praxis im Blick haben. Zudem regeln die Musterklauseln Bereiche wie Datenschutz, Arbeitszeit und Erreichbarkeit. Wie das Prozedere auf betrieblicher Ebene von Antragstellung, Zustimmung des Vorgesetzten bis hin zur fristgerechten Beantragung des A1-Formulars organisiert wird, ist gleichfalls von zentraler Bedeutung.
Richtig umgesetzt, ist das mobile Arbeiten im EU-Ausland eine gewinnbringende Ergänzung zum nationalen mobilen Arbeiten. Die Abteilung Arbeits-, Betriebsverfassungs- und Sozialrecht berät Sie in beiden Fällen gern. Die aktuelle Handlungshilfe können Sie herunterladen unter www.meinarbeitgeberverband.de/downloads#c485. Bau
Kontakt:
Weitere Informationen bei
Anton Bauch
Tel.: 040 6378-4227
E-Mail: bauch@nordmetall.de
WIRTSCHAFTSZITAT
„Damit es Fortschritte bei Verhandlungen gibt, ist ein Umfeld erforderlich, in dem ein gewisses Gleichgewicht der Kräfte herrscht.“
Henry Kissinger, *1923, US-Außenminister von 1973 –1977
Foto: Getty Images/iStockphoto/Olezzo Foto: imago
MEHRWERT VERBAND 46 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 47 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
images/VISTAPRESS, Illustration: Dirk Meissner
Unsere Frau für den Arbeitsmarkt
Seit September
2022 begleitet
Loraine Awizus die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt im Norden für NORDMETALL und AGV NORD.
Klappern gehört zum Geschäft. Loraine Awizus weiß das genau. Fünf Jahre lang stand die Politikwissenschaftlerin in Diensten eines großen Medienbeobachters, hat Pressespiegel für Kunden aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung erstellt. Dennoch gehört sie nicht zu denjenigen, die einfach drauflos reden, ohne etwas zu sagen zu haben. Die 1991 im niedersächsischen Hameln geborene Awizus wägt ihre Worte. Sie schätzt den konstruktiven Austausch – und strahlt das auch aus.
„Kompromisse sind wichtig, weil politische Fragen so komplex geworden sind“, sagt Awizus, die sich ihre Sporen während des Studiums in der politischen Bildung verdient hat. Im September 2022 heuerte sie schließlich als Referentin Arbeitsmarkt bei NORDMETALL an. Der Wechsel aus der freien Wirtschaft in die Verbändewelt empfindet Awizus als Gewinn: „Heute bin ich in der Gestaltung meiner eigenen Tätigkeit freier. In meinem früheren Job musste ich vor allem auf den Punkt abliefern.“ Das sei zwar befriedigend gewesen, aber weniger nachhaltig und kommunikativ.
Aufgewachsen in einem Dreigenerationenhaushalt zog es Awizus nach dem Abitur 2010 zum Studium nach Osnabrück.
Mit dem Bachelor in Europäischen Studien in der Tasche ging es weiter zum Politik-Masterstudium nach Münster. „Mich
M+E-Arbeitgeber sehr von Streiks betroffen
Keine Branche erlebte 2022 mehr Streiktage als die M+E-Industrie.
M+E-Industrie, gesamt Einzelhandel (ohne Kraftfahrzeuge) Öffentliche Verwaltung, Verteidigung
Erziehung und Unterricht Landverkehr, Transport in Rohrleitungen Gesundheitswesen
Erbringung von Finanzdienstleistungen
Ausgefallene Arbeitstage nach Branchen, Deutschland 2022
GRAFIK DES MONATS
hat schon immer die Verbindung aus gesellschaftlichem Zusammenleben und Politik fasziniert“, sagt Awizus. Deshalb hält sie die aktuellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt für äußerst spannend: „Spätestens seit der Coronapandemie haben wir eindeutig einen Bewerbermarkt“, sagt Awizus. In vielen Unternehmen ziehe das einen Bewusstseinswandel nach sich. Die Nachfrage nach guten Konzepten und vielschichtigen Angeboten zur Fachkräftesicherung und Weiterbildung werde immer größer. Deshalb möchte Awizus die Betriebe der M+E-Industrie stetig über die vielfältigen arbeitsmarktpolitischen Instrumente auf dem Laufenden halten und zur Suche nach unternehmensindividuellen Lösungen anregen.
Faszinierend findet die sprachbegabte
Frau – auch ein paar Brocken Norwegisch gehören zu ihrem Repertoire – Rundreisen durch Peru, Kambodscha oder Costa Rica. Oder Gespräche mit ihrem älteren Bruder, einem KFZ-Mechatroniker-Meister. BiB
Kontakt für Mitglieder:
Loraine Awizus
Tel.: 040 6378-4212
E-Mail: awizus@nordmetall.de
2.750 Herstellung von Metallerzeugnissen
3.551 Herstellung elektrischer Ausrüstungen
530 Herstellung von EDV-Geräten, Elektronik, Optik
732 Herstellung sonstiger Waren
37.662 10.089 Maschinen-
bau
4.115 Metallerzeugung und -bearbeitung
USA, Österreich und die Schweiz zeigen: Es geht auch mit weniger Streiks!
von Kraftwagen und Kraftwagenteilen
* alle Branchen; jährlicher Durchschnitt 2012 - 2021; Quelle: WSI 2023
48 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 49 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
WIR FÜR SIE
Foto: Kirsten Haarmann Grafik: NORDMETALL
Belgien 96 Frankreich 92 Deutschland 18 Schweiz 1 USA 9 Österreich 1 Niederlande 22 Schweden 2 Kanada 78 UK 13 Polen 16 Norwegen 42 Dänemark 53 73.907 63.647 12.240 15.635 21.627 24.984 34.052
Herstellung
Ausgefallene Arbeitstage je 1.000 Beschäftigte * 14.478 Sonstiger Fahrzeugbau
Folge 41: Loraine Awizus
Was die Jugend bewegt
Wollen Kulturinstitutionen zusätzlich zum älteren Publikum auch den Nachwuchs anlocken, müssen sie sich was einfallen lassen. Begleitet von der NORDMETALL-Stiftung bietet die Kunsthalle Bremen jungen Menschen die Möglichkeit, ihre Themen in Form einer Ausstellung zu präsentieren.
Auf der Eingangstreppe der Bremer Kunsthalle sitzen junge Menschen in der Abendsonne. Auch im Gebäude ist an diesem Abend etwas anders als sonst: Festivalstimmung liegt in der Luft. Der Grund dafür: Viele junge Menschen wollen sich in der Kunsthalle die neue Ausstellung „Generation*. Jugend trotz(t) Krise“ ansehen. Eine Ausstellung, die junge Menschen auf die Beine gestellt haben, und die den Fokus auf die Generation Z legt, die rund um die Jahrtausendwende Geborenen. Hinter der Werkschau steht „New Perceptions“ (Neue Wahrnehmungen), das Jugendkuratorium der Kunsthalle Bremen. „Museen sind einfach verdammt elitäre Orte“, sagt ein Mitglied. Das soll nun geändert werden. Das Kollektiv besteht aus rund 15 Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren, die sich freiwillig engagieren. Zusammen werfen sie einen Blick hinter die Kulissen und entwickeln gemeinsam mit der Kunsthalle Strategien, um ein junges Publikum an Kunst teilhaben zu lassen.
