BOXPOST! Das Berliner Literaturmagazin 01/2025

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BOXPOST

MIT BUCHTIPPS

VON UNSEREN BUCHHÄNDLER:INNEN

Julia Friese
Sabine Borgwart

Wir sind die redaktion

Liebe:r Leser:in,

wir sind wieder da. Diesmal wie du wohl bemerkt hast, etwas kleiner aber dafür genauso buchbegeistert wie eh und jeh. Und natürlich platzen wir wieder förmlich vor lauter Vorfreude, dir die Frühjahrsneuheiten ans Herz zu legen, dich mit unserer Begeisterung anzustecken und dann hoffentlich auch mit dir über deine Lieblingsbücher in diesem Jahr reden zu können! Ein großes Highlight für uns ist jetzt schon Ocean Vuongs neues Buch “Der Kaiser der Freude”, das im Hanser Verlag erscheint und über das wir bereits vorab mit dem Autor sprechen durften. So viel können und wollen wir über das Buch verraten: Es wird großartig!

Auch diesen Winter waren wir wieder fleißig und haben ein tolles Lesungsprogramm für die kommenden Monate auf die Beine gestellt: Svea Mausolf, Caroline Wahl und Jacinta Nandi treten auf der Buchbox!-Lesebühne auf, bringen ihre neuesten Bücher mit und sprechen mit uns über ihr Schreiben. Aber das sind natürlich nicht die einzigen, es erwarten dich noch viele weitere Lieblings-Autor:innen in diesem Sommer - du kannst gespannt sein! Wir sind uns sicher, dass wir alle in den warmen Monaten kaum mehr aus dem Lesen heraus kommen, so viele neue tolle Bücher warten auf uns! Und das ist doch großartig, denn was gibts schon Schöneres, als bei Sonnenschein und Eiscafé völlig in einem guten Buch zu versinken?

Auch für uns ist der Start ins neue Lesejahr überschattet vom Weltgeschehen und neben Ängsten, Unsicherheiten und dem alltäglichen Wahnsinn wollen wir für euch ein Ort der Begegnung, des Austauschs und der Weiterbildung bleiben. Ob Lesungen, einfach nur Stöbern, ein Buch zum Thema oder eine Lektüre zur absoluten Ablenkung: Wir hoffen, du findest bei uns genau das Richtige und wir freuen uns auf deinen Besuch!

Jetzt erstmal viel Spaß mit der neuen Boxpost und liebe Grüße vom Helmi Elsa & Franzi

Inhalt I

Dieses Magazin wäre nicht möglich ohne die unerschöpfliche Leselust der vielen engagierten BUCHBOX!-Mitarbeiter:innen, die sich jedes Frühjahr und jeden Herbst quer durch die weite Welt der Neuerscheinungen lesen und mit Begeisterung ihre Entdeckungen, Tipps und Meinungen mit euch teilen. Ihre Texte sind das Herzstück der BOXPOST und verdienen ein riesiges Dankeschön!

Sprich uns gerne bei deinem nächsten Besuch in einem unserer Läden an, komm zu unseren Veranstaltungen, abonniere unsere Newsletter oder schreib uns eine Mail an presse@buchboxberlin.de.

Wir freuen uns darauf, von dir zu hören!

Elsa Stappenbeck
Franziska Schwarz

Inhalt II

4 Lesetypen-Test

Kennst du eigentlich schon all unsere Filialen und ihre Besonderheiten? Beantworte unsere Fragen und wir verraten dir, welche BUCHBOX!-Filiale am besten zu dir und deinem Buchgeschmack passt!

6 Willkommen in der Buchbox

Vielleicht habt ihr schon ein Buch von unserem Neuzugang empfohlen bekommen, aber hier stellen wir sie euch ganz offiziell vor: Herzlich Willkommen in der BUCHBOX!, Hannah-Lou und Hilke.

12 Interview Ocean Vuong

Im Mai erscheint endlich ein neues Werk von Ocean Voung: „Der Kaiser der Freude“. Wir durften schon einen Blick in den Text werfen und für unser Interview sprach der Autor mit uns über Poesie, seine literarischen Vorbilder und mögliche Einschränkungen im kulturellen und künstlerischen Bereich.

28 Fünf Fragen an Julia Friese

„Wünschten Sie nicht auch, Sie würden sich weniger für sich interessieren?“ Julia Friese hat wieder einen bunten und sprachspielerischen Roman geschrieben. Wir durften ihr 5 Fragen zu „Delulu“ stellen und sie verrät uns was Britney, Tennis, Frootloops und Toys „R“ Us gemeinsam haben.

30 Ausflugstipp: Die Müggelberge

Du hast genug von Parks der Umgebung zum Gassi gehen? Wanderschuhe an, es geht in die Berge! Und zwar auf die höchste natürliche Erhebung Berlins. Wir stellen dir einen Rundwanderweg vor, der deinen Alltag mit Hund in Berlin noch schöner macht.

32 Rezepte

Die Grillsaison gehört zum Sommer einfach mit dazu. Für uns ist das Beste daran gar nicht unbedingt das, was auf dem Brutzler liegt, sondern viel eher möglichst viele unterschiedliche Salate. Darum gibts für dich gleich zwei köstliche Salatrezepte, die zwar schnell gemacht sind, aber trotzdem raffiniert und schmackhaft!

36 Unser Freund:innenbuch: Sabine Borwart

Kennst du sie noch? Die Freund:innenbücher: Voller Träume, Traumberufe, favorite Drinks und Namen deiner nie vergessenen Haustiere? Bei uns gibt‘s die BUCHBOX-Edition und diesmal so schön wie noch nie, denn Sabine Bogwart hat unsere Fragen beantwortet und gehört schon lange zum BUCHBOX Team :)

40 Kinderseiten

Außerdem findest du hier tolle Lesetipps, unsere Kinderbuchhändler:innen und ein paar Seiten zum Mitmachen und Rätseln sind natürlich auch wieder dabei.

Was für ein Lesetyp bist du?

Wir verraten dir, welcher Lesetyp du bist und in welcher Filiale du damit die perfekte Lektüre findest.

Die Auflösung findest du auf Seite 38.

Wo liest du am liebsten? 1 2

a) mit der Taschenlampe unter der Decke

b) bei Regenwetter am Fenster

c) im Café

d) in der S-Bahn, im Wartezimmer, heimlich auf der Arbeit: wo nicht?!

e) im Museum

Was isst/trinkst du am liebsten beim Lesen?

a) Schokolade!

b) Schwarzen Tee

c) Espresso

d) Essen? Keine Zeit.

e) Brioche

Welche Buchadaption hast du als letztes gesehen?

a) Twilight

b) Manchester by the Sea

c) Drive my car

d) Dune

e) The Outrun

Welches Tier magst du am liebsten?

a) Grashüpfer

b) Schafe

c) Pfau

d) Spitzmaus

e) Schmetterling

3 4 5 6 7 8

Wer ist dein favorit Buchcharakter?

a) Katniss Everdeen

b) Sherlock Holmes

c) Dorian Gray

d) Anna Karenina

e) Eine/n sachliche/n Erzähler/in

Wie sieht dein perfekter Urlaub aus?

a) Abenteuer! Action!

b) Sightseeing und Kultur

c) Ich will Foodie-Geheimtipps

d) Eine Woche Aug in Aug mit meinem SuB

e) Auf jeden Fall ins Museum!

Mit wem verbringst du deine Zeit am liebsten?

a) Mit Freunden

b) Mit meiner Spotify-Playlist

c) Mit einer guten Serie

d) Mit Büchern natürlich!

e) Mit der Natur

Warum liest du?

a) Ich will all die Abenteuer der Welt erleben

b) Ich will etwas über Kulturen und Menschen lernen

c) Schöne Sprache macht mich glücklich.

d) Ich will mitreden können.

e) Es gibt so viel, das ich nicht weiß.

9 10

Welches Buch würdest du am ehesten als nächstes lesen?

a) Sarah J. Maas - Throne of Glass

b) Jane Austen - Stolz und Vorurteil

c) Sheila Heti - Pure Farbe

d) Ocean Vuong - Auf Erden sind wir kurz grandios

e) Emily Vanderpoel - Ein Laienhandbuch der Farben

Liest du Bücher lieber auf Deutsch oder im Original?

a) Mir egal

b) Um jeden Preis im Original

c) Kommt auf das Buch an

d) Am liebsten auf Deutsch

e) Ich gucke nur auf die Bilder

Willkommen im Team!

Wir stellen unseren Neuzugang vor

Wie bist du in der Buchbox gelandet?

Für mich ist die Buchbox schon lange eine Institution in Berlin! Da zu Weihnachten wieder Einpackhilfen gesucht wurden und ich auf der Suche nach einem neuen Nebenjob neben meinem Masterstudium war, habe ich mich also direkt beworben. Am Ende habe ich dann alles gemacht, außer einzupacken – oder zumindest viel darüber hinaus ;) Mir hat die Arbeit einfach unfassbar viel Spaß gemacht, weshalb mir schnell klar war, dass ich gern langfristig in der Buchbox bleiben möchte.

Welche Bücher haben deine Kindheit und Jugend geprägt?

Als Kind mochte ich ganz besonders die Millie-Reihe von Dagmar Chidolue. Ein freches und selbstbewusstes Mädchen, das die Welt bereist: Das hat mich auf jeden Fall sehr inspiriert und für meine eigene Entwicklung geprägt. Später mochte ich „Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“ von Lemony Snicket sehr. Die Bücher sind sehr düster, aber auch sehr meta, wenngleich ich das damals noch nicht richtig verstanden habe. In meiner späten Jugend wollte ich dann wohl etwas prätentiös sein und hab Klassiker wie Mann, Joyce, Hesse oder Woolf gelesen.

Welche witzigen Talente besitzt du?

Ich kann mir immer sehr gut merken, wo andere ihren Kram abgelegt haben – aber meinen eigenen muss ich ständig suchen.

Welches Buch empfiehlst du Kund:innen am allerliebsten und warum?

Am liebsten empfehle ich einen Klassiker der italienischen Literatur, der bei uns leider viel zu wenig gelesen wird: „Wenn ein Reisender in einer Winternacht“ von Italo Calvino. Mir gefällt besonders, dass auf sehr außergewöhnliche Art und Weise erzählt wird – es gibt nämlich keinen Ich- sondern einen DuErzähler – und dass Bücher und das Erzählen an sich metareferenziell verhandelt werden.

Welche:n Protagonist:in aus einem Buch würdest du am liebsten mal treffen? Und was würdet ihr unternehmen?

Da die Figuren aus den Büchern, die ich mittlerweile lese, nicht unbedingt immer Sympathieträger:innen sind, denke ich an Phil aus meinem Lieblingsjugendbuch „Die Mitte der Welt“ zurück: Auch wenn seine Welt nicht heil ist, denke ich gern an die sommerliche und verwunschene Atmosphäre des Buches zurück. Mit ihm würde ich gern im Garten der alten Villa, in der er wohnt, einen Sommertag verbringen.

Wie bist du in der Buchbox gelandet?

Ich habe als Weihnachtsaushilfe bei der Buchbox am Boxhagenerplatz im letzten Jahr gearbeitet und einen tollen Einblick in den Buchhandel bekommen können. Danach wurde dann just jemand in einer anderen Buchbox gesucht, sodass ich zu meiner Freude im Buchbox-Team bleiben konnte.

Welche Bücher haben deine Kindheit und Jugend geprägt?

Ich habe über einige Fantasy Bücher, das Lesen für mich entdeckt. Als Teenager habe ich viel Zeit in der Zauberwelt von „Harry Potter“, dem dystopischen Amerika in Suzanne Collins „Die Tribute von Panem“ und im Zeitreiseuniversum von Kirsten Giers Edelstein Trilogie verbracht. Neben den fantastischen Welten haben aber auch einige Comingof-Age Geschichten meine Jugend geprägt, unter anderem eigentlich alle Romane von John Green, Alina Bronskys „Scherbenpark“ und Wolfgang Herrndorfs „Tschick“.

Welche witzigen Talente besitzt du?

Ich habe zu Beginn meines Romanistik Studiums den kompletten ersten Gesang aus Dante Alighieris „Göttlicher Komödie“ auswendig gelernt, weil ich dachte, das sollte man als Italianistin können. Die Zeilen sind noch sehr präsent in meinem Kopf und ich gebe damit gerne mal auf Partys an: „Nel mezzo del cammin di nostra vita mi ritrovai per una selva oscura ché la diritta via era smarrita…“ Leider kann man nur Italiener:innen damit beeindrucken.

Welches Buch empfiehlst du Kund:innen am allerliebsten und warum?

Aktuell empfehle ich am liebsten „Unser Deutschlandmärchen“ von Dinçer Güçyeter. Der Autor findet eine eigene, teils sehr poetische

Sprache und eine ebenso kreative Textform, um Erfahrungen wie Heimatverlust, Rassismus und Neuanfänge einzufangen. Es ist eine Einwanderungsgeschichte, erzählt über die weibliche Familienlinie, die gleichzeitig exemplarisch für all jene Geschichten der Menschen steht, die als sogenannte „Gastarbeiter:innen“ nach Deutschland kamen. Für mich ein ebenso großartiger wie wichtiger Roman, den eigentlich jede:r lesen sollte, daher meine Nummer eins Empfehlung.

Welche:n Protagonist:in aus einem Buch würdest du am liebsten mal treffen? Und was würdet ihr unternehmen?

Ich würde liebend gerne einen Tag mit Holly Golightly aus Truman Capotes Klassiker „Breakfast at Tiffany’s“ verbringen. Für dieses Treffen müsste ich gar nicht kreativ werden. Wir würden einen klassischen Holly-GolightlyTag verbringen mit Kaffee und Croissant vor den Schaufenstern von Tiffany & Co. ganz früh am Morgen, danach ein spätes Frühstück mit Kater „Cat“ in ihrem Apartment und abends natürlich auf einer angesagten Hausparty der Upper East Side vorbeischauen. Ich glaube, Holly ist eine unglaublich unterhaltsame und interessante Gesprächspartnerin, der ich gerne mal um die hundert Fragen stellen würde.

