RECHTSTIPP
AKTUELLES ZUM ERBRECHT Mit 1. Jänner 2017 ist das Erbrechtsänderungsgesetz 2015 in Kraft getreten. Es enthält einige wesentliche Änderungen zur davor geltenden Rechtslage. Neben den gesetzlichen Neuerungen hat auch der Oberste Gerichtshof in jüngster Zeit einige Entscheidungen erlassen, welche die Formgültigkeit von Testamenten betreffen. TEXT: MAG. DOMINIK LIEBICH, NOTARSUBSTITUT IN GRAZ
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at man keine letztwillige Verfügung hinterlassen, so richtet sich die Erbfolge nach den gesetzlichen Bestimmungen. Erbberechtigt sind, je nach individueller familiärer Situation, die Nachkommen, Ehegatten bzw. eingetragene Partner sowie Vorfahren und deren Nachkommen. Die gesetzlichen Erbquoten und die gesetzlichen Erbberechtigungen sind im Einzelfall zu ermitteln. Die Erbquoten beziehen sich auf die „reine Verlassenschaft“, also den Wert des Verlassenschaftsvermögens abzüglich aller den Verstorbenen und die Verlassenschaft betreffenden Verbindlichkeiten. Das Vorhandensein von eigenen Nachkommen schließt die Erbberechtigung von Vorfahren (und deren Nachkommen) aus. Hat man also Kinder, erben nach dem Gesetz weder die eigenen Eltern noch die Geschwister. Ist man verheiratet bzw. verpartnert,
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erben Ehegatten bzw. eingetragene Partner neben Nachkommen ein Drittel der reinen Verlassenschaft. Sind keine eigenen Nachkommen vorhanden, erben Ehegatten bzw. eingetragene Partner neben noch lebenden Eltern zwei Drittel der reinen Verlassenschaft. Ist jedoch ein Elternteil vorverstorben, erbt dessen Erbteil auch der Ehegatte bzw. eingetragene Partner. Geschwister, also Nachkommen vorverstorbener Eltern, haben neben dem Ehegatten bzw. eingetragenen Partner kein gesetzliches Erbrecht.
ERBRECHT DER LEBENSGEFÄHRTEN Entgegen irreführenden Meldungen in den vergangenen Jahren haben Lebensgefährten nur in seltenen Einzelfällen ein außerordentliches gesetzliches Erbrecht. Dieses besteht nur dann, wenn keinerlei gesetzliche Erben (Nachkommen, Vorfahren und deren Nachkommen sowie
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naturgemäß Ehegatten bzw. eingetragene Partner) vorhanden sind und die Verlassenschaft ansonsten dem Staat zufallen würde. Zusätzlich besteht dieses außerordentliche Erbrecht nur dann, wenn der Lebensgefährte mit dem Verstorbenen mindestens drei Jahre vor dessen Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Eine testamentarische Absicherung des Lebensgefährten ist daher weiterhin erforderlich. Das Erbrechtsänderungsgesetz 2015 hat aber auch eine wesentliche Erleichterung für Lebensgefährten eingeführt. Ihnen steht jetzt ein gesetzliches Vorausvermächtnis zu. Das bedeutet, dass Lebensgefährten, die mit dem Verstorbenen mindestens drei Jahre vor dessen Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt haben, das Recht haben, für eine Dauer von höchstens einem Jahr in der gemeinsamen Wohnung weiter zu wohnen.
NR. 1 // MÄRZ 20