Die Kunsthalle Bremen wird in privater Trägerschaft betrieben, was sie zu etwas Besonderem unter den deutschen Museen macht. Vor 200 Jahren gegründet, richtet der Kunstverein anlässlich seines großen Jubiläums den Blick nun nach vorn: „Der Kunstverein muss weiterleben, junge Mitglieder anziehen und für junge Menschen eine Bedeutung haben“, betont Kunsthallendirektor Christoph Grunenberg. Stellt sich die Frage, wie man auch zukünftig relevant bleibt.
Gelebte Kollaboration
Ein wirkungsvoller Ansatz sei die Kollaboration im Programm „New Perceptions“, findet Grunenberg. In der intensiven Zusammenarbeit wird den Jugendlichen die zentrale Rolle des Kuratoriums überlassen. Für eine traditionsbewusste Kulturinstitution keine leichte Entscheidung – schließlich sind die Perspektiven und Themen von Schülerinnen und Schülern oder Auszubildenden andere, als die von Kunstfachleuten. Begleitet
werden sie unter anderem von der Kunstvermittlerin
Dina Koper sowie zwei Kuratorinnen der Kunsthalle, die den Jugendlichen beratend zur Seite stehen. Am Ende sind es aber die Jugendlichen, die die Entscheidungen treffen: „Wir arbeiten mit der Kunsthalle, nicht für die Kunsthalle“, fasst es ein Teilnehmer zusammen. Für die Zusammenarbeit wurde ein besonderes Büro bereitgestellt: ein großer, türkisfarbener Baustellencontainer, prominent und unübersehbar vor der Kunsthalle platziert. In wöchentlichen Treffen hat das Kollektiv dort an der Ausstellung gearbeitet. Insgesamt wurde fast eineinhalb Jahre lang intensiv geplant.
„,New Perceptions‘ zeigt, wie junge Menschen und Museumsexperten sich gegenseitig bereichern und gute Zusammenarbeit gelingen kann. Das Ergebnis überzeugt: Die Ausstellung wirkt authentisch, aufwühlend, berührend und anregend zugleich“, findet Katja Stark von der NORDMETALL-Stiftung. Als Bereichsleiterin Kultur setzt sie sich unter anderem für innovative Vermittlungsformate in Museen ein. Seit 2022 und noch bis 2024 fördert die Stiftung den Öffnungs- und Beteiligungsprozess der Kunsthalle Bremen mit bis zu 50.000 Euro pro Jahr. „Unser Ziel ist es, dass Museen bedeutsame Orte im Leben vieler Menschen sind. Orte, die Raum zum Reflektieren
und zum Positionieren, zum Austausch und Verhandeln einer gemeinsamen Zukunft geben, in der gutes Miteinander im Zentrum steht“, fügt Stark hinzu.
Modern, jung, divers
Am 13. Mai 2023 war es schließlich so weit: Die altehrwürdigen Räume der Kunsthalle füllten sich mit Publikum – jung wie alt. Noch bis zum 10. September werden rund 110 zeitgenössische und historische Werke von bekannten Größen und Newcomern gezeigt. Alle stehen im Kontext der Themen junger Zielgruppen: von mentaler Gesundheit, Körperbildern und Identitäten in den sozialen Medien über den Verlust physischer Begegnungsräume oder das Erstarken digitaler Gemeinschaften bis hin zu Rassismus und Klimakatastrophe. Der Besuch von „Generation*. Jugend trotz(t) Krise“ macht die Vielfalt der Fragestellungen und Herausforderungen deutlich, mit der sich die Jugendlichen von „New Perceptions“ heute konfrontiert sehen. Doch statt Hoffnungslosigkeit propagiert das junge Kollektiv Verantwortung und setzt sich für eine nachhaltige und gerechtere Welt ein. Ein Impuls, von dem auch die älteren Besucherinnen und Besucher profitieren können.
Jannick Leunert
Ein bleibender Eindruck (Foto links): Am Abend der Ausstellungseröffnung sind besonders viele junge Besucherinnen und Besucher in der Kunsthalle Bremen.
Jung und engagiert (Foto rechts): Jugendkurator
Paul-Nikos Günther stellt am Abend der Eröffnung einige Werke vor.
Fotos: Nicole Benewaah
Frischer Wind in der Kunsthalle Bremen: In der Ausstellung „Generation*. Jugend trotz(t) Krise“ werden auch Newcomer gezeigt. Das soll bis Anfang September weiteres junges Publikum in das Traditionshaus an der Weser locken.
50 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Gemeinsam die Zukunft der Kunsthalle Bremen gestalten: Mitglieder des Jugendkuratoriums New Perceptions zusammen mit Kunsthallendirektor Christoph Grunenberg (l.) sowie Kirsten Wagner (2. v. l.) und Katja Stark (r.) von der NORDMETALL-Stiftung. Stiftung
Jean-Louis Jarraud
MECALAC BAUMASCHINEN
„Deutsche und Franzosen sind schon sehr unterschiedlich“, sagt Jean-Louis Jarraud und lächelt fast ein bisschen spitzbübisch über seine Begründung:
„Als ich vor 26 Jahren zum ersten Mal Chef in Deutschland wurde, fiel mir sofort auf: Hier werden Ansagen ziemlich unkommentiert akzeptiert, in Frankreich muss erst mal alles diskutiert werden.“ Mittlerweile habe sich das zwar etwas angeglichen. Gleichwohl sei es aber nicht nur die recht unterschiedliche Sprache, die beide Völker unterscheide, es sei auch ein Stück weit die Mentalität – jenseits des Rheins neige man eher zur Revolution als zum Untertanentum.
Mécanique du Lac: Mecalac
Der zupackende Monsieur Jarraud mit dem eleganten französischen Singsang im fehlerfreien Deutsch muss es wissen: Mecalac Baumaschinen in RendsburgBüdelsdorf führt der 63-Jährige seit gut sieben Jahren. Kurz vor der Jahrtausendwende kam er erstmals in leitender Funktion nach Deutschland – ein Lebensweg, der dem bei Limoges in Zentralfrankreich aufgewachsenen Ingenieur nicht vorgezeichnet war. An der angesehenen Ecole Nationale Supérieure des Art et Métiers studierte er in den frü-
hen Achtzigerjahren in Bordeaux und Paris, stieg dann mit dem Diplom in der Tasche bei Télémécanique Electrique in Angoulême nahe Limoges ein. 1989 warb ihn der traditionsreiche Baumaschinenhersteller „Mécanique du Lac“ – kurz: Mecalac – aus Annecy am gleichnamigen See ab, Jarraud wurde Manager für die Baggerproduktion.