Hannah-Lou

Franzis T ipp Komplex und vibrierend erzählt

Cyrus Shams ist ein Trinker, ein Süchtiger und ein Dichter, dessen Besessenheit von Märtyrern ihn dazu bringt, die Geheimnisse seiner Vergangenheit zu erforschen. Bis heute verfolgt ihn der Tod seiner Mutter, die bei einem Flugzeugbeschuss über Teheran ums Leben kam. Als er dann von einer iranischen Künstlerin erfährt, die an Krebs erkrankt ist und ihre letzten Tage in einem New Yorker Museum verbingt, bricht er direkt auf. Denn ihr kann er Fragen stellen, die ihm sonst niemand beantworten kann. Das besondere daran ist, dass es in dem Roman nicht nur um Cyrus und seine Obsession geht, sondern Kaveh Akbar lässt verschiedene fiktive Figuren und auch Cyrus verstorbene Eltern miteinander sprechen. Klingt weird? Ist es auch ein bisschen, aber so klug und oft auch humorvoll in die Geschichte eingewoben, dass es sehr gut als fester Bestandteil funktioniert. Ich meine, wer wollte nicht schon immer mal ein Gespräch mit Lisa Simpson führen? Eine sehr intensive Reise vom Iran der 1980er Jahre bis in die heutigen USA, existentiell,tiefgründig, queer und humorvoll - Figuren, die einen nicht mehr so schnell loslassen.

Kaveh Akbar: Märtyrer! Rowohlt Verlag, 400 Seiten, 24 €

rasanter Roman über freundschaftliche Liebe

Der Moment als Anto bei Jaras Fußballtraining auftaucht, verändert für sie alles. Sie stürzt sich in eine Freundinnenschaft die schnell immer intensiver wird und alles bestimmt: wie sie sich kleidet, wie sie ihre Freund:innen ab da wahrnimmt, was sie isst und trinkt und wie sie sich in der Welt behauptet. Die Freizeit verbringt sie fast nur noch mit Anto: in deren großen Haus, in dem sie immer alleine ist, auf Partys oder auf den Straßen. Im Ruhrgebiet der Nullerjahre sind die beiden Mädchen mit Gewalt, misogynen Rollenbildern davon wie Mädchen sich verhalten oder kleiden sollten und allen Unsicherheiten, die ein Teenieleben sonst mit sich bringt, konfrontiert. Es entwickelt sich eine rasante Dynamik zwischen den Beiden. Antos Meinung wird Jara immer wichtiger, sie sind gemeinsam wütend, die Touren durch die Nacht werden immer wilder und doch wird diese neue Sicherheit und die Stärke, die Jara durch die Freundschaft verspürt, schon bald wieder infrage gestellt. Die kurzen Kapitel, die zeitlich hin und herspringen, lassen noch einmal nachfühlen, wie groß und wichtig und Durcheinander sich das Erleben als Teenager anfühlt.

Mascha Unterlehberg: Wenn wir lächeln. Dumont Verlag, 256 Seiten, 23 €

Johanna s Tipp

“Seid bitte nett, wenn ihr das Buch rezensiert” schreibt Sarah Lorenz aka buchischnubbel auf Instagram. Keine Sorge Sarah, ich wüsste gar nicht, wie man dein Buch nicht mögen kann. Ein Roman so voller Lebensfreude, so voller Liebe und Humor. Diese wilde Mischung aus Poesie (es wird viel Mascha Kaléko rezitiert) und Punkerleben. “Roman” steht auf dem Cover, doch wer Buchi folgt, der weiß, dass es ihr eigenes Leben ist, das sie da beschreibt. Sie schönt die Ereignisse nicht und hat trotzdem einen liebevollen Blick auf dieses liebeshungrige Mädchen, das sie mal war. Die viel hat mit sich machen lassen. Viel ausprobiert. Dinge, die man auch beschämt verschweigen könnte. Aber das - und das ist vielleicht das Besondere an diesem Roman - tut sie nicht. Und deswegen ist es so mitreißend. Die erste(n) Liebe(n), das erste Mal Drogen, “Haste mal ne Mark” und ständig betrunken sein, aber eben auch Senfeier-Samstage mit Papa, Abitur und Buchhändlerlehre. Einen unaufgeregt interessanteren Menschen als Sarah Lorenz werdet ihr lange nicht mehr treffen. Absolute Empfehlung.

Sarah Lorenz: Mit dir da möchte ich im Himmel Kaffee trinken. Rowohlt Verlag, 224 Seiten, 24 €

t i pp

Coming-of-Age im Pyrozän

Die nahe Zukunft ist heiß. Auch in Mitteleuropa sind die Wälder fast gänzlich abgebrannt. Während die Welt untergeht, begeistert sich Era für ausgestorbene und bedrohte Spezies und verbringt ihre Nachmittage im Naturkundemuseum, das im Gegensatz zur Welt draußen, angenehm temperiert ist. Während Era alles Ausgestorbene konservieren und ihm damit eine letzte Ehre erweisen will, lehnen die Schwestern Maja und Merle das ständige Festhalten von Zeit ab. Als Töchter von Momfluencerinnen wollen sie im Moment leben, sich emanzipieren und die physischen Beweisträger ihrer vergangenen virtuellen Existenz zerstören: Am Samstag gehen sie in den Wald und jagen die Festplatten mit den Aufzeichnungen aus ihrer Kindheit in die Luft. Vor allem Maja übt auf Era eine Faszination aus und die beiden verbindet bald mehr als Freundschaft. Neben dieser traurig-schönen Liebesgeschichte verwebt Sironic in ihrem Debüt eine Vielzahl an Themen, die gegenwärtiger nicht sein könnten: Es geht um die Fragmentierung der Medienwelt, um die Nachwehen des Influencer-Hypes und allen voran natürlich um die Klimakatastrophe, die nicht mehr fern scheint. In einer bildhaften, enigmatischen Sprache spinnt die Autorin ein motivisches Netz, verweist auf die Geschichte unserer Erde und die der Menschheit: Der Mensch als eine Spezies von vielen, ebenfalls bald extinkt – wie der Allosaurus, der Kakapo, der Buntspecht. Ein grandioser dystopischer Coming-of-Age-Roman, gespickt mit einem Funken Hoffnung.

Fiona Sironic: Am Samstag gehen die Mädchen in den Wald und jagen Sachen in die Luft. Ecco Verlag, 208 Seiten, 23 €

Bestimmt seid ihr schon mal über Kat Menschicks wunderschöne bunte Zeichnungen gestolpert - ob hinter Buchdeckeln in illustrierten Büchern oder direkt als Wandkalender, die Illustrationen der Zeichnerin sind unverwechselbar und ziehen einen direkt in ihren Bann. Kat Menschik verschönerte schon so einige Bücher bekannter

Autor:innen wie Haruki Murakami, Volker Kutscher oder Franz Kafka, zuletzt die “Lieblingsmärchen” von Hans Christian Andersen. Nun ist ein besonders schönes Buch erschienen, nämlich “Die Nixen von Estland - Ein Bestimmungsbuch”. In diesem außergewöhnlichen Buch vermischt sich eher wissenschaftlicher Text mit bunter Kunst, als wäre beides von Anfang an schon so angedacht gewesen. Doch das ursprüngliche Buch von Enn Vetemaa ist bereits viele Jahre älter und war von großer Bedeutung für diesen Forschungszweig der Dämonologie, schließlich gilt Estland als das Heimatland der Nixen und es gab bisher eher wenig darüber in der Literatur zu finden. Umso schöner, dass wir nun dieses Buch wieder lesen und so bezaubernd bebildert bewundern dürfen. Der Neuen Bibliothek ist wirklich eine wunderschöne Neuausgabe gelungen, die ein perfektes Geschenk ist für alle, die sich in eine ganz andere magische Welt begeben wollen.

Enn Vetemaa, Kat Menschik: Die Nixen von Estland. Die andere Bibliothek, 352 Seiten, 28 €

Eine Frau ihrer Klasse

Steffen s Tipp

Es geht um Erinnerung. Es geht um Kindheit und Jugend. Aber es geht auch um eine Gegenwart, die natürlich nicht losgelöst ist. In 64 mehr oder weniger kurzen Kapiteln beschreibt Lena Schätte in ihrem Roman nicht unbedingt chronologisch das Leben einer Tochter, die auch die Erzählerin ist, und ihrer Familie. Dabei vermischen sich Gegenwart und Erinnerungen an ihre Kindheit und Jugend. Thematisch verwandt ist Lena Schättes Roman mit dem Buch “Ein Mann seiner Klasse”, daher mein ursprüngliches Interesse. Doch im Gegensatz zu Christian Barons Buch ist es viel weniger wütende Abrechnung mit den Verhältnissen und explizit nicht autobiografisch. Aufgrund seiner fragmentarischen Struktur ist das Buch mitunter schwer zu greifen. Jedoch zeichnet es, wenn man erstmal eingetaucht ist, mit einiger Präzision und Vorsicht das zärtliche Portrait einer Familie, dessen Leben und Verhältnisse man durchaus als prekär bezeichnen kann. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Vater, der sie liebevoll “Motte” nennt, aber auch Alkoholiker ist. Doch nicht nur das: er ist auch Arbeiter, Spieler und Krebspatient. Im Laufe des Buches wird deutlich, wie der familiäre Zusammenhalt, mehr oder weniger intakt, trotz allem für die Erzählerin wichtig ist. Berührend war darüber hinaus, wie im Laufe der Kapitel der geschwisterliche Zusammenhalt zwischen Erzählerin und ihrem Bruder beschrieben wird.

Lena Schätte: Das Schwarz an den Händen meines Vaters. S. Fischer Verlag, 192 Seiten, 24 €

Was bewegt Frauen heute noch dazu, einen Garten zu haben und zu pflegen?

Wie der Titel schon verrät, geht es hier ums Wachsen und Aufblühen. Allerdings sind damit (so viel kann ich schon verraten) nicht (nur) die Pflanzen in den Gärten gemeint, sondern vielmehr die Gärtnerinnen und die Personen, die sich um jene Gärten kümmern. Die englische Journalistin Alice Vincent geht in ihrem Buch der Frage nach, was Menschen dazu bewegt einen Garten zu kultivieren und zu pflegen. Dabei trifft sie Frauen unterschiedlichen Alters und lässt sich von ihnen ihre Geschichte erzählen. So vielfältig wie die Natur sind auch jene Frauen und ihre Lebensrealitäten. Teils sehr bewegend und mutig wird erzählt, wie sie einen Ort für sich selbst erschaffen haben an dem sie neu aufblühen und zu sich selbst finden. Neben den anmutigen Geschichten wird aber auch der ein oder andere Fakt über die Pflanzenwelt gesät und die Leser:innen werden in Gegenden und Orte nach England und Schottland geführt. Wer also Lust auf Gärten und inspirierenden Frauen hat, kann mit diesem Buch nichts falsch machen.

Alice Vincent: Vom Wachsen und Aufblühen. Nagel und Kimche Verlag, 320 Seiten, 24 €

t i pp

Wurmitzer schickt seinen Protagonisten durch absurde Höllen der spätkapitalistischen Hustle-Gesellschaft. Anfangs wohnt Emil noch in einem Tiny House als Musterbewohner und überträgt sein Leben für Kaufinteressierte im Netz. Als er jedoch nach einer Anzahl an mysteriösen Bränden seine Kameras abstellt, ein schwerer Vertragsbruch, wird er aus dem Fenster geworfen und bricht sich auch seine Knochen. Durch seine Internetpräsenz konnte er sich jedoch eine recht große Gefolgschaft in den sozialen Netzwerken erarbeiten, was ihm zu einem Job bei einem unseriösen Finanzunternehmen verhilft. Man denke an Elon Musk oder Peter Thiel oder Sam Bankman-Fried. Genau so begegnen wir auch dem CEO von PayNice dem besagten Finanzunternehmen. Ein maskulinistischer Hochstapler, der gute Kontakte zu rechtsextremen Politikern pflegt. Nach anfänglicher Skepsis beginnt Emil sich einzuleben und verfällt dem Drang zur Selbstoptimierung, den leeren Heilsversprechen des Kapitalismus. Dabei will er doch eigentlich schreiben. So geht es in einem Fort weiter, Emil stolpert durch sein Leben, wird vom Schicksal, seinem Ex und seiner Freundin gebeutelt und findet kein Ufer. Wurmitzer schreibt perfekte Satire, ohne dabei zu plump mit dem Finger auf die Umstände zu zeigen, seine Analysen sind treffend und das Elend in seinen Worten einfach sehr, sehr lustig. Trocken, absurd und aktueller denn je. Volle Empfehlung von mir für alle, die die zunehmende Neoliberalisierung unserer Gesellschaft kritisch sehen oder für diejenigen, die einfach gut unterhalten werden wollen.

Mario Wurmitzer: Tiny House. Aufbau Verlag, 221 Seiten, 22 €

Über den Wahnsinn unserer Zeit Rafas

Ocean Vuong

Ocean Vuong: Auf Erden sind wir kurz grandios.

Hanser Verlag, 272 S., 24 €

Ocean Vuong wurde 1988 in Saigon, Vietnam, geboren und zog im Alter von zwei Jahren nach Amerika, wo er heute lebt. Für seine Lyrik wurde er mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Whiting Award for Poetry (2016) und dem T.S. Eliot Prize (2017). Bei Hanser erschienen zuletzt sein Debütroman »Auf Erden sind wir kurz grandios« (2019), für den er vielfach ausgezeichnet wurde, u.a. mit dem American Book Award, und die Gedichtbände »Nachthimmel mit Austrittswunden« (2020) und »Zeit ist eine Mutter« (2022).

Ocean Vuong: Nachthimmel und Austrittswunden.

Hanser Verlag, 176 S., 22 €

Ocean Vuong: Zeit ist eine Mutter.

Hanser Verlag, 112 S., 20 €

What is your current relationship with poetry? Do you use poetry as a tool in your novel, and how has this relationship evolved for you?

First, I’d like to thank the booksellers and reader in Germany for being so supportive of my work and believing in me from the very beginning years ago. It is a pleasure and honor to be translated into the language that has produced so many authors that are meaningful to me. Poetry is of utmost and perennial importance to me as it demands a negotiation with language at its most atomized scale.

