BOXPOST! Literaturmagazin aus Berlin 2/23

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BOXPOST

Das Magazin deiner BUCHBOX!

mit Şeyda Kurt Verena Keßler

Mohamed Amjahid & dem Tulipan Verlag

Nr. 1/2023
© Harriet Meyer

Liebe:r Leser:in,

als Şeyda Kurt uns im letzten Sommer fragte, ob wir Lust hätten, die Premiere ihres neuen Buches mit ihr zu organisieren, waren wir sofort Feuer und Flamme. Nach der Liebe in ihrem ersten Buch erkundet die Autorin jetzt den Hass und die schöpferischen Kräfte, die diese Emotion freisetzen kann. Wir trafen Şeyda Kurt für ein BOXPOST!-Interview, bei dem uns die Autorin mit einer Playlist überraschte, die sie extra zu ihrem neuen Buch "komponiert" hat.

Neben Hass erscheinen im ersten Halbjahr noch richtig viele weitere, großartige Bücher, von denen wir euch in diesem Heft unsere Herzenstitel vorstellen werden.

Neugierig wie wir sind, haben wir noch zwei weiteren Lieblingsautor:innen ein paar Fragen gestellt: Mohamed Amjahid und Verena Keßler. Beide geben ein paar sehr persönliche Einblicke, die wir stolz mit euch teilen.

Ein anderer Fokus des Heftes liegt auf schreibenden Frauen, die in Vergessenheit geraten sind und lange nicht die Aufmerksamkeit erhielten, die sie verdient hätten. Der Manesse Verlag geht mit gutem Beispiel voran und feierte 2022 das Jahr der Klassikerinnen. Auch wir wollen den Schleier des Vergessens ein Stück weit lüften und stellen dir fünf großartige Autorinnen vor.

Schließlich freuen wir uns alle auf Ausflüge in die Umgebung und auf die nächste Reise. Fakt ist: Reisen mit Büchern macht einfach mehr Spaß. Schon die Vorbereitung darauf ist, mit der passenden Lektüre, wie Ferien vom Alltag. Deshalb findet ihr auf den nächsten Seiten ganz viele Ferien-Lese-Tipps für die schönste Zeit des Jahres. Passend dazu noch eine Einladung, oder sagen wir, ein kleiner Ausflugstipp: Wenn die Sonne scheint, die Blumen blühen und ihr das nächste Mal in Sommerlaune seid, macht euch auf den Weg in einen unserer hübschen Buchläden und besucht uns!

Wir freuen uns darauf, euch zu sehen und euch mit Lesestoff zu versorgen.

Dieses Magazin wäre nicht möglich ohne die unerschöpfliche Leselust der vielen engagierten BUCHBOX!-Mitarbeiter:innen, die sich jedes Frühjahr und jeden Herbst quer durch die weite Welt der Neuerscheinungen lesen und mit Begeisterung ihre Entdeckungen, Tipps und Meinungen mit euch teilen. Ihre Texte sind das Herzstück der BOXPOST und verdienen ein riesiges

Sprich uns gerne bei deinem nächsten Besuch in einem unserer Läden an, komm zu unseren Veranstaltungen, abonniere unsere Newsletter oder schreib uns eine Mail an presse@buchboxberlin.de.

Wir freuen uns darauf, von dir zu hören!

Euer David David Mesche Elsa Stappenbeck Franziska Schwarz
Dankeschön!
Inhalt I
Wir sind die redaktion

Inhalt II

8 Interview Ş eyda Kurt

Wie kommen radikale Zärtlichkeit und Hass zusammen? Şeyda Kurt holt mit ihrem neuen Buch Hass dieses knirschende Gefühl aus der Verbannung und hat mit uns darüber gesprochen, wie sie sich auf die Spurensuche gemacht hat, welche Autor:innen bei ihr im Regal stehen und welche Musik sie mit diesen Gefühlen verbindet.

16 Manesse Verlag und vergessene Autorinnen

Wir haben wieder einen Verlag, den wir euch aus einem besonderen Grund ans Herz legen wollen: Der Manesse Verlag verlegt Klassiker der Weltliteratur aus allen Epochen und Kulturen. Hierbei stehen Autorinnen und besonders solche, die in Vergessenheit geraten sind, im Vordergrund.

22 Fünf Fragen an Verena Keßler

Im März haben wir mit der Autorin eine wunderschöne Buchpremiere in der Backfabrik gefeiert. Im Interview verrät uns Verena Keßler nun, wer ihre literarischen Vorbilder sind und warum sie das Thema Mutterschaft interessiert.

26 Unsere Freund:innenbuchmit Mohamed amjahid

Kennst du sie auch noch? Ganz unten im Karton versteckt: die Freund:innenbücher. Voller Träume, Traumberufe und den Namen deiner nie vergessenen Katzen und Hamster? Bei uns gibt's jetzt die BUCHBOX!-Edition, in der wir all unsere Lieblingsautor:innen das beantworten lassen, was wir schon immer über sie wissen wollten.

32 Ausflüge rund um Brandenburg

Die grauen Wolken verziehen sich, die ersten Vögel trällern schon ihr Liedchen und das Fahrrad darf endlich wieder aus dem Keller. Also raus an die frische Luft und Brandenburgs schönste Orte entdecken!

38 Unsere liebsten Literatur-Podcasts

Nicht nur unsere Buchhändler:innen geben euch super Lesetipps, sondern auch diese wunderbaren Menschen sprechen über Literatur, erzählen, was alles aktuell gelesen werden muss und stellen die Menschen hinter den Büchern vor.

40 Kinderseiten

Auf welchen Spielplatz gehst du am liebsten? Wo hat sich der Teddybär versteckt? Wie ensteht ein Buch? Und wer sind Ted und Nancy? Die Antworten kannst du alle auf den Kinderseiten entdecken und natürlich auch wieder ganz viel Lesestoff von unseren Buchhändler:innen.

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Tuberkulöse Männer auf Schwärmerei

Jetzt hat es auch mich erwischt, ich liege bei geöffnetem Fenster im Bett und heftiger Husten hält mich vom Schlafen ab. In Görbersdorf, ein bisschen nach 1900, wird auch gehustet. Mitteleuropäisches Kurklima, Berge im Hintergrund, Körper abhören, Atmung entspannen, saisonale Delikatessen aus geplatzten Fischbäuchen. Genesen oder sterben. Männliche Gespräche von männlichen Stereotypen, der Wissenschaftler, der Künstler, der Philosoph, etc. Das Fieber setzt ein. Nach ein paar Seiten muss ich ständig an den Satz denken: Man muss die Klassiker gelesen haben. Und immer, wenn ich mit einem dieser Klassiker durch war, wusste ich mehr über die männliche Perspektive auf un

sere Welt. Fenster auf, frische Luft tut der Lunge gut. Der Horror von Empusion besteht nicht nur in den zart eingestreuten Albtraumbildern durch die Autorin, die die Leser:innen vollkommen unvorbereitet treffen, Olga Tokarczuk lässt die Zeit der Klassiker über Zunge und Lippen ihrer Figuren rinnen. Ab in die Gedärme klassischer Männlichkeit. Aber dieses Buch würde keine Empfehlung von mir bekommen, wäre da nicht ein Blick, etwas das sich im Getöse dieser Patienten und in der Stille der Berge verborgen hält. Etwas das aus diesem Buch entspringt, wie aus einem Kokon. Das neue Buch von Olga Tokarczuk, meine Köstlichkeit des Jahres 2023.

Olga Tokarczuk: Empusion. Kampa Verlag, 384 Seiten, 26 €

Mit "Going Zero", aus dem Englischen übersetzt von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié, hat Anthony McCarten einen soliden und atemlosen Technothriller hingelegt, der die schnellwechselnden Bilder wie einen Film vor dem inneren Auge abspielen lässt. Cy Baxter, die Schablone eines Silicon-Valley-Überfliegers, entwickelt, unterstützt von der CIA, ein Programm namens "Fusion", das im Interesse der “Nationalen Sicherheit” Verbrechen vorhersehen und vereiteln soll - und dabei auf die vollumfängliche Überwachung jeglicher Lebensbereiche setzt. Für einen Betatest werden zehn Kandidat*innen - Profis im Spionage-Business sowie auch völlige Newbies - auserkoren, 30 Tage unterzutauchen, während Cys "Fusion"-Teams versuchen, sie zu finden. Sollte es einer Person gelingen, gewinnt sie drei Millionen Dollar, gelingt es der Firma, alle Kandidat*innen aufzuspüren, winkt ein Zehnjahresvertrag mit der CIA, um "den Informationsreichtum der CIA mit der Findigkeit des freien Marktes zusammenzuführen". Im Mittelpunkt steht dabei die Bibliothekarin Kaitlyn Day, der Cy nicht mal wenige Stunden in diesem Testlauf gibt, die aber zu vielen - oh boy! - Überraschungen fähig ist.“Going Zero” hält einige Plot-Twists bereit und entwickelt sich vor allem in der zweiten Hälfte zu einem temporeichen Thriller, der sich ganz der Auseinandersetzung mit den ethischen Grenzen von Big Tech widmet und sowohl Überwachungsstaat als auch Überwachungskapitalismus den Kampf ansagt.

Anthony McCarten: Going Zero. Diogenes Verlag, 464 Seiten, 25 €

moralische Dilemmata

In Theresa Pleitners Debütroman „Über den Fluss“ meldet sich eine junge Psychologin nach Studienabschluss als freiwillige Helferin in einem Geflüchtetenlager am Rande einer Großstadt. Schnell stellt sich bei ihr die Einsicht ein, wie wenig sie tatsächlich den Traumatisierten helfen kann – es raubt ihr den Schlaf und treibt sie in die Einsamkeit. Ihre Kollegin Ines hingegen ist pragmatischer und kompromissbereiter, manchmal auch unsensibel bis hin zur Abgestumpftheit. Die Figur zeigt erschreckend deutlich den Grundkonflikt zwischen Idealismus und Pragmatismus. Aber auch das gewaltvolle System der Bürokratie, die Menschen zu Fällen macht - ob sie nun Gäste genannt werden oder nicht - wird eindrücklich beschrieben. Ihre Rolle sieht unter anderem vor, Abschiebungen hinzunehmen und die Menschen notfalls zu entmündigen. Die Autorin hat selbst als Psychologin in einer Unterkunft für Geflüchtete geabeitet und der Roman schafft es deutlich zu zeigen, inwiefern das Helfen auch etwas Übergriffiges haben kann. "Über den Fluss" ist ein aufrüttelnder Roman über Retterfantasien, die Verstrickung in strukturellen Rassismus und moralische Dilemmata.

Theresa Pleitner: Über den Fluss. S.Fischer Verlag, 208 Seiten, 22 €

Ein Tip p von Jani n a
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franzis
Im Strom unbeantworteter Fragen
Tipp
E i n
v o n
Tipp
laura

Eine tödliche Inszenierung

In der abgelegenen Kleinstadt Money, Mississippi, haben die Einwohner genauso wenig mit Geld zu tun wie mit der amerikanischen Geschichte - könnte man meinen. Doch dann taucht am Tatort eines Mordes an einem arbeitslosen Rednecks die Leiche eines jungen Schwarzen Mannes aus, dessen Bild man eigentlich nur aus den Geschichtsbüchern kennt. Als die Bundesbehörden dazugerufen werden, liegt die weiße Leiche noch in der Leichenhalle, die Schwarze hingegen ist verschwunden und taucht wenig später am nächsten Tatort auf. Was beginnt wie ein mysteriöser Kriminalfall à la Mississippi Burning, entwickelt sich bald zu einer fantasiereichen Reflektion über die Spätfolgen des jahrhundertealten Rassenkonflikts im Geiste Matt Ruffs Lovecraft Country - aber mit weniger Horror und mehr schwarzhumorigem (pun intended) Zynismus. Denn bald tauchen überall die Körper amerikanischer Minderheiten an den Schauplätzen aktueller Morde an Weißen auf und verschwinden kurz darauf wieder. Wenn Geschichte sich immer wiederholt, erst als Tragödie, dann als Farce, dann hat Percival Everett die Farce über die amerikanischen Ursünde des Rassismus geschrieben.

Ab und zu fragt Tilda sich, wie es wäre, ein Leben zu führen so wie die Anderen aus ihrer alten Schule: In Berlin zu studieren, im Ausland zu jobben und Urlaub zu machen, Chancen zu nutzen, die sie nicht hat. Tilda lebt in der Provinz, Zeit für sich hat sie kaum, neben Mathe-Studium und einem Job im Supermarkt kümmert sie sich auch noch um ihre kleine Schwester Ida und die alkoholkranke Mutter. Alles scheint festgefahren, oder nicht? Tilda ist die Ich-Erzählerin und wir erfahren viel über ihre Beziehungen zu anderen Menschen. Es gibt Marlene, eine Freundin, die Tilda jedoch zunehmend fremder wird, und dann ist da auch noch Viktor, in den sich Tilda verliebt. Und natürlich gibt es – immer wieder – Ida. Dieses Buch zeigt eindringlich, wie sehr die Krankheit der Mutter das Leben der Töchter bestimmt und gleichzeitig ist das Buch immer wieder auch sehr warm und liebevoll, z.B. wenn Ida und Tilda sich umeinander kümmern - und an manchen Stellen habe ich einfach nur herzlich gelacht.

Caroline wahl: 22 Bahnen. DuMont Verlag, 208 Seiten, 22 €

Auf dass wir lernen, wieder zu verlernen

CJ Hausers "Die Kranichfrau", aus dem Englischen übersetzt von Hanna Hesse, ist wie der Originaluntertitel verrät, ein Memoir in Essays - mittendrin jenes, das 2019 in The Paris Review viral ging. Hauser beginnt mit 27 sehr unterschiedlichen Episoden über Liebe, um dann bei sich selbst zu bleiben und über popkulturelle, historische und persönliche Narrative die systemische Herabsetzung von (eigenen) Bedürfnissen aufzuzeigen und Liebe (nicht nur die romantische) (miss-)zu verstehen. Es ist ein zweites Aufwachsen, das wir hier verfolgen, wenn CJ Hauser anfängliche Annahmen über Beziehungsmuster hinterfragt und zu neuen Schlüssen kommt, wenn Scully und Mulder nicht wegen ihrer Gegensätze ein gutes Team abgeben, sondern weil sie sich vertrauen, du Mauriers "Rebecca" nicht der naive Vergleich einer zweiten mit der erste Liebe, sondern die Geschichte eines Femizids und seines Vertuschens ist und Lyman Frank Baums "Der Zauberer von Oz" nur der liebevollen Erinnerung an den Großvater standhält. Es sind die Annahmen über Liebe, Fürsorge und Wertigkeit, die uns und Hauser ins Chaos stürzen und es sind ihre Fäden, die alles wieder neu miteinander verknüpfen. Und das bringt Freude, Tränen und viele unterstrichene Sätze - all in one.

CJ Hauser: Die Kranichfrau. C.H. Beck, 336 Seiten, 25 €

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C h a r lottes t i p p
Percival Everett: Die Bäume. Carl Hanser Verlag, 368 Seiten, 26 €
Ein Tip p von laur a
E i n
vo n
Tipp
Sonja
Abgehängt in der Provinz

Johanna s Tipp

Wie darf Protest aussehen?

Damanis Leben ist von Spannungen bestimmt: Obwohl sie immer mehr Stunden am Tag für ihr Rideshare-Unternehmen arbeitet, kommt am Ende immer weniger Geld bei ihr als Fahrerin an, das Verhalten ihrer von Trauer zerrissenen Mutter wird langsam unberechenbar, ihre Freund:innen leben trotz hoher Bildungsgrade am Existenzminimum und organisieren sich, um gegen ihre Arbeitsbedingungen vorzugehen. Aber auch überall in der Stadt versammeln sich täglich wütende demonstrierende Menschen. Inmitten dieser Unruhe stößt sie plötzlich im wörtlichen Sinne mit ihrem Auto auf die Demonstrantin Jolene und wird durch sie mit einer völlig neuen Perspektive und Lebensrealität konfrontiert, nämlich dem Aktivismus reicher weißer Menschen. Er besteht darin, auf luxuriösen Veranstaltungen hohe Spendensummen zu generieren, deren Zweck eher zweitrangig zu sein scheint. So befremdlich dieses Umfeld auch auf Damani wirkt, übt Jolene so eine heftige Anziehung auf sie aus, dass sie sich in eine überstürzte Beziehung mit ihr wirft. Das beklemmende Gefühl, das die Differenz der unterschiedlichen Lebensrealitäten auslöst, verwandelt sich immer mehr in gegenseitiges Unverständnis und alles droht auf eine Eskalation zuzusteuern. Priya Guns schreibt auf eindrigliche Art aus der Perspektive einer Protagonistin, in deren verzweifelte Wut ich mich als Leserin so gut hineinversetzen kann. Gleichzeitig hinterfragt sie, auf welcher Seite ich in meiner weißen priviligierten Position in den angesprochenen Kämpfen stehe.

Die Suche einer jungen Frau nach ihren Wurzel

Rote Sirenen von Victoria Belim, übersetzt aus dem Englischen von Ekaterina Pavlova, ist einer dieser Romane, die ich in die Hand nehme, um mich einem Thema über Literatur zu nähern – in diesem Fall dem Krieg gegen die Ukraine. Er fächert die Hintergründe für Vieles auf, was wir seit über einem Jahr und eigentlich ja schon länger täglich als Nachrichten lesen können.

Dabei verweisen lediglich Vor- und Nachwort auf die Ereignisse seit 2022, die erzählte Gegenwart schreibt das Jahr 2014. Die Annexion der Krim veranlasst die Protagonistin (Name und Leben entsprechen quasi dem der Autorin) ihren Wohnort Brüssel gegen die Ukraine zu tauschen, um Zeit mit und in Erinnerung an diejenigen Menschen zu verbringen, die ihre dortige Kindheit mitgeprägt haben.

Maries T ipp

Wie stehen oder standen sie zur Sowjetunion und ihren Nachwirkungen? Was ist mit dem Urgroßonkel passiert, der in den 1930er Jahren verschwunden ist? Mit diesen Fragen reist Victoria durchs Land. Die Dringlichkeit ihrer Neugier steht im Kontrast zum hartnäckigen Schweigen ihrer Großmutter, in deren Kirschgarten Victoria ihre Recherchepausen verbringt. Vor allem dort wird die Verbundenheit deutlich, welche die Verwandtschaft über Kontinente hinweg zusammenhält.

Belim flicht und entwirrt – zumindest teilweise, ab und zu hätte ich mir einen Stammbaum oder eine Landkarte gewünscht – das Netz aus Ereignissen, das die Familiengeschichte und die der Ukraine bildet. Auf detaillierte, spannende und zärtlich-nahbare Art wurde sie mir so verständlicher.

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Priya Guns: Dein Taxi ist da. Aufbau Verlag, 329 Seiten, 23 € Victoria Belim: Rote Sirenen. Aufbau Verlag, 350 Seiten, 22 €

Nachdenken über Männlichkeit

Was macht uns zu den Menschen, die wir sind? Christian Dittloff stellt sich der Frage, welche Einflüsse und Erfahrungen sein Bild der Männlichkeit geformt haben und wie man in einer patriarchalen Gesellschaft als Mann zu sein hat und wie nicht. Sein Schreiben ist eine essayistisch literarische Suche nach gesellschaftlichen und kulturellen Prägungen, Einflüssen von Familie, Schule und Freund:innen und ein ständiges Hinterfragen der eigenen Herangehensweise und Gedanken. Der Autor hat eine ganz eigene Art sich offenzulegen und erzeugt eine Mischung aus popkulturellen und literarischen Referenzen, inneren Gedankengänge und Erinnerungen, durch die man sich ihm und seinem Schreibprozess sehr nahe fühlt. Prägung ist voller kluger Beobachtungen, die auch voller Zweifel und Widersprüche sind, was den Text für mich sehr wichtig gemacht hat: Denn er ist auch ein großer Schritt in längst überfällige Denkprozesse. Christian Dittloff zeigt, dass es wichtig ist, besonders für alle heterosexuellen Männer, untereinander ins Gespräch zu finden über einengende und schmerzhafte Geschlechterklischees zu sprechen, Erfahrungen und Prägungen zu benennen, um sie dann auch langsam mal zu überwinden. Ich schließe mich also Daniel Schreiber an und werde allen heterosexuellen Männer, die ich kenne, dieses Buch in die Hand drücken.