Ein Autobahnpendler
„Volvo Compact Equipment holte mich dann 1997 nach Konz bei Trier, um in einem neuen Projekt Mobilbagger zu entwickeln. Das hat geklappt, heute sind die damit Weltmarktführer“, berichtet Jarraud nicht ohne Stolz. Das Leben zwischen Deutschland und Frankreich ist seitdem sein Schicksal, mit manchen Aufs und Abs: „In Trier waren meine Frau und die beiden Kinder damals dabei, schließlich gab es dort wegen der französischen Garnison auch noch eine französische Schule.“ Als die Soldaten gingen, schloss jedoch auch das Lycée und Jarrauds Familie zog ins lothringische Manom, unweit von Metz. Dorthin pendelt der Maschinen-Manager bis heute, erst während seiner 13 Jahre als Direktor des oldenburgischen Druckmaschinenherstellers Haferkamp, von 2016 bis heute
Jean-Louis Jarraud, Geschäftsführer Mecalac Baumaschinen
Foto: Kirsten Haarmann TERMIN BEIM CHEF 53 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
als Mecalac-Geschäftsführer – 20 Jahre allwöchentlich auf der Autobahn.
„Mecalac-Konzerngründer Henri Marchetta hat mich zurückgeholt, um den Standort Büdelsdorf zu reorganisieren, was gelungen ist“, sagt Jarraud mit gutem Grund: Die vormalige Ahlmann Baumaschinen Fabrik, in der schon 1953 die ersten Schwenklader produziert wurden, war 2002 von der Rendsburger Industriellenfamilie Ahlmann an Mecalac verkauft worden. Der neue Franzose an der Spitze führte die holsteinische Fabrik zu ungeahnter Produktivität.
Weit vorn in Europa
Heute fertigen die fast 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 22 unterschiedliche
Modelle in der Fabrik am Ufer des Audorfer Sees, einem Seitenarm des Nord-Ostsee-Kanals. Noch immer ist der Schwenklader, der das Arbeiten in beengten Gassen oder Tälern möglich macht, der Kassenschlager des Unternehmens. Aber längst bietet Mecalac auch besonders wendige Knicklader, Teleskoplader und
Hoflader. Vom weltweit gut 160 Milliarden Euro schweren Baumaschinenmarkt sichert sich die Mecalac-Gruppe mit diesen und weiteren Produkten aus Annecy, dem britischen Coventry oder dem türkischen Izmir rund 370 Millionen Umsatz. „Wir sind nicht so groß wie Volvo, Caterpillar oder Komatsu, aber in unserem Terrain der kompakten und wendigen Maschinen sind wir vor allem in Europa ziemlich weit vorn“, schätzt der französische Manager sein Unternehmen ein.
Fachkräftemangel
hemmt Expansion
Jarraud sieht Innovation als „Kern-DNA“ der Mecalac-Gruppe, deren operatives Geschäft heute vom Sohn des Firmengründers Alexandre Marchetta geleitet wird. Gleistaugliche Zweiwegebagger oder wendige Dumper mit Frontkipp-, Schwenkkipp- oder Hochkipp-Ausführung sind die neuesten Angebote des Konzerns. „Vor Corona produzierten wir in Büdelsdorf knapp 700 Maschinen im Jahr, dann ist das etwas zurückgegan-
gen, weil wir wie alle mit Lieferengpässen und Kaufzurückhaltung zu kämpfen hatten“, erinnert sich Jarraud. Produktions-Stilllegungen habe man aber immer vermeiden können und im letzten Jahr sei schon die 1.000er-Marke in der Auslieferung geknackt worden. „Jetzt planen wir für kommendes Jahr sogar mit 2.500 Maschinen, ich lasse dazu gerade eine vierte Produktionsstraße in unsere Hallen einbauen“, beschreibt der Manager seine jüngste Herausforderung. Das größte Problem bei der Ausweitung sei allerdings der Fachkräftemangel: „Wir haben derzeit über 20 Stellen ausgeschrieben und konnten auch nur fünf Azubis für Mecalac gewinnen“, sagt Jarraud mit Bedauern.
Das „Savoir-vivre“ fehlt
Falls Jean-Louis Jarraud nicht gerade in seinem Werk beschäftigt ist oder nach Lothringen pendelt, liest er ein gutes Buch oder geht auf eine Bergwanderung – wenn nicht gleich in den Alpen zwischen Annecy und Genf, dann wenigstens in den lothringischen Hügeln. An SchleswigHolstein schätzt der französische Manager die Strände, nicht so sehr allerdings die Küche: „In Frankreich kann ich internationale Kunden praktisch in jedes nächste Bistro zum Essen einladen, hier muss ich schon sehr genau schauen, wo wir hingehen“, sagt er mit einem gewissen Bedauern. Savoir-vivre in Büdelsdorf, da ist vielleicht noch etwas Luft nach oben, oder „air vers le haut “. Alexander Luckow
Die Rendsburger Fabrikantenfamilie Ahlmann führte im vergangenen Jahrhundert nicht nur die bekannte Eisengießerei Carlshütte zum Erfolg, sondern gründete nach dem Zweiten Weltkrieg auch Ahlmann-Baumaschinen. Die kleinen, wendigen Lader aus Büdelsdorf verkauften sich sehr gut, 2002 stieg die französische Industriellenfamilie Marchetta aus Annecy nahe Genf ein und integrierte die Fabrik 2012 in die Mecalac-Gruppe, die heute weltweit an fünf Standorten mit 1.100 Mitarbeitern produziert.
„Ich lasse gerade eine vierte Produktionsstrasse installieren.“
„Wir sind mit kompakten Maschinen in Europa ziemlich weit vorn.“
Foto: Kirsten Haarmann Foto: Kirsten Haarmann
54 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 55 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
TREFFPUNKT NORD
Netzwerk HR reloaded
NORDMETALL-Gastgeberin
Ariane Witt (r.) angeregt im Austausch mit ihren Gästen.
Juristinnen unter sich: Rechtsanwältin Dr. Ilka Plöhn (l.), Verbandsjuristin Vanessa Baade (NORDMETALL).