Historically, many poets work in

Wie sieht deine derzeitige Beziehung zur Poesie aus? Nutzt du Poesie als ein Werkzeug im Roman, und wie hat sich diese Beziehung im Laufe der Zeit entwickelt? Zuerst möchte ich den Buchhändler:innen und Leser: innen in Deutschland dafür danken, dass sie meine Arbeit so unterstützen und seit dem Anfang vor vielen Jahren an mich geglaubt haben. Es ist mir eine Freude und Ehre, in die Sprache übersetzt zu werden, die so viele Autor:innen hervorgebracht hat, die mir viel bedeuten. Poesie ist von größter und immerwährender Bedeutung für mich, da sie eine Auseinandersetzung mit Sprache bis auf ihre kleinste Ebene erfordert. Historisch gesehen arbeiten viele Dichter:innen auch in Prosa. Erst in der Moderne wurde eine Abgrenzung zwischen Prosa und Poesie ontologisch kategorisiert. Es ist ähnlich wie ein Architekt, der versteht, wie Ziegel hergestellt werden. Man kann sich nicht vorstellen, dass ein Baumeister große Pläne macht, ohne ein tiefes Verständnis über das Material zu haben. Poesie ist für mich wie die Ziegelsteine im größeren Werk der Prosa.

Deutsche Übersetzung

Ocean Vuong: Der Kaiser der Freude. Hanser Verlag, 528 Seiten, 26 €

prose as well. Only in the modern era has a demarcation between prose and poetry been categorized ontological lines. It similar to an architect understanding how bricks are made. One cannot imagine a builder making large-scale plans with intimate knowledge of her material. Poetry, to me, are the bricks in the larger work of prose.

The relationship between Hai and Grazina develops into a deeply transformative bond over the course of the year. How does Hai‘s confrontation with his own loneliness and despair shape his transformation, and how does the dynamic of this relationship affect his perception of the world around him?

This question is perhaps better suited for readers. I don’t have any specific agenda about how a reader should interpret my works or the function of the characters within it. I don’t believe that a reader can ever be wrong, even if their interpretation veers from my intention as the writer.

The text is described as a „brave epic“ that explores love, work and loneliness as fundamental aspects of American life. Did you use particular literary techniques to weave these big themes into a narrative, and do you feel that you stayed true to what you wanted to do with this novel?

When I first started to learn how to write fiction, all the books told me that, via Aristide, there must eb some grand change or shift to the story, in order to bring about necessary “catharsis” in the reader— thereby transcending them toward an internal release. This is a formula we see often: rag to riches, he gets the girl, she gets the guy, the murderer if

captured, the body is found, the hero returns home, etc. There is nothing wrong with these stories—they have their functions. But this archetype did not resemble the American life I grew up in, where most things actually did not change. In fact, in communities of economic blight that I lived in, wherein life was so unpredictable,

But this archetype did not resemble the American life I grew up in, where most things actually did not change.

stasis and stagnation was highly sought after. My friends and families often worked minimum wage jobs for 20-30 years, drove the same car for 15 years, lived and died and raised children in the same apartment. Stasis was everywhere and yet there was still an indelible, distinct and meaningful life. I wanted to deny material change in this book so that I can turn instead, to internal transformation.

The title The Emperor of Gladness seems to carry both irony and a deeper meaning. What role does the metaphor of the „Emperor of Gladness“ play in Hai‘s journey and his reconciliation with the past and the future?

As a poet, I love it when a title can do more work than what it merely signals. There are deeper meanings to the name “emperor” that will be clear to the reader in the book, so I won’t spoil it here. But within the first few pages, one also understands that “Gladness” is a town that has actually been re-named, so that to be an emperor of Gladness is actually to be the emperor of nothing, the ruler in a kingdom of ghosts—which is often what America feels like to me.

Die Beziehung zwischen Hai und Grazina entwickelt sich zu einer tief prägenden Bindung im Laufe des Jahres. Wie formt Hais Auseinandersetzung mit seiner eigenen Einsamkeit und Verzweiflung seine Wandlung, und wie beeinflusst die Dynamik dieser Beziehung seine Wahrnehmung der Welt um ihn herum?

Diese Frage passt wahrscheinlich besser zu den Leser:innen. Ich habe keine spezifische Absicht, wie ein Leser meine Werke oder die Funktion der Charaktere darin interpretieren sollte. Ich glaube nicht, dass ein Leser oder Leserin jemals falsch liegen kann, selbst wenn die Interpretation von meiner Absicht als Autor abweicht.

Der Text wird als ein „tapferes Epos“ beschrieben, das Liebe, Arbeit und Einsamkeit als fundamentale Aspekte des amerikanischen Lebens erkundet. Hast du bestimmte literarische Techniken verwendet, um diese großen Themen zu einer Erzählung zu verweben, und konntest du dem treu bleiben, was du mit dem Roman erzählen wolltest? Als ich anfing, mich mit dem Schreiben von Fiktion auseinanderzusetzen, erzählten mir alle Bücher, dass es wie bei Aristoteles, eine große Veränderung oder Wendung in der Geschichte geben müsse, um die notwendige „Katharsis“ beim Leser hervorzurufen – und ihn so zu einer inneren Befreiung zu führen. Diese Formel sehen wir oft: vom Tellerwäscher zum Millionär, er bekommt das Mädchen, sie bekommt den Jungen, der Mörder wird gefasst, die Leiche wird gefunden, der Held kehrt heim usw. Es ist nichts falsch mit diesen Geschichten – sie erfüllen ihre Funktionen. Aber dieser Archetypus ähnelte nicht dem amerikanischen Leben, in dem ich aufgewachsen bin, in dem sich

die meisten Dinge tatsächlich nicht veränderten. Tatsächlich waren in den wirtschaftlich verarmten Gemeinschaften, in denen ich gelebt habe und in denen das Leben so unberechenbar war, Stillstand und Stagnation etwas, wonach man sehr stark strebte. Meine Freund:innen und Familie arbeiteten oft 20 bis 30 Jahre in Mindestlohn Jobs, fuhren 15 Jahre dasselbe Auto, lebten, starben und erzogen Kinder in derselben Wohnung. Stillstand war überall, und doch gab es immer noch ein unauslöschliches, unverwechselbares und bedeutungsvolles Leben. Ich wollte in diesem Buch den materiellen Wandel leugnen, um stattdessen der inneren Transformation Raum zu geben.

Der Titel “The Emporer of Gladness” (deutscher Titel: „Der Kaiser der Freude“) scheint sowohl Ironie als auch eine tiefere Bedeutung zu tragen. Welche Rolle spielt die Metapher des Kaisers der Freude in Hais Reise und seiner Versöhnung mit der Vergangenheit und der Zukunft?

Als Dichter liebe ich es, wenn ein Titel mehr bedeutet, als es auf den ersten Blick erscheint. Es gibt tiefere Bedeutungen im Namen „Kaiser“, die den Leser:innen im Buch klar werden, deshalb werde ich es hier nicht verraten. Aber innerhalb der ersten Seiten versteht man auch, dass „Gladness“ eine Stadt ist, die tatsächlich umbenannt wurde, sodass der Kaiser von Gladness tatsächlich der Kaiser von nichts ist. Der Herrscher in einem Königreich der Geister –so wie sich Amerika oft für mich anfühlt.

Du bist Professor für moderne Poesie und Poetik im MFAProgramm an der NYU. Gibt es einen wiederkehrenden Rat, den

You are a professor of modern poetry and poetics in the MFA programme at NYU. Is there a recurring piece of advice that you give to your students?

The most robust and dynamic part of writing is not writing at all—but looking. The key is to learn how to look at the world with inexhaustible curiosity, without judgment nor condemnation, but capaciousness, awareness, and thoroughness.

The German translation is almost 600 pages long. Were you aware of the length of the story from the beginning, or did it come as a surprise to you during the writing process?

Wow. I did not know the book is that big in German! I guess I would have to extend my deepest apologies to readers if they were to find it boring. At the very least, they can use it to prop up their laptops on zoom calls. I, for one, am always looking for a book with the perfect height to prop up my laptop.

What is your writing routine? Do you follow a set plan or do you just follow where inspiration leads?

I write very seldomly. And only do so when the project, whether it’s a poem or a novel, has built up resonance in my mind. I suppose you can say I gather more than I make. And when they gathering becomes robust, charged, unwieldy, I start to assemble. I think I prefer learning than I do making. I guess you can say my process is obsessive but quite undisciplined, for better or worse.

Are you looking forward to the upcoming events and spending more time with your characters, or are you already thinking about the next book?

I look forward to meeting the readers in Germany. I was pleasantly surprised that reading in Germany can last up to 90 minutes, which is very are here in America, where readings are mostly under an hour, and sometimes just 20 minutes or so. It feels like a luxury to spend so much time in one space, following a thought with care and thoroughness.

What emotions do you feel when you write? Do you indulge in them, or do you try not to?

I follow the feelings enacted by the sentence. The language sets the tone and I try my best to follow it. I don’t; enforce any hard, clear feeling onto the work. I think the work of literature is to complicate, disturb, trouble, so all feelings should be welcomed—but also not reified and prioritized over others.

You describe a library full of classics, which Hai is very happy about. What literary idols accompany you in your daily life?

There are so many. Most times, I like individual chapters, sequences, even paragraphs more so than I like entire books. I guess as a writer, my relationship to reading is more granular in that I see books as how useful they can be to my thinking—and its shard to love or worship an author in their entirety—and perhaps best not to. With that said, I’m deeply inspired by thinkers, who in part help me think: Walter Benjamin, ByungChul Han,Terry Eagleton, Trinh Thi Minh Ha, Antonio Gramsci, Gayatri Spivak, DH Lawrence, Natsume Soseki, Sarah Ahmed, Edward Said, Mark Fisher, Stuart Hall, Vicktor Shklovsky, Roland Barthes, Dostoyevsky, Jon Fosse, Toni Morrison, Mishima, Arthur

du deinen Studierenden mit auf den Weg gibst?

Der robusteste und dynamischste Teil des Schreibens ist nicht das Schreiben selbst, sondern das Beobachten. Der Schlüssel ist, zu lernen, die Welt mit unerschöpflicher Neugier zu betrachten, ohne Urteil oder Verurteilung, sondern mit Weitblick, Achtsamkeit und Genauigkeit.

Die deutsche Übersetzung ist fast 600 Seiten lang. Wusstest du von Anfang an, wie lang die Geschichte ist, oder war das eine Überraschung während des Schreibprozesses?

Wow. Ich wusste nicht, dass das Buch in deutscher Sprache so lang ist! Ich befürchte, ich muss mich bei allen Leser:innen entschuldigen, die es langweilig finden. Wenigstens können sie es verwenden, um ihre Laptops bei Zoom-Anrufen abzustützen. Ich persönlich suche immer nach einem Buch, das die perfekte Höhe hat, um meinen Laptop zu stützen.

Wie sieht deine Schreibroutine aus? Hast du einen festen Plan oder folgst du einfach dem, wohin dich die Inspiration führt?

Ich schreibe sehr selten. Und nur dann, wenn das Projekt, sei es ein Gedicht oder ein Roman, in meinem Kopf eine Resonanz aufgebaut hat. Man könnte sagen, ich sammle mehr, als dass ich erschaffe. Und wenn die Sammlung kräftig, aufgeladen und unhandlich wird, beginne ich alles zusammenzusetzen. Ich denke, ich bevorzuge es, zu lernen, anstatt zu erschaffen. Wohl oder übel muss ich zugeben, dass mein Prozess zwar obsessiv ist, aber

ziemlich undiszipliniert.

Freust du dich auf die bevorstehenden Veranstaltungen und darauf, mehr Zeit mit deinen Charakteren zu verbringen, oder denkst du schon an das nächste Buch?

Ich freue mich darauf, die Leser:innen in Deutschland zu treffen. Ich war angenehm überrascht, dass Lesungen in Deutschland bis zu 90 Minuten dauern, was hier in Amerika selten ist, wo Lesungen meist unter einer Stunde dauern, manchmal sogar nur 20 Minuten. Es fühlt sich wie Luxus an, so viel Zeit an einem Ort zu verbringen und einem Gedanken mit Sorgfalt und Vollständigkeit zu folgen.

Welche Emotionen empfindest du beim Schreiben? Lässt du dich von ihnen treiben oder versuchst du sie zu vermeiden?

Ich folge den Gefühlen, die durch den Satz erzeugt werden. Die Sprache gibt den Ton an und ich versuche, ihr so gut wie möglich zu folgen. Ich erlege der Arbeit keine festen, klaren Gefühle auf. Ich denke, die Aufgabe der Literatur ist es, zu verkomplizieren, zu stören, zu beunruhigen, daher sollten alle Gefühle willkommen sein – aber auch nicht vereinfacht und über andere gestellt.

Ich denke, die Aufgabe der Literatur ist es, zu verkomplizieren, zu stören, zu beunruhigen, daher sollten alle Gefühle willkommen sein – aber auch nicht vereinfacht und über andere gestellt.

Du beschreibst eine Bibliothek voller Klassiker, über die Hai sehr glücklich ist. Welche literarischen Idole begleiten dich im Alltag?

Es gibt so viele. Meistens mag ich einzelne Kapitel, Sequenzen, sogar Absätze mehr als ganze Bücher. Ich denke, als Autor ist

Rimbaud.

Your work often deals with pain, trauma and memory - is writing for you more about healing or confrontation?

Neither. Writing to me is more about curiosity than healing or confrontation. Asking not, What does this mean? (since meaning is so often tied to ideology) but more so, What is this? and why did it happen? Most of the time, I don’t truly know where my work is going until the sentences rise up from the subconscious to find me.

Do you have any ideas about how you might and would like to develop as a writer in the coming years?

I do not see writing as a career. Just because I was able, by great luck, to write four books, does not mean I should— or even can—write another. I see the publishing of a book to be a discrete event, and not an inevitable result of being “a writer.” Teaching, on the other hand, is something I am dedicated to doing indefinitely. As long as I can be useful to my students, I will teach. But writing, I think, should stop somewhere. Where exactly I am not sure—and perhaps it is not even up to me. But I don’t assume it will continue.

With the Trump administration and possible restrictions in the cultural and artistic fields, do you feel your writing or storytelling is at risk? Do you feel that this could change something in your writing process? Writing has always bene historically at risk. This regime’s aggressive position is more overt, and for that reason perhaps we can subvert it, get ahead of it. But all writing is a product of its epoch, and all

epochs are troubled. I think of Solzhenitsyn, who had to alter words and hide sentences from state censors, ultimately choosing to smuggle his books out of Russia to be printed elsewhere. I think of Allen Ginsberg, who was on trial for a single poem, “Howl.” The times are dark, yes, but we are lucky to be this late to history, to arrive after so many examples of tribulation and triumph or people who came before us, so that the examples of survival are myriad, dynamic, and possible.