Christian Dittloff: Prägung. Berlin Verlag, 240 Seiten, 22 €

Momentaufnahme einer brüchigen Zeit

Wir befinden uns im Jahr 2020. In London ist Lockdown angesagt und die Protagonistin, die als Altphilologin an einer Uni arbeitet, schreibt über die Veränderungen in der Welt, die sie wahrnimmt, während das Corona-Virus wütet. Zeitgleich kriselt ihre Ehe, ihr Mann Jason flüchtet sich in Arbeit und häuft Überstunden an. Der zehnjährige Sohn Xaver, zu dem die Eltern kaum noch durchdringen, lenkt sich durch das Spielen von Videospielen ab und lebt fast nur noch in der Online-Welt. Die Erzählerin sucht sich eine andere Form der Flucht aus: Sie findet Zuspruch in Weissagungen, antiken Orakeln, Tarotkarten und Teeblättern. Doch während sie in die Zukunft blickt, bemerkt sie immer weniger, was um sie herum eigentlich geschieht und wie sehr sie sich von den Menschen entfernt, die ihr nahestehen. Bis sie ihren Sohn fast völlig aus den Augen verliert … Die Sprache von Clare Pollards erstem Roman (zuvor hat sie bereits fünf Lyrik-Bände publiziert) ist besonders: Sie schreibt witzig, klug, spöttisch und modern. Mit direkten und fast patzigen Worten erzählt sie dabei eine tragisch-komische Geschichte über die Suche nach Antworten in alten Mythen.

Clare Pollard: Delphi. Aufbau Verlag, 222 Seiten, 22 €

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Ein Tip p von Fran z i
Ein
Tip p von Elsa

Şeyda Kurt

Foto: Harriet Meyer

Von der Macht eines widerständigen Gefühls

Şeyda Kurt ist freie Journalistin* und Autorin*, Moderatorin* und wirkte auch schon bei unterschiedlichen Podcasts mit. Im März erscheint jetzt endlich ihr neues Buch "Hass", in dem sie dieses allgegenwärtige Gefühl von seiner schöpferischen Seite erkundet: Als Kategorie der Ermächtigung, die Menschen in ihrem innersten Unbehagen abholen und mobilisieren kann, als widerständiges Handwerk – und nicht zuletzt als dienliches Gefühl, das uns hilft, uns in einem Ozean aus möglichen Reaktionen auf die Welt zurechtzufinden.

Wir freuen uns sehr, dass du mit uns deine Buchpremiere feiern wirst. Kannst du dich noch an deine erste erinnern? Ist dir etwas besonders in Erinnerung geblieben?

Es sind viele schöne Erinnerungen. Es ist mir einfach als eine durch und durch schöne Premiere in Erinnerung geblieben. Ich glaube, was ich richtig schön fand, war, dass meine Freund:innen alle da waren und in der ersten Reihe saßen, richtig Spaß hatten und sich betrunken haben. Es war natürlich auch toll, dass meine Freundin Fatima moderiert hat. Ich kann jetzt gar nicht so ein Highlight sagen, aber mir hat die Location sehr gefallen,

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"Dieses Buch setzt dort an, wo das Unbehagen nicht mehr schlicht rumort. Es malmt, es grollt."

draußen, Sommer. Die Buchpremiere hat ja schon ein bisschen später als die Buchveröffentlichung stattgefunden. Es war für mich also auch total schön zu sehen, dass es trotzdem voll war, alle Bock drauf hatten und mit sehr viel Input und Zärtlichkeit dahin gekommen sind, weil das Buch ihnen schon vorher etwas gegeben hat. Später haben wir noch ein bisschen auf den Tischen getanzt.

Radikale Zärtlichkeit war sehr erfolgreich, du wurdest zu vielen Interviews eingeladen und liest und moderierst seither auch auf verschiedenen Veranstaltungen. Wie ist es für dich, in der Öffentlichkeit und auf der Bühne zu stehen?

Ich glaube, durch die Lesungen mit Radikale Zärtlichkeit habe ich mittlerweile schon eine Routine entwickelt. Ich weiß auch, dass ich am Anfang sehr verunsichert war und das Gespräch mit den Moderator:innen gesucht habe, genau wissen wollte, was passiert und welche Fragen gestellt werden. Mittlerweile bin ich eher so: “Hey Leute, macht einfach euer Ding”. Ich kenne das Buch jetzt in- und auswendig und kann mir nicht mehr vorstellen, dass noch eine Frage oder Diskussion kommt, die mich irgendwie schockiert. Trotzdem ist “auf der Bühne sein”

Jeweils ein halbes Jahr. Das ist für ein Buch, das als Sachbuch oder Essay einen wissenschaftlichen Anspruch hat, sehr wenig Zeit. Das hat natürlich auch mit den Absprachen des Verlags zu tun, aber ich habe auch nicht den Anspruch, in einem Buch alles zu erzählen. Ich bin nicht die Person, die alles weiß.

Ich bin ein Mensch, der sich sehr viel widerspricht und dazulernt. Ich habe schon beim ersten Buch gesagt, dass ich das Buch heute nicht mehr so schreiben würde und ich glaube, über Hass werde ich spätestens in ein paar Wochen dasselbe denken, wenn ich mit Leuten in Gespräche damit gehe. Es soll auch gar nicht für sich selbst stehen, als ein statisches Etwas, das dann in sich geschlossen ist und einfach vollkommen, sondern es soll eine Gesprächsgrundlage darstellen. Ich mache neben meinem Job seit Jahren auch politische Basisarbeit und die spannenden Dinge passieren immer im Gespräch und in der Öffentlichkeit und nicht in der stillen Kammer, in der ich meine Gedanken und Gefühle verknüpfe. Es sind schwere Themen und ich möchte so viele Menschen wie möglich ansprechen und mitnehmen. Ich weiß auch aus eigener Erfahrung, dass es manchmal besser ist, wenn Sachen kürzer und Gedanken eher Impulse sind, die Leser:innen dann für sich selbst weiterspinnen können.

Wer sind deine literarischen Vorbilder? Welche Bücher haben dich besonders geprägt?

auch immer eine Herausforderung, weil es sehr viel mit meinem psychischen und gesundheitlichen Zustand zu tun hat. Du musst vor einem Publikum sitzen und funktionieren, manchmal klappt das jedoch einfach nicht so gut.

Aber grundsätzlich macht mir das immer noch sehr viel Spaß. Denn das Buch, das du veröffentlichst, ist ja eine Momentaufnahme von einer Debatte oder von einem Gespräch oder Gedanken, die ich hatte und das, was eigentlich so spannend ist, folgt danach, im Gespräch mit Leser:innen. Das führt dann auch wiederum zum Dialog mit mir und meinem Buch und zwischen mir und mir selbst. Die Gedanken und Gefühle, die ich daraus mitnehme, haben in den letzten zwei Jahren eine Menge mit mir gemacht.

Warum nur diese 170 Seiten? Hast du eine Begrenzung vom Verlag oder setzt du dir selbst eine?

Beides. Erstmal habe ich beide Bücher in einer ziemlich kurzen Zeit geschrieben.

Eine große inhaltliche Inspiration war das Buch Selbstverteidigung der französischen Philosophin Elsa Dorlin. Ich habe das Buch nicht im Zusammenhang mit meinem Buch gelesen, sondern bevor überhaupt klar war, dass ich dieses Buch schreiben werde. Das habe ich im Sommer gelesen, als Radikale Zärtlichkeit erschienen ist. Genauso wie die Texte des dekolonialen Denkers und Philosophen Frantz Fanon. Aber dann auch klassische marxistische Theorien oder Texte von abolitionistischen Feministinnen wie Angela Y. Davis und anderen Menschen aus der Schwarzen sozialistischen Befreiungsbewegung. Und auch Texte von und über die Frauenrevolution in Nordostsyrien, über die ich auch schreibe.

Es war wieder so ein großes Konglomerat aus verschiedenen Stimmen und verschiedenen politischen Bewegungen. Stilistisch hatte ich auch Vorbilder oder auch eher Inspirationen. Unter anderem The Dream House von Carmen Maria Machado. Ihr Buch ist ein Archiv aus Fragmenten, in dem sie über Gewalt in queeren Beziehungen spricht. Das hat mich inspiriert.

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Ich bin ein Mensch, der sich sehr viel widerspricht und dazulernt.

Stilistisch hat mich auch Weinen von Heather Christle inspiriert, einer US-amerikanischen Autorin. Das Buch habe ich vor vielen Jahren gelesen. Die Autorin hat auch eine ähnliche Herangehensweise: Sie schreibt über kulturelle, psychologische, politische Implikationen des Weinens, es geht viel um Geschlecht und ihre eigenen Traumata als neu gewordene Mutter, um ihr Leid und ihre Depressionen. Auch sie schreibt sehr fragmentiert in manchmal längeren und manchmal kürzeren Absätzen.

Du hast mit deinem ersten Buch ein Archiv der Zärtlichkeit zusammengestellt und jetzt ein Archiv des Hasses. Radikale Zärtlichkeit und Hass, wie kommt das zusammen? Muss das überhaupt zusammenkommen?

Ich habe in den letzten Jahren, auch im Gespräch mit Leser:innen gemerkt, dass es eine totale Schlagkraft hat, politisch über Gefühle zu schreiben und dass es Menschen krass mobilisieren kann. Das chilenisch feministischen Kollektiv LASTESIS sagt dazu: “Mit Gefühlen zu arbeiten ist ein subversives Geschenk an die Welt.” Ganz ursprünglich sollte das Thema meines zweiten Buches ein anderes sein, der Vertrag mit dem Verlag war schon unterschrieben: diskriminierungssensibel Fluchen und Beleidigen. Ich habe das Thema dann umgewandelt.

Es sollte an das andocken, was ich im ersten Buch geschrieben habe, sowohl stilistisch als auch inhaltlich und eine Weiterführung der Debatte sein, oder dieses Dialoges, den ich mit mir selbst führe. Zum Hass kam ich, weil auch immer wieder die Frage kam, von Leser:innen oder Menschen, mit denen ich im Gespräch war: Zärtlichkeit, ja, schön und gut, aber bis wohin eigentlich und was braucht es darüber hinaus? Kann Zärtlichkeit alleine eine andere Welt schaffen? Was mich auch immer an politischen Gefühlen interessiert, ist der Bereich, wo sie so naturalisiert werden und wo ihnen eine gewisse Natur und ein gewisses Wesen zugeschrieben wird. Also auch immer die Frage, über welchen und über wessen Hass sprecht ihr eigentlich? Ich finde es super spannend, bei politischen Gefühlen auf die Herrschaftsund Machtverhältnisse zu schauen und bei Liebe ist das ein großes Thema. Aber mir wurde dann auch im Laufe der Recherche klar, dass Hass ein noch viel krasseres Thema ist, weil es da eben noch viel mehr um Ohnmacht und Widerstand und die Frage "Wer darf eigentlich hassen?" geht. In diesem Sinne dockt die Zärtlichkeit auch ganz gut an, weil es ja eigentlich auch um einen Hass gehen soll, der am Ende auch Zärtlichkeit hervorbringt. Das klingt am

Anfang eher widersprüchlich, wie auch "radikale Zärtlichkeit" für viele Menschen widersprüchlich geklungen hat. Aber wir leben in einer Welt der Widersprüche und ich glaube, es geht eben darum, sich diese Widersprüche aus einer politischen-, macht- und herrschaftskritischen Perspektive anzuschauen und zu fragen: “Wie können wir für eine radikale, zärtliche Gesellschaft am Ende vielleicht auch strategisch mit denen arbeiten?”

Du beschreibst, dass Hass einsam ist. Wie kann Hass zu etwas Gemeinsamen und Kollektivem werden und wie verändert er sich dadurch? Du sprichst dabei von strategischem Hass, kannst du uns dazu etwas sagen?

Um die Gemeinsamkeit herauszuarbeiten, ist es wichtig, ein Archiv der hassenden Menschen anzulegen, also zu schauen: Welche Menschen haben gehasst in der Geschichte? Warum wurden diese Geschichten unsichtbar gemacht? Denn starke politische Bewegungen basieren auch auf Denk-, Erzähl- und Widerstandstraditionen.

Zu meinen Lesungen kommen oft Menschen, die ganz aufgelöst und verzweifelt sind und fragen: “Was sollen wir machen und wie sollen wir Zärtlichkeit schaffen?” Ich antworte dann oft: “Hey, wir müssen das Rad nicht neu erfinden. Wir können auf eine feministische Tradition von Jahrhunderten schauen, wo gewisse Dinge schon gedacht, erprobt und getan wurden.” Deshalb ist es mir auch wichtig, in meinem Schreiben diesen Schleier der Unsichtbarkeit zu heben und ganz unterschiedliche Geschichten des Hasses zu erzählen, die auch etwas Widerständiges haben.

Deswegen gibt es zum Beispiel auch die chilenische Revolutionärin Luisa Toledo oder den Hass von jüdischen Widerstandskämpfer:innen etc. Wichtig ist, dann zu schauen, wie das damals schon in eine gewisse Strategie übersetzt wurde. Ich schreibe dann auch, dass Hass an sich weder gut noch schlecht ist, aber dass mich an ihm fasziniert, dass er diese Zähe hat. Hass kann eine gewisse Beharrlichkeit erzeugen, weil er nicht wie die Wut punktuell explodiert, sondern er hat etwas Zähes, genauso wie auch Unterdrückungsformen zäh sind. Er kann mahnen, am Ball zu bleiben und sich immer wieder daran erinnern, durch gewisse Rituale und Geschichten, die wir uns erzählen, und Strategien, die wir ausarbeiten, immer weiter in diesen Kampf zu gehen. Deswegen ist am Ende die Frage, wie dieser Hass in gewisse Widerstandsstrategien eingebaut werden kann. Vielleicht eben als Punkt, zu dem wir immer wieder zurückkommen, eine Erinnerung oder eine Form, wie wir auch

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Menschen emotional mobilisieren. Das kann sehr unterschiedlich sein.

Inwiefern nehmen dabei Social Media eine besondere Rolle ein?

Ich finde Kommunikation auf Social Media generell sehr schwer. Ich mache sehr viel über Social Media und habe Netzwerke und Menschen, mit denen ich in Kontakt bin. Aber ich würde sagen, dass Social Media da eher kontraproduktiv ist, weil super viel einfach versickert in diesen Gefilden und Storys und Unterhaltung. Es ist extrem schnelllebig und ich mache auch andere Form von politischer Arbeit, also politische Basisarbeit, z.B. in dem Kiez, in dem ich wohne und wenn ich da mit Leuten ins Gespräch gehe, wird oft gesagt, dass in den letzten Jahren, vor allem seit der Pandemie, die Menschen verlernt haben miteinander zu sprechen. Nachhaltige Gespräche zu führen, die auch in die Vertikale gehen und eben auch fordernd sind, wurde eben verlernt. Und ich glaube, dass Social Media da eine große Rolle spielt und dann auch mit dem Hass nicht gut umgegangen wird. Eben nicht strategisch umgegangen wird. Für mich ist stellt sich dann immer die Frage, was dabei heraus kommt und wo sich wirklich auch Strukturen und Öffentlichkeit im Großen und Ganzen verändern. "Was ist nachhaltig?" - das ist auch die Frage, die mich beim Hass interessiert: Kann der Hass dazu führen, dass er irgendwie nachhaltig mobilisiert und sie immer wieder an die Ungerechtigkeit erinnert?

entscheidet, sollte man so viel Energie hinein legen, als wäre das Morgen davon abhängig.

Du meintest bei Radikaler Zärtlichkeit, dass es ein Werk wäre, das du für Freund:innen geschrieben hast, die sich vorher noch nie so richtig mit Feminismus beschäftigt haben und ihnen dadurch einen Einstieg in die Thematik an die Hand geben wolltest. Wie sieht das mit Hass aus? Hat sich dein gedankliches Zielpublikum erweitert?

Es war diesmal schmerzhafter zu schreiben. Bei meinem ersten Buch war ich sehr aufgeregt, aber ich hatte noch so eine Leichtigkeit dabei.

Welche drei Dinge sollten wir über Hass wissen?

1. Hass ist weder gut noch schlecht. Die Frage ist, welches Handeln daraus resultiert für eine radikale, zärtliche Gesellschaft.

2. Hass muss aus der Versenkung geholt werden, weil er eben oft dafür benutzt wurde, unterdrückte kolonisierte Menschen zu entmenschlichen, weil ihnen Hass als Natur zugeschrieben wurde und sie auf Teufel komm raus versuchen mussten, nicht diesem Bild zu entsprechen, d.h. diesen Hass zurückzuerobern, kann was Empowerndes haben.

3. Wenn man sich die Frage stellt: "Wen oder was hasst man?", dann sollte “Menschen hassen” immer die letzte Option bleiben. Aber wenn man sich für den Hass

Das war anders. Als ich Radikale Zärtlichkeit schrieb, hatte ich tatsächlich immer eine Freundin im Kopf und habe mir sie als mein Publikum imaginiert. Diesmal hatte ich keine bestimmten Menschen im Kopf. Ich glaube, hätte ich das getan, wäre vor allem der zweite Teil nicht so passiert, weil ich dann mehr den Anspruch gehabt hätte, etwas zu haben, das stringenter ist. Aber das wollte ich diesmal nicht. Diesmal war es vielmehr ein Dialog mit mir selbst und beim Schreiben gab es ein viel größeres Chaos. Gleichzeitig hatte ich aber auch das Publikum vor Augen, das Radikale Zärtlichkeit schon gelesen hat. Welche Themen könnten sie interessieren, welche Fragen könnten sie haben? Das waren so meine Gedanken. Es gab auch immer Leute, die auf mich zugekommen sind und meinten, dass Radikale Zärtlichkeit sie auf eine gute Art und Weise radikalisiert hätte. Ich habe mich also gefragt, wie ich die Leute wieder auf eine gute Art und Weise radikalisieren könnte, aber auch, wie ich das ebenso für mich selbst schaffen könnte.

Was hat sich für dich in dem Schreibprozess verändert? Hast du dadurch für dich was Neues über den Hass gelernt?

Es war diesmal schmerzhafter zu schreiben. Bei meinem ersten Buch war ich sehr aufgeregt, aber ich hatte noch so eine Leichtigkeit dabei. Bei dem jetzigen Thema gab es viel mehr Fallstricke und es war schon krass. Es hatte auch damit zu tun, dass ich mich dafür entschieden habe bei diesem letzten Teil so sehr undogmatisch an das Schreiben ranzugehen und ein bisschen meine eigenen Widersprüche und meinen Denk- und Schreibprozess nochmal stärker transparent zu machen als ich das bei bei Radikaler Zärtlichkeit getan habe. Und weil es natürlich auch sehr viel um eigene

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Traumata geht und ein Schreiben, das stark fragmentiert ist. Ein Trauma hinterlässt Menschen, die keine stringente Lebensgeschichte mehr haben und es ist ein sehr traumabezogenes Schreiben in dem Sinne, selbst wenn es im selben Moment auch ein sehr widerständiges Schreiben war. Ich habe sehr viel über mich selbst gelernt und bin auch mit einer großen Fülle an Ideen, Themen und Geschichte daran gegangen. Es war ein Puzzeln, Zusammenfügen und viel Archivarbeit. Ich war auf jeden Fall froh, als es vorbei war.

Wo und wann schreibst du am liebsten?

Ich bin eine super langweilige, disziplinierte Schreiberin. Ich schreibe am liebsten am Schreibtisch in Totenstille und habe oft Ohropax drin, weil mich jedes kleinste Geräusch ablenkt. Aber manchmal tut es auch ganz gut im Zug zu schreiben. Ich war ja super viel unterwegs in den letzten zwei Jahren und konnte dann im Zug schreiben, vor allem wenn ich irgendwo festhing. Während alles an mir vorbeigerauscht ist, hatte ich dann das Gefühl, dass mein Gehirn durchgelüftet wird. Aber am liebsten schreibe ich im Bademantel und mit Tee ganz langweilig am Schreibtisch.

Du hast vor kurzem über Instagram eine Playlist zu deinem Buch veröffentlicht. Kannst du uns ein bisschen was über diese Playlist und die Songauswahl erzählen?

Ich bin eine sehr merkwürdige Musikhörerin. Ich höre nämlich einfach immer alles die ganze Zeit, gefühlt 3000 mal und dann gab es ein paar Songs, die mich eh immer begleitet haben, die mich schon bei Radikale Zärtlichkeit begleitet haben. Es gibt musikalische Verknüpfungen für mich persönlich zwischen dem ersten und dem zweiten Buch. Es gibt Songs, die in das Buch eingeflossen sind, Songs, die ich einfach so gehört habe und ich hatte einfach Lust, das öffentlich zu machen. Es gab auch noch andere Lieder, die super unterschiedlich dazu waren, weil es in dem Buch ja auch um sehr unterschiedliche Geographien, unterschiedliche Kämpfe und unterschiedliche Personen geht.