MINT4girls in Kiel
„Wer sich die Sinnfrage für die berufliche Entwicklung stellt, ist bei uns in der M+E-Industrie genau richtig“, so NORDMETALL-Geschäftsführer Peter Golinski angesichts der neuen Chancen für MINT-Berufe in Zeiten der ökologischen Transformation. 83 Mädchen im Alter zwischen 14 und 16 Jahren aus sechs Schulen in Kiel und Kronshagen hatten sich im Rahmen des Projekts MINT4girls ein Jahr lang klischeefrei über Berufsbilder der M+E-Industrie informiert, Unternehmen besucht, eine App programmiert und Werkstücke gefertigt. Dafür wurden sie Anfang Juni im Kieler Rathaus geehrt. BiB
Fotos: TA Nord
Nach dreijähriger Corona-Pause fand Mitte Mai erstmals wieder das Netzwerk HR statt. Im Café „Der alte Mann“ in Kiel ließen sich rund 20 Gäste auf Einladung von NORDMETALL und AGV NORD bei einem gemeinsamen Frühstück Neues aus dem Urlaubsrecht erläutern. BiB
Fotos: Thorsten Mischke
CLC23 mal drei
Damit Organisationen auch künftig flexibel agieren können, müssen ganzheitliche Strukturen und individuelles Wissen klug zusammengebracht werden. Wie lassen sich also Arbeits- und Lernumgebungen für partizipative Personal- und Organisationsentwicklung gestalten? Um diese Frage drehte sich das 20. Corporate Learning Camp (CLC), das am 16. und 17. Mai an drei Orten gleichzeitig stattfand: in der Beruflichen Hochschule Hamburg, bei SAP in Walldorf und online. Rund 350 Expertinnen und Experten tauschten sich in hybriden Sessions über Trends wie den Einsatz von ChatGPT in der Ausbildung oder Beziehungsarbeit im digitalen Raum aus. NORDMETALL ist seit 2018 Mitveranstalter des Events und begleitet auch in der täglichen Arbeit Corporate Learning Professionals aus den eigenen Mitgliedsunternehmen bei Aus- und Weiterbildung sowie Organisations- und Personalentwicklung. BiB
Fotos: Christian Augustin
Flexibel: Im Sessionplan ist immer Platz für spontane Themenideen.
Eine kurze Vorstellungsrunde gehört zum Standard eines jeden Barcamps.
Auf einer Wellenlänge: 83 Schülerinnen aus Kiel und Kronshagen haben in MINT-Berufe hineingeschnuppert.
Praktisch: Mikrofonwürfel erlauben einen fliegenden Wechsel und guten Klang.
Dr. Anne Pfister (l.), Richterin am Arbeitsgericht Kiel, stellt die wichtigsten Entscheidungen zum Urlaubsrecht vor.
Chance für mehr MINT: Peter Golinski (NORDMETALL) begrüßt Schülerinnen und Gäste.
Thomas Küll (NORDMETALL) berichtet in einer Session über Erfahrungen mit Künstlicher Intelligenz.
Das CLC23-Team aus Hamburg sendet einen Fotogruß an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Walldorf und im Netz.
Hybrid: Prof. Dr. Werner Sauter spricht über künftige Kompetenzen.
Vom Einsatz der Mädchen begeistert: Kiels Bürgermeisterin Renate Treutel.
Karlheinz Pape (Corporate Learning Community) moderiert in Hamburg.
Aufgepasst: Physiker Felix Homann experimentiert mit Imke Kuhlmann (r., NORDMETALL).
57 2 / 2020 Standpunkte NORDMETALL 56 2 / 2020 Standpunkte NORDMETALL
CLC-Ziele: Offen sprechen und voneinander lernen.
TREFFPUNKT NORD
„Jugend forscht“Finale in Bremen
Die Preisträgerinnen und Preisträger des 58. Bundeswettbewerbs „Jugend forscht“ wurden in diesem Jahr in Bremen ermittelt. Vom 18. bis 21. Mai stellten sich 173 junge MINT-Talente mit insgesamt 108 innovativen Forschungsprojekten in der ÖVB-Arena den Fragen einer Expertenjury. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zeigte sich beeindruckt, wie neugierig, kreativ und ausdauernd die Jugendlichen ihre Projekte verfolgt haben. Lutz Oelsner, Präsident der Unternehmensverbände im Lande Bremen (UVHB) und Mitausrichter des Wettbewerbsfinales, unterstrich die Bedeutung gezielter MINT-Nachwuchsförderung für die Wirtschaft – nicht nur für das Land Bremen. BiB
dual@TUHH wird 20
Mehr als 250 Gäste waren Anfang Juni zu einer ganz besonderen Geburtstagsfeier geladen. Gemeinsam mit NORDMETALL und der TU Hamburg blickten sie auf 20 Jahre dual@TUHH zurück. Mehr als 70 Unternehmen aus Norddeutschland nehmen mittlerweile an dem Programm teil. 14 Bachelor- und 24 Masterstudiengänge können an der TUHH dual studiert werden, also in einer Kombination aus ingenieurwissenschaftlichem Studium, Praxisphasen und Soft-Skill-Training. So erleichtert dual@ TUHH den Berufseinstieg und sichert den Nachwuchs im Ingenieurbereich. 2003 war das Programm auf Betreiben von NORDMETALL als erstes duales Studium an einer deutschen technischen Universität gestartet. BiB
Fotos: TUHH
Freudiges Wiedersehen (v. l.): Peter Golinski und Imke Kuhlmann (beide NORDMETALL) mit Dr. Karl-Andreas Feldhahn (Beirat dual@TUHH) und Hans-Günther Trepte (ehem. NORDMETALL).
Aktive
Energieeffizienzmessung: Klimaund Umweltschutz profitieren vom jungen Innovationsgeist.
Begeistert von den vielen talentierten Nachwuchsforscherinnen und -forschern in Bremen: Cornelius Neumann-Redlin (UVHB).
Die Redner (v. l. n. r.): Prof. Dr. Wolfgang Kersten (TUHH), Lukas Thiesen (Airbus Operations), Dr. Thomas Piehler und Peter Golinski (beide NORDMETALL), Jan Schattner (Löwenstein Medical Technology), Dr. Henning Haschke (dual@TUHH), Prof. Dr. Andreas Timm-Giel (TUHH), Amelie Steen (EXTRAKTA Strauss).
Annika Becker-Suesse stellte das dual@TUHH-Kooperationsunternehmen tesa vor.
Ingo Kramer (ehem. NORDMETALL- und BDA-Präsident) freut sich mit den Preisträgern.
Nachwuchsförderung (v. l. n. r.): Lutz Oelsner (UVHBPräsident) überreicht den Bundespreis im Fachgebiet Arbeitswelt an Seyma Celik, Jennifer Boronowska und Anja Armstrong.
Aus Berlin zum Bundesfinale nach Bremen angereist: Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger.
Fotos: Michael Bahlo
Gespanntes Publikum im Lern- und Kommunikationszentrum der TUHH.
Daniel Schröder und Laura Heitmann sind bei Körber Technologies an Bord und feiern 20 Jahre duales Studium an der TUHH.
Arbeiten bei Danfoss die Dualis Niklas Höhling, Rithanya Rajeshkhannan.
Bremens Bürgermeister Dr. Andreas Bovenschulte (r.) begutachtet ein speziell geformtes Windturbinenmodell.
NORDMETALL-Vizepräsident Dr. Thomas Piehler schätzt das praxisnahe Studium.