Thank you so much for your time and words!

meine Beziehung zum Lesen eher sehr detailliert, da ich Bücher danach beurteile, wie nützlich sie für mein Denken sind – es ist eher schwer, einen Autor in seiner Gänze zu lieben oder zu verehren – und vielleicht ist es besser, das nicht zu tun. Was ich sagen will, ich bin tief inspiriert von Denkern, die mir teilweise beim Denken helfen: Walter Benjamin, Byung-Chul Han, Terry Eagleton, Trinh Thi Minh Ha, Antonio Gramsci, Gayatri Spivak, DH Lawrence, Natsume Soseki, Sarah Ahmed, Edward Said, Mark Fisher, Stuart Hall, Viktor Shklovsky, Roland Barthes, Dostojewski, Jon Fosse, Toni Morrison, Mishima, Arthur Rimbaud.

Deine Werke beschäftigen sich oft mit Schmerz, Trauma und Erinnerung – ist Schreiben für dich mehr Heilung oder Konfrontation?

Weder noch. Schreiben ist für mich mehr Neugier als Heilung oder Konfrontation. Es geht nicht darum, „Was bedeutet das?“ zu fragen (da Bedeutung oft an Ideologie gebunden ist), sondern mehr „Was ist das? Und warum ist es passiert?“ Meistens weiß ich nicht wirklich, wohin meine Arbeit geht, bis die Sätze aus dem Unterbewusstsein aufsteigen und mich finden.

Hast du Ideen, wie du dich als Schriftsteller in den kommenden Jahren entwickeln möchtest?

Ich sehe das Schreiben nicht als Karriere. Nur weil es mir durch großes Glück gelungen ist, vier Bücher zu schreiben, heißt das nicht, dass ich noch ein weiteres schreiben sollte – oder sogar kann. Ich sehe die Veröffentlichung eines Buches als ein separates Ereignis und nicht als ein unvermeidliches Ergebnis davon, „ein Schriftsteller“ zu sein. Lehren

hingegen ist etwas, dem ich mich unbefristet widme. Solange ich meinen Student:innen nützlich sein kann, werde ich lehren.

Aber Schreiben, denke ich, sollte irgendwann enden. Wo genau, weiß ich nicht – und vielleicht hängt es nicht einmal von mir ab. Aber ich gehe nicht davon aus, dass es weitergeht.

Mit der Trump-Administration und möglichen Einschränkungen im kulturellen und künstlerischen Bereich: Fühlst du, dass dein Schreiben oder Erzählen gefährdet ist? Glaubst du, dass dies etwas an deinem Schreibprozess ändern könnte?

Schreiben war historisch immer gefährdet. Die aggressive Haltung dieses Regimes ist direkter, und deshalb können wir es vielleicht unterlaufen, ihm zuvorkommen. Aber jedes Schreiben ist ein Produkt seiner Epoche, und jede Epoche ist problematisch. Ich denke an Solschenizyn, der Wörter verändern und Sätze vor staatlichen Zensoren verstecken musste, um schließlich seine Bücher aus Russland zu schmuggeln und anderswo drucken zu lassen. Ich denke an Allen Ginsberg, der für ein einziges Gedicht, „Howl“, vor Gericht stand. Die Zeiten sind düster, ja, aber wir haben das Glück, so spät in der Geschichte zu sein, nach so vielen Beispielen von Prüfungen und Triumphen der Menschen, die vor uns kamen, sodass die Beispiele für Überlebenskunst zahlreich, dynamisch und möglich sind.

Vielen Dank für deine Zeit und deine Worte!

Interview: Elsa Stappenbeck und Franziska Schwarz

Übersetzung: Franziska Schwarz, Elsa Stappenbeck und Jenny Witt

Daniel hat ausreichend Geschwister, eine anpackende Mutter, einen Künstlervater, zwei strenge, jeweils für sich spezielle Großmütter, eine in die USA ausgewanderte Tante, zwei Hunde, eine coole beste Freundin, deren Eltern aus der DDR geflohen sind und einen perfekten französischen Austauschpartner. Kurzum: In “Bis die Sonne scheint” ist für jede:n was dabei. Während all diese Leben rund um Daniels angerissen werden, erzählt er vornehmlich von einem Familien- und Schulalltag in einem Bremer Vorort der 80er-Jahre, in dem sich eigentlich immer alle jeden Wunsch erfüllen konnten. Diese Kapitel wechseln sich leichtfüßig mit der nacherzählten Geschichte der Großmütter und Eltern ab, angefangen am Ende des zweiten Weltkriegs. So ergibt sich eine schlanke und in ihrer Individualität im Ansatz repräsentative Zeitreise durch die deutsche Geschichte, von sich auf- und abbauendem Wohlstand. So auch bei den Hormanns: Ihnen geht das Geld aus. Aber die Hormanns wären nicht die Hormanns, wenn sie nicht trotzdem von neuen Möbeln träumen würden, für ein Zuhause, das zur Versteigerung steht. Was leicht tragisch klingt, entwickelt keine Schwere, sondern vermittelt diese spezifische Wärme eines liebevollen und unschuldigen Kinderblicks auf die eigene Familiengeschichte. Ein Roman, von dem mir die Fans von Joachim Meyerhoff da draußen gerne mal rückmelden dürfen, ob ich den Vergleich mit seinen Romanen, den ich hiermit zaghaft anbieten möchte, tatsächlich ziehen darf.

Christian Schünemann: Bis die Sonne scheint. Diogenes Verlag, 256 Seiten, 25 €

Unausgesprochene Wahrheiten

Wie schon Joachim B. Schmidts Romane rund um den selbsternannten Dorf-Sheriff Kalmann, spielt auch sein aktuelles Buch im rauen Norden von Island, was mich riesig gefreut hat, denn ich habe hier bereits die Atmosphäre des Schauplatzes der letzten Romane sehr gemocht. Diesmal dreht sich alles um Jón Magnússon Ósmann, der mit seiner Seilfähre Menschen, Tiere und Waren über die Gewässer des Skagafjords befördert, genauso wie es bereits sein Vater gemacht hat. Außerdem fischt er, betreibt Robbenfang, verpflegt und versorgt Menschen, die Hilfe benötigen, kann Elfen und Geister sehen, ist bärenstark und eine richtige Erscheinung, die Eindruck hinterlässt bei allen Menschen, die auf ihn treffen. Er liebt Poesie und musste schon einige Schicksalsschläge einstecken, die ihre Spuren hinterlassen haben, obwohl er auf den ersten Blick unerschütterlich zu sein scheint. Schmidt hat mit Ósmann wieder eine Figur erschaffen, die mit der isländischen Natur verwurzelt zu sein scheint, die das Leben in der Kälte und die Besonderheiten Islands und seiner Magie genauestens zu kennen scheint und die nichts so leicht erschüttert. Umso größer ist der Schock, als er auf dem Wasser in Gefahr gerät. Einfühlsam, komisch, genau recherchiert und sprachlich wirklich besonders beschreibt der Autor das Leben von Ósmann und die Geschehnisse im magischen Island.

Joachim

Wir befinden uns in einem düsteren und intensiven Berlin, in dem die Grenzen zwischen Verschwörungsmythen, Klassenkampf und roher Gewalt zunehmend verschwimmen. Im Mittelpunkt: Kampfsportlerin N, deren Leben von Gegensätzen geprägt ist: Sie pendelt zwischen einem Problembezirk und einem Villenviertel, bewegt sich zwischen Ohnmacht und körperlicher Stärke und erlebt sowohl größte Disziplin als auch maßlose Aggression gegen sich selbst. Während sie auf der einen Seite mit rätselhaften Zeichen an der Brandmauer gegenüber ihrer Wohnung und der Begegnung mit der obdachlosen Ivy konfrontiert wird, muss sie sich außerdem auf einen wichtigen Kampf vorbereiten. Doch die Ereignisse sorgen dafür, dass sie aus ihrem Alltagstrott rausgeworfen wird und stattdessen Berlins urbane Abgründe erkundet, bis hin zu dem Moment, in dem die Angst vor Unterdrückung zu Gewalt führt. Die innere Zerrissenheit der Protagonistin wird in “Striker” eindrucksvoll dargestellt und den Leser:innen eine Welt voller Unsicherheit und latenter Bedrohung aufgezeigt. Dieser Roman ist wirklich kraftvoll, temporeich, herausfordernd und hält der Gesellschaft schonungslos einen Spiegel vor. Das Buch hat mich noch lange nachdenklich gemacht und mich mit seiner Wucht überzeugt.

Helene Hegemann: Striker. Kiepenheuer & Witsch, 192 Seiten, 23 €

s tipp

Ein Spiel mit der Zeit

London, 21. Jahrhundert. Eine junge Frau beginnt ihren neuen Job in einer geheimen Abteilung im Ministerium als “Brücke” - eine Art Babysitterin für Menschen, die aus der Vergangenheit in die Gegenwart geholt wurden. Ihr Ankömmling ist Commander Graham Gore, ein Polarforscher, der 1847 mit seinen Kameraden auf der Suche nach der Nordwestpassage verschollen sein sollte. Doch das Ministerium hat andere Pläne mit seinem Schicksal, und so stolpert er in diesem Sommer durch Londons Straßen, wundert sich über die Existenz von Fahrrädern und die Unbegrenztheit des Musikhörens via Streaming. Gores ständiges Staunen über die Gegenwart ist witzig und charmant. Doch natürlich lernt er auch über signifikante historische Ereignisse der letzten 200 Jahre, und immer wieder zeigt sich, wie sehr die Weltanschauungen der beiden Hauptcharaktere - geprägt von den Jahrhunderten, aus denen sie stammen - zu Missverständnissen und Konflikten führen. Interessant ist, dass Bradley den Charakter von Graham Gore auf einer echten historischen Person basiert und quasi eine Art Fanfiction über sein Leben geschrieben hat. Das Buch liest sich wirklich ein bisschen wie eine Fanfiction und könnte auch Fans von Romance Novels ansprechen. Neben Zeitreise-Experiment, Spionagethriller und sozialer Kritik enthält das Buch eben auch diese, eine langsame, aber fesselnde Romanze. Und natürlich bleibt auch die Frage: Was genau hat das Ministerium eigentlich mit den Zeitreisenden vor?

Kaliane Bradley: Das Ministerium der Zeit. Penguin Verlag, 384 Seiten, 24 €

Von der Suche nach Identität und Zugehörigkeit

Rosa lebt in London und muss für unbestimmte Zeit in ihre Heimatstadt einer deutschen Provinz das Grundstück ihrer Großmutter verkaufen. Währenddessen nistet sie sich in das Haus ein und überschüttet sich mit alten Unterlagen, Fotos und Briefen. Einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend verbrachte sie in einem katholischen Internat. Nonnen, Lehrer:innen und alte Mitschüler:innen wirken wie kleine Puzzleteile, die zusammen mit ihren Erinnerungsfetzen ein Großes und Ganzes entstehen lassen. Außerdem wird sie mit der elementaren Frage konfrontiert, wer eigentlich wirklich ihr Vater ist. Für mich persönlich handelt die Geschichte von Heimat, Verlust und der Suche nach Identität. Ich wurde emotional voll und ganz abgeholt und zum Nachdenken angeregt. Die Grundstimmung des Buches nahm ich als nostalgisch, melancholisch und recht authentisch war, was mich völlig abtauchen ließ. Die sarkastisch humorvolle Erzählweise bescherte mir ein besonderes Leseerlebnis. Insgesamt ist „Nowhere Heartland“ ein wunderschönes, aber auch herausforderndes Werk, das einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Es ist ein Buch, das zum Reflektieren anregt und eine neue Perspektive auf die Bedeutung von Heimat und Zugehörigkeit eröffnet.

Emily Marie Lara: Nowhere heartland. Pola Verlag, 352 Seiten, 22 €

Joesti p p

Wenn du dich im Wald verläufst, setze dich hin und schreie

Die Van Laars genießen ein hohes Ansehen unter den einflussreichsten Familien der High Society. Ihnen gehört ein Naturreservat in den Adirondack Mountains, zu dem auch ein Sommer Camp zählt. Hier verbringen viele Kinder der reichen Familien ihren Sommerurlaub und lernen, wie man in der Wildnis überleben kann. Gemeinsame Lagerfeuer, Gruppenaktivitäten und erste Küsse. Gelegentlich flüstert man sich in den Stockbetten der kleinen Kabinen Schauergeschichten zu. Von dem Geist der Scary Mary, dem „Schlitzer“, einem Serienmörder, oder Bear, dem Sohn der Van Laars, der vor 14 Jahren in den Wäldern verschwunden ist und nie gefunden wurde. Einige Personen behaupten, die Familie hätte viel zu spät den Sohn als vermisst gemeldet, zu wenig unternommen. Eines schönen Sommertages verschwindet auch Barbara, das zweite und jüngere Kind der Van Laars, spurlos aus dem Sommer Camp. Während man alles versucht, um Barbara zu finden, scheinen sich neue Erkenntnisse über alte Fälle aufzutun. Dieses Buch besitzt eine Atmosphäre, die mich stark an den Geruch der hitzigen Sommerluft vor einem starken Gewitter erinnert. Dabei schafft es der Slow-BurnCrime mit seinen vielen Perspektivwechseln keineswegs langweilig zu werden, sondern eröffnet Einsicht in die Tiefe der unterschiedlichen Charaktere und die amerikanischen Sozialgefälle. Eine große Empfehlung!

Liz Moore: Der Gott des Waldes. C.H. Beck Verlag, 590 Seiten, 26

Hände, die Blumen binden. Hände, die Kindergesichter streicheln. Hände, die den Kranschalthebel greifen. Hannahs Hände sind faltig am Ende des Romans, sie ist angekommen in einem Neubaugebiet in Magdeburg. In den späten 1930ern, noch am „Johannisberg am Rand des Knattergebirges“, schob sie ihren Tisch ans Ladenfenster, um dem Treiben auf der Straße zu folgen. Das Fenster gibt es nicht mehr. Das Haus gibt es nicht mehr. Ihren Sohn gibt es nicht mehr. Ihr Mann starb auch irgendwann. Dazwischen liegen ein Krieg, drei Staatsformen, ein ganzes Leben. Annett Gröschner schreibt über Hannah Krause, Krause wie Schmidt oder Meier, Hannah ist eine Frau, die ich aus den Geschichten meiner Familie kenne. Ihre Geschichte beginnt in Berlin, doch schnell ist sie zurück in Magdeburg und wird es nie verlassen. Für jedes ihrer (Lebens-) Abschnitte hat sie als Einleitung eine Blume gewählt. Ein Herbarium der Erinnerungen. Mit Beginn des Krieges kommt der Befall, befallen Insekten den Flor. Als es ganz schlimm kommt, eine Blume vom Aussterben bedroht. Und dann ihr jüngstes Kind zusammengerollt zu ihren Füßen, an sie geschmiegt auf dem Kran im Thälmannwerk. Ich bin ein großer Fan von Gröschners Büchern, habe sie alle zuhause. Sie schafft es, die Geschichte einer Frau exemplarisch für das Leben vieler Frauen, für das Leben einer Stadt, zu erzählen. Am Ende von “Schwebende Lasten” bleiben nur vertrocknete Gestecke und ein Lächeln im Gesicht. Hier wurde gelebt.