In der Playlist sind auch Lieder aus der kurdischen Widerstandsbewegung, aber auch aus Südamerika. Ich bin aber auch ein Mensch, der ganz cheesy italienische Schlager hört und die gehören dann eben auch zu mir und zu meinen Denkprozessen.

Und natürlich darf Cher nicht fehlen. Worüber sollte mehr gesprochen werden und worüber weniger?

Worüber weniger geredet werden sollte: offene Beziehungen

Worüber mehr geredet werden sollte: revolutionäre Beziehungen

Vielen Dank, liebe Şeyda, für das Interview.

Interview: Franziska Schwarz

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Ş eyda Kurt: Hass. HarperCollins, 208 Seiten, 18 € Das Buch, das auf ihrem Nachttisch liegt und gelesen werden will. Das Buch, das sie als letztes gelesen und begeistert hat. Hier geht's zur Playlist

eine rasante Road Novel

Wer bei diesem Roman auf eine schöne Familiengeschichte hofft, wird leider enttäuscht. Franks Großvater wird aus dem Gefängnis entlassen. Die ersten Tage verbringt er bei Frank und seiner Mutter. Von warmen Familienbanden fehlt jede Spur. Der Großvater ist ein unberechenbarer Mann, so viel wird Frankie schnell klar. Die Ratschläge fürs Leben, welche er ihm nahebringt, haben nicht die gute Intention wie man sie vielleicht erwarten würde. Doch schnell entwickelt sich die ganze Geschichte zu einer Abwertsspirale und zieht Frankie immer mehr auf eine Ebene mit dem Mann, von dessen Wesen er sich doch eigentlich am weitesten entfernen wollte.

Lasst euch nicht täuschen

Wer noch nie vor dem eigenen Haustier stand und ihm ganz fest geschworen hat, es auch nicht zu verraten, wenn es jetzt sprechen sollte, der lügt. Aber ich kann euch beruhigen. Dieses Buch ist der Beweis, dass Tiere unserer Sprache sehr wohl mächtig sind, auch wenn einige unserer Konzepte etwas absurd erscheinen. Zum Beispiel beim Thema Lebenssinn, da ist Frankie raus. Aber das ganze Blatt wendet sich, als Frankie auf Richard Gold trifft, welcher seinem Leben gerade ein Ende setzen möchte. Denn auf einmal sind beide irgendwie aufeinander angewiesen oder mehr oder weniger einander verpflichtet und heraus kommt eine lustige, aber auch tragische Freundschaftsgeschichte, mit Ecken und Kanten, die eine wilde Reise über Tierbedarfs-Einkäufe, die ersten Casting-Erfahrungen und Begegnungen erzählt und die sogar die Tierärztin ganz gut dastehen lässt. Und das alles kommt von einer Katze.

Michael Köhlmeier: Frankie. Carl Hanser Verlag, 208 Seiten, 24 €

Jochen Gutsch, Maxim Leo: Frankie. Penguin Verlag, 192 Seiten, 22 €

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Kathas F r a nkie-Tip p s

Wenn das Alltägliche das Herz erwärmt

Zwei normale Menschen, die unaufgeregt, ohne große Ziele, aber voller Sanftmut und Bescheidenheit durch das Leben gleiten. So eine ruhige Geschichte bekommt man selten zu lesen, aber genau das macht sie außergewöhnlich, berührend und allemal lohnend. Leonard und Paul streben nicht nach Veränderung – im Gegenteil: Ihre Lebenssituation hat sich irgendwie so ergeben. Sie sind in ihren 30ern, Single und wohnen noch im Elternhaus. Ihr Alltag ist wohlgeregelt und spielt sich eher im Hintergrund der Gesellschaft ab: Leonard ist Ghostwriter für Kinderlexika, Paul arbeitet einmal pro Woche als Aushilfspostbote und absolviert mit seiner Mutter Krankenhausbesuche. Und abends oder am Wochenende treffen sich die besten Freunde auf eine entspannte Runde Gesellschaftsspiele. Während Leonard und Paul sich nicht verändern, verändert sich aber Stück für Stück ihr Umfeld: Menschen heiraten, sterben oder treten neu in ihr Leben hinzu – und langsam scheint es, als müssten die beiden doch aktive Entscheidungen treffen. Voller Humor, Sonderbarkeiten und Sinn für Tiefe entschleunigt dieser irische Debütroman mit seinen warmherzigen Figuren und philosophischen Denkanstößen. Das Indie-Erstlingswerk avancierte in Irland und England zum Buchhändler:innenLiebling und wurde ein Bestseller. Mit ihrer Verlagsgründung machen Torsten Woywod und Frauke Meurer diesen besonderen Text nun auch einer deutschen Leser:innenschaft zugänglich.

Rónán Hession: Leonard und Paul. Woywod & Meurer, 320 Seiten, 26 €

Wenn das Alltägliche das Herz erwärmt

Viele Rezensent:innen waren der Meinung, dass Zeit der Schuld einem Genre zuzuordnen ist, das Der Pate geprägt hat, dieses gewaltige Mafia-Epos von Mario Puzo. Für mich hinkt dieser Vergleich, obgleich es tatsächlich Parallelen gibt. Alles beginnt mit einem Unfall in den Straßen von Delhi: Der Fahrer eines imposanten Mercedes verliert die Kontrolle über seine Limousine und reißt fünf Menschen in den Tod - alle obdachlos, von niederer Stellung in der indischen Gesellschaft. In der Folge wird ein Mann verhaftet, bei dem unklar ist, ob es sich um den tatsächlichen Verursacher des Vorfalls handelt oder ob mit der Verhaftung etwas nicht stimmt. Über mehr als 700 Seiten entwickelt sich ausgehend von diesem Vorfall eine Geschichte von Arm und Reich, von Alt und Neu, von Unrecht und Recht. Der Roman lässt tief blicken hinter die Fassaden der indischen Gesellschaft, ihrer Zerrissenheit und ihrem Wandel. So folgen wir dem Leben von drei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten und schmökern die vielen Seiten atemlos durch. Ich finde das Buch packend geschrieben, stilistisch von hohem Niveau und gekonnt strukturiert. Also ein wenig wie Der Pate, aber viel mehr als das.

Deepti Kapoor: Zeit der Schuld. Blessing Verlag, 688 Seiten, 28 €

Waldem

Es ist nicht allein das Wasser, das verdorben ist.

Javi Reys Adaption des 1882 erschienenen Stücks Ein Volksfeind könnte kaum aktueller sein. Thomas Stockmann ist Kurarzt auf einer kleinen Insel. Als der Kurbetrieb durch Umweltbelastung fragwürdig wird, sieht er sich in der Verantwortung, eine unpopuläre und folgenschwere Entscheidung zu treffen. Es geht um die Wahrheit, Moral und Fakten. Es geht um die öffentliche Meinung, Korruption und Fake News. Und es geht um Konsequenzen. So wirft die Geschichte also auch 140 Jahre nach ihrem ersten Erscheinen Fragen auf, die relevant bleiben. Dabei fühlt sich das Ganze aber nicht wie ein mahnendes Sachbuch an, sondern bleibt persönlich, menschlich und zugänglich. Mit klaren Linien und in starken, leuchtenden Farben findet Rey stimmungsvolle Bilder, die den Text und die Handlung begleiten und verstärken. Insgesamt also rund, berei

chernd, bedeutungsvoll und sehr, sehr schön.

Javi Rey: Ein Volksfeind. Jacoby&Stuart, 152 Seiten, 32 €

15 E i n Tipp v o n Timea
a r s
Tipp
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Davids t i p p

Verlagsvorstellung

Wir haben wieder einen Verlag entdeckt, den wir euch aus ein einem besonderen Grund ans Herz legen wollen: Denn der Manesse Verlag hat es sich zur Aufgabe gemacht, Klassiker der Weltliteratur aus allen Epochen und Kulturen zu verlegen. Gegründet wurde der Verlag 1944 von Walther Meier im Züricher Verlags- und Druckhaus Conzett & Huber. Als erste Bände der Manesse Bibliothek der Weltliteratur erschienen Herman Melvilles Moby Dick und Goethe im Gespräch.

Mit einer Neuübersetzung von Henry Fieldings Tom Jones durch Eike Schönfeld sind in der Bibliothek der Weltliteratur seit 1944 nunmehr 600 Bände erschienen.

Nachdem der Verlag 2004 sein sechzigstes Verlagsjubiläum mit exklusiven Künstlereditionen, Sonderausgaben und Klassikerlesungen feierte, wurde der Verlag im November 2005 von der Penguin Random House Verlagsgruppe in München übernommen, zu der er noch heute gehört. Die Verlagsgruppe beschäftigt über 900 Mitarbeiter:innen.

Im Herbst 2013 feierte Manesse eine Weltpremiere: Die Arabistin Claudia Ott hatte eine 800 Jahre alte Handschrift mit gänzlich unbekannten Schahrasad-Geschichten gefunden und zum ersten Mal überhaupt übersetzt. 101 Nacht erschien als bibliophiler Prachtband. 2019 feierte der Verlag seinen 75. Geburtstag und mit ihm

zusammen viele Vertreter der Weltliteratur: Goethe und Melville (den beiden Klassikern aus dem Startprogramm von 1944), Longos, Sei Shōnagon, Rafik Schami, Lǎo Zǐ, Earl of Chesterfield, James Joyce, Theodor Fontane und Eduard von Keyserling.

Seit über 70 Jahren verlegt der Verlag nun Klassiker - Meisterwerke aller Epochen und Kulturpreise in Erst- und Neuübersetzungen aus zwei Dutzend Weltsprachen. Die Bücher bestechen vor allem durch die Qualität der einzelnen Ausgaben und die Buchästhetik, einfach wunderschön finden wir.

Hierbei stehen nicht nur bekannte Autoren im Vordergrund, sondern auch Autorinnen und besonders solche, die in Vergessenheit geraten sind und die es verdienen, wiederentdeckt zu werden. 2022 wurde bei Manesse zum "Jahr der Klassikerinnen": Ausgewählte Titel vergessener Autorinnen wurden neu aufgelegt, angeführt von dem Spitzentitel Prosaische Passionen, herausgegeben von Sandra Kegel. Damit erschien das erste weibliche Weltpanorama der literarischen Moderne: eine Sammlung von Erzählungen und Prosastücken aus über 25 Sprachen.

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KLASSIKERINNEN

Um noch mehr Klassikerinnen aus dem Manesse Verlag zu entdecken, achte einfach auf dieses Logo. Hier ist unsere Auswahl:

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Wiederentdeckt!

Vergessenen Schriftstellerinnen auf der Spur...in

Frauen schreiben seit Jahrhunderten. Aber sie wurden weniger wahrgenommen, schlechter beurteilt, aus dem Kanon geschrieben und im Anschluss schneller vergessen. Die Liste von Autoren, deren Werke man unbedingt mal gelesen haben sollte, ist lang – aber auch überwiegend weiß und männlich. Noch heute ist der literarische Kanon auffällig unausgewogen, dabei haben all diese Schriftstellerinnen ihre Spu-

ren hinterlassen und aus ihrer Sicht und über ihre Realitäten geschrieben. Ihre Schicksale, Wünsche und Träume warten nur darauf, kennengelernt und wiederentdeckt zu werden. Wir möchten euch hier fünf großartige Autorinnen vorstellen, deren Werke unbedingt mehr Aufmerksamkeit verdient haben und die wir euch von Herzen empfehlen.

Alba de Céspedes ist eine kubanisch-italienische Schriftstellerin, Journalistin und Wiederstandskämpferin. Ihr erster Roman fiel bei Erscheinen wegen seiner "zu selbstbestimmten Frauenfiguren" der Zensur zum Opfer und erregte in den 1930er Jahren den Unmut des faschistischen Regimes. Die Autorin wurde während des Krieges zweimal inhaftiert, da sie im aktiven Widerstand war. Jahre später arbeitete sie als Radio- und Fernsehjournalistin, schrieb Prosa, Lyrik und fürs Theater. Ihre Romane wurden zu internationalen Bestsellernn. 2021 wurde Das verbotene Notizbuch vom Insel Verlag wiederentdeckt und neu veröffentlicht. Ihr Roman Aus ihrer Sicht ist dieses Frühjahr erschienen und Franzi hat für euch reingelesen: Der Roman erzählt von Alessandra, die in Rom in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen ist. Alessandra möchte sich nach dem Tod der Mutter nicht mit der vorgelebten Frauenrolle zufriedenstellen und fordert Gleichberechtigung von Mann und Frau. In einem von Faschismus und dem Patriarchat beherrschten Italien entspinnt sich das intime und hochpolitische Schicksal einer Frau, die das Unmögliche möglich macht: Resignation in Rebellion zu verwandeln. Aus ihrer Sicht ist eine herzzerreißende Liebesgeschichte und ein authentisches Zeitdokument. Große Leseempfehlung auch für alle Elena Ferrante-Fans!

Alba de Céspedes: Aus ihrer Sicht. Insel Verlag, 637 Seiten, 28 €

Maria Borrély wurde in Marseille geboren und lebte ein Leben voller Kämpfe. Sie führte ein Leben zwischen Aufbruch und Rückzug. Mistral, der erste von insgesamt vier Romanen, die innerhalb weniger Jahre entstanden, wurde 1930 auf Empfehlung von André Gide bei Gallimard veröffentlicht. Maria Borrélys Wunsch, selbst zu schreiben, entstand in der Künstler-Gruppe, der sie neben Jean Giono, dem Maler Bernard Thévenet, Gabriel Péri, Édouard Peisson und Paul Maurel angehörte. Nun erscheint die Neuübersetzung von Amelie Thoma im Kanon Verlag und unser Buchhändler Rafael hat den Titel für dich gelesen: "Der Mistral ist ein kalter, trockener, oft starker Fallwind, der über die Provence fegt. In Maria Borrelys Roman ist er allgegenwärtig. Als Hintergrundrauschen, als brutale Naturgewalt, als Freund und Feind der Bauern in der Haute de Provence. Die Geschichte handelt jedoch nicht nur vom Wind und der rauen Schönheit der Natur, es geht auch um Marie, die an einer unerwiderten Liebe zugrundegeht. Beim Lesen spürt man förmlich die Brise, von Borrély heraufbeschworen in lyrischer Sprache. Erstaunlich aktuell liest sich diese Geschichte, die in den Dreißiger Jahren erschienen ist. Es geht nämlich nicht nur um tragische Liebe und Wind, es geht auch um die Veränderung der Natur, die Verwüstung des Landes, ständig werden Bäume gefällt, um die Marie dann trauern kann. Die handelnden Personen ernten und arbeiten und sammeln und reden in einem Fort miteinander und haben zumindest in mir so etwas wie eine idyllische Ruhe, aber auch eine leichte Sehnsucht ausgelöst. Außerdem halte ich Mistral für sehr ergiebig und tief, was dazu einlädt, den nur knapp über hundert Seiten zählenden Roman immer wieder zur Hand zu nehmen, genau zu lesen und sich im besten Fall darüber auszutauschen. Ich kann jedenfalls allen Menschen empfehlen, dieses Buch zu lesen und anschließend nach Frankreich zu fahren. Ich habe zumindest große Lust bekommen, mich von diesem Wind umwehen zu lassen."

Maria Borrély: Mistral. Kanon Verlag, 128 Seiten, 20 €

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Alba de Céspedes (1911-1997) © Franco AntamoroFondazione Mondadori Maria Borrély (1890-1963) © Paulette Borrely

Amalie Skram lebte, was sie in ihren Büchern propagierte, und schrieb über das, was sie erlebte. In ihrem schriftstellerischen Werk schrieb sie über Scheinheiligkeit und Doppelmoral; ihre Bücher behandeln immer wieder die Themen Prostitution, das Elend der Versorgungsehe und unerfüllte weibliche Sexualität. Die Autorin wurde im norwgischen Bergen geboren und heiratete mit 18 Jahren einen Kapitän, den sie bei seinen Reisen rund um die Welt belgeitet. Nach dreizehn Ehejahren und der Geburt von zwei Söhnen ließ sie sich scheiden und zog nach Oslo, wo sie fortan allein von ihrer schriftstellerischen Arbeit lebte. Elsa aus dem Marketing Team der Buchbox empfiehlt euch die Romantrilogie Die Leute vom Hellemyr, ein naturalistisches Hauptwerk der norwegischen Literatur, das nun auch in Deutschland neu veröffentlicht wurde: Die große Familiensaga, die ihren Anfang im frühen 19. Jahrhundert nimmt, handelt von Bauer Sjur Gabriel, seiner Frau Oline sowie ihren Kindern. Sie leben auf dem Hof Hellemyr, dem "Felsenmoor“. Sie sind „Strile“, bettelarme Landleute, die trotz harter Arbeit arm bleiben. Die junge Protagonistin wird als Säuferin bekannt – eine Lachnummer für Städter:innen und Angstfigur für Kinder und Enkel:innen die versuchen, dem schlechten Ruf der Familie zu entfliehen. Über vier Generationen hinweg nimmt man Teil an ihrem Leben, ungeschönt und unverblümt. Amalie Skram gibt der norwegischen Bevölkerung eine Stimme, Arm und Reich, und schreibt dabei außergewöhnlich direkt über Themen wie Sexualität, Fehlgeburten und frühen Kindstod, über Ehebruch, Machtmissbrauch und hemmungslose Gewalt. In Norwegen bereits ein Klassiker, mit der neuen Übersetzung ins Deutsche wird die zu Unrecht übersehene Autorin nun auch hier in ein neues Licht gesetzt.

Amalie Skram: Die leute vom Hellemyr. Guggolz Verlag, 4 Bände ca. 1200 Seiten, 69 €

Etty Hillesum war eine junge jüdische Intellektuelle, die während der deutschen Besatzung ihres Heimatlandes, der Niederlande, Tagebuch schrieb. Unsere Buchhändlerin Charlotte hat ihr Tagebuch gelesen und meint: "Ihre Aufzeichnung sind nicht nur ein berührendes Zeitdokument, sondern setzen sich auch eindringlich mit der Herausforderung des Erhalt allen Guten und Menschlichen im Angesicht der verführerischen Macht des Faschismus auseinander." Fünf Jahre nach der Erstveröffentlichung liegen Übersetzungen in zwölf Sprachen vor. Sie wollte Ordnung in ihr Leben bringen, den Dingen auf den Grund gehen, Gott finden, aber auch Zeugin des Schicksals ihres Volkes werden. Inmitten des Schreckens berichtet sie von der Suche nach Einfachheit und Achtsamkeit und schließlich nach Licht in der "Hölle auf Erden". Die erlebte sie seit dem Sommer 1942 im Durchgangslager Westerbork, wo sie für den "Judenrat" in der "Sozialen Versorgung der Aussiedler" arbeitete. Ihre Briefe aus dieser Zeit beschreiben den täglichen Horror. Am 7. September 1943 wurde Etty Hillesum selbst nach Auschwitz-Birkenau deportiert und kam dort um. Der letzte Teil des Tagebuchs ist nicht überliefert. Nach der Publikation von Auszügen aus den Tagebüchern 1981 war eine zuverlässige Neuübersetzung des Gesamtwerks überfällig. Die Ausgabe lässt uns eine Schriftstellerin und Denkerin neu entdecken, die zu Recht mit Anne Frank, Simone Weil und Edith Stein verglichen wird.

Etty Hillesum: Ich will die Chronistin dieser Zeit werden. C.H. Beck, 989 Seiten, 42 €

Buchi Emecheta (1944-2017), geboren in Lagos in Nigeria, verließ früh die Schule und heiratete 1960 Sylvester Onwordi, mit dem sie seit dem elften Lebensjahr verlobt war. Nachdem sie zwei Kinder geboren hatte, folgte Buchi ihrem Mann nach London, wo er studierte, und trennte sich im Alter von 22 Jahren von ihm, nachdem er ihr Manuskript ihres ersten Buches verbrannt hatte. Im Anschluss schloss sie ein Soziologiestudium mit Auszeichnung ab, versorgte gleichzeitig fünf Kinder und nutze die frühen Morgenstunden, um zu schreiben. Second-Class Citizen beschreibt ihren Lebensweg romanhaft und behandelt den Kampf gegen Sexismus in Nigeria und gegen Rassismus, Sexismus und Klassenvorurteile in England. Das Werk gilt als Meilenstein der Schwarzen Literatur und wird von Autorinnen wie Bernadine Evaristo und Chimamanda Ngozi Adichie verehrt. Bernadine Evaristo nennt sie die "Urmutter der Schwarzen feministischen Literatur" und sie ist mit ihren Bücher über das Leben afrikanischer Frauen in Afrika und Großbritannien die be

kannteste Schriftstellerin Nigerias. Während ihr Werk in Großbrittanien vielfach ausgezeichnet wurde, ist es in Deutschland bislang beinahe unentdeckt geblieben.

