DTU Magazin 20 - Ausgabe September 2021

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„ICH HABE JEDEN TAG GEWEINT“ Die niederländische Sportlerin Reshmie Oogink erlebte bei den Olympischen Spielen das, wovor so viele Sportler und Sportlerinnen im Olympischen Dorf große Angst hatten: ein positiver Corona-Test. Das positive Testergebnis bedeutete den sofortigen Ausschluss von den Olympischen Spielen. Anstatt die Spiele im Olympischen Dorf bzw. auf der Wettkampffläche zu verbringen, musste sie die Spiele in zum Teil menschenunwürdigen Verhältnissen in einem Quarantänehotel aussitzen.

Helena Stanek sprach mit Reshmie nach ihrer Ankunft in den Niederlanden

DTU Magazin: Es kommt dir wahrscheinlich immer noch wie ein Alptraum vor. Obwohl du vollständig geimpft warst, erhieltest du am 22. Juli ein positives Corona-Testergebnis. Kannst du uns deine erste Reaktion auf dieses Testergebnis beschreiben? Reshmie: Mein Olympischer Traum wurde vom Anruf des Doktors zerstört. Ich war nur noch am Weinen, als ich meine Familie anrief und davon berichtete. Es war schrecklich. Der schlimmste Albtraum ist eingetreten: Einen Tag vor der Eröffnung der Olympische Spiele positiv getestet. Meine ganze harte Arbeit ist im Mülleimer gelandet. Ich denke, ich habe mir den Virus auf dem Flug nach Tokio eingefangen. Ein Mann, eine Reihe hinter mir, hat auf dem Flug ständig gehustet. Ich habe das ganze Jahr so sehr aufgepasst, mich nicht zu infizieren. Und dann das. Es ist unglaublich! DTU Magazin: Was ist danach passiert? Musstest du unmittelbar in Quarantäne? Reshmie: Nach dem das Testergebnis aus dem Speicheltest positiv war, musste ich zu einer Klinik fahren, um dort zwei weitere PCR-Tests zu machen. Es hat drei Stunden gedauert, bis ich das Ergebnis bekam. Diese musste ich in einem isolierten Raum verbringen. Danach ging es dann direkt in das Quarantäne-Hotel. Natürlich hat mir meine Familie und mein Team in dieser schlimmen Situation geholfen. Online konnte ich mit ihnen in Kontakt bleiben. Ich habe jeden Tag geweint. DTU Magazin: Wie sah dein Zimmer im Quarantäne-Hotel aus? Reshmie: Die Zimmer waren sehr simple eingerichtet. Zwei Betten, ein kleiner Fernseher und eine Klimaanlage. Man durfte das Zimmer nicht verlassen. DTU Magazin: War diese Situation, die größte Herausforderung in deinem Sportlerleben? Reshmie: Ich hatte wirklich viele Herausforderungen in meinem Sportlerleben. Insbesondere in den letzten vier Jahren,

wo ich drei Kreuzbandverletzungen hatte. Ich musste oft allein trainieren und Mittel finden, mein Training zu finanzieren. Aber ich bin davon zurückgekommen und habe mich qualifiziert. Die Spiele nun auf diese Weise zu verpassen, ist besonders hart. DTU Magazin: Mit Sicherheit warst du sehr verärgert. Was hat dich besonders geärgert? Reshmie: Ich war verärgert über so viele Dinge. Aber es ist besser, dies aus diesem Interview rauszulassen. DTU Magazin: Wurdet ihr im Vorfeld der Spiele darüber informiert, wie im Falle eines positiven Tests die Quarantäne aussehen wird? Reshmie: Nein. Wir haben keinerlei Informationen darüber erhalten. Mein NOC (National Olympic Committee) hat hierzu keine Infos vom IOC oder von den Organisatoren Tokyo2020 bekommen. DTU Magazin: Es muss hart sein, diese Frage zu beantworten. Aber, wie hast du dich an deinem Wettkampftag im Quarantäne-Hotel gefühlt? Reshmie: Mein Herz war gebrochen. Ich habe eine Flasche Wein in meinem Zimmer getrunken. DTU Magazin: Was war es für ein Gefühl, als du das Hotel verlassen durftest? Reshmie: Jeder, der hier war, verlässt das „Hotel“ – ich nenne es Olympia-Gefängnis – wie ein Zombie. DTU Magazin: Planst du in Paris 2024 noch einmal einen Versuch zu starten? Reshmie: Tokio sollte mein letzter Wettkampf sein. Was ich nun machen werde, weiß ich noch nicht. DTU-Magazin Taekwondo 20 - Ausgabe 9 09/2021 -

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