Annett Gröschner: Schwebende Lasten. C.H. Beck, 282 Seiten, 26 €

T ipp

Eine große jüdisch-amerikanische Familiengeschichte

Seid Ihr Fans von Larry David und Woody Allen? Dann lest unbedingt dieses Buch. Erstens ist es sehr, sehr witzig. Zweitens handelt es ganz nebenbei eine Bandbreite von spannenden Themen ab: versteckte Traumata, Kapitalismus, Einwanderungspolitik, die armreich Schere im heutigen Amerika... das alles sehen wir durch die Brille der Fletcher Familie, also den Reichen und Priviligierten. Doch wie so oft: schöner Schein und Nichts dahinter. Keiner in der Familie ist glücklich und alles scheint mit der Entführung des Vaters vor über 20 Jahren zusammen zu hängen. Dazu der Habitus dieser komplett neurotisch jüdisch-amerikanischen Familie, die sich im Laufe der Handlung in die unmöglichsten Situationen bringt und man als Leser:in nicht weiß, ob man Lachen oder genervt Aufstöhnen soll. Ich habe definitiv mehr gelacht. Aber ich mag auch Larry David.

Taffy Brodesser-Akner: Die Fletchers von Long Island. Eichborn Verlag, 576 Seiten, 25 €

Judiths

Franzis T ipp

Zwischen Sprachlosigkeit und Nähe

Bewegend und persönlich erzählt Didi Drobna in ihrem neuen Roman von Familie, Versöhnung und eine komplexe Beziehung zwischen einer Tochter und ihrem Vater. Von einem Vater, mit dem Didi Jahre keinen Kontakt hatte, der aber plötzlich um ihre Hilfe bittet. Er ist schwer erkrankt und im Krankenhaus, und obwohl die Kommunikation zwischen den beiden durch Sprachbarrieren erschwert wird – ihr Vater spricht nur wenig Deutsch, und sie nur noch gebrochen Slowakisch – übernimmt Didi die Verantwortung und hilft ihm. In den folgenden Tagen entwickelt sich zwischen den beiden eine unerwartete Nähe und wird zu einer tiefen Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit, der Familie und den verpassten Chancen im Leben. Didi lernt nicht nur mehr über ihren Vater, sondern auch über sich selbst. Ich habe es in einem Rutsch gelesen, klar auch weil es sehr dünn ist, aber vor allem, weil es ein sehr empfindsamer Roman ist, ganz zart und ohne Kitsch. Für mich sticht das Buch vor allem durch seine Sprache heraus, da Drobna eine sehr direkte und ehrliche Art hat, die enge Beziehung zwischen Wut und Vergebung zu umschreiben. Große Leseempfehlung!

Didi Drobna: Ostblockherz. Piper Verlag, 176 Seiten, 22 €

Was wäre, wenn wir das Altern aufhalten könnten?

In “Das Gefühl von Unendlichkeit” schreibt Austin Taylor über Liebe, Verlust und Selbstfindungen. Der Roman dreht sich um die Geschichte von Zoe und Jack, die in einem Vorlesungssaal in Harvard aufeinander treffen. Durch diese Begegnung steht aufeinmal die Welt der beiden Kopf und es entwickelt sich eine Dynamik, die einem Wettbewerb ähnelt und aus der sich nach einiger Zeit eine gegenseitige Faszination füreinander entwickelt. Eines Nachts erleben die beiden eine Situation, die für sie bedeuten könnte, dass sich ihr weiteres Leben ganz anders entwickeln könnte, als sie es gedacht hätten: Sie knacken den Code der menschlichen Zellen, der fürs Altern verantwortlich ist. Als die Unendlichkeit in greifbare Nähe gerät, stehen sie vor einer großen Entscheidung. Auf bemerkenswerte Art und Weise, thematisiert der Roman die Unbeständigkeit des Lebens und einer Welt, die von Veränderung und Unsicherheit geprägt ist. Er zeigt auf, dass selbst ganz kleine und zufällige Momente eine große Bedeutung haben können. Der Schreibstil ist sowohl poetisch als auch präzise und verstärkt die emotionale Wirkung der Erzählung, verzichtet dabei aber auf Kitsch und beschreibt Höhen und Tiefen eher auf subtile Art. Auf jeden Fall eine sehr intensive Leseerfahrung!

Austin Taylor: Das Gefühl von Unendlichkeit. Heyne Verlag, 384 Seiten, 22 €

Tipp
vo n David

Joe Thomas fackelt nicht lange. Sofort stehe ich zwischen tausenden von Menschen im Viktoriapark beim Carnival Against Racism. Es ist 1978, London, Hackney und die Luft brennt. Die National Front sammelt Stimmen im Osten Londons, schürt Hass und zieht mit ihrem Mob durch die Straßen. Auf der anderen Seite die größte antirassistische Bewegung, die England bis heute erlebt hat, getragen von Punk und Reggae. „All the power’s in the hands of people rich enough to buy it, while we walk the street too chicken to even try it“, brüllen The Clash von der Bühne. In dieser aufgeheizten Stimmung häufen sich verdächtige Todesfälle. White Riot ist ein musikalischer Ritt auf dem Rücken dieser realen und fiktiven Kriminalfällen, vorangetrieben durch den kontinuierlichen Wechsel der Erzählperspektive. Kein Krimi, der mit dem Standardkrimibaukasten zusammengesetzt wurde, viel besser. London Ende der 70er und Anfang der 80er war ein Schmelztiegel voll von rechtsgerichteter Politik, rassistischer Polizei, Armut und einer radikalen Gegenkultur mit dem dazugehörigen Soundtrack. Werden die Todesfälle unter verdächtigen Umständen aufgeklärt? Ich freue mich jetzt schon auf den zweiten Band der Trilogie!

Joe Thomas: White Riot. BTB Verlag, 512 Seiten, 17 €

Gesellschaftskritisches Porträt

T i pp

Line für Line im „Bunker“, Afterhour für Afterhour irgendwo in Friedrichshain. Nila feiert, um das Leben in Gropiusstadt zu vergessen. In Afghanistan glaubten ihre Eltern an den Kommunismus und Gleichberechtigung. Aus diesem Mythos nach Deutschland verbannt, scheitern sie an den Lebensumständen. Den Exilalltag der Familie prägen Armut und Gewalt. Trotzdem kann Nila an ein katholisches Mädcheninternat wechseln, zwischen Elisabeths und Anna-Lenas die einzige mit schwarzen Haaren. Sie fühlt sich nirgends zuhause, hüllt sich in Geheimnisse. Die Puzzleteile ihrer Vergangenheit treten zwischen den Partykapiteln immer deutlicher und als Basis für Nilas Getriebenheit und Verlorenheit hervor, für ihren Hunger nach Glück und Gewalt. Mit viel Härte und vielen Bildern wehrt sie sich erzählend gegen die Vergangenheit und das Leben, das daraus entstanden ist, von dem sie nicht glauben kann, dass es das ihre sein soll. Leider auch mithilfe von Marlowe, der immer wieder dem Protagonisten seines ersten und bisher einzigen Romans ähnelt, konstant mit Theoriefetzen um sich wirft, aber selten auch nur im Ansatz nette Dinge sagt. Aber glücklicherweise nicht nur mit Marlowe. Zwischen den Exzessen, in ihrem Kinderzimmer gibt sich Nila einer treuen Liebe zu Literatur hin. Sie träumt und fotografiert. Sie archiviert ihr Leben, enträtselt ihre Existenz – auch in dem sie ihre Geschichte erzählt, die Aria Abers Debüt “Good Girl” zu mehr macht als dem nächsten Party- und Berlinroman.

Aria Aber:

Fesselnd und überraschend

Die spannendste Romantasy, die ich seit langem gelesen habe: schöne und unbarmherzige Fae, voller Wendungen, eingebettet in eine komplexe Welt, ziemlich fortschrittlich mit seinem Cast und Themen und eine starke weibliche Hauptfigur - was will man mehr? Yeeran wurde auf dem Schlachtfeld geboren, lebt dort und weiß, dass sie eines Tages auch dort sterben wird. Als Kriegerin der Elfenarmee kennt Yeeran nur Gewalt und Krieg. Ihre Schwester Lettle dagegen versucht, ihren Lebensunterhalt als Wahrsagerin zu verdienen und sucht nach Prophezeiungen, die eine bessere Zukunft versprechen. Ein schwerer Fehler führt schließlich dazu, dass Yeeran aus den Elfenlanden verbannt wird, und sie gemeinsam mit dem Kommandant Rayan und ihrer Schwester in die gefährliche Wildnis flüchten muss. Diese liegt jenseits ihrer Grenzen und sie stoßen auf das Unvorstellbare: den Hof der Fae. Seit einem Jahrtausend sind die Fae nicht mehr gesehen worden, doch nun geraten Yeeran und Lettle in ihre verlockende Welt und stehen vor der Herausforderung, zwischen ihrer Loyalität zueinander, ihrer eigenen Herkunft und ihren Gefühlen zu entscheiden. Denn nichts ist mehr so wie es zu sein scheint und schon gar nicht die Fae. Eine fesselnde Geschichte über Magie und die Kraft der Verbindung, die mich von der ersten Seite an in ihren Bann gezogen hat. Für Fantasy Fans und alle, die es werden wollen ein Must Read!

Saara El-Arifi: Faebound. Hoffman und Campa Verlag, 512 Seiten, 25 €

Zwischen Schuld und Rache

T i p p

Ich habe mich riesig gefreut, als ich gehört habe, dass es wieder ein neues Buch von Ayelet Gundar-Goshen gibt. Und ich wurde nicht enttäuscht, auf die Schreibkunst dieser Autorin ist Verlass: ich habe diesen Roman richtig inhaliert und in einem Stück verschlungen. Wieder einmal hat die Autorin einen Konflikt inszeniert und ein Psychodrama erschaffen, das richtig Herzklopfen verursacht, den Atem anhalten lässt und einen nicht mehr loslässt. Es geht um einen Unfall mit Todesfolge für einen Teenager, für die Tat wird die falsche Person beschuldigt. Es dauert einige Zeit, bis die junge Mutter überlegt, mit der Sprache herauszurücken, in der Hoffnung, damit das Richtige zu tun, Verantwortung zu übernehmen und für Ruhe im Fall zu sorgen. Doch so einfach funktioniert es nicht, denn mit der Wahrheit wird die Tat nicht rückgängig gemacht, die Trauer bleibt und Rachegedanken werden größer und größer... Ich empfehle Ayelet Gundar-Goshens Bücher nur wärmstens bei Leseflauten und verspreche: mit diesem Roman kommt ihr wieder heraus. Ein absolutes Must-Read im Sommer!

Ayelet Gundar-Goshen: Weiße Lügen. Kein und Aber Verlag, 306 Seiten, 25 €

Read the original: unsere Highlights auf Englisch

Enigmatic, disturbing, gripping

“Strange Pictures” by Japanese author Uketsu is like nothing I’ve ever read before. It’s got the eerie, unsettling atmosphere of a thriller or crime/horror novel. Set off not only by the gripping, intriguing style of writing but by the, indeed strange, pictures that each chapter centers around. It starts with two student members of a uni’s Paranormal Club reading old blog posts from a man whose wife’s drawings contain clues to a troubling revelation. From then on, the mystery around these enigmatic drawings (the picture of a home and the sketch of a mountain range) and the disturbing meaning behind them starts to unfold. The reader, instead of just getting to witness the unfolding of the truth, is also invited to try and figure out the clues, put the pieces together and peel back the layers of the story themself. So, put on your best Sherlock-hat or just your favorite reading glasses and enjoy this truly unique way of storytelling.

Uketsu: Strange Pictures. Pushkin Press, 240 Seiten, 22 €

moving exploration of female experience

Let’s be real: At first, I had some difficulties with Chimamanda Ngozi Adichie’s new novel, “Dream Count”. The book starts in a Zoom call between four women during the Coronavirus lockdowns, reflecting on their past years. They are all well past their twenties, each having had negative experiences with men. Some storylines are epic—almost historical fiction, traumatic, and rapturous. Others are slice-of-life. Since they are somewhat entangled, I struggled with how large and small events intersected at random. The book avoids a conventional narrative structure. However, once I got used to it, I found myself falling in love with all four protagonists. The characterizations in Dream Count are all the way spot on. There’s so much nuance, complexity, and reasoning in these figures: It adds up to a panoramic view of living and loving in patriarchal structures.

Chimamanda Ngozi Adichie: Dream Count. Knopf Verlag, 416 Seiten, 32 €

Jasmins T ipp
Yanniks T ipp

5 Fragen an Julia Friese

Julia Friese wurde 1985 in Hagen geboren. Sie lebt in Berlin, arbeitet als Schriftstellerin und Kulturjournalistin, veröffentlicht in Literaturzeitschriften und Anthologien. Zuletzt erschien „life starts after breakfast“ in „die horen“ und „dreams“ in der Anthologie „Und ich -“ bei Ullstein. Ihr viel besprochenes Debüt „MTTR“ erschien 2022 im Wallstein Verlag und war für den Clemens-Brentano-Preis nominiert. Für „delulu“ wurde ihr das Werkstipendium des Deutschen Literaturfonds zuerkannt.

Im Roman begegnet Res im Delirium ihrem Idol, Popkünstlerin Frances Scott. Wem würdest du gerne im Delirium begegnen?

Oh, „delulu“ ist exakt das Delir, das ich die vergangenen zwei Jahre gebraucht habe. Mir fehlt der Text. Er war der perfekte Kokon. Ein so angenehm stimulierendes Gewebe aus alter Euphorie. Da ist der Besuch eines Toys „R“ Us in den Neunziger Jahren, der Beginn von „Eiskalte Engel“, Szenen aus Sofia Coppolas „Lost In Translation“ zu flatternder Cartoon-Logik und den Bildern von David LaChappelle. Milch tropft über die „Goonies“ wie über Fruit Loops und Softeis. Da ist Britney, da ist Tennis, da sind Hotels, Züge und Aufzüge. Alles ist gelackt und wird balanciert auf einer David-Lynch-Hintergrundspannung. Ich war in der Staatsoper, als ich von seinem Tod erfahren habe. Ich habe Ballett gesehen und geweint.