Buchi Emecheta: Second-class citizen. Aufbau Verlag, 285 Seiten, 23 €

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© valerie wilmer
Buchi Emecheta (1994-2017) Etty Hillesum (1914-1943) Amalie Skram (1846-1905)

Komm in die Whatsapp-Gruppe!

"Was unterscheidet das Schaf von den Wölfen?" Mit diesen Worten beginnt Maximilian Krach sein Seminar GENESIS EGO, in dem er seinen Teilnehmern beibringt, wie aus einem Loser ein erfolgreicher Mann wird. Denn Maximilian ist erfolgreich - er hat den Aufstieg nach oben geschafft, ist vom Schaf zum Wolf geworden. An seinem Handgelenk glitzert eine dicke Uhr, erst gestern hat er sich aus Langeweile einen Bentley gekauft. Aus Großmut und Nettigkeit will er seinen Jüngern zeigen, dass es nur 3 Dinge braucht, um sein Leben zum Besseren zu wenden: Mindset, Disziplin, Ego! Mirko, ein junger Mann Ende 20 fühlt sich plötzlich wahrgenommen, als er ein Seminar in Gütersloh besucht. Endlich scheint sein Leben einen Sinn zu haben, er gehört zu einer Gruppe dazu! Doch auch ein Wolf zweifelt manchmal, und Maximilian Krach wird irgendwann von der Realität eingeholt ... Sebastian Hotz, den wir (fast) alle als El Hotzo kennen, hat mit MINDSET endlich einen Text verfasst, der über die 144 Zeichen hinausgeht, und ich muss sagen: Auch das kann er gut! Die Story von Maximilan und Mirko ist wirklich sehr unterhaltsam zu lesen. Beim Lesen taucht man in die (mir völlig unbekannte) Welt der Persönlichkeits- und Erfolgscoaches ein, die erst etwas unangenehm, und schließlich einfach nur lustig und faszinierend ist. Man blickt hinter die Kulissen der Männer, die auf Instagram damit werben, Mann müsste nur hier ein bisschen investieren, dort ein wenig produktiver sein und in die Whatsapp-Gruppe kommen. Dass die Realität aber eben ganz anders ist, schwingt schon am Anfang von MINDSET mit, bis zum Ende, als die Bombe platzt. Eine mehr als lustige Geschichte über Männer, Erfolg und Lebenskrisen.

Sebastian Hotz: Mindset. Kipenheuer & Witsch Verlag, 288 Seiten, 23 €

Und? Pläne fürs Wochenende?

Ja. Ich werde Zeit mit Freunden verbringen.

Illustration entnommen aus: Debbie Tung: Book Love. Eine Liebeserklärung an das Lesen. Graphix Loewe Verlag, 144 Seiten, 16 €

PERFEKTES

WOCHENENDE

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ein Tip p von Toni
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BÜCHER
TEE

Unser Buchhändler Steffen hat "Die Perfektionen" von Vincenzo Latronico gelesen und ihm gleich auch ein paar Fragen gestellt:

Ich kam 2009 nach Berlin. Ich hatte einen nervtötenden Job an einer Universität, mein erster Roman hatte einen Preis gewonnen, und ich wollte das Geld so lange wie möglich behalten. Damals war Berlin der richtige Ort dafür. Heute ist es das nicht mehr. Auch das ist Teil des Buches, wie sich Berlin in den letzten Jahren verändert hat - aus der Perspektive von jemandem, der diese Veränderung zum Teil verursacht hat.

Beim Lesen habe ich mich an Die Jahre von Annie Ernaux erinnert. Ist Die Perfektionen für dich Autofiktion?

Der Vergleich schmeichelt mir, aber ich würde mein Buch so nicht bezeichnen. Natürlich haben die Figuren und ihre Geschichten viel mit meinen Erfahrungen gemeinsam; aber alles in allem unterscheidet sich das nicht davon, wie Romane aus dem Leben im Allgemeinen schöpfen. Ich kann mich zwar mit den Figuren identifizieren, aber nicht vollständig. Sie sind eher unglücklich und sie haben auch eine schönere Wohnung.

Inwieweit spielt Nationalität oder Herkunft eine Rolle, wenn man in eine fremde Stadt zieht. Und was noch wichtiger ist, spielt es für die projizierten Sehnsüchte eine Rolle, ob man zugezogen oder einheimisch ist?

Ich denke, dass "Sehnsüchte" hier ein entscheidendes Wort ist. Die Personen, über die ich geschrieben habe, zogen nach Berlin, weil sie von Freiheit und Überfluss träumten, die in der Stadt zu dieser Zeit verfügbar schienen - ein Produkt sowohl ihrer Geschichte, als auch einer cleveren Stadtmarketingstrategie. Ich denke, dass es für Ausländer einfacher war, diese Vision auf die Stadt zu projizieren, ohne ihre konkrete soziale Realität zu berücksichtigen: Sie (wir) lebten in einer Art nichtdeutschsprachiger Blase, die aus Kunstgalerien und Parties und billigen Mieten bestand. Es gab auch viele Deutsche, aber

für die war es schwieriger, die Realität so zu ignorieren.

Was macht die Expat-Kultur in Berlin aus deiner Sicht aus?

Es gibt eine große Kluft zwischen denen, die in den 00er und frühen 10er Jahren kamen - angelockt von der "arm und sexy" - Atmosphäre, mit künstlerischen Ambitionen und wenig Geld - und denjenigen, die später kamen, mit Geld und Tech-Jobs. Keine der beiden Gruppen hat sich wirklich auf die Stadt eingelassen (zum Beispiel durch Deutschkenntnis): Ich erinnere mich, als ich das erste Mal nach Charlottenburg ging, wo ich jetzt lebe – 2010, ich war seit zwei Jahren in Neukölln - sagte mir jemand: "Hier sind wir nicht in Berlin, das ist die Hauptstadt von Deutschland." Und jetzt werden diese Früheren immer mehr vertrieben, wegen der steigenden Preise und dem Mangel an Wurzeln.

Wie schätzt du den Einfluss der sozialen Medien auf die Community in Berlin ein?

Ich weiß nicht, ob die sozialen Medien in Berlin einen stärkeren Einfluss haben als anderswo. Ich denke, sie tragen zu einer Art Loslösung von der Realität bei - zu dem Eindruck, dass unsere Leben und unsere Identität durch Kuration und Auswahl definiert werden können, statt durch Geschichte und Geografie bestimmt zu werden. Die Transformation Berlins ist in gewisser Weise ein sehr gutes Symbol für diese Losgelöstheit - und darüber wollte ich in meinem Buch schreiben. Wir nennen diese Losgelöstheit "Gentrifizierung", wenn sie den städtischen Raum betrifft, aber ich denke, sie ist tiefer und umfassender als das. Sie hat mit unserer Identität und unserem Selbstverständnis zu tun.

Rezension

Anna und Tom ziehen als junge digitale Kreative aus Südeuropa in ihren Sehnsuchtsort Berlin, um Freiheit und Selbstverwirklichung im 21. Jahrhundert zu suchen. Nachdem das Paar anfangs fündig wird, bildet Vincenzo Latronico penibel und komplex im Text ab, was sich in der Stadt ausbreitet, sie verändert, wovon auch Annas und Toms Leben nicht unberührt bleiben. War das Berlin, in das sie vor Jahren gezogen waren, überhaupt real? Viele Freunde können sich ihre Leben nicht mehr leisten, alle Drogen sind genommen, jedes hippe Restaurant ist ausprobiert, jeder Flohmarkt besucht. „Die Perfektionen“ ist ein kluger Roman über moderne Mythen. Trotz analytischer Schärfe und stilistischen Wagnissen ist es ein auch ein hochemotionales Werk, das Fragen danach stellt, was von erfüllten Träumen bleiben kann und wie sich Melancholie anfühlt. Wanna feel blue about your Berlin life?

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S teffens Ti p p + Interv i e w
Vincenzo Latronico: Die Perfektionen. Ullstein Verlag, 128 Seiten, 22 € Interview
© Marcus Lieder

5 Fragen an Verena Keßler

Wer sind deine literarischen Vorbilder?

Inwiefern beeinflussen sie dein eigenes Schreiben?

Von Sheila Heti find ich alles toll, Joan Didion hängt als Poster an meiner Wand, ich hoffe Jenny Offill schreibt bald mal wieder was Neues. Es sind aber eigentlich eher einzelne Bücher, die mir beim Schreiben ganz konkret helfen, die stapeln sich dann um meinen Laptop herum und wenn ich nicht weiter weiß, les ich ein bisschen darin, um in einen bestimmten Ton zu finden oder mich an der Struktur zu orientieren. Bei Eva gab es für jede Protagonistin andere Bücher, die oben auf dem Stapel lagen. Für Teil 1 waren Nach einer wahren Geschichte von Delphine de Vigan und Die roten Stellen von Maggie Nelson wichtig, für Teil 4 brauchte ich ganz andere Texte, da hatte ich zum Beispiel ständig die Bücher von Jenny Offill aufgeschlagen.

Es fällt uns schwer, über die Tatsache zu sprechen, dass ein Kind, das heute geboren wird, auf einem Planeten leben wird, der heißer ist als je zuvor seit der Entwicklung der menschlichen Zivilisation. Inwiefern glaubst du, dass dein Schreiben den Blick auf die Realität ändern kann?

Mir fällt das auch schwer! Und den Figuren im Roman geht es genauso. Aber das ist genau das, was mich beim Schreiben interessiert hat: Was macht dieses Wissen mit uns, wie reagieren wir darauf, welchen Raum nimmt das im Leben ein, neben allen anderen alltäglichen und persönlichen Themen?

Inwiefern das Buch den Blick auf die Realität beim Lesen ändert, kann ich nicht voraussagen, es kommt sicher auch darauf an, mit welcher Perspektive man reingeht. Da es aber vier Protagonistinnen mit ganz unterschiedlichen Zugängen zu diesen Fragen gibt, wird man sich vermutlich sowohl wiederfinden als auch an manchen Stellen Widerstand verspüren. So ging es mir zumindest beim Schreiben.

Eva ist dein zweiter veröffentlichter Roman. Ging dir das Schreiben dieses Mal leichter von der Hand? Kann man sich die Entwicklung des zweiten Buches im Schreibprozess einfacher vorstellen, weil Routinen entstanden sind?

Als leichter habe ich es nicht empfunden. Die beiden Bücher sind sehr unterschiedlich, ganz andere Figuren, ganz andere Stimmen, eine ganz andere Struktur – da gab es wenig, was sich einfach übertragen ließ. Eine Routine, die ich vom ersten Mal aber beibehalten habe, ist, bis 12 Uhr Handy und Internet ausgeschaltet zu lassen. Je nachdem, wie früh ich es an den Schreibtisch schaffe, sind das 3-4 Stunden ungestörtes Schreiben und da passiert dann auch das Allermeiste am Text.

Gerade im letzten Jahr sind sehr viele Titel erschienen, die sich mit dem Thema “Mutterschaft” auseinandersetzen, nun auch Eva. Woran könnte es liegen, dass das Thema derzeit so stark präsent ist?

Ich glaube, es gibt hier einen riesigen Nachholbedarf. Mutterschaft war so lange ein Thema, das als zu trivial angesehen und deshalb in der Literatur ausgespart wurde, dabei ist es doch das Gegenteil von trivial, es ist existentiell. Und deshalb glaube ich auch nicht, dass dieses Thema nur ein Trend ist, dafür kann man es aus zu vielen unterschiedlichen Perspektiven beleuchten, zu viele Menschen haben einen Bezug dazu, als dass man irgendwann sagen könnte: "Das ist jetzt wieder durch". Was ich mir wünschen würde, ist, dass sich bald genauso viele VaterschaftsBücher dazugesellen, oder überhaupt Elternschaft aus diversen Perspektiven erzählt wird.

Welche Bücher warten momentan in deinem Bücherregal darauf, von dir gelesen zu werden?

Ich freue mich sehr auf Das Liebespaar des Jahrhunderts von Julia Schoch und Prägung von Christian Dittloff.

Vielen Dank, liebe Verena, für das Interview!

Interview: Elsa Stappenbeck und Franziska Schwarz

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"Mutterschaft war so lange ein Thema,das als zu trivial angesehen und deshalb in der Literatur ausgespart wurde"
© Paula Winkler

Sollten wir in Zeiten der Klimakrise noch Kinder in die Welt setzen?

„Fortpflanzung ist ein Luxus, den wir uns nicht in dem Ausmaß leisten können, wie er gerade betrieben wird“, antwortet die Lehrerin Eva Lohaus der Journalistin. Zum einen leben wir auf einem Planeten mit begrenzten Ressourcen, zum anderen würden die Kinder in einer schlechteren, ungerechteren Welt aufwachsen. Das ist nicht nur Evas Standpunkt, sondern wissenschaftliche Gegebenheit. Doch der Hass, den so eine Meinungsäußerung – und dann noch von einer Lehrerin – nach sich zieht, bekommt Eva mit voller Wucht zu spüren. Sina, die Journalistin, hatte so eine feindselige Reaktion mit dem Artikel gar nicht beabsichtigt. Aber auch sie plagt das Thema Kinderwunsch. Seit Monaten versuchen sie es, doch es nistet sich einfach nichts ein. Vielleicht ist es besser so? Währenddessen schlägt sich Sinas Schwester Mona mit ihren Zwillingstöchtern und einem traurigen Teenager, der keine Hoffnung für die Zukunft sieht, herum. Sie hat kaum mehr Zeit für sich, und bald droht sie, an der Selbstaufgabe zu ersticken. Dann zieht in die Wohnung über Mona eine Frau ein, die voller Trauer ist und nicht mehr versteht, wie man sein Familienglück nicht schätzen kann. Verena Keßler erzählt von vier Frauen, deren Lebensentwürfe sich grundsätzlich voneinander unterscheiden, sich im Kern doch alle um (Nicht-)Mutterschaft drehen. Keßler legt den Finger in die Wunde und zeigt auf, mit was für einer Emotionalität und Intimität das Thema behaftet ist – jetzt, im Angesicht der Klimakrise, noch mehr denn je. Hochaktuell, großartig komponiert und voller Fragen, auf die eine Antwort alles andere als leicht ist.

Verena Keßler: Eva. Verlag Hanser Berlin, 208 Seiten, 24 €

Im Morgen wächst ein Birnbaum erzählt die Familiengeschichte des Autors Fikri Anıl Altıntaş. 1992 in Wetzlar geboren, wächst er als Sohn türkischer Eltern in einer hessischen Kleinstadt auf. Der Vater arbeitet als Türkischlehrer, während die Mutter die Familie mit ihrer Arbeit als Reinigungskraft über Wasser hält. Der Junge wächst inmitten von Sozialwohnblocks auf und entwickelt den Wunsch, als "deutsch" wahrgenommen zu werden, um dadurch endlich gesehen zu werden. Enttäuscht über die Realität in Deutschland und die Schwierigkeiten, mit denen die Familie zu kämpfen hat, versucht er, seinen eigenen Weg als türkisch-muslimischer Mann einzuschlagen. Und wird dabei, vor allem durch die Beziehung zu seinem Vater, vor die Frage gestellt, was Männlichkeit nun eigentlich bedeutet und wie sie, jenseits von Klischees, verstanden und gelebt werden kann. Fikri Anıl Altıntaş arbeitet inzwischen als politischer Bildner und freier Autor und schreibt für der Freitag, taz und pinkstinks.de. In seinen Texten beschäftigt er sich hauptsächlich mit Männlichkeit und Rollenbilder, Privilegien und der (De)-Konstruktion von nicht-weißen, muslimisch gelesenen Männlichkeiten in Deutschland. Er ist auf Instagram aktiv unter @_faanil und tätig als #HeForShe Deutschland Botschafter von UN Women Deutschland.

Fikri Anıl Altınta ş: Im Morgen wächst ein Birnbaum. BTB Verlag, 176 Seiten, 22 €

Illustration entnommen aus: Debbie Tung: Book Love. Eine Liebeserklärung an das Lesen. Graphix Loewe Verlag, 144 Seiten, 16 €

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timeas t i p p
E lsas tipp
"Ich bin mehr als die Projektionen der anderen."
Wenn jemand das gleiche Buch liest wie du, ist es …
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… als würde man seinen neuen besten Freund treffen. Wenn jemand das gleiche Buch liest wie du, ist es … … als würde man seinen neuen besten Freund treffen.

Düstere Geheimnisse

Ganze 13 Jahre hat es gedauert, bis Bret Easton Ellis, berühmt vor allem durch American Psycho und Unter Null, einen neuen Roman veröffentlichte. Einen besonderen: Schon vor zwanzig Jahren entwickelte der Protagonist den Drang, der nicht zufällig auch den Namen „Bret“ trägt und zahlreiche Parallelen zum Autor aufweist, aufzuschreiben, was ihm und einigen Freund:innen zu Beginn des Abschlussjahres 1981 auf der Buckley School widerfahren ist. Es ist nicht klar, was nun der Fiktion entspricht und was den Fakten, der Autor selbst hält sich dazu bedeckt. Aber das ist eigentlich auch gar nicht wichtig. Der Roman, der sich zu Anfang ganz unbeschwert liest und von einigen wohlhabenden Jugendlichen erzählt, die kurz vor dem Eintritt ins Erwachsenen-Leben stehen und den kalifornischen Sommer unbeschwert mit Drogen, Feiern und Sex zelebrieren, entwickelt sich im weiteren Verlauf zu einer düsteren und verstörenden Erzählung. Die heile College-Welt bekommt Risse, als eine Reihe von Morden im schillernd-bedrohlichen Los Angeles durch den Killer „Trawler“ geschehen und der mysteriöse Robert Mallory zu der Clique stößt. Bret findet ihn schon ab der ersten Begegnung seltsam und spürt, dass Robert ein Geheimnis besitzt, das aufgedeckt werden muss. Das Buch ist eine Reise in das Los Angeles der 80er Jahre: Grausam, düster, komisch und gleichzeitig faszinierend, absolut nichts für schwache Nerven. Die Story entwickelt eine fesselnde Sogkraft, der ich mich kaum entziehen konnte.

Bret Easton Ellis: The Shards. Verlag Kiepenhauer & Witsch, 736 Seiten, 28 €

Weißes Rauschen

Gehalten von ihrem Partner fährt die junge Kommissarin Elin Warner der Verlobungsfeier ihres Bruders in einem supermodernen Hotel versteckt in den Wäldern auf dem Gipfel eines Berges entgegen. Ein schönes Ereignis in einer beeindruckenden Landschaft. Idyllisch. Doch bereits in der Gondel der Seilbahn ist die Protagonistin erfüllt von innerer Unruhe und bösen Vorahnungen. Nach einem einschneidenden Ereignis bei der Arbeit an ihrem letzten Fall, ist Elin beurlaubt und versucht die Phantome des Falles loszuwerden. Auch die Beziehung zu ihrem Bruder ist keine gute und obwohl sie nicht erahnen kann, was bereits Schreckliches im ehemaligen Sanatorium vor sich geht, fühlt sie sich von diesem Ort bedroht. Sarah Pearse gelingt es, eine beklemmende Atmosphäre zu schaffen, die sich in jedem Kapitel enger auf die Brust legt. Oft verschlägt einem das plötzliche Auftreten des Mörders den Atem. Gefangen durch einen Schneesturm, gibt es nur noch eine Möglichkeit, für Elin sich und ihre Lieben zu retten.

Ohne Geld, ohne Plan, aber dafür mit den Seepferdchen im Kofferraum.

Habt ihr Lust auf einen total verrückten Roadtrip von vier Freunden in einem Golf Bon Jovi und einem Aquarium voller Seepferdchen im Kofferraum? Stellt euch vor, Take That haben sich gerade getrennt, die Welt tanzt Macarena und Bundestrainer Berti Vogts kämpft bei der EM ums berufliche Überleben. In diesem Setting verabschieden sich Tobis Eltern in einen zweiwöchigen Urlaub. Tobi will die Gelegenheit beim Schopfe packen und drei Projekte angehen: Zum ersten Mal mit Lisa schlafen, die Führerscheinprüfung bestehen und sich um Papas Seepferdchen kümmern. Alle drei Projekte werden scheitern - soviel darf hier verraten werden. Stattdessen erhält sein Kumpel Georg eine Nachricht von seiner totgeglaubten Mutter aus London. Daraufhin klaut dieser mit Tobi und zwei Freund:innen ein Fahrschulauto, und reist von der Ostsee über die Niederlande bis nach England. Zierfische in Händen von Idioten ist ein kurzweiliger und lustiger Roman, der uns zurück in den EM-Sommer 1996 katapultiert und einfach einen Riesenspaß macht. Kein Wunder, denn der Autor ist Autor für die Heute Show, Pastewka und für LOLLast One Laughing. Gute Fahrt beim Lesen!

