Kulturpolitische grundsätze
2.5.4 DIE KRUX DER KULTURVERMITTLUNG – KUNST UND PUBLIKUM
Die Kulturvermittlung, ein Folgeprodukt der Neuen Kulturpädagogik, ist mit Vorsicht zu genießen: Lehrer sollen Schülern erklären, was ihnen zu gefallen hat und warum.68 Während der demokratische Staat von der Mündigkeit der Bürger ausgeht, spricht die Kulturpolitik ihm diese ab und nimmt ihn an die Leine der kulturellen Erziehung.69 Die Kommentarbedürftigkeit der modernen Kunst ist berühmt-berüchtigt. Der Kommentar gehört zur Substanz der neuen Kunst.70 Zur Frage: „Was soll das überhaupt?“ tut sich eine uferlose Literatur auf. Mit viel Theorie legen Kulturvermittler dar, warum ein Kunstwerk gegen die Intuition des Betrachters als wertvoll oder weniger wertvoll angesehen werden soll. In vielen Bereichen scheitert die Kulturvermittlung am Zustand der Kunst: Dem Betrachter wird mitgeteilt, dass er „Kunst zwar nie verstehen wird, diese kryptische Rätselhaftigkeit, ein […] sehr beliebtes Klischee, aber wertschätzen soll.“71 Zitatenreich und theorielastig wie sie sind, lassen viele Kunstwerke der Gegenwart ein spontanes Verstehen ohne Hintergrundwissen nicht zu.72 Oftmals legen sich Künstler aber auch gar nicht auf eine bestimmte Aussage fest, sondern überlassen den Sinn eines Werkes der Interpretation des Betrachters. Die Ablehnung beim Publikum regelmäßig auf Unkenntnis und mangelndes Verstehen zurückzuführen, ist indes eine findige Masche von Kunstpädagogen. Schließlich kann man auch Dinge nicht mögen, die man sehr gut versteht.73 Schwer vermittelbar: Merda d’artista von Piero Manzoni
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