Sind große Statements über Popkultur und Zeitgeist überhaupt noch möglich?

Jederzeit lässt sich etwas über den Zeitgeist sagen. Aber „delulu“ sucht weder Statement noch These.

Es ist eine Reise in das Unterbewusstsein. Welche Sehnsüchte und Erwartungen hat der Mainstream dort abgelegt? Was konstituiert unsere Wahrscheinlichkeitsannahmen? Welche Tropen und Memes – also vielfach kopierte Muster, Wenn-Dann-Gesetzmäßigkeiten bestimmen unser Verhalten? Res hat immer gedacht, sie sei etwas Besonderes. Sie müsse sich nur anstrengen, leisten, kaufen, integer sein und gegen Ende ihres Films gebühre ihr dann - als bis dorthin verkannte Außenseiterinder Applaus. Aber darf es im wahren Leben überhaupt ein Ende geben?

Denkt man das Ende eines Films, wirklich als ein Ende, oder nicht vielmehr als einen den Film überdauernden, anhaltenden Zustand?

Res hat gedacht, sie sei am Ende der Geschichte aufgewachsen, lebe in einem wie selbstverständlich demokratisch organisierten Wohlfühlkapitalismus, in dem es nur noch darum gehen kann, sich selbst wahr zu machen. Broadcast Yourself. Ich werde mal Geld haben. Ich werde mal schön sein. Ich laufe eine Treppe nach oben. Ich werde glücklich sein - wenn nur, dann. Ich wollte die Delusion einfangen, sie an der Kapuze greifen, umdrehen, um ihr ins Gesicht zu sehen. Kann man durch ihre Feststellung über sie hinwegkommen? Und was würde bleiben, wäre man sie los?

Inwiefern unterscheidet sich der Schreibprozess des ersten Buches von dem des zweiten?

„MTTR“ ist ein sprachkritischer, festerer Text. „delulu“ ist feinnervlich, gleitet und glitscht. Aber so unterschiedlich sie sind, so ähnlich war ihr Schreibprozess: Morgens aus dem Bett in den Text. Es gibt wenig, was so dumm zufrieden macht, wie diesen Strang gefunden zu haben, der dann jeden Tag weiterläuft. Scheinbar aus dem Nichts etwas schaffen. Nichts ist so satisfying.

Erinnerst du dich noch an den Moment, in dem du das erste Mal jemandem einen deiner Texte gezeigt hast?

Als ich zwölf war, hatte ich gerade meinen ersten Computer bekommen, saß nach der Schule immer tippend und ausdruckend da. Mein Großvater war mit dem Schriftsteller Alfred Müller-Felsenburg befreundet, dem er dann eines meiner Manuskripte gab, weil er wissen wollte, ob es etwas tauge, oder ob ich mir quasi grundlos stundenlang die Augen verdarb. Und Alfred MüllerFelsenburg las, und schenkte mir daraufhin eines seiner Bücher mit Gebeten für Kinder und ihre Eltern. Ich merke gerade, dass ich mir bis

heute unsicher bin, was die Botschaft dieser Geste betrifft…

Stell dir vor, du dürftest für den Rest deines Lebens nur noch drei Bücher lesen. Welche wären es? Drei sind doch auf jeden Fall zwei zu viel. Fehlt uns nicht allen Aufmerksamkeit? Fokus! Ich würde mir eine close reading Loop von Jelineks „Die Kinder der Toten“ verordnen. Den Text Satz für Satz auffädeln, um forever wohlig frierend, eine lachende Gondel ihrer Seilbahn zu sein…

Julia Friese: delulu.

Wallstein Verlag, 247 Seiten,22 €

Ausflugstipp

Sagenumwoben & beliebt

Die Müggelberge

Wanderschuhe an, es geht in die Berge! Genauer gesagt hinauf die Berlins höchste natürliche Erhebung, den 114,8 Meter hohen Großen Müggelberg. Die Anstiege zu Beginn der Tour werden mit einem herrlichen Ausblick, dem entspannten Rückweg bergab durch den Wald und mit dem Bohlenweg über das Teufelsmoor als abschließendes Highlight dieser landschaftlich traumhaft schönen Wanderung belohnt. Für einen entspannten Ausflug mit Hund würde ich diese Tour nur von Ende Herbst bis Frühjahr empfehlen. Im Sommer ist OstBerlins beliebtestes Ausflugsziel ins Grüne an den Wochenenden sehr stark besucht, und auf den breiten Waldwegen, die sich leider nicht immer umgehen lassen, sind viele Radfahrer mit überhöhter Geschiwndigkeit unterwegs. Doch sobald es kühler wird, werden aktive Hunde und Spürnasen in dem herrlichen alten Mischwald ihre Freude haben.

Textauszug aus „Mit Hund in Berlin“ von Sarah Bechimer Fotos: © Sarah Bechimer

auf die höchste natürliche

Der Bohlensteg durch das Teufelsseemoor

Blick über den Teufelssee von der Aussichtsplattform.

Weg
Erhebung Berlins.

Los geht‘s Direkt gegenüber vom großen Parkplatz Rübezahl beziehungsweise an der gleichnamigen Bushaltestelle beginnt der Wanderweg zum Teufelssee. Links kommen wir direkt am Waldspielplatz vorbei und schon nach knapp 350 Metern verkündet ein großes Holzschild, dass wir am Teufelssee angekommen sind. Nach links geht es auf einem einfachen, schönen Familienwanderweg zum „Lehrkabinett Waldschule“. Wir laufen allerdings geradeaus weiter und hinunter zum Ufer des idyllischen Sees... Die ganze Wanderung findet ihr auf Seite 80-87.

Kurz und Knapp: 5,6 km 1 h 45 Min. 2 Straßenüberquerungen

Sarah Bechimer: Mit Hund in Berlin. Die schönsten Ausflüge ins Grüne. BeBra Verlag, 192 Seiten, 18 €

Kartoffelsalat mit Eiern und Bärlauch

Wenn im Frühling überall der Bärlauch sprießt, kommt die Zeit für diesen einfachen, wahnsinnig cremigen und überaus befriedigenden Kartoffelsalat. Gegen Ende der Saison, kurz vor der Bärlauchblüte, finden auch die geschlossenen Knospen hier die beste Verwendung.

Festkochende

Kartoffeln

Bärlauch

Bärlauchknospen

Eier

Sonnenblumenöl Weißweinessig

Juri Gottschall, Mercedes

Lauenstein: Splendido. Primavera/Estate. Dumont Verlag, 208 Seiten, 32 €

Die festkochenden Kartoffeln in der Schale in Salzwasser kochen oder gut geschält im gut gesalzenen Wasserdampf dünsten. Die geschälten, gegarten und abgekühlten Kartoffeln in angenehm zu verzehrende Würfel schneiden. Auch einige Eier kochen, je nach persönlicher Vorliebe entweder wachsweich oder hart, auch sie kommen später - gewürfelt - in den Salat.

Aus rohem Eigelb, Sonnenblumenöl, Salz und etwas Weißweinessig mit dem Mixer eine Mayonnaise aufschlagen (oder eine gute Mayonnaise mit möglichst wenig zweifelhaften Zusatzstoffen aus dem Glas kaufen). Und ja, Sonnenblumenöl ist für eine Mayonnaise leider das Öl der Wahl. Obwohl wir sonst immer für den Einsatz von Olivenöl Extra Vergine plädieren, ist es hier fehl am Platz, denn ein gut polyphenolreiches Olivenöl ist immer bitter und dies gefällt der mild-süßlichen Mayonnaise überhaupt nicht.

Den Bärlauch fein hacken und die aromatischen kleinen Bärlauchsprossen je nach Größe halbieren. Die gekochten Eier schälen und würfeln. Die Kartoffelwürfel in eine Schale geben, gegebenenfalls noch einmal etwas salzen (Kartoffeln schlucken viel Salz) und mit der Mayonnaise, den gewürfelten gekochten Eiern, dem Bärlauch und den Knospen vermischen. Am besten vor der Verzehr noch einige Stunden gut abgedeckt im Kühlschrank ziehen lassen, vor dem Servieren aber wieder Temperatur annehmen lassen - so entfalten sich die Aromen am besten.

Kalte Pasta mit Thunfisch

Schnelles Mittagessen gefällig? Diese kalte Pasta mit Thunfisch, Mayonnaise, und Tomaten ist schon zur Stelle, am besten man bereitet sie schon am Vorabend zu. Mayonnaise, man liebt sie oder man hasst sie. Für Thunfisch gilt das Gleiche. In dieser kalten Pasta mit Thunfisch kommen beide zusammen. Oft findet man diese Pasta so oder so ähnlich an den Frischetheken kleiner Alimentari oder italienischer Supermärkte und kann sich damit auf die nächstgelegene Bank verziehen und für einige Minuten über das Geheimnis der genialen Kombination aus Mayonnaise und Thunfisch sinnieren.

Fusilli

Thunfisch aus dem Glas

Mayonnaise

Taggiasca-Oliven

Datterino-Tomaten

Kapern

Fusilli in gut gesalzenem Wasser al dente kochen. Währenddessen Thunfisch aus dem Glas oder aus der Dose in einer kleinen Schale mit der Gabel zerdrücken. Bei Thunfischkonserven lohnt es sich darauf zu achten, in Olivenöl eingelegten europäischen Thunfisch kleiner oder bewährter Traditionshersteller aus Spanien oder Italien zu kaufen, etwa sizilianischen Blauflossenthunfisch oder kantabrischen Bonito del Norte. In diesem Fall hat eine Dose Ventresca de Bonito del Norte hergehalten, denn was es nicht alle Tagen gibt, kann dafür umso feiner sein: Thunfisch sollte kein CentProdukt der Discounter-Eigenmarke sein, das zuhauf in den Speisekammern von Studenten-WGs herumsteht, sondern eine bewusst genossene Delikatesse.

Einige Esslöffel Mayonnaise in die Schale zu dem zerdrückten Thunfisch geben. Man kann für dieses Rezept eine gute Mayonnaise aus dem Glas kaufen. Man kann aber auch aus frischem Eigelb, einem möglichst geschmacksneutralen Speiseöl und einer Prise Salz im Mixer selbst Mayonnaise aufschlagen. Das Ei bleibt dann unpasteurisiert, weshalb man in Sachen Haltbarkeit und Verzehrtemperatur etwas achtgeben sollte. Mischen, bis eine geschmeidige Creme daraus geworden ist. Je nach gewünschter Feinheit der Thunfischcreme kann das auch im Mixer geschehen.

Süße Datteltomaten würfeln oder vierteln. Optional: Schwarze Oliven oder TaggiascaOliven bereitlegen, außerdem, je nach Geschmack, ein paar unter kaltem Wasser abgespülte Kapern aus dem Salz.

Die Fusilli in ein Sieb abgießen und sofort mit sehr kaltem Wasser abschrecken, wir wollen die verbliebene Stärke in diesem Fall abwaschen, damit der Salat nicht verklebt, und außerdem den Garprozess sofort stoppen. Pasta gut abtropfen lassen und in eine Servierschale füllen.

Die Creme aus Mayonnaise und Thunfisch nun gemeinsam mit den Tomaten, Oliven und Kapern zur Pasta in die Servierschale geben. Alles gut durchheben und für den perfekten Frischethekengenuss vor dem Verzehr noch ein bis mehrere Stunden in den Kühlschrank stellen.

An Feinheit gewinnt der Salat, wenn man die Kirschtomaten vorsichtig enthäutet: dafür die Tomaten einfach von ihrem Strunkansatz befreien, mit kochend heißem Wasser überbrühen und die Schalen herunterziehen.

Juri Gottschall, Mercedes Lauenstein: Splendido. Primavera/Estate. Dumont Verlag, 208 Seiten, 32 €

Freund:innenbuch

Buchbox-Edition

Ich bin Expertin für… harmonische Mensch-HundBeziehungen. Klingt komisch, ist aber so. Hunde sind cool. Das habe ich noch nie probiert:

Flickflack

Himmel oder Meer?

Horizont

Welches Buch hättest du selbst gerne geschrieben und warum?

Die Wand von Marlen Haushofer. Weil es einfach sehr gut ist. Außerdem kommen Tiere drin vor, und Einsamkeit, Trauer und Hoffnung, und alles ist immer gleichzeitig schön und schrecklich, das muss man erstmal hinkriegen.

Wenn du ein Zimmer deiner Wohnung an einen ungebetenen Gast untervermieten müsstest, welches?

In meiner Wohnung gibt es eine Kammer, die würde ich herrichten für einen ungebetenen Gast. Ein flauschiges Hundekörbchen habe ich noch übrig, das würde ich waschen, da kann er sich nachts einrollen. Kleiderstangen sind in der Kammer schon drin, das ist praktisch.

Zu welchem Buch greifst du immer wieder?

Zu „Erklärt Pereira“ von Antonio Tabucchi, das lese ich alle paar Jahre.

Zum ersten Mal in der Oberstufe. Es ist das Jahr 1938 in Lissabon. Der Kulturredakteur Pereira trauert um seine verstorbene Frau und freundet sich mit einem jungen Mann an, der recht offensichtlich im Widerstand ist. Schon damals mochte ich die Art, wie es geschrieben ist, die Beziehungen und Dialoge darin. Die Politik habe ich ignoriert, davon hatte ich zu wenig Ahnung. Heute interessiert mich genau das daran: Ab wann ist man eigentlich im Widerstand?

Mit welcher Romanfigur würdest du am liebsten ans Meer fahren?

Mit Fuchur, dem Glücksdrachen aus der „Unendlichen Geschichte“. Und natürlich fliegen wir hin, Fuchur kann das ganz ohne CO2Ausstoß.

Was hat dich als Letztes total positiv überrascht?

Dass der Jaron Verlag ernsthaft mein Buch hat drucken lassen. So richtig im Hardcover und mit Impressum und Allem. Voll crazy!

Wofür findest du dich zu alt, würdest es aber trotzdem gerne machen?

Um die Choreografie von Christina Aguileras “Dirrty” nachzutanzen. Die finde ich immer noch stark, aber so sexy auf dem Boden rumkrabbeln - das tut doch voll weh an den Knien!