Manuel Butt: Zierfische in Händen von Idioten. Kein & Aber, 384 Seiten, 24 €

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Elsas t i p p
Davids t i pp
Sarah Pearse: Das Sanatorium. Goldmann Verlag, 512 Seiten, 17
Jans ti p p

Das ist mein aktuelles Buch

Amjahid:

Let's talk about sex, Habibi. Piper Verlag, 224 Seiten, 18 €

Mein Name:

Mohamed Amjahid

Ich bin Experte für: Die Kombination von Geschmäckern und Gewürzen. Das habe ich tatsächlich von meiner Mama nebenbei gelernt, in meinem Elternhaus wurde viel und gut gekocht. Manchmal lohnt es sich also, sich in die Küche zu verirren und ein wenig aufzupassen, was da passiert.

Das interessiert mich gar nicht: Wie viel Platz haben wir? Haha! Also Fußball finde ich sehr langweilig, manchmal höre ich Radio und dort wird in einer sehr trivialen Art und Weise darüber gesprochen. So im Sinne von: „Die Mannschaft kann gewinnen, aber auch verlieren.“ Dann denke ich mir: Gut, dass mich das wenig interessiert. Aber gleichzeitig gönne es ich all jenen, die sich damit die Zeit vertreiben können.

Das sammle ich: Ich bin in Marokko aufgewachsen und konnte bis zu meinem 18. Lebensjahr nicht reisen, auch weil ich nur die marokkanische Staatsbürgerschaft besaß. Deswegen habe ich seitdem Eindrücke auf Reisen gesammelt. Für mich hat sich danach eine ganze Welt (der Globus) geöffnet. Aber mittlerweile bin ich alt, fliegen ist schädlich für die Umwelt, die Bahn ist immer zu spät und ich habe in meinem Reporterleben schon viele Eindrücke beisammen, deswegen sammle ich jetzt gute Bücher. Wenn ich mal wirklich sesshaft werden sollte, kann ich darauf zurückgreifen.

Das habe ich schon mal verloren: Der Klassiker: meine Geldbörse. Da waren all meine Karten und Ausweise drin, war richtig blöd. Auch weil ich eher pedantisch bin und auf so etwas aufpasse. Und Jahre später hat sie ein Hund an der Spree gefunden und das Herrchen hat nach meinem Namen im Internet gesucht und mich angeschrieben. War richtig cute und Hundi hat dann von mir ein paar Leckerlies bekommen. Alle happy.

Ich habe noch nie probiert: Die ganz großen Karussell-Geschichten auf der Kirmes. Ich koche gerne, habe aber in dieser Hinsicht wirklich einen schwachen Magen. Neulich hat mich eine meiner besten Freundinnen gezwungen auf ein (objektiv betrachtet sehr harmloses) Fahrgeschäft, so eins mit Wasserrinne und man sitzt in so einer Wanne und es dauert eigentlich nur 25 Sekunden. Ich habe geschrien und mir war drei Stunden schlecht. Deswegen: Die wilde Maus dann ohne mich.

Wenn ich ein Tier wäre: Ich rede viel, deswegen wäre ein Papagei vielleicht passend. In meinem Job höre ich aber auch viel zu … Moment, ich suche kurz nach Tieren, die gut zuhören können … oh wow, habe gelernt, dass Elefanten und Delfine gut hören können, ob zuhören darunter fällt, stand da nicht. Aber damit kann ich auch gut leben.

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© Antoine Midant

... kennt ihr noch die tollen Freund:innenbücher? Antworten verlgeichen, durchblättern und in Erinnerungen schwelgen, ewig darüber nachdenken was denn jetzt das Lieblingsessen ist oder der wahre Traumberuf. Wir dachten uns: warum nicht auch mal unsere Lieblingsautor:innen die einzig wahren Fragen des Lebens stellen? Mohamed Amjahid hat unsere Sätze vervollständigt und auch gleich ein bisschen mit uns über den Literaturbetrieb geplaudert...

Was haben Sex, Berlin und der Literaturbetrieb gemeinsam?

Man sollte auf die Hygiene achten. No Kink Shaming Here! Ich bin wie gesagt eher pedantisch. Einige Texte und Autor:innen mit rechtsextremen und menschenfeindlichen Ansichten gehören halt nicht in die Vorschau, einige rechtsextreme Verlage nicht auf Buchmessen.

Was sind deine kuriosen Facts zum Literaturbetrieb?

Natürlich sind die Zeiten schwieriger geworden, die Möglichkeit, mit Büchern und Literatur Geld zu verdienen auch. Aber manchmal heulen einige im Literaturbetrieb schon übertrieben geschauspielert. Einige Verlage machen gute Gewinne und sollten diese in neue Talente investieren. Lesen ist weiterhin angesagt und es zeigt sich zum Beispiel, dass mit Liebe und Leidenschaft geführte Buchhandlungen oft ein treues Stammpublikum anlocken. Ich habe by the way oft die Situation bei meinen Lesungen, dass Buchhändler:innen nicht genug Bücher dabei haben. Deswegen braucht es neben Leidenschaft ein bisschen mehr Sinn fürs Geschäft.

Let`s talk about ... worüber sollte im Literaturbetrieb mehr gesprochen werden?

Geschichten, die noch nicht erzählt wurden oder auserzählt wurden. Bei einigen weiß ich nach Seite 10 schon wie die Geschichte ausgeht, deswegen sind jetzt andere, unterrepräsentierte Perspektiven dran. Auch weil es die ganze Sache spannender und prickelnder gestalten würde.

Ich lese am liebsten:

Im Park, im Sommer. Ich nehme dann ein Kissen und eine Decke mit und setze mich in den Schatten und lese und lese und lese. Bis ich Hunger bekomme und wieder kochen muss. Ich lese für meinen Job generell viel am Schreibtisch, deswegen ist das Zelebrieren von Lesen im Park unter der Sonne eine Maßnahme, wieder den Genuss daran wertzuschätzen.

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warum Verhütung auch Männersache ist

Nach Periode ist politisch – Ein Manifest gegen das Menstruationstabu, in dem sich Franka Frei mit Scham und Tabuisierung auseinandersetzt und sich damit gegen das Menstruationstabu zur Wehr setzt, folgt jetzt ihr zweites Sachbuch, dass sich mit dem weiblichen Körper und Zyklus beschäftigt: Überfällig. Warum Verhütung auch Männersache ist. Beim Kinderkriegen sind zwar zwei Menschen beteiligt, doch wird Verhütung meist als „Frauensache“ angesehen, woran sich seit den sechziger Jahren, trotz immenser Fortschritte innerhalb der Forschung in jeglichen Bereichen, nicht groß etwas geändert hat. Knapp die Hälfte der Frauen im Alter zwischen achtzehn und neunundvierzig Jahren in Deutschland schluckt nach wie vor täglich die Antibabypille. Die finanziellen Kosten werden nicht selten ignoriert vom anderen Geschlecht und die starken negativen körperlichen und seelischen Erscheinungen, die die Einnahme der Anti-Baby-Pille mit sich bringen, werden, auch von Ärzt:innen, gerne ausgeklammert und als nicht problematisch angesehen. Paradox, denn die „Pille für den Mann“ kam wegen genau dieser Nebenwirkungen lange Zeit gar nicht erst auf den Markt – zu stark der Einfluss auf den Körper. Mit dem Buch fordert Franka Frei die Leser:innenschaft auf, radikal umzudenken und Verhütungsgerechtigkeit als längst überfällige Maßnahme zu betrachten, auf die wir bestehen müssen. Das Buch ist ein persönlicher Erfahrungsbericht, der stellvertretend für viele andere Schicksale steht, ein Einblick in die Geschichte der Verhütung auf der Suche nach dem Grund, weswegen Verhütung überhaupt zur „Frauensache“ wurde. Und am Ende ein Wachrütteln und ein Aufruf dazu, den Kampf über reproduktive Gleichberechtigung zu führen. Je mehr ich das Buch las, desto wütender wurde ich darüber, dass diesem politischen Thema bisher so wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde und desto glücklicher bin ich, dass Franka Frei, für alle zugänglich und verständlich, diesen Rückstand aufdeckt, so dass in noch mehr Köpfen ein Umdenken stattfinden kann. Dieses Buch ist so, so wichtig!

Franka Frei: Überfällig. Goldmann Verlag, 288 Seiten, 17 €

Liebeserklärung an die feministische Szene

Stevie Schmiedel, die Gründerin von Pinkstinks, der reichweitenstärksten Bildungsorganisation gegen Sexismus in Deutschland, hat ein Buch geschrieben! Sie bewegt sich auf das Minenfeld der Genderstudies, beschäftigt sich mit Privilegien und Gendersternchen. Die Autorin zeigt, wie moderner Feminismus aussieht, beantwortet wichtige Fragen und stellt sich der Debatte. Hierbei deckt sie auf, wie viele Unstimmigkeiten es auch unter Frauen gibt, häufig bestimmt durch Alter, Generation und Umfeld. Die Fronten verhärten sich, je unterschiedlicher die Meinungen. Problematisch, denn letztendlich möchten doch eigentlich alle das Gleiche: Etwas bewegen, für Frauen und Gesellschaft. Einfacher wäre es, wenn wir einen gemeinsamen Weg finden. Die Autorin möchte mit diesem Buch einen Dialog zum Thema "Gender" zwischen festgefahrenen Positionen, jung und alt beziehungsweise "woke" und klassisch, anstoßen. Ein Gespräch, in dem alle zu Wort kommen. Die Grundlage dafür schafft sie, indem sie überraschende Tatsachen einfach erklärt, ohne dabei streng zu belehren. Sie möchte Verständnis schaffen und Kompromissbereitschaft fördern, anstelle Aufregung, Genervtheit und Stress zu begünstigen. Sehr verständlich, hervorragend recherchiert und mit einer großen Portion Humor. Ein tolles Buch mit einer Mischung aus Donnerwetter und Liebeserklärung an die feministische Szene für alle.

Stevie Schmiedel: Jedem Zauber wohnt ein radikaler Anfang inne. Kösel Verlag, 256 Seiten,

Elsas T i p p
22 € Jans ti p p

That’s the thing about scripture: the devil can quote it too.

Matt Ruff is one of my favourite authors still writing today, and one of the most underrated. Ruff’s books are all amazing (except one, which I am yet to forgive) and distinctive, yet stylistically difficult to pin down. From fantastic college showdowns with talking animals and warring sprites to a love story between two people with multiple personalities to, of course, a homage to and takedown of Lovecraftian horror and bigotry, respectively, centred around a group of Black friends and relatives. It is to the latter Lovecraftian world of 1950s America that Ruff’s latest novel The Destroyer of Worlds returns, following its characters as they orbit and converge on the central arc of evil’s resurrection. It’s surprisingly comforting to meet these characters again and see how they’ve absorbed and been absorbed into the madness of their earlier adventures. The narrative is dynamic and effortless. There is a sense that this is the very real everyday life of these people. And of course there is the constant spectre and fact of racism, which Ruff captures with deft understatement, more a persistent, insidious menace than a tangible, chthonic monster.

A thoroughly enjoyable continuation of the Lovecraft Country saga, over much too soon, but with hopefully more instalments to follow. It’s fantasy and horror tethered to real Jim Crow racism. It’s the Ku Klux Klan if the Grand Wizard was a real wizard. Hope you enjoy it as much as I did!

Matt Ruff: The Destroyer of Worlds. HarperCollins Publishers, 320 pages, 30,50 €

Whoever thinks, that this book is just another ordinary summery of studies, numbers and a misogynistic explanation of the female psyche, is terribly wrong.

The book What Women Want follows the 15 year long journey of psychotherapist Maxine Mei-Fung Chung and her relation to seven women she accompanied within their journey of healing, growing and their pursuit of happiness, self-love and acceptance. Sensitively and empathetically, Mei-Fung Chung illuminates the needs and longings of her protagonists, their hopes and fears and, in the synopsis, shows what being a woman means today and what women want. Although each story and each woman is as different as they could be regarding their age, personal history and struggles, they all have one thing in common: providing a deeply intimate and vulnerable view onto the inner lives of women. The author conveys the deep inside of her cliwents in a highly touching way, combining anecdotes and thoughts in a sense that makes you feel, connect and suffer with each person and, most importantly, makes you think about your own desires, hopes and needs.

Reading this book and following these women gave me a strong sensation of not being alone with my insecurities and my struggles in this world, that it is okay to feel lost and helpless from time to time and that my personal well-being and needs matter. I made me reflect on my self and what I want.

Maxine Mei-Fung Chung: What Women Want. Random House, 290 Seiten, 23€

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Good-bye Sigmund Freud and Hello Maxine Mei-Fung Chung!
ein Tip p von Wil
Tabatha s Tipp

Es gibt so viele kleine aber feine Verlage, die mit viel Herzblut und Leidenschaft schöne Bücher machen. Aber nicht immer finden die Bücher ihren Weg zu den Leser:innen. Deshalb feiern wir am Indiebookday und darüber hinaus besonders tolle Bücher. Wir haben auch gleich mal unsere Buchhändler:innen nach ihren liebsten Indiebooks gefragt:

Vor fünf Jahren hatte Linus Giese sein Coming-out als trans* Mann. Weil er sich traute, öffentlich darüber zu sprechen, erntete er Hass – und überwältigenden Zuspruch, insbesondere von jungen Menschen. Mit seinem neuen Buch möchte er ihnen etwas zurückgeben und Mut machen für die Zukunft. Trans* Menschen erleben Diskriminierung im Alltag und auch strukturell, auf dem Arbeitsmarkt, im Gesundheitswesen, durch das Transsexuellengesetz, das als verfassungswidrig eingestuft wurde. Dagegen entwirft Giese ein Szenario, wie wir leben würden, wenn das Recht auf Selbstbestimmung für alle nicht nur ideell eingeräumt, sondern auch gesetzlich verankert würde. Und warum endlich Schluss sein muss mit der Pathologisierung der Geschlechterdiversität, um für alle Teile der Gesellschaft mehr Freiheit zu ermöglichen.

Linus Giese: Lieber Jonas oder der Wunsch nach Selbstbestimmung. Kjona Verlag, 80 Seiten, 18 €

In Anemos, einer postapokalyptischen verstrahlten Stadt, hat sich eine prekär ausbalancierte Gemeinschaft aus Mischwesen und Mutant*innen gebildet – für das gemeinsame Überleben braucht es die Leuchtqualle Oberon, die die Wasserversorgung der Stadt sicherstellt, aber auch die geweihbewehrte Titania, die für die wilden Feste der Stadt sorgt. Doch eines Jahres endet das Fest Walpurgis mit Oberons Tod im Liebesspiel – und das kleine Schleimtierchen Müxerl muss Oberons Aufgaben übernehmen. Denn: Was du kaputt machst, musst du richten, so verlangt es das Gesetz von Anemos. Was, so fragt Elisabeth Klar, kommt nach dem Anthropozän? Und welche Gesetze kann sich eine Gesellschaft geben, um unter widrigen Umständen nicht nur zu überleben, sondern auch leben zu wollen?

Elisabeth Klar: Es gibt uns. Residenz Verlag, 192 Seiten, 24 €

Iona, hochschwanger und obdachlos, bricht eines Nachts bei strömendem Regen in ein leerstehendes Haus in einem süddeutschen Dorf ein. Sie sucht dort ihren Vater Tahvo, den sie nie kennengelernt hat, nie kennenlernen wollte. Doch nun braucht sie Geld. Tahvo aber ist verschwunden – stattdessen trifft Iona auf seine Nachbarin. Tine, die ihre Adoptivtochter über alles liebt, aber nie verwunden hat, keine leiblichen Kinder bekommen zu können, hatte eine Affäre mit Tahvo, und sie vermisst ihn. Karolin, die Tavho vor vielen Jahren in Berlin kannte, führt die einzige Gaststätte des Dorfes. Auch sie kämpft mit den Geistern der Vergangenheit und ihren Erinnerungen. Die drei Frauen machen sich auf in Tahvos Heimat Finnland, um dort nach ihm zu suchen. Auf der Reise geraten ihre unter

schiedlichen Vorstellungen von Mutterschaft, vom Leben und davon, wer Tahvo eigentlich ist, mehr und mehr aneinander.

Marie Malcovati: Als hätte jemals ein Vogel verlangt, dass man ihm ein Haus baut. Edition Nautilus, 224 Seiten, 22 €

Marlen Hobrack erzählt die Geschichte von Mara Wolf – Schulabbrecherin, Anfang zwanzig, depressiv, arbeitslos in Dresden. Ihren Alltag füllt sie mit Instagram, Dating und Online-Shopping. In einer Bar lernt Mara den PR-Agenten Hanno kennen, der von ihr und ihrem schrägen White-Trash-Auftreten begeistert ist. Er engagiert sie für eine Party und überredet sie, sich als Romanautorin auszugeben. Den Roman geschrieben hat ein alter weißer Mann, der genauso wie Hanno und sein Lektor nicht glaubt, dass es sich unter seinem Namen verkauft. Die drei Männer schmieden einen Plan für einen großen literarischen Erfolg, auf den sich Mara einlässt. Schrödingers Grrrl ist ein zeitgenössischer Entwicklungsroman, eine Hochstaplerin-wider-Willen-Studie, eine Geschichte über eine junge Frau, die keinen Platz in der Gesellschaft findet, weil sie gar nicht erst daran glaubt, einen beanspruchen zu können.

Marlen Hobrack: Schrödingers Grrrl. Verbrecher Verlag, 300 Seiten, 24 €

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Endlich wieder raus in den Garten

Dieses umfassende Handbuch bietet Einsteigerinnen und Einsteigern alle wichtigen Informationen. Es zeigt, wie man wertvolle Ressourcen schonend einsetzt, fruchtbaren Boden fördert und dass sich regionale Arten und Sorten für nachhaltigen Anbau eignen.

Manuela Gassner: Wenn nicht jetzt, wann dann? Kosmos Verlag, 176 Seiten, 26 €

Mit diesem umfassenden Standardwerk mit über 2000 Fotos erfüllen Sie sich Ihren Gartentraum! Von der Auswahl des richtigen Werkzeugs über die Gartenplanung bis hin zur Ernte von Obst und Gemüse kultivieren Hobbygärtner*innen mit diesem Ratgeber ihren grünen Daumen. Ein Handbuch mit Hintergrundwissen, Tipps und Tricks sowie zahlreichen neuen Gartenideen und Anregungen zum ökologischen Gärtnern, die sich leicht umsetzen lassen.

Simone Böcker: Rewilding. Aufbau Verlag, 237 Seiten, 24 €

Daniela Strauss: Sommerwiese. Kosmos Verlag, 256 Seiten, 36 €

Eine wilde Wiese ist sommerliche Natur in ihrer schönsten Vielfalt. Auf den Wildkräutern tummeln sich die Insekten. Vögel suchen Schutz zwischen den Gräsern und selbst im Untergeschoss, wo kleine Säugetiere und Regenwürmer zu Hause sind, pulsiert das Leben. Einfühlsam erzählt Daniela Strauß vom sichtbaren und unsichtbaren Leben auf der Sommerwiese. Auf zauberhaften Illustrationen können wir die Tiere, Pflanzen und Pilze dieses Mikrokosmos bewundern. Ein emotionales Naturbuch – Seite für Seite pure Vorfreude auf den Sommer.

Charles Dowding: No Dig - Gärtnern ohne Umgraben. Dorling Kindersley Verlag, 288 Seiten, 29,95 €

No Dig – das heißt Gärtnern ohne Umgraben. Und wie sich herausgestellt hat, ist dieses Konzept nicht faul, sondern schlau! Der Erfinder der NoDig-Methode Charles Dowding zeigt in seinem Gartenbuch interessierten Hobbygärtner*innen, wie sie die sensible Bodenstruktur schonen, nachhaltig Gemüse pflanzen und mit wenig Aufwand reichhaltig Bohnen, Tomaten, Gurken und anderes Gemüse ernten können. Schritt-für-Schritt Anleitungen zu Kompost, Boden und Anbau helfen auch unerfahrenen Hobbygärtner*innen beim Einstieg.

