Markt am Dom Ausgabe Winter 2020/2021

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Eine kleine

ZEITREISE…

Willkommen im Paradies Endlich ist er weg – der Bauvorhang vor dem sogenannten Paradies. Frisch gereinigt und aufwendig restauriert präsentiert sich nun der Haupteingang des Dom. Probleme mit der Statik der Wände und marode Stützpfeiler hatten die Arbeiten verzögert. Neue Bodenplatten auf der 180 m² großen Fläche waren nötig, Sanierungsarbeiten an Fenstern und Türen wurden vorgenommen und die Spalier stehenden, überlebensgroßen, von spätromanischen Bildhauern geschaffenen Figuren, wurden gereinigt. TEXT: ELISABETH VOLLMER FOTOS: TOM BENDIX, ELISABETH VOLLMER

D

as Paradies ist eine mit aufwendigen Giebeln bestückte Vorhalle des Doms, die ursprünglich nach vorne und zur Seite geöffnet war. Dies hatte einen praktischen Grund: das mittelalterliche Sendgericht wurde hier abgehalten. Seinerzeit war es allgemein üblich, dass Gerichtsverfahren im Freien abgehalten wurden, da kein Verdacht auf heimliche Mauscheleien hinter verschlossenen Türen aufkommen sollten. In Münster galt zudem ein äußerst strenger Marktfriede und jeder Bruch, der mit Blutvergießen verbunden war, wurde bis 1578 durch das Sendgericht mit dem Tode bestraft. Der Name „Paradies“ für den Eingangsbereich des Doms deutet auf den paradiesischen Urzustand und den Sündenfall hin und steht so im örtlichen Zusammenhang mit der hier stattfindenden weltlichen Gerichtsbarkeit. Es stellt aber auch eine Pforte des Himmels dar, denn über den beiden Eingangstoren 12

zum Dom thront Christus als Weltenrichter - allerdings als ein freundlicher - mit dem Buch des Lebens in der linken Hand, die Rechte zum Segen erhoben. So soll symbolisch die Tür zum Heil gezeigt werden: „ Ich bin die Tür, wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden.“ (Joh. 10.9) Darunter befindet sich die Figur des Dompatrons Paulus, dessen Heiligenschein dem hochgehaltenen Schwert den Schrecken nimmt. In Wandnischen stehen überlebensgroße Steinfiguren Spalier. Sie sind über einen langen Zeitraum von verschiedenen Steinmetzen geschaffen worden, bilden aber trotzdem eine homogene Gruppe. Vor Kopf sieht man die Apostel, die wohl auch die Säulen der Kirche darstellen sollen, während Heilige und Stifter in den Seitennischen Platz finden. Unterhalb der Figuren befinden sich Friese mit Darstellungen menschlicher Tätigkeiten. Wer sich die Reliefs über dem Eingang genauer anschaut, wird beim linksseitigen Relief eine antijudaistische Darstellung finden. Es zeigt die hei-

An der Außenfassade präsentieren sich nun die frisch restaurierten Sandsteinfiguren des Bildhauers Rudolf Breilmann, die Karl den Großen, den heiligen Georg, den Erzengel Michael und den Gründer des Doms, den heiligen Liudger, darstellen.

ligen drei Könige, die Maria mit dem Jesuskind huldigen. Unter den Füßen der Mut-

tergottes werden jedoch zwei Gestalten niedergedrückt, die linke symbolisiert das Juden-


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