© Karolin Klüppel

... kennst du noch die tollen Freund:innenbücher? Antworten vergleichen, durchblättern und in Erinnerungen schwelgen, ewig darüber nachdenken, was denn jetzt das Lieblingsessen ist oder der wahre Traumberuf. Wir dachten uns: Warum stellen wir diese Fragen nicht unsere Autor:innen? diese Ausgabe dabei...

Das bin ich: Sabine Borgwart

Sabine Borgwart, geboren 1985, studierte einige Semester Modedesign und Kulturwissenschaften und übte verschiedene Berufe aus, bis sie sich mit Mitte dreißig fürs Schreiben entschied. Sie lebt in Berlin Friedrichshain und erhielt im Jahr 2021 das Arbeitsstipendium der Stadt Berlin für ihr Romandebüt.

AUFLÖSUNG

Überwiegend a:) Drachenkönig:in

Was für ein Lesetyp bist du?

Du liest am liebsten Geschichten, die dich in ganz andere Welten katapultieren und möglichst weit weg vom Alltäglichen spielen? Dann solltest du unbedingt unsere Fantasy-Abteilung in der BUCHBOX! am Helmi besuchen! In unserer Bittersweet-Abteilung, in der du auch Romantasy-Titel finden wirst, wirst du ganz sicher fündig! Außerdem gibt‘s eine große Manga - und Kinderbuchabteilung, in der auch die Kleinen ganz bestimmt tolle Bücher entdecken.

Überwiegend b:) English-Book-Nerd

Deine Bücher liest du am liebsten im Original und englische Cover gefallen dir sowieso um einiges besser? Dann komme doch am besten direkt in unsere englische Buchhandlung Lovestory of Berlin. Dort warten nur englische Bücher auf dich - und davon wirklich viele in unterschiedlichsten Genres! Und wenn es doch mal ein deutschsprachiger Titel sein darf, liegt die BUCHBOX! in der Kastanienallee nur wenige Meter entfernt.

Überwiegend c:) Genießer:in

Ein guter Kaffee gehört für dich zu deinem Buchhandlungs-Besuch auf jeden Fall dazu? In unserer Buchhandlung in der Kastanienallee kannst du gleich beides auf einmal haben! Und außerdem von jedem Genre etwas: Belletristik, Krimis, Sachbuch, Reiseführer, Kinderbücher… Im Anschluss kannst du es dir in einem der unzähligen Restaurants im Umkreis schmecken lassen und danach gleich wiederkommen, um eine unserer Lesungen zu besuchen, die dort regelmäßig stattfinden. So lässt es sich gut gehen!

Überwiegend d:) Vielleser:in

Du liest immer die neuesten Bücher und am liebsten magst du Belletristik? In unserem Laden am Boxi ist immer viel los (vor allem am Samstag, wenn draußen der Markt mit Köstlichkeiten lockt), zwar ist der Laden etwas kleiner, die Auswahl an neuesten Büchern aber sehr ausgewählt und lässt dich garantiert richtige Highlights entdecken. Darüber hinaus gibts hier aber auch aus den Abteilungen Kinderbuch, Nonbooks und Sachbuch einige Schätze zu entdecken. Außerdem cool: du kannst dich dort sogar einschließen lassen und noch mehr Zeit mit unseren Büchern verbringen - kein Witz! Checke unbedingt mal unsere Blackbox aus!

Überwiegend e:) Ästhet:in

Du liebst vor allem schöne Dinge und suchst etwas fürs Auge? Neben einem großen Sortiment an Belletristik findet du in unserem kiezigen Laden an der Greifswalder Straße auch Foto-, Kunst- und Architekturbände. Viele, viele Kochbücher und natürlich auch Kinderbücher warten auf dich, aber auch Nonbooks. Neu seit dem letzten Winter sind außerdem die Herrnhuter Sterne, die garantiert ein Blickfang sind und es nur in dieser Filiale gibt! Außerdem spannend: in dieser Filiale wurden bisher die meisten Promis gesichtet.

Und falls bei dem Quiz jetzt raus kam, dass du Lesetyp Friedrichshain oder Lesetyp Kastanienallee bist, können wir noch eins drauf setzen, denn:

du kannst beide Läden ganz für dich und deine Freund:innen haben und in Ruhe stöbern - ohne Zeitdruck, ohne Gedrängel und sogar ohne uns!

Blackbox

Genuss nach Schluss

Wir überlassen Dir und Deinen Liebsten für einen ganzen Abend die BUCHBOX! im Friedrichshain ODER die BUCHBOX! in der Kastanienallee, sodass ihr ungestört in unsere Bücher reinlesen, diskutieren und genießen könnt.

Was muss ich tun, um mich für „Genuss nach Schluss“ anzumelden?

Du und deine Freund:innen sucht euch einen passenden Sonntags-Termin aus und kontaktiert eure Wunschbuchbox per Mail oder ruft direkt an. Falls der gewünschte Termin noch verfügbar ist, bekommt ihr von uns einen Gutschein. Ein Gutschein kostet 35 € für 5 Personen, jede weitere Person kostet 5 €. Im Gutschein enthalten ist eine Flasche Prosecco/Rot- oder Weißwein oder Saft/Limo, Knabbereien und natürlich eine Karaffe mit Wasser.

Der Gutschein ist in all unseren Läden erhältlich.

Kastanienallee:

Wo? Kastanienallee 97, 10435 Berlin Kontakt: 030 / 44 30 8385 und kastanienallee@buchboxberlin.de

Boxikiez:

Wo? Grünberger Straße 69, 10245 Berlin Kontakt: 030 / 20 07 82 43 und boxikiez@buchboxberlin.de

Buchbox im Boxikiez

Buchbox in der Kastanienallee

Illustration entnommen aus: Eilika Mühlenberg: Das Schwimmbad. Gerstenberg Verlag, 64 Seiten, 22 €

Hier findet ihr die Kinder- und Jugendbuch

Highlights unserer Buchhändler:innen:

p von Joe Wenn Worte verletzen

Unter einer Brücke im Verborgenen, da lebt Toto, ein kleiner Troll mit großer Wut. Er will einfach ungestört dort wohnen, nicht gesehen werden und trolltypisch vergrault er alle Tiere, die es wagen, sich seiner Behausung zu nähern. Seine große Leidenschaft: andere anbrüllen, sie verjagen und Angst machen. Eines Tages beschließt jedoch ein kleines weißes gehörloses Häschen, den unbekannten Bewohner unter der Brücke zu besuchen. Es kann sich nämlich nicht vorstellen, dass man gerne alleine ist und außerdem Spaß daran hat, anderen Angst zu machen. Als Toto den Besucher bemerkt, wird er noch lauter und wütender und … leider auch beleidigend. Da fällt dem Troll das erste Mal auf, was Worte und Gefühle für eine Macht haben können. Ob das ausreicht, um sich beim Häschen zu entschuldigen? Ein wundervolles Bilderbuch mit schönen Illustrationen, was sich sehr gut dafür eignet, Emotionen verständlicher zu machen und Toto dabei begleitet, seine eigene Positivität wiederzufinden. Ab 3 Jahren.

Frances Stickely, Stefano Martinuz: Wer hat Angst vor Toto Troll?. DK Verlag, 32 Seiten, 12, 95 €

Der Hund ist still, weil er nämlich schlafen will.

Elsas

In diesem liebevoll gestalteten Pappbilderbuch von “Sams”-Autor Paul Maar und Bildkünstlerin Nina Dullek verabschieden sich der Eber und das kleine Schwein, die Spatzen, der Maulwurf, die Fledermäuse, der Frosch, die Fliegen und natürlich der Hund mit Reimen in die Nacht und legen sich zur Ruhe. Ein so niedliches und liebevoll illustriertes Gute-Nacht-Buch, das die Kleinsten beim Einschlafen unterstützt und garantiert für schöne Träume sorgt! Die Reime sind kurz und lustig, bleiben im Kopf und sorgen bestimmt für Schmunzler und Lacher vor dem Zubettgehen, bis sie irgendwann automatisch mit zum Schlaf-Ritual gehören und für gute Laune beim ins Bett gehen sorgen. Ein richtig schönes und niedliches Einschlafbuch für alle tierliebenden und hundemüden Kinder ab 12 Monaten.

Paul Maar, Nina Dulleck: Hundemüde? Oetinger Verlag, 16 Seiten, 10€

Tip

Als ich die kleine Spitzmaus nur gesehen habe, war ich schon schockverliebt. Aber wie bezaubernd sind erst ihre Geschichten! Denn der Alltag der Spitzmaus könnte normaler nicht sein, vielleicht ein bisschen neurotisch, weil immer alles genau gleich ablaufen muss, aber genau das macht sie so liebenswert: Montags macht sie ihre Wäsche. Dienstags trainiert sie. Mittwochs bügelt sie... und nebenbei erfahren wir von den alltäglichen Momenten der Freude. Freunde, die unerwartet zu Besuch kommen, der Duft von frischgebackenen Brötchen, der so schön glitzernde Ozean. Denn hier geht es nicht um große Abenteuer oder abgefahrene Begegnungen (die man ganz ehrlich von einer Spitzmaus schon erwarten könnte), sondern es geht um den ganz normalen Alltag. Zum Frühstück gibt es Honigkekse, dann wird das Fell gebürstet und schon geht es mit dem Zug zur Arbeit. In drei kurzen Geschichten hat Akiko Miyakoshi hier was direkt fürs Herz illustriert. Sobald man die erste Seite gesehen hat, will man die kleine Spitzmaus in ihrer kuschligen Küche besuchen, es sich in ihrem Ohrensessel gemütlich machen, Honigkekse naschen und mit ihr über den vergangenen Tag plaudern. Eignet sich auch prima für Leseanfänger!

Akiko Miyajoshi: Die kleine Spitzmaus. Jacoby & Stuart Verlag, 80 Seiten, 14 € Franzis T ipp

Anzeige es geht wirklich nicht niedlicher!

Hören und Staunen für neugierige Kids

ISBN: 978-1-0357-0320-3 erscheint am 15.5.2025

ISBN: 978-1-0357-0319-7

ISBN: 978-1-0357-0322-7

ISBN: 978-1-0357-0318-0

ISBN: 978-1-0357-0317-3

Das Huhn blickt auf eine lange Geschichte zurück – auf eine einhunderfünfzigmillionen Jahre lange Geschichte. Die Zeit, in der die Vorfahren des Urhuhns lebten und die wir heute noch als Urvögel unter den Dinosauriern kennen. Vor 8000 Jahren wurde aus einem Teil der wilden Hühner dann ein Haustier: das Huhn, das die meisten von uns meinen. Neben verschiedenen Arten von Hühnern und ihre Herkunft, kannst du mit diesem Buch den Körperbau, die Fortpflanzung sowie Ernährungsgewohnheiten vom Huhn kennenlernen. Zwischendrin werden immer wieder großartige Fakten geliefert mit denen du beim nächsten Geburtstag ein bisschen angeben kannst. Wusstest du zum Beispiel, dass der Hahn durch seine innere Uhr schon viel früher als wir Menschen das Tageslicht wahrnehmen kann und deswegen früh morgens kräht, um sein Revier zu markieren?

Oder dass Hühner sehr schlau und lernfähig sind und sogar bis fünf zählen können? „Das große Buch der Hühner“ ist eine umfassende Sammlung von Fakten über Hühner für Menschen ab 8. Zusammengestellt wurde dieses Wissen von Evelien De Vlieger und jede Seite wurde beeindruckend von Jan Hamstra mit Linolschnitten illustriert. Rolf Erdorf hat das Ganze dann aus dem Niederländischen übersetzt. Das Buch ist so wunderschön von außen und innen, dass es einen besonderen Platz bei mir bekommen wird. Ich liebe wirklich alles daran! Ab 8 Jahren.

Evelien De Vlieger, Jan Hamstra: Das große Buch der Hühner. Gerstenberg Verlag, 80 Seiten, 28 € Das

Endlich Sommer, endlich schwimmen!

Judiths T ipp

Eigentlich ist Schwimmbad nicht nur ein Bilderbuch über... na ja... Schwimmbäder. Es ist eine kleine Kunstsammlung. Denn jede Seite ist richtig toll und in einem anderen Stil bebildert. Wir folgen Tomi, Lino und Papa hinein in ein Hallenbad (auch eher selten - die meisten Bücher spielen im Freibad). Tomi soll schwimmen lernen und obwohl er sich darauf freut, ist er auch ängstlich und frustriert, weil es nicht gleich funktioniert. Aber was gibt es nicht alles zu sehen und zu lernen?! Allein die gezeichnete Karte mit den Eissorten würde ich mir gerahmt ins Zimmer hängen. Deswegen ist Schwimmbad definitiv nicht nur ein Buch für Kinder, die gerade schwimmen lernen, sondern auch für Erwachsene, die richtig tolle Illustrationen mögen. Eine Beispielseite aus dem Buch findet ihr übrigens auch in dieser Boxpost. Blättere einfach ein paar Seiten zurück! Ab 6 Jahren.

Eilika Mühlenberg: Das Schwimmbad. Gerstenberg Verlag, 64 Seiten, 22 €

Märchen über Freundschaft, Verlust und Verbundenheit

Während der Wald zum Leben erwacht, es überall zwitschert und die Tage länger werden, wissen alle ganz genau: Der Frühling ist da! Die Freude ist eigentlich bei allen groß, bis auf… die kleine Spinatfrau! Sie hasst den Frühling und hält auch die anderen Waldbewohner:innen davon ab, sich über die neue Jahreszeit zu freuen. Doch eines Tages wird sie von einem kleinen Jungen gesichtet, der neugierig ist auf seinen Fund, sie kurzerhand in seine Tasche packt und einfach mitnimmt. Tiere und Pflanzen atmen auf - endlich können sie die warmen Monate begrüßen. Erstmals erzählt die alte Eiche den anderen Waldbewohner:innen, warum die kleine Spinatfrau das erwachte Leben eigentlich hasst: sie hat vor langer Zeit eine gute Freundin verloren und der Verlust sorgte dafür, dass in ihrem Herzen ewiger Winter herrscht. Die anderen sind erschrocken, das hatte bislang niemand gewusst. Und sie merken schnell: ohne die Spinatfrau fehlt etwas im Wald, denn irgendwie gehört sie trotz mieser Stimmung einfach mit dazu. In diesem magischen und detailreich gestalteten Kinderbuch werden Themen wie Trauer und Verlust behandelt, genauso wie Verzeihen lernen und das Buch ermöglicht einen wunderschönen Ausflug in das skandinavische Reich der Feen und Trolle.