Simona Smatana: Kompostfranzi. Leykam Verlag, 40 Seiten, 17 €

Eintauchen in das große Reich des Komposthaufens: In einem Komposthaufen im Garten, versteckt unter Eierschalen und Gemüseresten lebt Franzi, der Regenwurm. Eigentlich ist Franzi ein fröhlicher kleiner Wurm, doch eine Sache macht ihm ziemlich zu schaffen. Grille Giovanni kann ganz toll Flöte spielen und Marienkäfer Marie ist eine begnadete Gärtnerin. Franzi kann nur eines: endlose Tunnel kreuz und quer in die Erde graben. Ein vollkommen nutzloses Talent, denkt er. Oder etwa doch nicht? Ein wunderschönes Bilderbuch über Selbstliebe und Umweltschutz!

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Katharina Bohm

Ausflusgtipps

FRISCHER WIND AM

WILDEN HERD

WILDE KLOSTERKÜCHE

Wie im barocken Süddeutschland wähnt man sich in der von skulpturalem Schmuck, dekorativem Stuck, Wand- und Deckenmalereien geradezu überquellenden Klosterkirche des Zisterzienserklosters von Neuzelle, der katholischen Stiftskirche St. Marien. (…) Seit 2018 beleben wieder eine Handvoll Mönche das Kloster mit ihrem Klosteralltag. Das an einen Hang gebaute Klosterhotel in der Bahnhofstraße verwandelte vor wenigen Jahren eine junge Generation in ein empfehlenswertes Boutique-Hotel. Von der Designerin Anne Hensel und ihrem Team wurde jedes der 15 Zimmer liebevoll in einem anderen Stil gestaltet. Im Erdgeschoss richtete sie 2018 das moderne Restaurant "Wilde Klosterküche" ein, das sämtliche Aspekte einer zeitgemäßen nachhaltigen Küche erfüllt und ein besonderes Augenmerk auf die lokale Herkunft und effiziente Verwertung von Lebensmitteln legt. Eine junge Küchencrew um Chefkoch Manuel Bunke zaubert geschmackvolle Kunstwerke auf den Tisch. (…)

Das Restaurant bietet ein wechselndes Tagesmenü à la carte aus drei Gängen an. Die Gäste können sich aus den Empfehlungen der Küche ihr Menü selbst zusammenstellen. (…) Die Karte nennt nur die Hauptzutaten, für die Magie der Verfeinerung wird den Zauberern in der Küche vertraut. Liest man die einzelnen Gerichte im Stil von Stichworten, hören sie sich unscheinbar an, doch sie werden so fein zubereitet, dass neue Geschmackserlebnisse entstehen.

WILDE KLOSTERKÜCHE

Hotel und Restaurant

Küchenchef: Manuel Bunke Bahnhofstraße 18 • 15898 Neuzelle reservierung@wildeklosterkueche.de . www.wildeklosterkueche.de

Gerhard Drexel: Leckeres Brandenburg. Die schönsten kulinarischen Landausflüge. 224 Seiten, BeBra Verlag, 18 €

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© Stefan Geller

MEYENBURG

SCHLOSS MIT MUSEUM

UND PARK, MODEMUSEUM IM SCHLOSS

Meyenburg liegt nur rund zwei Kilometer von der heutigen Grenze zu Mecklenburg entfernt. Diese auch historische Grenznähe führte dazu, dass hier am Südufer der Stepenitz die brandenburgischen Markgrafen vor 1285 eine Grenzburg bauten. Im Schutze dieser Burg entstand eine Siedlung, die um 1300 Stadtrecht erhielt. (…) Nach einem Stadtbrand 1795 wurden die Straßen verbreitert. Die noch erhaltenen historischen Fachwerkhäuser, z.B. in der Grünstraße, stammen aus dieser Zeit. Durch den Bahnanschluss 1887 kam es zu einem kleinen wirtschaftlichen Aufschwung. Gründerzeitbauten entstanden am Wilhelmplatz und entlang der Freyensteiner Straße. Neben der Landwirtschaft ist das Tischlerhandwerk in Meyenburg bedeutend. (…). Die Kirche ist im Kern ein mittelalterlicher Saalbau. 1749 bis 1752 wurde sie erneuert und 1848 bis 1850 umgebaut sowie 1949 bis 1953 neugestaltet. (…) Das heutige Schloss hat eine komplizierte und nicht ganz geklärte Baugeschichte. In den Bau sind Teile der alten Burg des 13. Jahrhunderts und der Stadtbefestigung mit eingegangen. (…)

1992 bis 2006 wurde das Gebäude saniert und modernisiert und beherbergt heute das Modemuseum, das Schlossmuseum und die Bibliothek. Im Modemuseum sind Exponate der umfangreichen Sammlung der Frau Josefine Edle von Krepl zu sehen. Die Sammlung umfasst mehr als 3000 Stücke aller Arten der Kleidung aus den Jahren 1900 bis 1970/80.

Es finden aber auch Modenschauen, Sonderausstellungen, Konzerte und andere Veranstaltungen statt. Im Schlossmuseum erfahren Sie Interessantes zur Geschichte der Stadt, des Schlosses sowie der Familie von Rohr und können Fundstücke, die bei der Sanierung zum Vorschein kamen, bewundern.

Armin A. Woy: Die Prignitz entdecken. Kultur und Landschaft im Nordwesten Brandenburgs.

BeBra Verlag

176 Seiten, 18 €

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© Armin A. Woy © Armin A. Woy

Wieso Theater großartig und unverzichtbar ist, muss hoffentlich nicht aufgeführt werden. Wieso aber auch Stücke eine wundervolle Textform sind, welcher leider viel zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird, zeigt die vielfältige Auswahl der Suhrkamp Theater Bücher. Doch genauso spielerisch bunt wie die Stücke von außen erscheinen mögen, lassen sie tief in aktuelle Themen gesellschaftlicher Relevanz blicken.

Sivan Ben Yishai: Like lovers do (Memoiren der Medusa). Suhrkamp Theater, 92 Seiten, 16 €

Eine bunte Mischung der Figuren, von einer ungeraden Anzahl an Tetrissteinen, eine Micky Maus, Astronauten, Soziologen, dem letzten Einhorn, etc. eröffnet Svolikova eine futuristische, herrlich absurde Szenerie. Auf der Erde blicken die Menschen ihrer Vernichtung entgegen. Im All konsumieren Astronauten ihre endlose Pulverration. Die Tetrissteine kopulieren. Unter den Soziologen und der Soziologin herrscht ein Unverständnis, der Forschungsstand trügt. Was steckt hinter der Sonde? Das Stück ist immerzu in Bewegung. Rand und Mitte definieren sich im Grunde auch nur aus dem jeweiligen Standpunkt. Da kann auch die Zukunft noch mal weiter nach außen geschoben werden. Noch als kleiner Hinweis: Natürlich gibt es nicht nur Stücke, deren Texte direkt als Vorlage für das Theater dienen sollten. Derzeit werden einige Romane, die viele von euch auch vielleicht im Buchregal stehen haben, als Bühnenfassung gezeigt, Z.B. Annie Ernauxs Das Ereignis feierte am Berliner Ensemble unter der Regie von Linnenbaum am 18. Feb 2023 Premiere und ist eines der besten Stücke, welches ich seit Langem gesehen habe. Sivan Ben Yishai wurde in diesem Jahr von der Stiftung Preußische Seehandlung mit dem Berliner Theaterpreis ausgezeichnet.

Uraufführung: 30. Sep 2020, Schauspielhaus Wien

Miru Miroslava Svolikova: RAND. Suhrkamp Theater, 148 Seiten, 16 €

Radikal und schonungslos erzählt Yishai über sexuelle Gewalt in patriarchalen Strukturen. Verständlicherweise läuft das Stück mit Triggerwarnung. In poetischen Strophen blickt Ben Yishai in ihrem Lied auf Gewalthandlungen, auf traumatische Erfahrungen und auf ein kollektives Einverständnis von fünf Freundinnen, wenn es um die ideale Vorstellung ihres konstruierten Mannes und das schmerzhafte Bewusstsein ihrer Rollen im gegenwärtigen Modell geht. Ein unfassbar gewaltiger Text, welcher keine beruhigenden Passagen verspricht, aber mit Ehrlichkeit die Leidenden erhebt und keine Tat verschweigen will.

Uraufführung: 9. Okt 2021, Münchner Kammerspiele

Clemens J. Setz: Der Triumph der Waldrebe in Europa. Suhrkamp Theater, 92 Seiten, 16 €

Renate und Konrad Herzers Sohn David verunglückt 2019 an einem Autounfall, im Krankenhaus wird er für tot erklärt. Von selbst kann er nicht sprechen, wird in einem unterdrückten Schweigen gehalten, leidet an einer Form von Demenz, wie es seine Mutter formulieren würde, also übernehmen es die Eltern an einer Computerstation für ihn. Über ein Tablet formuliert sie für ihn die Texte, damit er weiterhin mit der Außenwelt kommunizieren kann, auch eine neue Schule soll er bald besuchen. Kaum ein Tag vergeht, an dem sie nicht mit Journalist:innen über die Behinderung ihres Sohnes diskutieren muss. Auch online auf ihrem Blog gibt es eine breite Masse an Meinungen, welche zwischen Solidarität und Shitstorm agieren. Der Text fragt nach Grenzen. Wie weit sind wir als Individuen reproduzierbar? Ist die digitale Welt so weit in der Realität angekommen, oder vielmehr, gibt es überhaupt noch eine Unterscheidung zwischen ihnen? Wie weit können wir in Rollen schlüpfen und ihre Authentizität hinterfragen? Clemens J. Setz eröffnet eigenwillige Spielräume, wenn es um die Frage nach unserer Unsterblichkeit geht.

Dschinns von Fatma Aydemir ist zwar so gut wie gerade erst erschienen, sie hat aber auf jeder Ebene ein sowohl hoch emotionales und aktuelles, als auch subtil humorvolles Werk geschrieben . Seit dem 17. Feb. 23 ist es unter der Regie von Nurkan Erpulat am Gorki Theater zu sehen. Und unter dem Repertoire der Schaubühne befinden sich ebenfalls viele großartige Stoffe wie z.B. „Im Herzen der Gewalt“ von Edouard Louis (Regie: Thomas Ostermeier), „Erinnerung eines Mädchens“ von Annie Ernaux (Regie: Sarah Kohm) und „Das Leben des Vernon Subutex 1“ von Virginie Despentes (Regie: Thomas Ostermeier).

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Ab ins THEATER
Kathas T h eater-tip p s

Rezept

INVOLTINI DI MELANZANE

GEFÜLLTE AUBERGINENRÖLLCHEN MIT TOMATENSOSSE

Bei diesem unwiderstehlichen Klassiker werden die Auberginenröllchen mit einer gehaltvollen Creme aus Mascarpone und Ricotta gefüllt und im Ofen überbacken. Ein schnelles und einfaches Gericht für einen lauen Sommerabend.

FÜR 4 PORTIONEN

3 kleine Auberginen

Salz

3 Knoblauchzehen

3 EL Olivenöl

400 g Tomaten in Stücken (Dose)

1 Stängel Basilikum

100 g Mascarpone

100 g Ricotta

25 g Parmesan, gerieben

1 Eigelb

frisch gemahlener schwarzer Pfeffer

1 Kugel Mozzarella

AUSSERDEM

Auflaufform

1 Ciabatta

Den Backofen auf 190°C vorheizen. Die Auberginen vom Stielansatz befreien und längs in möglichst dünne Scheiben schneiden, dabei sollten keine Löcher entstehen. Die Auberginen salzen und nach und nach in einer beschichteten Pfanne ohne Öl scharf rösten. Die Scheiben auskühlen lassen.

Den Knoblauch schälen und fein hacken. Olivenöl in einem Topf erhitzen und den Knoblauch darin bei schwacher Hitze anschwitzen. Die Tomaten zugeben und mit Salz würzen. Die Tomatensoße in eine Auflaufform geben.

Für die Füllung Basilikum abbrausen, trocken tupfen, die Blättchen abzupfen und in dünne Streifen schneiden. Mascarpone, Ricotta und Parmesan in einer Schüssel mit Basilikum und dem Eigelb vermischen. Mit Salz und Pfeffer würzen.

Die Auberginenscheiben jeweils mit 1 EL Füllung bestreichen und aufrollen. Die Involtini in die Tomatensoße setzen. Mozzarella in kleine Stücke rupfen und die Röllchen damit belegen. Die Involtini 35 Min. backen, bis der Käse gebräunt ist. Mit Ciabatta warm servieren.

Lisa Nieschlag, Lars Wentrup: Ti Amo Roma. Hölker Verlag, 176 Seiten, 30 €

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© Lisa Nieschlag,
Hölker Verlag.

Long Story Short

In Long Story Short stellen die Kulturjournalist:innen Karla Paul und Günter Keil in 20-30 Minuten persönlich und pro

fessionell sich und den Hörenden alle zwei Wochen vier Bücher vor, jeweils zwei Neuerscheinungen und zwei Backlistlieblinge. Sie pitchen den Inhalt in sechzig Sekunden, diskutieren dann darüber oder befragen die Autor:innen selbst, bringen dazu Hörproben und Insiderwissen aus der Literaturwelt mit. Die beiden Viellesenden stellen in ihrem Podcast von Penguin Random House Buchtipps aus allen Genres und für jedes Alter vor, für unterhaltsame Sofastunden oder anspruchsvolle Einschätzungen der Gegenwartsliteratur für den nächsten Lesekreis. Es gibt Spezialfolgen für Krimi- oder Liebesromanfans, für Sachbuchjunkies und den regelmässigen Bestseller-Check!

Für Karla und Günter ist klar: Das Leben ist viel zu kurz für schlechte Literatur und deswegen gibt es bei ihnen keine Verrisse, sondern nur Empfehlungen und davon viele: In den bisherigen 80 Folgen haben sie bereits über 400 Bücher besprochen und sie lesen fleißig weiter!

blauschwarzberlin – Der Literaturpodcast.

Wir, das sind Maria-Christina Piwowarski und Ludwig Lohmann. Wir arbeiten beide seit vielen Jahren in der Buchbranche. Wir lesen viel und wir sprechen darüber. Denn wir glauben an die Wirkmächtigkeit der Literatur. Wir sind überzeugt davon, dass gute Bücher wichtig sind – für die Gestaltung der Freizeit, für die Entwicklung einer empathischen Persönlichkeit und für konstruktive Gesellschaftskritik. Unser Reden über Literatur ist keine Werbung. Wir schwärmen und wir kritisieren unabhängig. Aber wir arbeiten gern mit Institutionen zusammen, die unsere Werte teilen. Wir setzen uns ein für unabhängiges Publizieren, sind dezidiert feministisch und halten Vielfalt für eine Bereicherung.

Einmal im Monat treffen wir uns bei einem Glas Grauburgunder und sprechen über unsere letzten Lektüren. Das Gespräch kann man live auf Instagram mitverfolgen oder im Anschluss auf allen bekannten Podcast-Kanälen nachhören. Unseren blauschwarzberlin-Literaturpodcast gibt es seit 2019. Im März 2023, genau zum Indiebookday, nehmen wir die 50. Folge auf und besprechen unsere 50 liebsten Indiebooks. Live und vor Publikum.

Literatur-Podcasts
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Monatslese

"Bücher und Feelings" lautet das Motto der MONATSLESE, dem Podcast von Tina Lurz und Anne Sauer. Einmal im Monat blicken die beiden literaturbegeisterten Freundinnen zurück auf zuletzt gelesenes und alles, was sie bewegt, beschäftigt, geärgert und begeistert hat – vom literarischen Highlight bis zum "Crush des Monats". Dabei kombinieren sie aktuelle Debatten mit philosophischen Gedanken, Popkultur und Buchtipps.

Das Duo Lurz & Sauer: Tina lebt und arbeitet in Augsburg als freie Social Media Expertin, Moderatorin und Beraterin für Verlage und Autor:innen. Anne ist freie Texterin und Moderatorin und arbeitet in der Buchhandlung Lüders in Hamburg. Beide sind immer umgeben von stapelweise Büchern und Geschichten, inspirieren auf Instagram zum Lesen und versorgen ihre Community mit einem monatlichen Newsletter auf Steady.

Dear Reader

Mascha Jacobs *1978 arbeitet als Publizistin und freie Autorin für unterschiedliche Medien (u.a. Zeit Online). Neben Tätigkeiten als Lektorin und Redakteurin gibt sie seit zehn Jahren die Zeitschrift Pop. Kultur und Kritik mit heraus. Sie moderiert zudem Veranstaltungen zu den Themen Popkultur, Kunst und Literatur. Seit 2018 moderiert sie den Podcast "DEAR READER", in dem sie sich mit Autorinnen und Autoren über ihre Lieblingsbücher unterhält. Jede Gesprächspartner:in bringt zwei Bücher mit, die ihr oder sein Leben geprägt haben. Es waren schon über 50 Autor:innen zu Gast.

Katja Petrowskaja war schon da, Nava Ebrahimi, Clemens J. Setz, Jovana Reisinger, Françoise Cactus, Jackie Thomae, Eckhart Nickel, Heike Geißler, Leif Randt und zuletzt Thomas Meinecke.

Englische Podcasts

Literary Friction/NTS:

Literary Friction is a conversation about books and ideas, hosted by friends Carrie and Octavia. Each month we interview an author about their book and build the show around a related theme – anything from resistance to coastlines to corpses.

Good Night Stories for Rebel Girls

A fairy tale podcast for kids about real life extraordinary women from all over the world. Based on the bestselling series Good Night Stories for Rebel Girls.

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Wo ist was?

Welches Berliner Wahrzeichen kannst du entdecken?

Wie viele Kinder spielen?

Wo hat sich der Teddy versteckt?

Kinder seiten

Innenseiten aus Nelly und die Berlinchen - Rettung auf dem Spielplatz © HaWandel Verlag, Illustration: Mathilde Rousseau

Wer ist hier das Monster?

"Bist du ein Monster?" fragt das Grüne Etwas auf dem Cover mit großer Brille, fragendem Blick und Fliege (!) um den Hals. Im Buch stellt sich schnell heraus: Das Monster hätte gern einen Kumpel, um schreckliche Dinge zu tun. Aber der Kumpel muss gefährlich aussehen und dazu gehören nunmal Krallen und Zacken auf dem Rücken. Du hast das alles nicht? Ach schade ... dann könnt Ihr wohl keine Freunde werden. Oder vielleicht doch? Dann zeige doch mal, dass Du Stampfen und Schreien und Wüten kannst. Toll! Aber: Huch! Das kleine, grüne Monster hat jetzt ein bisschen Angst vor Dir, denn Du bist echt ganz schön gruselig. Dieses Buch animiert Kinder dazu, sich wie ein Monster zu gebärden. Brüllen, Stampfen, Zähne zeigen: ... Hier passiert sehr viel. Besonders interessant (und lustig) wird es dann, wenn es auf einmal zum Rollentausch von Monster und Kind kommt. Ein Perspektivwechsel, der Kinder und Erwachsene überrascht und zum Lachen bringt.

Stephan Lomp: Eddie und der neugierige Baum. cbj Verlag, 40 Seiten, 15€, ab 4 J.

Statt alleine Langeweile zu schieben, lieber zusammen Erdschichten versetzen!

a

Einfach buddeln von Wenda Shurety und großartig illustriert von Andrea Stegmeier ist ein ganz wundervolles Bilderbuch für neugierige Forscher:innen, Abenteuerlustige und Tatendrängende ab 3 Jahren. Ben lebt in der Trübstraße und dort ist es wirklich furchtbar grau und langweilig. Beim Blick auf seinen Globus fragt er sich, wie es wohl auf der anderen Seite der Welt ist. Voller Neugier zieht er die einzig logische Konsequenz und fängt an, im Garten zu buddeln. Einfach zu buddeln. Nach und nach zieht er das Interesse der anderen Kinder aus der Trübstraße auf sich und alle können etwas dazu beitragen, dass aus dem spülbeckengroßen Loch irgendwann ein Tunnel durch alle Erdschichten entsteht. Und wie sieht es auf der anderen Seite wohl aus? Und was lässt sich auf dem Weg dorthin alles entdecken? Das gilt es selbst herauszufinden!

Da fühlt man sich wie zuhause

Tonis Eltern haben eine Buchhandlung gekauft! Das ist natürlich mega aufregend und eröffnet ungeahnte Möglichkeiten, aber auch genauso viele Fragen für Toni: Gehören alle Bücher im Laden jetzt ihr? Darf sie sich alle Einhorn- und Connibücher wünschen? Leben die anderen Mitarbeiter:innen aus der Buchhandlung jetzt mit in der Wohnung? Das neue zweite Zuhause bietet viele Abenteuer und Geheimnisse, wie etwa das gruselige Monster am Schaufenster, die Vertreter:innen der Verlage die die neusten Kinderbücher vorstellen oder die Übernachtungsparty zwischen den Bücherregalen. Zusammen mit Toni könnt ihr ihren wahr gewordenen Traum erleben. Fun Fact: Die Autorin wohnt selbst über einer Buchhandlung, nämlich ihrer eigenen. Vielleicht wirken die Geschichten ja deshalb so echt! Außerdem ist fast jede Seite mit einer knuffigen Illustration von Nini Alaska verziert. Zum Vorlesen für Kinder ab 5.

