Mittendrin in V
Ein Pionier im Wald
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Wie wird aus einem Industriemechaniker in Nigeria ein Busfahrer im Bregenzerwald? Die marie hat mit dem Mann gesprochen, dem genau das passiert ist. Ein sommerliches Gespräch mit Prosper Boss (47) über kühle Nächte, nette Fahrgäste und wie es sich anfühlt, der Erste zu sein.
Text und Foto: Frank Andres
„Wundere dich nicht, wenn dich andere Menschen komisch anschauen. Du bist unser erster afrikanischer Busfahrer.“
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is Mitte 20 verläuft das Leben von Prosper Boss relativ normal. Er arbeitet in seiner westafrikanischen Heimat in einer Ölraffinerie. Doch dann trifft er eine Frau. Sie ist aus Deutschland und macht Urlaub in Nigeria. Die beiden verlieben sich und heiraten. 2002 übersiedelt das Ehepaar von Afrika ins schwäbische Balderschwang. Eine 350-Seelen-Gemeinde, direkt an der Grenze zu Vorarlberg. Idylle, Natur, Ruhe. Es ist Februar, als Prosper Boss in seinem neuen Wohnort ankommt. Freude? Fehlanzeige. Im Gegenteil. „Es war tiefster Winter und es lag viel Schnee. Ein richtiger Schock für mich“, erinnert sich der 47-Jährige. Heute kann er darüber lachen. Aber damals? „Es war viel zu kalt. Ich ging am Anfang immer mit Handschuhen und Socken ins Bett.“ Doch Prosper taut allmählich auf. Lernt die Ruhe im Dorf schätzen. Und seine Frau, eine gelernte Skilehrerin, bringt ihm das Snowboarden bei. Der Mann aus Afrika lernt schnell. Prosper geht gemeinsam mit seiner Frau touren. Sie laufen regelmäßig auf den Sipplinger Berg. Und er empfindet Schnee plötzlich gar nicht mehr als kalt. „Ich habe bei den Wanderungen sogar angefangen zu schwitzen.“ Zu diesem Zeitpunkt ist seine Karriere als Busfahrer noch in weiter Ferne. Prosper lernt zuerst einmal intensiv Deutsch und bekommt schließlich einen Job als Hausmeister im Hotel Hubertus in Balderschwang. „Ich bin handwerklich begabt. Wenn mir jemand etwas vorzeigt, dann kann ich das danach meist selbst“, erklärt er, warum er für den Hausmeisterjob die idealen Voraussetzungen mitgebracht hat. Er ist nicht nur für Reparaturen im Haus zuständig, sondern chauffiert seine Hotelgäste auch mit dem Kleinbus zu den Flughäfen Memmingen, München und Friedrichshafen. Doch er merkt, das ist keine Arbeit, die er sein ganzes Leben machen will. Nach acht Jahren hängt er seinen Job an den Nagel. Und macht, ja jetzt kommt‘s, 2013 den Busführerschein.