59 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 58 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
im Einsatz für die Unternehmen
Die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) setzt sich seit mehr als 22 Jahren für ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem ein, das auf Freiheit und Verantwortung fußt. Getragen wird das Engagement von den Arbeitgeberverbänden der Metall- und Elektroindustrie, darunter auch NORDMETALL. Hier berichten wir über die aktuelle Arbeit.
„Rente mit 63“ verschärft Fachkräftemangel
Die sogenannte Rente mit 63 für besonders langjährig Versicherte wird zunehmend zum Problem. Sie entzieht in Zeiten eines massiven Fachkräftemangels, der sich durch den demografischen Wandel Jahr für Jahr verschärft, dem Arbeitsmarkt zusätzlich wertvolle Arbeitskräfte. So nutzten allein im vergangenen Jahr mehr als 200.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diese Möglichkeit der abschlagsfreien Frühverrentung auf Kosten der Allgemeinheit und kehrten dem Arbeitsmarkt den Rücken. Ohne diese Regelung wäre die Fachkräftelücke rund 10 bis 20 Prozent geringer, während Rentnerinnen und Rentner mehr Rente bekämen, zeigt eine von der INSM beauftragte
Prognos-Studie. Die Forscher errechneten, dass selbst bei einer Abschaffung der Regelung erst ab 2031 der Beitragssatz zur Rentenversicherung im Jahr 2045 um einen halben Prozentpunkt niedriger liegen würde als mit Fortbestehen. Die vor knapp zehn Jahren eingeführte Rente mit 63 ist eine extreme Belastung für das Rentensystem. Jeden Monat kostet sie die Beitragszahler und den Staat, der aus Steuermitteln Zuschüsse zur Rentenkasse leistet, mehrere Milliarden Euro. Sie wird von deutlich mehr Menschen beansprucht als erwartet. Gleichzeitig ist der Bedarf an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern so groß wie noch nie. In immer mehr untersuchten Berufen gibt es einen Engpass. Daten zeigen, dass vor allem gutverdienende Facharbeiter von der Rente mit 63 profitieren. Von Menschen aus der untersten Einkommensschicht kann fast niemand die Rente mit 63 in Anspruch nehmen.
Termine von NORDMETALL, NORDMETALL-Stiftung und AGV NORD
TERMINE
Mitgliederversammlung, Treffen zum Netzwerken, Informationsveranstaltungen zu Arbeitsrecht, Bildungsfragen oder der Stiftungsarbeit — die norddeutschen Industrieverbände NORDMETALL und AGV NORD sowie die NORDMETALL-Stiftung bieten ein reichhaltiges Angebot.
Nähere Informationen zu Anmeldung, Ablauf, Referenten, kurzfristigen Änderungen sowie weitere Termine finden Sie auf unserer Homepage unter www.meinarbeitgeberverband.de/veranstaltungen
nordbord MINT-Club, „MEiN Unternehmenstag“ Mercedes-Benz, Hamburg
AUS DER HAUPTSTADT
Die 20.07.2023 nordbord MINT-Club, Sketchnotes-Workshop mit Fr. Lürssen Werft Haus der Wissenschaft, Bremen NM 22.07.2023 NORDMETALL-Ensemblepreis Galaabend Produktionshalle der MMG, Waren (Müritz) NMS 22.-27.07.2023 Kammermusikfest Sylt Sylt NMS Juli September 07.09.2023 Informationsveranstaltung Entgeltrahmentarifvertrag online NM / AGV 12.09.2023 Informationsveranstaltung Manteltarifvertrag Modul 1 (alle Tarifgebiete) online NM / AGV 13.-18.09.2023 Informationsveranstaltung zur Zeitarbeit online NM / AGV 14.09.2023 Informationsveranstaltung Manteltarifvertrag Modul 2 (HH-SH-MV) online NM / AGV 14.-15.09.2023 Chefseminar: „Leadership – Transformation – Resilienz“ Tagungshotel Schloss Hasenwinkel, Bibow NM / AGV 19.09.2023 Informationsveranstaltung Manteltarifvertrag Modul 2 (Unterweser, Nordwestliches Niedersachsen) online NM / AGV 20.09.2023 Vorstandssitzung AGV NORD Hein & Oetting Feinwerktechnik, Ahrensburg AGV 21.09.2023 Informationsveranstaltung Manteltarifvertrag Modul 3 (HH-SH-MV) online NM / AGV 26.09.2023 Informationsveranstaltung Manteltarifvertrag Modul 3 (Unterweser, Nordwestliches Niedersachsen) online NM / AGV 27.09.2023 Vorstandssitzung NORDMETALL tba NM 28.09.2023 Informationsveranstaltung Manteltarifvertrag Modul 4 (alle Tarifgebiete) online NM / AGV 15.08.2023 nordbord MINT-Club, Online-Bewerbungstraining mit Siemens online NM 19.08.09.09.2023 Musikfest Bremen Diverse Spielstätten NM / NMS
NM
NMS
22.08.2023
23.08.2023 Preisträger in Residence „Klassiker“ Tagungshotel Schloss Hasenwinkel, Bibow
August
online NM / AGV Oktober 60 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 61 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
05.10.2023 Informationsveranstaltung Altersteilzeit und Betriebliche Altersvorsorge
Ob es um Tarifverträge, die geplante Einführung eines Schichtsystems oder die Eingruppierung von Beschäftigten geht – die NORDMETALLAbteilung „Tarifrecht und Arbeitsorganisation“ unterstützt kompetent und schnell. An dieser Stelle antworten die erfahrenen Juristen und Arbeitswissenschaftler auf aktuelle Fragen, die aus dem Kreis der NORDMETALL-Mitgliedschaft gestellt werden.
Tarifkonflikt in der Zeitarbeit wirkt auf M+E-Betriebe
Nachdem die jüngste Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie beendet wurde, konnte ein weiterer Tarifkonflikt – nun in der Zeitarbeitsbranche – mit der Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie beigelegt werden. Die IG Metall hatte auch für die Beschäftigten von Zeitarbeitsfirmen, die in M+E-Betrieben eingesetzt werden, eine Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 3.000 Euro für 2023 und 2024 gefordert.
Am 16. Juni 2023 konnten die Verhandlungsgemeinschaft Zeitarbeit (VGZ), die sich aus den Verbänden der Zeitarbeit – BAP und iGZ – zusammensetzt, und die IG Metall ein Verhandlungsergebnis erzielen. Den Beschäftigten der Zeitarbeit, die in Betrieben der M+E-Industrie eingesetzt sind, ist eine Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 2.300 Euro zu zahlen, wobei der Anspruch im Januar 2024 300 Euro und in den Monaten Februar bis November 2024 jeweils 200 Euro beträgt.