Petra Hartlieb, Nini Alaska: Zuhause in unserr Buchhandlung. Carlsen Verlag, 128 Seiten, 7,99 €

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von Laur
Ein Tip p von Sonj a
Ein Tip p von Alwi n
Wenda Shurety: Einfach buddeln! Carlsen Verlag, 40 Seiten, 14 €, ab 3 J.

Wimmelbuch, Kinderkochbuch und Reiseführer. Alles auf einmal!

Märkte in aller Welt nimmt uns mit auf eine 80-seitige Reise durch 12 nahe und ferne Länder. Mit Körben, Jutebeuteln und Einkaufstrolleys erkunden wir den Mercado Central in Chile, den Yulin-Markt im chinesischen Chengdu, die große Markthalle in Budapest und viele andere bunte Märkte. In jedem Land lernen wir die beliebtesten Waren und die wichtigsten Vokabeln für den Marktbesuch kennen. Und wie bezahlt man hier eigentlich? Das Buch verrät es uns. Dazu gibt es zu jedem Land eine Wimmelbuchseite mit Suchaufgaben. Außerdem sind Tipps für die Eltern und aus jedem Land ein Rezept mit dabei. In Russland lernen wir, wie man Dónskaja uchá (eine Fischsuppe), in Spanien, wie man Tortilla de patatas und in den USA, wie man Strawberry Shortcake macht. Dieses wunderschön illustrierte, russische Kinderbuch ist vieles auf einmal und auf jeden Fall spannend!

AUSSTATTUNG EINES BÜCHERWURMS

Maria Bakhareva, Anna Desnitskaya: Märkte in aller Welt. Gerstenberg Verlag, 80 Seiten, 26 €, ab 10 J.

Wunderschön und wichtig!

Dass Lena Hach wunderschön und authentisch schreiben kann, hat sie mit ihren Kinderbüchern schon mehrfach bewiesen, aber mit diesen knapp 100 Seiten übertrifft sie sich selbst. Fred und ich ist eine herzliche und sentimentale Liebesgeschichte zwischen zwei Kindern, die sich an einem zugefrorenen See zum ersten Mal richtig begegnen. Wir erleben die Geschichte aus der Sicht von der 11-jährigen Anni, die von Fred für ihren Mumm im Winter eisbaden zu gehen, bewundert wird. Doch insgeheim sorgt Fred sich auch um sie, schließlich ist allein im eisigen See schwimmen nicht ungefährlich. Jeden Tag freunden sich die beiden ein bisschen mehr an, bis Anni merkt, dass sie so etwas wie Gefühle für den trans* Jungen entwickelt. Sie wird Ansprechpartnerin für Freds Emotionen und erhält einen Einblick in das Leben mit seiner Tante, die seine Identität nicht ernst nimmt. Wie die beiden Kinder zusammenhalten und sich umeinander sorgen und dabei trotzdem Kinder sind, ist wunderbar authentisch erzählt. Eine liebenswerte Geschichte über Akzeptanz, Menschlichkeit und erste Gefühle. Gerade in Zeiten einer transfeindlichen Rowling ein tolles Beispiel wie man gute Kinderbücher schreibt.

Gemütlicher Lesesessel Große Tasche für Bücher

Lena Hach: Fred und ich. Beltz Verlag, 94 Seiten, 12 €, ab 11 J.

AUSSTATTUNG EINES BÜCHERWURMS

AUSSTATTUNG EINES BÜCHERWURMS

Ausreichend Snacks für lange Lesestrecken

Warme, kuschelige Decke

Viele, viele Bücher

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E i n Tipp v o n Tim
Ein Tip p von Alwi n
Gemütlicher Lesesessel Ausreichend Snacks für lange Lesestrecken Warme, kuschelige Decke 40
Lesesessel Große Tasche
Illustration entnommen aus: Debbie Tung: Book Love. Graphix Loewe Verlag,
Gemütlicher
für Bücher

Das ist Ted.

Lies mit uns die ersten Seiten aus Nadia Shireens Grimmwald. Das Buch erscheint am 13.03.23 im Insel Verlag.

ie so viele Füchse lebten sie in einer Großen Stadt.

Nancy war der tapferste und mutigste Fuchs, den Ted kannte. An seine Mama und seinen Papa konnte er sich nicht mehr erinnern, aber Nancy war immer für ihn da. Sie sorgte dafür, dass er was zu essen und einen warmen Schlafplatz hatte.

Wenn sie sich nicht gerade um Ted kümmerte, streifte Nancy mit ihren Freunden durch die Stadt. Sie kannte jede Straße, jede dunkle Gasse, jede Mülltonne und jedes Versteck. Nancy war TAFF. Einfach mal lachen, an Blumen schnuppern oder Comics lesen – das war nichts für Nancy. So was brauchte sie nicht, oh nein. Ted dagegen war ein lieber kleiner Fuchswelpe. Am liebsten blieb er in der Nähe seines Baus tief unter einem stachligen Holunderstrauch in der hintersten Ecke eines riesigen Parks. Bei Sonnenschein wälzte er sich im Gras, schnüffelte im Laub oder schlabberte heruntergefallene Eiswaffeln auf. Hin und wieder kam Nancy vorbei und brachte ihm was zu futtern.

Nancy war Kaffee lieber. Der hielt sie WACH.

Wenn sie allerdings zu viel getrunken hatte, bibberte und bellte sie. Dann musste Ted sich auf ihren Kopf setzen, bis sie sich beruhigte.

Und das ist Nancy.

Insel
Insel Teds und Nancys total verrücktes Abenteuer
WILLKOMMEN aufBetreten Gefahreigene

Ted und Nancy waren zwei tolle Füchse und sie hatten alles, was sie brauchten. Fast alles. In letzter Zeit spürte Ted häufig so einen Schmerz in der Brust. Vor allem dann, wenn Nancy davontrottete und er allein im Bau zurückblieb. Oder wenn sie mit ihren Freunden quatschte, den Füchsen Eimer und Hecke. Oder wenn er die niedlichen kleinen Menschen an den Händen ihrer großen Menschen sah.

Aber manchmal auch nachts, wenn er auf einem großen Stein hockte, in den unendlichen Himmel schaute und schwer seufzte. Eines Nachmittags lag Ted zusammengerollt im Fuchsbau, als er plötzlich Musik hörte. Jemand spielte Gitarre. Dann sang ein hohes, dünnes Stimmchen leise ein Lied.

Hallo, mein großer Freund

Hola mi amigo

Mit einem Freund bin ich nie allein

Mit einem Freund will ich sein

Hallo, mein großer Freund

Hola mi amigo

Mit einem Freund bin ich nie allein

Mit einem Freund will ich sein

Ted kroch aus dem Bau.

»Ich hab’s !« , rief er. »Ich bin brauche Freunde.«

Er sah den Grashüpfer an, der das Lied gesungen hatte.

»Hallo ! Willst fragte er. »Du singst gerne, ich singe gerne – wir haben viel gemeinsam!«

»Zisch ab« , erwiderte der Grashüpfer und sprang davon.

Nancy Kaffee lieber. Der hielt sie

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Illustrationen: © Nadia Shireen / Insel Verlag

Nelly und d i e Berlinchen

Karin Beese & Mathilde Rousseau: Nelly und die Berlinchen - Rettung auf dem Spielplatz. HaWandel Verlag, 28 Seiten, 8,50 €

Karin Beese & Mathilde Rousseau: Nelly und die Berlinchen - Die Schatzsuche. HaWandel Verlag, 40 Seiten, 9,90 €

Karin Beese & Mathilde Rousseau: Nelly und die Berlinchen - Die perfekte Geburtstagsparty. HaWandel Verlag, 36 Seiten, 9,90 €

Kennt ihr eigentlich schon Nelly und die Berlinchen? Inzwischen gibt es schon drei Bände von der Diversity-Kinderbuchreihe für Kinder ab 3 Jahren, erschienen im HaWandel-Verlag. Alle Bände wurden von Autorin Karin Beese in Reimform verfasst und von Mathilde Rousseau liebevoll illustriert.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht Nelly, ein Mädchen aus Berlin, mit einem ganz besonderen Talent für lustige Kinderreime. Gemeinsam mit ihren Freundinnen Amina und Hannah erlebt sie lustige und spannende Abenteuer.

Während es in Rettung auf dem Spielplatz vorallem um Ärger mit Geschwistern und echte Freund:innenschaft geht, steht in Die Schatzsuche eine Rätseljagd in der Natur im Mittelpunkt. Das neuste Buch von Nelly und die Berlinchen ist im Mai 2022 erschienen: Die perfekte Geburtstagsparty. Hier lernt Nelly kleine Streitigkeiten zu lösen und Streitigkeiten zu schlichten - bis ihr aufeinmal doch alles zu viel wird. Ein Buch über den Umgang mit eigenen Erwartungen, Freundschaft, Streit, Trost und Versöhnung.

Das Besondere an den Büchern rund um die drei Mädchen: Die Illustrationen bilden diskriminierungssensibel verschiedene Dimensionen von Vielfalt (Hautfarbe, Religion und Familienkonstellationen) ab, ohne dass diese im Text thematisiert werden. So können verschiedene Interpretationsmöglichkeiten entstehen und das junge Lesepublikum kann sich leicht mit den Helden:innen identifizieren. Die Bücher können vorgelesen werden, sind aber auch für Erstleser:innen geeignet. Ganz besonders schön: In den Illustrationen lassen sich immer wieder kleine Details finden, so dass es immer wieder spannend wird.

Innenseiten aus Nelly und die BerlinchenDie perfekte Geburtstagsparty: © HaWandel Verlag, Illustration:

Mathilde Rousseau

9,90 €

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47 h ABC MALBUCH B wie B e r COLOURING BOOK Spielerisch Berlins spannende Viel Spaß! A playful way to discover Berlin’s exciting history and diverse culture. Have fun! LERNEN, SPIELEN, SPAß HABEN! 30 COLORING POSTER Abc-Malbuch: B wie Berlin, 30 Seiten, ab 2 Jahren, 10,99 € h © B wie Berlin Ausmalseiten

Niemand will nach ganz unten

Nevo wohnt mit ihrer Familie in einem Gebäude mit einem scheinbar unendlichen tiefen Treppenhaus. Sie lebt im zinnoberroten Sektor, gefühlt irgendwo in der Mitte, aber wie viele Farben es nach oben oder unten hin gibt, kann sie im Treppenhaus nicht erkennen. Als ihre beste Freundin im Wäscheschacht nach unten fällt, gerät Nevo in Panik. Außerdem scheint sich außer ihr auch niemand mehr an ihre Freundin zu erinnern, noch nicht einmal deren Eltern! Kurzerhand macht sich Nevo allein los, um ihre Freundin in den Untiefen des Treppenhauses zu finden. Von Stockwerk zu Stockwerk, an den Nachtwächtern der Hausverwaltung vorbei, bis ganz nach unten. Die Geschichte hat von Anfang an ein spannendes Mysterium, das sich mehr und mehr als dystopisches Setting entpuppt. Ich habe es geliebt, dass die Charaktere alle glaubwürdig handeln und eigentlich immer genau das tun, was ich auch getan hätte. Figuren handeln außerdem auch, wenn Nevo mal nicht dabei ist. Dadurch fühlen sie sich lebendig an und die ganze Geschichte wirkt organisch und, trotz des surrealen Szenarios, logisch. Klarer Tipp für alle Mysteryfans ab 11 Jahren. Die Autorin betreibt übrigens den "Tintenzirkel", einen Autor:innenkreis für Fantasygeschichten.

Maja Ilisch: Unten. Dressler Verlag, 304 Seiten, 16 €, ab 10 J.

Wem kannst du vertrauen?

Der Pakt mit der Finsternis ist ein gelungener Auftakt der "Polidoris"-Reihe. Ein heruntergekommenes, spukhaftes Herrenhaus am Meer, lauter Rätsel und Familiengeheimnisse, ominöse Wesen und Erscheinungen, schrullige Charaktere. Als sich Dr. Stella und Dr. Oscar Polidori auf eine Tiefsee-Expedition in den Südatlantik begeben und plötzlich spurlos verschwinden, werden ihre drei Kinder Petronella, Pellegrino und Roberta in den Küstenort Tildrun zu den Großeltern geschickt und sollen fortan bei ihnen im „Polidorium“ wohnen. Ihr neues Zuhauses – eine große Villa am Meer – ist völlig heruntergekommen und wirkt ziemlich finster und unheimlich. Den dreien wird sehr schnell klar, dass es im Polidorium nicht mit rechten Dingen zugeht. Die Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven der drei geschildert und es wird schnell deutlich, dass wir es hier mit einem äußerst ungleichen Trio zu tun haben. Ein Buch, in dem man wohnen möchte und einfach die ideale Kulisse für einen Gruselschmöker und ein Ort, der mich von Anfang an verzaubert hat. Die Geschichte ist so herrlich düster und skurril und steckt voller Überraschungen, Geheimnisse und Fantasie. Wärmste Empfehlung!

Anja Fislage: Die Polidoris Band 1. Coppenrath Verlag, 392 Seiten, 16 €, ab 11 J.

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Gutes kommt auch zu dir zurück

Lina ist Leuchtturmwärterin. Nachts leuchtet ihr Leuchtturm ein warmes rotes Licht. Dorthin kommen Vögel, egal ob sie krank, müde oder einsam sind. Lina kümmert sich um sie. Doch eines Nachts zerbricht ihr Licht während eines Sturms. Wie kann sie den Vögeln dennoch mit ihrem Licht ein Wegweiser sein? Lina braucht die Unterstützung ihrer gefiederten und auch schuppigen Gefährten. Denn zusammen schafft man alles - oder? Ein sehr warmherziges Bilderbuch mit tollen Illustrationen von Nini Alaska.

Jonathan Stock: Linas Leuchtturm. CBJ Verlag, 32 Seiten, 15 €, ab 4 J.

Kenne keine Regeln - dann kannst du sie nicht brechen!

Nach dieser Devise lebt Hoodie Rosen. Er ist in der jüdisch -orthodoxen Gemeinde großgeworden. Bisher kam er immer sehr gut mit seiner Maxime durch - doch dann lernt er Anna-Marie kennen. Hoodie merkt sofort das sie nicht Teil seiner Gemeinde ist. Doch er kann sich nicht von ihr fernhalten. Als er mit ihr zusammen Hakenkreuze von einem jüdischen Grab entfernt, sieht das seine Familie als Verrat an ihnen an, denn Anna-Maria ist die Tochter der Bürgermeisterin, die der orthodoxen Gemeinde den Kampf angesagt hat. Hoodie gerät zwischen die Fronten. Wofür entscheidet er sich? Oder kann er mit Anna-Maria Zeit verbringen, ohne sich von seiner Familie abwenden zu müssen? Humorvoll & bewegend - meine volle Empfehlung!

Issac Blum: Ruhm und Verbrechen des Hoodie Rosen. Beltz & Gelberg Verlag, 224 Seiten, 15 €, ab 14 J.

Spezialagenten mit Wortwitz vom feinsten!

Inspektor Salamander hat eine steile Karriere hinter sich: von der Spezialeinheit Fruchtfliegenjagd in der Mango und Melonenabteilung zum Inspektor! Er hat sich mit seinem Assistenten Spider-Manni auf dem Schrottplatz niedergelassen. Genauer in einer Waschmaschine mit rostiger Trommel. Eines Tages sucht der Opernsänger Crötelli sie auf: Seine komplette Familie inklusive Froschtümpel ist verschwunden. Die beiden Detektive machen sich sofort daran, diesem Fall auf den Grund zu gehen! Mit einer gehörigen Portion Wortwitz liest sich dieses Buch für Menschen ab 5 wunderbar. Die Comicelemente machen es sowohl zu einem tollen Vorlesebuch, aber auch zu einem fantastischen Buch, um etwas später das erste Lesen zu üben. Ab 7 Jahren.

Markus Grolik: Inspektor Salamander - Tatort Schrottplatz. dtv, 128 Seiten, 15 €, ab 7 J.

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drei Ti p ps von Jo h a n n a

Für jedes Gefühl, das ihr fühlt, für jeden Gedanken, den ihr denkt, gibt es ein Buch, in dem ihr euch aufgehoben fühlen werdet. Ihr müsst es nur aufschlagen.

Kennst du eigentlich schon den Tulipan Verlag? Wir haben das Team des Tulipan Verlags gefragt, was sie so sehr an Büchern für Kinder begeistert, wie sie eigentlich ihre Autor:innen finden und welche Kinderbücher denn ihre Leseleidenschaft geweckt haben ;)

Wie findet ihr eure Autor:innen?

Wir sind in der Branche sehr gut vernetzt und sprechen Autor*innen, mit denen wir zusammenarbeiten wollen, direkt an. Darüber hinaus arbeiten wir mit Agenturen zusammen, die uns und unser Programm kennen und uns entsprechende Autor*innen und Buchprojekte vorstellen.

Was habt ihr gerne als Kinder gelesen?

Es waren natürlich die Klassiker von Astrid Lindgren, Enid Blyton, Erich Kästner und Michael Ende dabei. Grundsätzlich kümmern ein Kind große Namen aber nicht. Wir haben alle die Erfahrung gemacht, dass wir querbeet alles gelesen haben, was uns thematisch interessiert hat.

Warum denkt ihr, dass Kinderbücher wichtig sind?

Bücher begleiten Kinder beim Heranwachsen und erfüllen in jeder Altersstufe eine andere wichtige Funktion. Dabei ist es in erster Linie wichtig, Bücher überhaupt in den Alltag klei-

ner Kinder zu integrieren. Zusammen ein Buch zu lesen, fördert die zwischenmenschliche Beziehung, es fördert die Fantasie und nicht zuletzt natürlich die Lesekompetenz. Kinderbücher sind die Tür zu einem ganz besonderen Ort, an den sich Leser:innen jeden Alters mit dem Aufschlagen eines Buches begeben können. Das Lesen ist entscheidend, um sich Wissen anzueignen und unsere Welt zu begreifen - das Fundament dafür legen Kinderbücher.

Was möchtet ihr den Kindern, die eure Verlagsvorstellung lesen, gerne mit auf den Weg geben? Für jedes Gefühl, das ihr fühlt, für jeden Gedanken, den ihr denkt, gibt es ein Buch, in dem ihr euch aufgehoben fühlen werdet. Ihr müsst es nur aufschlagen.

Was sind eure liebsten Titel aus eurem Verlagsprogramm?

Das ist eine sehr schwere Frage, die wir allgemeingültig nicht beantworten können. Es kommt immer darauf an, wonach einem gerade der Sinn steht.

Wenn wir auf unser aktuelles Programm schauen, dann ist das Bilderbuch Eine Dachbodengeschichte besonders niedlich, Bennos Bestie ein neues Lesekonzept für Zweitleser und Der Sommer, als ich fliegen lernte ein vielschichtiger Coming-of-Age-Roman.

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© Tulipan Verlag

Neuheiten aus dem Tulipan Verlag

Schiff ahoi!

Spinne Karl-Heinz und Fliege

Bisy stechen in See. Sie wollen raus aus dem Dschungel, zurück in die Buchenhecke. Als plötzlich ein kräftiger Sturm aufzieht und die hohen Wellen sämtliche Vorräte über Bord spülen, bleibt nur eins: Karl-Heinz muss sein Netz auswerfen. Statt eines Fisches verfängt sich darin aber eine Flaschenpost mit einer geheimnisvollen Schatzkarte. Karl-Heinz und Bisy packt die Abenteuerlust! Auf ihrer Suche bekommen sie es nicht nur mit wilden Piraten zu tun, sondern auch mit dem schwarz-weißen Drachen.

Jutta Nymphius und Volker Fredrich: Bennos Bestie. Tulipan Verlag, 80 Seiten, 13 €

Angst – und wie man sie überwindet

nach einer wahren Begebenheit!

Das Mädchen mit den vier Namen von Frauke Angel mit Illustrationen von Mehrdad Zaeri: Luna Debora Gretel Victoria! Wer hat denn so viele Namen? Die Geschwister Ida und Knut können es nicht fassen. Aber das Mädchen mit den Sommersprossen und den lustigen Zöpfen hat nicht nur vier Namen, es hat auch vier Mütter. Jede von ihnen hat ihm einen Namen gegeben und jeder Name erzählt eine Geschichte. Eine Liebeserklärung an alle Mütter, erzählt von Frauke Angel nach einer wahren Begebenheit! Mit wunderschönen Bildern von Mehrdad Zaeri.

