Taekwondo 20 - Ausgabe 08 - Juli 2021

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Videoanalyse im Trainingsplan von Helena Stanek Die heutigen digitalen Möglichkeiten in unserer Sportart sind auf ein Niveau herangewachsen, das personell viele Ressourcen fordert, das aber auch oft entscheidende Vorteile für Sportler und Trainer schaffen. Eine seit kurzer Zeit im Bundeskader eingesetzte Methode, ist die videobasierte Wettkampfanalyse in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Trainingswissenschaften und Informatik von der Technischen Universität München. Klaus Haggenmüller: „Wer heutzutage keine professionelle Videoanalyse mit seinen Athleten und Athletinnen macht, verschenkt enorm viel Potenzial.“ In vielen Telefonaten mit Klaus Haggenmüller, in Gesprächen mit dem leitenden Bundestrainer Georg Streif und auch mit einigen Athleten und Athletinnen habe ich erfahren, was hinter dieser sehr aufwendigen Prozedur der Videoanalyse steckt. Wenn ich mich an meine aktive Zeit als Kämpferin erinnere und wie das Thema Videoanalyse behandelt wurde, ist ein Vergleich nahezu unmöglich. Das, was heutzutage möglich ist, kann man mit den damaligen Methoden nicht mehr vergleichen. Stellen Sie sich einmal vor, Sie fahren auf einen internationalen Wettkampf, bei dem schon feststeht: „Meine Schülerin/mein Schüler kämpft heute im ersten Kampf gegen xy aus Frankreich.“ Was für ein enormer Vorteil wäre es, zu wissen, - welche Stärken dieser Kämpfer/diese Kämpferin hat? - welche Tritte er/sie statistisch belegt am häufigsten tritt und zu wie viel Prozent diese einen Treffer auslösen? - wie oft er/sie im Schnitt den Fauststoß einsetzt? - ob er/sie eher offensiv oder defensiv kämpft? - ob er/sie häufig Verwarnungen kassiert?

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- DTU-Magazin Taekwondo 20 - Ausgabe 8 07/2021

- welche Auslage die bevorzugte Auslage ist oder ob er/ sie stets wechselt? Einige können an dieser Stelle sagen: „Ach, das wissen wir doch schon. Es sind ja immer wiederkehrende Gegner und Gegnerinnen auf den Turnieren. Man kennt sich doch und weiß, was der Gegner oder die Gegnerin hauptsächlich macht.“ Nun aber wird das Ganze mithilfe des Videoanalyse-Projektes statistisch belegt. Es ist somit nicht nur eine persönliche Einschätzung, dass die Gegnerin xy aus Frankreich eher offensiv kämpft und stets einen Paltung nachkickt, wenn sie mit der Faust verkürzt hat. All dies kann nun statistisch belegt werden und dank des Softwaretools der Firma Athlyzer den Trainern in der Vorbereitung oder aber auch direkt am Turniertag zur Verfügung gestellt werden. „Aktuell haben die Bundestrainer der DTU Zugang zu der Video-Datenbank. Hier sind zur Zeit etwa 200 Kämpfe gespeichert. Da unser Fokus in den letzten Monaten in der Vorbereitung auf Olympia, sprich Alexander Bachmann, lag, stehen aus seiner Gewichtsklasse etwas mehr Kämpfe zur Verfügung. Unser Ziel ist es aber natürlich, die Datenbank stets weiter auszubauen und mit Material zu füllen. Und natürlich die Trainerwelt für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren“, so Klaus Haggenmüller.

Wie sieht das in der Praxis aus?

Wir nehmen das Beispiel Alexander Bachmann. Aufgrund der Weltrangliste für seine Gewichtsklasse wissen wir schon heute, dass Alex bei den Olympischen Spielen am 27. Juli im ersten Kampf voraussichtlich gegen Ruslan Zhaparov kämpfen wird. Videos von dem Kämpfer aus Kasachstan wurden auf den vergangenen internationalen Turnieren gesammelt, in die Datenbank eingepflegt und mithilfe zuvor festgelegter Kriterien analysiert. Nach der Analyse durch Klaus Haggenmüller


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