Diese Einigung wurde als Ergänzung zum Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie (TV BZ ME) vereinbart. Durch den TV BZ ME wird die Grundvergütung von in M+E-Betrieben eingesetzten Zeitarbeitnehmern durch sogenannte Branchenzuschläge erhöht. Die Höhe der Zuschläge steigt mit der Dauer des Einsatzes im selben Kundenbetrieb an. Den TV BZ ME hatte die IG Metall zuvor zum 30. Juni 2023 gekündigt. Ohne die Einigung hätte den in der M+E-Branche eingesetzten Zeitarbeitnehmern ab dem 1. Juli vom neunten Einsatzmonat an das dem vergleichbaren Stammmitarbeiter gezahlte Entgelt gezahlt werden müssen. Dies hätte nicht nur das Grundentgelt und die Leistungszulage, sondern auch sämtliche Einmalzahlungen umfasst.
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GESCHÄFTSSTELLEN
Zusätzlich zur Inflationsausgleichsprämie sieht die Einigung eine Änderung des TV BZ ME hinsichtlich der ersten Zuschlagsstufe vor. Bisher griff die erste Zuschlagsstufe erst nach sechs Wochen Einsatzdauer im Kundenbetrieb. Von September an ist das Grundentgelt ab Einsatzbeginn durch einen Branchenzuschlag zu erhöhen.
Zurzeit gibt es elf Branchenzuschlagstarifverträge, die mit der jeweils zuständigen DGB-Einzelgewerkschaft abgeschlossen worden sind und den Zeitarbeitnehmern je nach Branchenzugehörigkeit des Einsatzbetriebes Zuschläge auf ihre tarifliche Grundvergütung sichern. Angesichts des gesetzlich vorgeschriebenen Equal-Pay-Grundsatzes sind Branchenzuschlagstarifverträge von enormer Bedeutung. Findet er Anwendung, bestimmt sich die Vergütung des Zeitarbeitnehmers für die gesamte Dauer seines Einsatzes nach diesem Tarifvertrag. Das gesetzliche Equal Pay gilt in diesen Fällen nicht. Allerdings muss nach spätestens 15 Monaten Einsatzzeit mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht werden, das als gleichwertig mit dem Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Einsatzbranche durch die Tarifvertragsparteien festgelegt ist. Was das vergleichbare Arbeitsentgelt der jeweiligen Branche ist, haben die Tarif vertragsparteien im jeweiligen bundesweit geltenden Branchenzuschlagstarifvertrag bestimmt – das sogenannte tarifliche Equal Pay. Ohne Branchenzuschlagstarifvertrag ist eine Abweichung vom gesetzlichen Equal Pay durch die tariflich geregelte Grundvergütung nur für die ersten neun Einsatzmonate erlaubt.
Dr. Svenja Jurrat
IMPRESSUM
Das Magazin von NORDMETALL e. V., dem M+E-Arbeitgeberverband für Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, das nordwestliche Niedersachsen und Schleswig-Holstein.
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41. Jahrgang
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Titelfoto: l. Angelika Heim, r. Christian Augustin
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TARIF UPDATE
Kiel Hamburg Schwerin Wilhelmshaven Emden Oldenburg
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MEIN STANDPUNKT
Klimavernunft
Kaum eine Tagesschau oder taz-Ausgabe ohne Klima-Apokalyptiker: Sie kleben sich längst nicht mehr nur auf Kreuzungen fest, sie schütten auch Farbe über Flugzeuge und Fassaden von Luxusboutiquen, sie besetzen Airports und Autobahnen. Eifrig transportieren ihre Sympathisanten in den Medien die furiosen Bilder von Nötigung oder Sachbeschädigung – und natürlich die erschütternde Botschaft vom Klima-Kipppunkt. Der sei wahlweise in zwei, vier oder sechs Jahren erreicht, je nachdem ob man den Lobby-Organisationen Welt-Klimarat , BUND, NABU oder anderen folgt. Die Klima-Apokalypse würden nur radikale Umbaumaßnahmen aufhalten, sofortiges Handeln sei deshalb „alternativlos“, sagt etwa der Hamburger NABU-Chef Malte Siegert. Und raunt noch etwas von mehr als 10.000 Mitgliedern, die sein Verband habe, „mehr als Hamburgs Parteien“. Das ist der Moment des Kipppunktes in der Argumentation: Die Klima-Apokalyptiker maßen sich an, gewählte Parteivertreter und demokratische Mehrheitsentscheidungen zu ignorieren – die an der Wahlurne gegen grüne Politik, zuletzt in Berlin oder Bremen, oder die in der Ampel gegen ein rigides Heizungsgesetz oder ein Tempolimit auf Autobahnen gestimmt haben. Deshalb ist die juristische Debatte über die Bildung einer „Kriminellen Vereinigung“ politisch relevant, womöglich bald nicht mehr nur in Bezug auf die sogenannte Letzte Generation. Die Industrie sollte diesen Extremisten hingegen nicht allzu viel Aufmerksamkeit schenken, Justiz und Polizei sind dazu besser geeignet. Insbesondere die Metall- und Elektroindustrie sollte stattdessen ihren längst beschrittenen Weg der Klimavernunft konsequent fortsetzen: CO2-freie Flugzeuge, wie sie Airbus noch in diesem Jahrzehnt plant, klimaneutrale Fahrzeuge, wie sie unsere Autobauer oder Maschinenhersteller wie Mecalac (s. S. 53) längst anbieten, Stahl- und Eisenprodukte aus grünem Wasserstoff, wie sie etwa ArcelorMittal in wenigen Jahren herstellen will – das sind echte Beiträge zum weltweiten Klimaschutz. Europa hat unter der Führung Deutschlands auf diese Weise seine CO2-Emissionen in den vergangenen zehn Jahren um 17 Prozent gedrosselt, sagt der Weltenergiebericht des britischen Energy Institute. Chinas Emissionen stiegen derweil um 16 Prozent und machen nun fast ein Drittel des CO2-Ausstoßes auf der Erde aus. Vielleicht sollten es die Klima-Apokalyptiker mit Demos auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking versuchen.
PERSONENREGISTER
Thorsten Albers S. 7 f., TURBO-Technik GmbH & Co. KG
Verena Albrecht S. 7, Arbeitgeberverband Oldenburg e. V.
Artem Amyelyenchuk S. 39, Nordex SE
Torben Andrasch S. 7, MercedesBenz Group AG
Johannes Arlt MdB S. 5, 31 ff., SPD
Loraine Awizus S. 5, 48, NORDMETALL e. V.
Vanessa Baade S. 56, NORDMETALL e. V.