Kai Pannen: Ins Netz gegangen Band 6, Tulipan Verlag, 104 Seiten, 16 €

Bennos Bestie von Jutta Nymphius mit Illustrationen von Volker Fredrich: Seit Benno von einem Dackel gebissen wurde, verändert sich die Welt um ihn herum: Sie wird lauter, bösartiger, gefährlicher! Als dann nebenan auch noch ein Hund einzieht, der immer wild bellend gegen den Zaun springt, traut sich Benno nicht mehr aus dem Haus und weigert sich, zur Schule zu gehen! Dann erfährt er, dass der wilde Hund, Freddie, als Welpe misshandelt wurde und eigentlich nur Angst vor Menschen hat. Doch wenn er weiterhin so laut ist und alle Leute erschreckt, muss er zurück ins Tierheim. Aber keiner kann etwas für seine Angst, das weiß Benno genau! Er beschließt, Freddie zu helfen … „Was guckst du?!“ – Lies nicht nur, sondern schau auch genau hin: Abwechselnd erzählt in Text und Bild von Jutta Nymphius und Volker Fredrich.

Frauke Angel und Mehrdad Zaeri: Das Mädchen mit den vier Namen. Tulipan Verlag, 36 Seiten, 16 €

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Ich. Kann. Nicht. Aufhören!

Robin Swift ist der einzige aus seiner Familie, der den Cholera-Ausbruch überlebt. Ein Professor nimmt ihn mit in die Silberstadt London, wo er herausfindet, dass er eine Bestimmung zu erfüllen hat. Babel, nach dem dieses Buch benannt ist, ist das königliche Institut für Übersetzung aber auch für Magie: Die alte, mächtige Magie des Silberwerks. Mithilfe dieser hat es Großbritannien zu einem mächtigen Empire geschafft. Robin soll an diese Universität und die Kunst des Silberschmiedens erlernen. Er stürzt sich in die vorbereitenden Studien, um es an die Universität zu schaffen. Ein grandioser Roman, den ich nicht mehr aus der Hand legen konnte. Eindringlich und mit wunderschöner Sprache geht es um eben diese und inwieweit sie unsere Identität prägen und beeinflussen kann. Kombiniert mit der Thematik der Kolonialisierung ergibt sich ein spannender Fantasyroman den ich nur empfehlen kann!

Wenn Pflanzen nicht wären, würden wir Menschen gar nicht existieren. Denn sie bieten uns so viel: Unter anderem Schutz, Nahrung und sie sind sogar Heilmittel. In diesem von Sara Boccaccini Meadows wunderschön illustrierten Kinderbuch werden 15 Pflanzengruppen und ihre Merkmale, Geschichten, Nutzen und Besonderheiten vorgestellt. Die Pflanzenauswahl hat Autor Rizaniño Reyes, der als Gärtner, Referent und Pädagoge arbeitet, mit Bedacht ausgewählt: Zum einen finden wir natürlich die Klassiker:innen wie Pfefferminze, Kürbis und Tomate. Aber auch exotische Pflanzenarten wie Orchideen und Ananas werden genaustens unter die Lupe genommen. Und für alle, die selbst gerne gärtnern und ernten, gibt es Anleitungen, wie dies am besten gelingt. Denn das Besondere ist: Die abgebildeten Pflanzen können Zuhause oder im Garten wachsen. Das Buch ist nicht nur für alle Kinder ab 9 Jahren ein wirklich schönes Geschenk, es macht auch Erwachsenen richtig Spaß, die detailreichen Zeichnungen anzusehen und Neues zu erfahren und entdecken.

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Rizaniño Reyes, Sara Boccaccini Meadows Im Garten. ArsEdition, 64 Seiten, 20 €

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40 Seiten, gebunden, ab 5, € 18,–Illustration © Julia Dürr Eine abenteuerliche Reise übers Meer und quer durchs Land: die Dinge auf dem Weg zu uns!
ISBN 978-3-407-75710-4
Rebecca F. Kuang: Babel. Eichborn Verlag, 752 Seiten, 26 €
ein
Tip p von Elsa

Komm mit auf eine wimmlige Reise zu den schönsten Baumhäusern der Welt!

Liebe Jury, endlich ist es soweit: Das Finale des Baumhauswettbewerbes steht endlich an! Ja, du hast richtig gehört, du bist Mitglied in der Jury! Du und der Kranich werdet eine lange Reise um die Welt machen, um euch alle Baumhäuser genau anzuschauen. Eure Reise startet in Japan, wo ihr das Baumhaus im Kampferbaum bewundern könnt. Hier gibt es so viel zu entdecken, wie zum Beispiel die vielen Tiere, die mit den Kindern im Baumhaus leben! Doch ihr habt nicht viel Zeit, die Route ist noch lang. Es geht weiter nach Griechenland, Mexiko, in den Libanon, nach Australien ... da seid ihr eine Weile unterwegs! Am Ende gilt es abzustimmen: welches Baumhaus hat dir am besten gefallen? Du solltest dem Bohem Verlag unbedingt einen Brief schicken. Dieses wunderschöne, einzigartige Wimmelbuch ist perfekt zum Suchen, Lernen und Träumen. Auf der Reise um die Welt lernt man viel über besondere Bäume und deren Bedeutung in Sagen und Mythologie. Für alle Wimmelbuch- und Baumhausfans ab 3 Jahren!

Camille Garoche: Der grosse Baumhauswettbewerb. Bohem Press, 40 Seiten, 22 €, ab 3 J.

Gemeinsam über weiße Privilegien und Rassismus sprechen

Die zwei Rennautos Chase und Ace sind beste Freunde und lieben es, gemeinsam Rennen zu fahren. Bei ihren Abenteuern bemerken sie jedoch immer wieder, dass Chase als einziges Schwarzes Rennauto benachteiligt wird. Und zwar durch die Regeln, die der weiße Renn-Ausschuss aufgestellt hat – der bis auf Rennauto Grace nur aus männlichen Teilnehmern besteht. Mit Ace als weißes Rennauto wird anders umgegangen, er genießt zahlreiche Privilegien. Beide Rennautos machen verschiedene Erfahrungen und werden mit unterschiedlichen Vorgaben konfrontiert. Obwohl Chase das schnellere Auto ist, wird er durch die nur ihm geltenden Regeln daran gehindert, sich den Sieg zu holen. Die anderen Rennautos beobachten die unfaire Behandlung, trauen sich aber nicht, wirklich dagegen vorzugehen. Bis Ace eines Tages von einem Rennen nicht zurückkommt…

Die Geschichte um die beiden Rennautos befasst sich mit Benachteiligung, weist auf gesellschaftliche Zusammenhänge hin und unterstützt Eltern und Erzieher:innen dabei, das Gespräch mit Kindern zu suchen und über Rassismus, Ungerechtigkeit, Benachteiligung und Unterdrückung zu sprechen. Die Fragen, die im Buch gestellt werden, laden Kinder ein, selbst zu überlegen, wie sie handeln würden, was „fair sein“ bedeutet und erklären einige Begrifflichkeiten. Ein wichtiges Sach-Bilderbuch für Vor- und Grundschulkinder ab 5 Jahren!

Jenny Devenny: Race Cars. Penguin Junior, 48 Seiten, 15 €

Ich sehe was, was du nicht siehst

Ludwig soll eigentlich ins Bett, aber plappert noch laut vor sich hin. Nanu? Mit wem er da wohl redet? Ludwig behauptet, es sei ein Nashorn in seinem Zimmer, doch Papa glaubt ihm kein Wort. Papa sucht und sucht, kann es aber partout nicht finden. Ludwig schon und er erklärt seinem Vater prompt: Nur weil man etwas gerade nicht sieht, heißt es noch lange nicht, dass es auch nicht da ist. Diese philosophische Gute-NachtGeschichte ist ein faszinierendes Gedankenspiel für Groß und Klein, das von dem Duo Golden Cosmos originell mit besonderen Siebdrucken bebildert wurde. Lediglich drei kräftige Sonderfarben wurden verwendet, die entweder in leuchtendem Neon bestechen oder übereinandergedruckt sachte Dämmerungstöne ergeben. Die starken Kontraste, das Spiel mit Licht und Schatten sind nicht nur künstlerisch und atmosphärisch, sondern betonen die Schnittstellen zwischen Realem und Imaginärem. Ein Bilderbuchkunstwerk für angehende Weltversteher:innen.

Golden Cosmos, Noemi Schneider: Ludwig und das Nashorn. NordSüd Verlag, 40 Seiten, 18 €, ab 4 J.

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ein Tip p von Toni
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Unsere Themen-Taschen für Kitas

Keine Lust mehr auf die altbackenen Rollenklischees in manchen Kinderbüchern? Auf Kinder, die alle gleich aussehen? Auf Langeweile im Kita-Alltag? Auf Gefühlschaos, das sich nicht in Worte fassen lässt?

Wir haben vier Taschen zusammengestellt, die Erzieher:innen für 6 Wochen kostenlos ausleihen können, um mit den Kindern über verschiedene Themen ins Gespräch zu kommen und Themenwochen einzuläuten bzw. abzuschließen. Jede Tasche enthält 9 Bücher. Eine Titelliste liegt jeder Tasche bei, auch für die Eltern, so dass diese sich ebenfalls ein Bild machen und Bücher bei uns bestellen können.

Wie kann ich so eine Tasche ausleihen?

Für mehr Vielfalt

Gegen Rollen klischees

Schreib uns einfach eine Mail an presse@buchboxberlin.de oder ruf uns an:

030-43 65 90 94

Die Thementaschen kannst du dir, soweit verfügbar, nach vorheriger Absprache in jeder BUCHBOX!- abholen. Wir kombinieren die Verleihaktion auch gerne mit einem Besuch und Lesung in deiner Kita, wenn du den Beutel ausleihen oder zurückgeben möchtet.

Alle Infos und Titel der Themen-Taschen findest du unter www.buchboxberlin.de

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Für Abwechslung im Kita Alltag Gefühle

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Das erste Mal die Welt entdecken

mit extragroßen Klappen

Das kleine Buch mit großen Klappen: An einem Regentag ab 6 Monaten 978-1-78941-885-9

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Das kleine Buch mit großen Klappen: An einem Sonnentag ab 6 Monaten 978-1-78941-902-3 € 11,00

entnommen aus: Mein Rätselspaß: Weltraum by permission of Usborne Publishing, 83-85 Saffron Hill, London EC1N 8RT, UK. www.usborne.com.

© 2022, Usborne Publishing Limited.’

Der Auftakt zur Tee-Magie-Reihe

Schon als Kind flüchtete sich Autorin Judy I. Lin gerne in Bücher und begab sich in magische Welten. Inzwischen erschafft sich die Autorin diese Welten selbst, erstmals öffentlich mit „A Magic Steeped In Poison - Was uns verwundbar macht“, dem ersten Band ihrer Fantasyreihe. Die Geschichte dreht sich um Protagonistin Ning, die nach dem Tod ihrer Mutter nur noch ein Ziel verfolgt: Ihre kleine Schwester zu retten, denn diese ist schwer krank geworden durch ein Gift, das schon ihre Mutter sterben ließ. Um zu verhindern, ein weiteres Familienmitglied verlieren zu müssen, nimmt Ning die Einladung zum Wettkampf der mächtigsten Tee-Magier des Reiches an. Denn als Hauptgewinn winkt die Erfüllung eines Wunsches! Als sie in die kaiserliche Stadt reist, ist sie im ersten Moment schockiert: Hier herrschen Reichtum und Extravaganz, die sie so nicht von Zuhause kennt. Auf einmal befindet sie sich in einer völlig neuen Welt, umringt von Feind:innen und im Kampf ums Überleben. Dabei hat Ning keine Mittel, sich zu wehren, bis auf ein paar getrocknete Kräuter. Vom ganz normalen Mädchen wird sie zum Lehrling in der Kunst der Tee-Magie und stellt sich der großen Herausforderung, getrieben von der Verbundenheit zu ihrer Familie. Der Wettkampf um Leben, Liebe und Tod beginnt! Der Roman ist eine tolle Mischung aus Chinesischer Mythologie, Fantasy und romantischem Krimi für alle ab 14 Jahren! Klug deckt Ning Intrigen und Geheimnisse auf und stellt sich ausgefallenen Prüfungen, die ihre Fähigkeiten auf die Probe stellen. Das breite Spektrum der verschiedenen Varianten der Tee-Magie, die den Mittelpunkt des Wettkampfs darstellen, unterscheidet sich dabei von bekannten Mustern ähnlicher Geschichten. Trotz der beschriebenen Wettkämpfe ist das Buch nicht brutal, stattdessen wurde beim Schreiben eine eher ruhige Spannung erzeugt. Sehr hilfreich: Am Ende gibt es eine Übersicht der verwendeten chinesischen Begriffe, teilweise mit Erklärungen und Aussprache. Die Geschichte ist außergewöhnlich, farbenprächtig und eine Hommage an die chinesische Teekunst.

Judy I. Lin: A Magic Steeped in Poison. S. Fischer Verlage, 480 Seiten, 19,90 €

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22 ASTEROID GALAXIE KOMET STERN MOND ORBIT NEBEL PLANET METEORIT SUPERNOVA A C K M T S N W S I E O A G I R B P T T G N B O T E M O K E X V D E X T S Ü I O R B I T O S U P E R N O V A G A L A X I E S I G Y Ö G H S T B P T D P I M L Ä E G U T E N A L P
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Let's Party!

Endlich wieder eine herzerwärmende Geschichte über die große Freundschaft von Bär und Hörnchen. Die beiden möchten mal wieder eine richtige Party feiern mit allen Freund:innen, ganz viel Kuchen, Schokolade, Getränken und getanzt werden soll natürlich auch. Beide stecken schon tief in der Planung, als Bär plötzlich merkt, dass etwas nicht stimmt. Vielleicht ist der ganze Trubel ein bisschen zu viel und ein gemütlicher Abend alleine im Bett viel gemütlicher. Als die Gäste da sind, fühlt sich dann Hörnchen plötzlich im Haus voller Freund:innen allein. Dabei hatte es sich die Feier so schön vorgestellt ... Doch natürlich sind die beiden füreinander da und getanzt wird dann auch noch. Ich bin ganz verliebt in diese super süßen Illustrationen und kann die Gefühle von Bär und Hörnchen völlig nachvollziehen. Manchmal scheint einem so eine Pary genau richtig, aber wenn es dann soweit ist, kann es doch zu viel werden oder man fühlt sich zwischen all den Gästen allein, weil eine ganz besondere Person fehlt. Wichtig sind dann Freund:innen, die einen verstehen und für einen da sind. Große Leseempfehlung!

Smriti Halls, Steve Small: Ohne dich bin ich nicht ich. Oetinger Verlag, 40 Seiten, 15 €, ab 4 Jahren

Franzis Tipp
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"Wir zwei sind wie Eiscrem' mit Schlagsahnenschaum"

Bunt-blumiger Nonbook-Spaß für unterwegs!

Langsam trauen sich die ersten Sonnenstrahlen hinter den Wolken hervor, hier und da fangen die Vögel an zu zwitschern, Blumen bahnen sich ihren Weg durch die Erde, die Menschen sitzen auf Parkbänken, verabreden sich für Spaziergänge und lassen sich von den nun endlich wieder geöffneten Eisdielen anlocken. Lange hat er auf sich warten lassen, doch nun ist es endlich soweit: Der Frühling ist wieder da! Die Natur erwacht und wartet darauf, von dir entdeckt zu werden. Noch schöner machen dir unsere Nonbooks den Start in die warme Zeit des Jahres.

Passend zur Jahreszeit haben wir im Papeteriebereich das frühlingshaft-blumige Briefpapier-Set Impressionism und eine Auswahl anderer schöner Schreibartikel wie Stifte, Notizbücher und Bastelpapiere, mit denen du deiner Fantasie freien Lauf lassen und all deine Gedanken auf schönstem Papier und in den tollsten Farben festhalten kannst.

Es lohnt sich, einen Blick auf die farbenfrohe Auswahl zu werfen, zu stöbern und zu formulieren!

Pepin Verlag:

Briefpapier Set Impressionism, 30€

Geschenk- und Kreativpapier Love & Friendship, 30€

Legami Verlag:

Initial Pen, 5,90€

TINNE+MIA Verlag:

Notizbuch A6+ fluorite, 23€

Pencil Case Chocolate, 18€

Die Stadtgärtner:

Streuwiese Fiese Wiese, 9€

Kleine Samentütchen, Preis liegt zwischen 2,50€ und 4,50€

Große Samentüte, 10€

JDC:

Getrockne Blumen im Glas, 8€

Irifibest:

Blumendruck Poppy Anemone, 8€

Pflanzenliebhaber:innen und Stadtgärtner:innen aufgepasst! Wir haben in unseren Filialen eine große Auswahl an Pflanzensamen: Damit kannst du sowohl wunderschönen Blumen beim Wachsen zusehen, als auch deine eigenen Küchenkräuter großziehen.

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Moses Verlag:

Fernglas, 25€

Taschenmesse, 4,95€

Zollstock, 5,95€

Goki Verlag:

Lupendose, 4€

Coppenrath Verlag:

Outdoortaschenlampe, 20€

Schrittzähler, 9,95€

Für alle kleinen Entdecker:innen, die ihre Abenteuer gerne draußen an der frischen Luft erleben möchten, haben wir ein paar Dinge, die euch dabei auf euren Expeditionen unterstützen. Dich erwarten Taschenlampen, Messer, Ferngläser, Schrittzähler und Lupen sowie andere praktische Hilfsmittel, mit denen du auf deinen Streifzügen unterwegs bestens gerüstet bist. Eine bunte Auswahl dieser Ausstattung findest du in allen Filialen.

Juri möchte seinen Laptop aufladen. Hilf ihm, ein Ladekabel zu finden, das bereits an ein Netzgerät angeschlossen ist.

nanoblock Verlag:

Minidachshund, 11€

Grand Piano, 11€

Pokémon, 12,50€

Birthday Cake, 11€ 103

Und zu guter Letzt ein Geschenktipp für Groß und Klein: Die Puzzles von nanoblock sind eine tolle Geschenk- und Beschäftigungsmöglichkeit. Ob Dackel-Liebhaber:in oder Pokémon-Fan, Geburtstagskind oder Musikant:in - viele witzige und originelle Motive findet ihr bei uns. Für Spaß im Café, auf dem Balkon oder Garten, allein oder gemeinsam - die kleine Größe ist perfekt auch für unterwegs.

entnommen aus: Mein Rätselspaß: Weltraum by permission of Usborne Publishing, 83-85 Saffron Hill, London

EC1N 8RT, UK. www.usborne.com. © 2022, Usborne Publishing Limited.’

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Save the Date

2023

>> 05. April

Book meets music: Buchpremiere Jana, 39, ungeküsst von und mit Jana Crämer & Batomae

>> 26. April

Buchpremiere mit Clint Lukas in der Buchbox in der Kastanienallee

>> 27. April

Martin Walker mit dem fünfzehnten Fall Troubadour in der Backfabrik

>> 03. Mai

Rena Föhr und Franka Frei sprechen über know your flow in der Backfabrik

>> 02. Juli

Berliner Bilderbuchfest auf dem Helmholtzplatz

VERLEGT!

>> 23. Oktober

Buchpremiere mit Alice Hasters im Heimahthafen Neukölln

Die Rückseite dieser

Boxpost entstammt aus: Debbie Tung: Book Love. Eine Liebeserklärung an das Lesen. Graphix Loewe Verlag, 144 Seiten, 16 €

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Impressum

Herausgeber: Buchbox Entertainment UG, Lettestraße 5, 10437 Berlin

Gestaltung: Franziska Schwarz

Lektorat und Bildredaktion: Elsa Stappenbeck, Natalie Wetzel und Franziska Schwarz

Verantwortlich: David Mesche

Autor:innen: Janina, Sonja, Laura, Toni, Timea, Katha, Steffen, Tim, Waldemar, Johanna, Marie, Charlotte, Alwin, Rafael, Johanna, William, Tabatha, Elsa, David, Jan, Franzi

Coverfoto: Harriet Meyer

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Das war die
BOXPOST

JEDER TAG IST EIN GUTER TAG FÜR BÜCHER.

Kastanienallee 97 Lettestraße 5 Grünberger Straße 68 Greifswalder Straße 33 English Bookstore Kastanienallee 88

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