Stephan Babbel S. 37, Nordex SE
Annika Becker-Suesse S. 58, tesa SE
José Luis Blanco S. 37 f., Nordex SE
Anna Blumenberg S. 7, Vorstand NORDMETALL e. V. MEYER WERFT GmbH & Co. KG
Julian Bonato Titel, S. 3 f., 10 ff., Vorsitzender AGV NORD e. V. / MHG
Heiztechnik GmbH
Dr. Andreas Bovenschulte S. 15 f., 59, Bürgermeister und Senatspräsident der Freien Hansestadt Bremen, SPD
Klaus Brunkhorst S. 7, Vorstand
NORDMETALL e. V. Atlas Weyhausen GmbH
Dr. Bernd Buchholz MdL S. 10 ff.,
FDP
Dr. Hendrik Coldenstrodt-Ronge
S. 7, 43, Vorstand NORDMETALL e. V.
BizLink Special Cables Germany GmbH
Dr. Andreas Dikow S. 10 ff., Webasto Thermo & Comfort SE
Heiko Dirks S. 7, Norddeutsche Seekabelwerke GmbH
Jan Dröll S. 7, Airbus Operations
GmbH
Dr. Grietje Duvigneau S. 24 f., Fachärztin für Allgemeinmedizin und Arbeitsmedizin, Philips
Alexander Farnkopf S. 37 ff., Nordex Energy GmbH Rostock
Dr. Karl-Andreas Feldhahn S. 58, TUHH Technische Universität Hamburg
Ulrike Ferch S.10, GrosstanklagerÖlhafen Rostock GmbH
Dr. Nico Fickinger S. 3, 6 ff., 10 ff., 28, 31, 66, NORDMETALL e. V.
Axel Fiene S. 7 f., Still GmbH
Robert Focke S. 6, Vizepräsident NORDMETALL e. V. Nordischer Maschinenbau Rud. Baader GmbH & Co. KG
Henning Foerster MdL, S. 11 ff., Die Linke
Tobias Frerck S. 43, GISMA Steckverbinder GmbH
Michael Frieß S. 7, Vorstand
NORDMETALL e. V. Mercedes-Benz AG Werk Bremen
Ingo Gädechsen MdB S. 31, CDU
Peter Golinski S. 56, NORDMETALL e. V.
Tanja Gönner S. 11 f., BDI Bundesverband der Deutschen Industrie
Dr. Lars Greitsch S. 31, Mecklenburger Metallguss GmbH
Roland Habeck S.10, HAWART OMV Landtechnik GmbH
Dr. Daniela Haller S. 7, Vorstand
NORDMETALL e. V. / Airbus Aerostructures GmbH
Ellen Händler S. 38, 39, Nordex SE
Roland Hansen S. 7, Broetje-Automation GmbH
Bernd Hartmann S. 31, Vorstand
NORDMETALL e. V. / thyssenkrupp
Marine Systems GmbH
Dr. Henning Haschke S. 58, TUHH Technische Universität Hamburg
Laura Heitmann S. 58, Körber Technologies GmbH
Margarethe Heyn S. 38, Nordex SE
Niklas Höhling S. 58, Danfoss Power Solutions GmbH & Co. OHG
Anke Holst S. 39, Nordex SE
Dr. Bernd Hoppe S. 42, Vossloh Rolling Stock GmbH
Jutta Humbert S. 6, Vorstand NORDMETALL e. V. / Getriebebau NORD GmbH & Co. KG
Thomas Hüser S. 42, Nordenhamer Zinkhütte GmbH/ Nordenham Metall
GmbH
Prof. Dr. Michael Hüther S. 21, Institut der deutschen Wirtschaft Köln
Frank Imhoff MdBB S. 15, 17, Präsident der Bremischen Bürgerschaft, CDU
Dieter Janecek MdB S. 30, Maritimer Koordinator der Bundesregierung, Bündnis 90/ Die Grünen
Jean-Louis Jarraud S. 5, 53 ff., Mecalac Baumaschinen GmbH
Alfried Kampen S. 66, Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Prof. Dr. Wolfgang Kersten S. 58, TUHH Technische Universität Hamburg
Horst-Dieter Kludas S. 45, I.S.T. Molchtechnik GmbH
Kathrin Köhn S. 11, 66, NORDMETALL e. V.
Cathrin Kohnke S. 6, Vorstand NORDMETALL e. V. / Stryker Trauma GmbH
Helge Krambeck S. 2, German Naval Yards Kiel GmbH
Ingo Kramer S. 59, ehem. BDA-Präsident
Kurt Krömer S. 26, Komiker, Schauspieler und Autor
Imke Kuhlmann S. 29, 56, 58, NORDMETALL e. V.
Thomas Küll S. 57, NORDMETALL e. V.
Uwe Kunkel S. 11, Ehrenvorsitzender AGV NORD e. V.
Thomas Lambusch S. 8, Ehrenpräsident NORDMETALL e. V.
Jürgen Lehmann S. 9, Arbeitgeberverband Oldenburg e. V.
Johannes Leithäuser S. 31, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Tim Lindemann S. 27 f., Airbus Defence and Space GmbH
Ralf Lorber S. 11, Wismar GmbH & Co. KG
Dr. Martin Maletzky S. 43, GISMA Steckverbinder GmbH
Manfred Maletzky S. 43, GISMA Steckverbinder GmbH
Hans Manzke S. 11, ehem. NORDMETALL e. V.
Henri Marchetta S. 54, Mecalac-Gruppe
Alexandre Marchetta S. 54, Mecalac-Gruppe
Frank Mercier S. 23, 25, Deutsche Depressionsliga e. V.
Bernhard Möller S. 43, DRK-Kreisverband Cloppenburg
Manfred Müller-Fahrenholz S. 31, Neptun Werft GmbH & Co. KG
Gregor Müller S. 10 f., M&D Flugzeugbau GmbH & Co. KG
Dr. Stefan Nehlsen S. 6, Vorstand NORDMETALL e. V. / Mankenberg GmbH
Sylvia Neu S. 23, 25, UdW Gesellschaft für Dienstleistung und Beratung
Sonja Neubert S. 6, Vorstand
NORDMETALL e. V. / Siemens AG
Cornelius Neumann-Redlin S. 15, 17, 59, Die Unternehmensverbände im Lande Bremen e. V.
Birgit Nikisch S. 7, Louis Schierholz GmbH
Lutz Oelsner S. 59, Die Unternehmensverbände im Lande Bremen e.V., GESTRA AG
Karl-Heinz Pape S. 57, Corporate Learning Community
Dr. Michael Paul S. 31, Stiftung
Wissenschaft und Politik
Dr. Anne Pfister S. 56, Arbeitsgericht Kiel
Dr. Thomas Piehler S. 6, 58, Vizepräsident NORDMETALL e. V. Philips GmbH
Dr. Ilka Plöhn S. 56, Caterpillar Motoren GmbH & Co. KG
Steffen Pohl S. 6, Vizepräsident NORDMETALL e. V. / Liebherr-MCCtec Rostock GmbH
Rithanya Rajeshkhannan S. 58, Danfoss Power Solutions GmbH & Co. OHG
Lars Reeder S. 10, Hein & Oetting Feinwerktechnik GmbH
Regine Reuter S. 7, Danfoss Power Solutions GmbH & Co. OHG
Tessa Rodewaldt S. 31, Maritime Plattform e. V.
Thomas Röwekamp MdB S. 5, 31 ff., CDU
Prof. Dr. Werner Sauter S. 57, Blended Solutions GmbH
Thore Schäck MdBB S. 17, FDP
Dr. Maike Schaefer S. 16, ehem.
Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau der Freien Hansestadt Bremen, Bündnis 90/Die Grünen
Maxi Schäfer S. 25, Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen
Bremen e. V.
Jan Schattner S. 58, Löwenstein Medical Technology GmbH + Co. KG
Christian Schmoll S. 31, Tamsen Maritim GmbH
Daniel Schröder S. 58, Körber Technologies GmbH
Jochen Schulte S. 37, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit des Landes Mecklenburg-Vorpommern, SPD
Lars Schwarz, S. 13, 66, Vereinigung der Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern e. V.
Malte Siegert S. 64, NABU Hamburg
Stefan Spoede S. 7, Premium AEROTEC GmbH
Bettina Stark-Watzinger MdB S. 59, Bundesministerin für Bildung und Forschung. FDP
Katja Stark S. 50 f., NORDMETALL-Stiftung
Amelie Steel S. 58, Extrakta Strauss GmbH
Torsten Sträter S. 26, Komiker, Kabarettist, Autor und Slam-Poet
Lena Ströbele S. 6, ff., Verhandlungsführerin NORDMETALL e. V. / NVL B.V. & Co. KG
Dr. Volker Subatzus S. 7, Airbus Operations GmbH
Lukas Thiesen S. 58, Airbus Operations GmbH
Prof. Dr. Andreas Timm-Giel S. 58, TUHH Technische Universität
Hamburg
Renate Treutel S. 56, Bürgermeisterin Kiel, Bündnis 90/ Die Grünen Folkmar Ukena Titel, S. 3 f., 6 ff., 14 f., 18 f., NORDMETALL-Präsident /
LEDA Werk GmbH & Co. KG
Sebastian Vettel S. 37, Rennfahrer
Kristina Vogt S. 16, Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa der Freien Hansestadt Bremen, Die Linke Joachim von Bredow S. 43, BizLink Special Cables Germany GmbH
Dr. Moritz von Gliszczynski S. 25, Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V.
Prof. Dr.-Ing. Uwe Freiherr von Lukas S. 31, Fraunhofer IGD Rostock Kirsten Wagner S. 50, NORDMETALL-Stiftung
Marco Wagner S. 6, 8, Schatzmeister NORDMETALL e. V. / Airbus Operations GmbH
Tim Wallrodt S. 42, Drägerwerk AG & Co. KGaA
Jan Wehlen S. 29, Still GmbH
Achim Wehrmann S. 31, Bundesministerium für Digitales und Verkehr
Christian Wigger S. 43, Tierpark
Neumünster
Dr. Michael Winkler S. 7, 14, Vorstand NORDMETALL e. V. / Hella Fahrzeugkomponenten GmbH
Ariane Witt S. 56, NORDMETALL e. V.
Dr. Stefan Wolf S. 31, Präsident Gesamtmetall
Edgar Wonneberger S. 11, 66, NORDMETALL e. V.
Sie erreichen mich unter: luckow@nordmetall.de www.facebook.com/Nordmetall-News zu Politik und Wirtschaft www.facebook.com/NORDMETALL
Michael Grosse-Brömer MdB S. 31, CDU
Paul-Nikos Günther S. 51, Kunsthalle Bremen
Alexander Luckow S. 12, 31, NORDMETALL e. V.
Dr. Dirk Mackau S. 24, NORDMETALL e. V.
Dr. Peter Schlaffke S. 8, 11, NORDMETALL e. V.
Oliver Zander S. 31, Gesamtmetall
Alexander Luckow, „Standpunkte“Chefredakteur
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64 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL 65 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Abschied eines Urgesteins
Ohne ihn ist die Arbeit von NORDMETALL und AGV NORD in Mecklenburg-Vorpommern schwer vorstellbar: 33 Jahre lang prägte Edgar Wonneberger das Engagement der Verbände in der Geschäftsstelle Schwerin und im ganzen Bundesland. „Hier geht ein Gentleman, immer formvollendet und vorbildlich in der Beratung und Begleitung unserer Mitgliedsfirmen“, sagte NORDMETALL- und AGV-NORDHauptgeschäftsführer Dr. Nico Fickinger bei Wonnebergers feierlicher Verabschiedung im Schloss Hasenwinkel. Mehr als 60 Gäste, neben vielen Kolleginnen und Weggefährten auch Vertreter der Landesregierung, der Gerichtsbarkeit, von Gewerkschaften und anderen Verbänden, wünschten dem studierten Juristen alles Gute für seinen wohlverdienten Ruhestand. Der aus Eutin stammende Wonneberger hat sich auch außerordentlich stark in der sozialen Selbstverwaltung und der Gerichtsbarkeit engagiert. Dafür dankte ihm der Präsident des Landesarbeitsgerichtes, Alfried Kampen, mit einer launigen Laudatio, unter den Zuhörinnen und Zuhörern auch die DGB-Nord-Vorsitzende Laura Pooth. Lars Schwarz, Präsident der Vereinigung der Unternehmensverbände (VU) für Mecklenburg-Vorpommern , war voll des Lobes für Wonnebergers außergewöhnlichen Einsatz in den Gremien der VU und in den bei der Landesregierung gebildeten beratenden Ausschüssen. Nachfolgerin von Edgar Wonneberger in Schwerin ist Kathrin Köhn, die wir in der nächsten Standpunkte-Ausgabe vorstellen. DJ
Standpunkte-Podcast
Der Politik- Podcast des Hauptgeschäftsführers der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie Dr. Nico Fickinger.
Thema: Frühjahrs-Konjunkturumfrage
Ich lese „Standpunkte“, weil ...
„... hier die Themen bewegt werden, die Relevanz für Unternehmen haben – und damit auch für die Agenturen für Arbeit.“
Markus Biercher, Vorsitzender der Geschäftsführung Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit
KURZ VOR SCHLUSS
Launiger Laudator: Alfried Kampen (3. v. l.), seit 2009 Präsident des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern, gehört zu den langjährigen beruflichen Weggefährten von Edgar Wonneberger.
Von Herzen: Dr. Nico Fickinger (l.) überreicht Edgar Wonneberger im Marstall von Schloss Hasenwinkel ein kleines Abschiedsgeschenk.
Sichtlich gerührt: Edgar Wonneberger dankt den Rednern und Gästen für die herzlichen Worte und die langjährige Unterstützung seiner Verbändetätigkeit.
Foto: Christian Augustin
66 2 / 2023 Standpunkte NORDMETALL
Erö nungsfest mit diversen Künstler*innen an 10 Spielstätten rund um den Marktplatz Tickets: www.musikfest-bremen.de sowie bei allen Nordwest Ticketund Eventim-Vorverkaufsstellen und unter 0421.33 66 99 und 36 36 36 EINE GROSSE NACHTMUSIK Sa 19. Aug 2023 / ab 19 Uhr 2023 www.kleinerundbold.com Bild: © Hannes von der Fecht 19 08 präsentiert von gefördert durch