Martin Widmark, Emma Karinsdotter, EMilia Dzinbak: Als der Wald erwachte. Oetinger Verlag, 32 SEiten, 15 €

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»Das Buch ist ein kleines Kunstwerk. Es ist witzig, ein bisschen schmerzhaft und sehr schön.«
Anne Cathrine Straume, NRK - Norwegischer Rundfunk

wie lange dauert es noch?

Wir kennen sie, die beliebteste Frage auf langen Autostrecken: “Sind wir schon da?” Tja, gar nicht leicht zu erklären, wie lange etwas dauert, wenn manche Kinder (aber auch Erwachsene) noch gar nicht so eine richtige Vorstellung von Zeit haben. Dieses Sachbilderbuch setzt es sich zum Ziel, das zu ändern. In anschaulichen und schönen Illustrationen werden unterschiedlichste Zeitspannen erklärt. Wie lange braucht das Licht der Sonne zu uns? Wie alt werden Galapagos-Riesenschildkröten? Und wie oft schlägt das Herz in einer Minute? Von einer Minute bis zu einem Jahrhundert zeigt dieses zauberhaft illustrierte Buch in 18 kleinen Bildgeschichten, warum wir im Leben viel Geduld brauchen. Hiernach wird jede:r eine bessere Vorstellung davon haben, wie lange die Dinge eben so brauchen, und wissen, dass Warten dazu gehört und es sich manchmal auch wirklich lohnen kann. Und ja, auch als Erwachsene:r lernt man hier noch eine ganze Menge dazu! Ab 5 Jahren.

Rachel Williams, Leonie Lord: Warte mal... Prestel Verlag, 80 Seiten, 22 €

Alwins

T i pp Welches Eis darf‘s sein?

Oma Rosa hat früher das allerbeste Eis gemacht. Sie erzählt, wie sie in Italien mit Gletschereis und alten Familienrezepten alle nur erdenklichen Sorten kreierte. Von Himbeersahneeis, über Pistazieneis bis hin zu Zimteis. Aber leider erinnert sich Oma Rosa nicht mehr so gut an die Rezepte, dabei würde Enkelin Ada so gerne in den Sommerferien Omas Eis essen. Und Oma auch. Doch mit einer vergesslichen Oma lässt es sich nicht ganz so leicht verreisen, deshalb kommen Adas bester Freund und die ältere Schwester (nach etwas Überzeugungsarbeit) mit nach Italien, um dort Omas alten Schatz zu finden. Und damit die Mama gar nicht erst richtig „Nein“ sagen kann, verreisen Kinder und Oma am besten alleine. Nora Hochs Geschichten sind oft einfühlsam und herzlich, aber diese hier ist es ganz besonders. Dass Oma Rosa an Demenz erkrankt ist, ist für die ganze Familie ein immer wiederkehrendes Thema, das für Streit zwischen den Geschwistern und auch der Mutter sorgt. Dabei werden Situationen aber so authentisch behandelt und Charaktere so nahbar dargestellt, dass die Beziehungen der Figuren in den schönen Momenten umso mehr hervorstechen. Besonders die Gefühle der Kinder, ob nun Vorfreude, Ungewissheit oder Wut, werden so kreativ und echt beschrieben, wie sie Kinder tatsächlich fühlen. Immer wieder bekommen wir kleine Einblicke in das Denken und Fühlen der Charaktere und können sie so sehr schnell lieb gewinnen. Ab 10 Jahren.

Nora Hoch: Das beste Versteck des Sommers. dtv Verlag, 176 Seiten, 15 €

Magisch und drachenstark

Remy ist Weise und stiehlt sich sein Leben zusammen. Gem ist die Prinzessin des Königreichs und angehende Magierin. Vor zweitausend Jahren brach ein großes Beben die Welt, wie wir sie kennen in Stücke. Die Welt, die einst zusammen mit Drachen und in einem Miteinander gelebt hat, schwebt nun in Einzelteilen über einem riesigen magischen Sturm. Die wahren Drachen, die einst mit den Menschen in Harmonie gelebt haben und ihnen ratsam zur Seite standen, sind heute verschwunden.

Geblieben sind nur kleinere normale Drachen, die für die Reichen vorbehalten werden. Eines Tages ändert sich für beide Protagonist:innen alles. Remy findet einen Drachen, der einem mordlustigen Piraten gehören und Gem findet heraus, dass die Kristalle, die die Weltstücke schweben lassen, langsam ihre Magie verlieren. Gem macht sich auf die Suche nach den wahren Drachen und trifft auf Remy, zusammen stellen sich die beiden dem größten Abenteuer ihres Lebens. Das Buch wird abwechselnd aus den Sichten der beiden Protagonist:innen erzählt und erzeugt dadurch eine angenehme Abwechslung. Die Geschichte hat mich sofort in ihrem Bann und ich habe das Buch kaum zur Seite gelegt. Ab 10 Jahren.

Julie Kagawa: Storm Dragons. cbj Verlag, 384 Seiten, 16 €

Dunklen Geheimnissen auf der Spur

Eine Stadt in der es von Magie nur so wimmelt. In Shelwich hat jede:r ein magisches Talent. Fähigkeiten, die vom Verändern der eigenen Augenfarbe, bishin zum sich Flügel wachsen lassen, reichen. Auch die Protagonistin Ista hat so ein magisches Talent: Sie kann sich in jede denkbare Person verwandeln. Ista ist neu in Shelwich und eigentlich auf der Suche nach ihrem Pa, der vor einiger Zeit verschwunden ist. Doch nicht nur Istas Vater ist verschwunden, sondern auch andere Stadtbewohner:innen. Magieabweisende Monster, die Grilks, treiben ihr Unwesen und jede:r, der:die ihnen begegnet, wird nie wieder gesehen. Nachdem Ista bei einem diebischen Auftrag den Journalistensohn Nat kennenlernt, begeben sich beide zusammen auf die Suche nach der Person, die die Grilks kontrolliert. Zusammen decken sie die Geheimnisse von einem politischen Komplott auf. Doch ihr Vater bleibt verschwunden. Man begleitet Ista auf dem Weg zur Tapferkeit. Das Ende lässt auf einen spannenden zweiten Teil hoffen und eine Antwort auf die Frage: „Wo ist Istas Pa?“ Was am Anfang noch eine chaotische Einführung ist und mich verwirrt zurückgelassen hat, wird zum Ende hin ein sehr gut durchdachter Plot, der einen staunen lässt. Ab 10 Jahren.

Clare Harlow: Magic of Moon and Sea. Schneiderbuch Verlag, 288 Seiten, 16 €

Nach einem komplett ungerechtem Tag findet das Mädchen Mi Zuflucht in einen alten Café mit dem kauzigen Besitzer Emil Knopf. Als Glücksbringer darf sie dort sogar einen kleinen Sack Kaffeebohnen mitnehmen. Der bringt allerdings nicht nur Glück, sondern auch eine Katze mit sich. Mi’s supernette Familie nimmt die Katze auf, auch wenn sie manchmal... merkwürdig riecht: Nach Popcorn, nach Karamell, nach Kaffee, aber eben auch mal nach Zwiebeln, Stinkesocken oder Pups. Tatsächlich dauert es nicht lange bis Mi und ihre Freunde herausfinden was es damit auf sich hat und das eine oder andere Geheimnis wird ans Licht gebracht. Etwa wer den Gartenzwerg mit Regenbogenflagge in den Garten der Nachbarin gestellt hat oder worüber Klassenkamerad Isso nicht reden möchte. Oder wer dieser mysteriöse Emil Knopf ist, denn er und sein Café sind von einen auf den anderen Tag verschwunden! Isabel Abedi hat hier ein sehr cooles Kinderbuch geschrieben und schafft es mit sehr direktem und herzlichem Humor eine Geschichte zu erzählen die auch vor ernsteren Themen nicht scheut. So sind zum Beispiel Kinderrechte ein wichtiges narratives Thema. Aber auch Fluchtursachen, Racial Profling oder alkoholkranke Eltern sind Handlungspunkte, die den neugierigen Protagonist:innen einfühlsam erklärt werden. Die Charaktere (vor allem die Oma) habe ich sofort ins Herz geschlossen, alles fühlt sich beim Lesen irgendwie sehr schön muckelig oder auch heimelig an. Ab 9 Jahren.

Isabel Abedi: Mi mittendrin. Arena Verlag, 264 Seiten, 15 €

Taucht ein in ein Abenteuer voller Manga-Helden in der realen Welt!

T i p p

Als Jo endlich seinen neuesten Band von Jomoto in Händen hält, kann er kaum an sich halten, sofort los zu lesen, auch wenn er noch mitten im Unterricht sitzt. Als dann auch noch der Ninja aus eben jenem Manga in seinem Zimmer auftaucht, ist die Verwirrung riesig. Woher ist nur dieses Buch, das ihm seine Schulsekretärin überlassen hat? Hat sie etwas damit zu tun, dass sich die Welten vermischen und die Geschichte plötzlich auch im Buch einen anderen Lauf nimmt? Jo versucht verzweifelt, Jomoto wieder in seine Geschichte zu bugsieren, damit er wieder Held seiner Welt sein und seine Freunde vor Hexen und Ungeheuern retten kann. Jomoto scheint sein neues Leben in einer stinknormalen Schulklasse allerdings sehr zu gefallen – fernab von den strengen Blicken seines Ninja-Vaters und dem tonnenschweren Erbe seiner Familie. Eine wunderbar kurzweilige und spannende Geschichte über verschiedene Welten und den Mut, zu sich selbst zu stehen. Die tollen Manga-Zeichnungen machen das Buch auch für interessierte Manga Leser:innen interessant - vor allem für alle, die es spannend mögen!

Frauke Scheunemann: Jo & Jomoto - Das Portal nach Kinko. Fischer Sauerländer, 256 Seiten, 13,90 €

Fines

Wir hatten noch nie einen zugefrorenen See gesehen, also in echt. Doch als es plötzlich richtig kalt wurde, im Januar, änderte sich das. Der Sternsee bekam eine dicke Eisdecke. Die Leute sagten, das ist bald wieder vorbei, aber so war es nicht. Es kam ganz anders.

Die Geschichte von vier Kindern in einer Hochhaussiedlung, von ihrem Alltag und ihrer Freundschaft –und von einer echten Sensation!

56 S., geb., ab 9 ISBN 978­3­7795­0766­6, € 14,­

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Liebevoller Berlin-Roman über gegenseitiges Verständnis

i pp

Wanda ist 12 Jahre alt, sie hat einen Herznasenclip, schwere Stiefel und einen großen Wunsch. Wanda wünscht sich nichts sehnlicher als eine Familieeine Familie in der man sich “vertraut und nah und sicher” fühlen kann. Doch auch in dieser Pflegfamilie wird es wieder nichts, Wanda muss gehen. Wanda will nicht wieder ins Heim und daher haut sie ab; sie versteckt sich mitten in der trubeligen Stadt, in einem lost place. Hier bleibt sie und lernt nach und nach verschiedene Leute kennen: den geheimnisvollen Sami, die alte Dora mit dem verrückten Hut oder auch den Hotelportier Jo. Alle sind ein bisschen verrückt und alle haben einen Wunsch. Aber wie soll man all diese Wünsche erfüllen? Vielleicht indem man die entlaufene Bärin findet? Si wird es jedenfalls in der Presse verkündet. Annika Scheffel beschreibt eine Welt, die ein bisschen besser ist als unsere. Auch hier in dieser Welt gehen große Herzenswünsche oft nicht in Erfüllung. Aber Wanda trifft auf ganz viele verschiedene Personen und baut zu ihnen eine Verbindung auf. Annika Scheffel zeigt in ihrem Buch, wie wichtig Verständnis und Solidarität sind. Es wird klar: Menschen haben geheime Wünsche, aber oft gehen Wünsche nicht in Erfüllung. Daher ist es wichtig sich gegenseitig zu unterstützen, so gut es eben geht. Und wenn alle ein bisschen verrückt sind, macht es einfach nur noch mehr Spaß!

Annika Scheffel: Wanda. Thienemann Verlag, 368 Seiten, 15 €

Sonjas
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Die Kunst des Erzählens ist mächtiger als das Schwert

Oskar liebt es zu lesen und zu schreiben. Besonders gerne über die fantastische Welt seiner Lieblings-FantasyBuchreihe. In der Schule ist man darüber wenig begeistert und auch Zuhause kriselt die Stimmung, seit der neue Freund seiner Mutter bei ihnen eingezogen ist. Als Oskar unverhofft den Schreibwettbewerb von seinem Lieblingsautoren Simon Bruma gewinnt, darf er über die Sommerferien in dessen Villa fahren und an einem Schreibkurs teilnehmen. Dabei stellt sich sehr schnell heraus, dass auf dem riesigen Anwesen seltsame Dinge geschehen. Und da ist auch noch November, die Tochter von Simon Brumer, die an einer rätselhaften Krankheit leidet. Plötzlich soll Oskar derjenige sein, der November helfen kann, und zwar indem er eine eigene Geschichte schreibt. Sicher, Oskar hatte gehofft, seinem Alltag zu entfliehen, aber nicht erwartet, dass er dabei wortwörtlich in seine eigene Geschichte eintaucht. Nun liegt eine einzigartige Welt vor ihm und Oskar muss über seine eigenen Selbstzweifel hinauswachsen. Ein schönes Buch, das mich stellenweise an die magischen Welten von Guillermo del Toro erinnert hat und für alle, die vielleicht selbst gerne Geschichten schreiben, eine große Inspiration sein könnte. Ab 11 Jahren.

Jesus Canadas: Die Bibliothek der wahren Lügen. Coppenrath Verlag, 304 Seiten, 18 €

Wie löst man einen Mordfall, der lange zurück liegt?

Grace ist wütend auf ihre Mutter, als diese sie in ihrem abgewetzten Stoffmantel zur Schule schickt und ist sich sicher: heute wird sie wieder von allen ausgelacht werden. Doch als sie gemeinsam mit ihrer besten Freundin Suzy auf dem Schulweg an einem Vintage-Store vorbei geht, staunt sie nicht schlecht, als sie für wenig Geld einen wunderschönen grünen SamtMantel entdeckt, den sie sofort mitnimmt. Schnell merkt sie aber, dass etwas nicht stimmt, sobald sie den Mantel trägt: sie wird von mysteriösen Visionen heimgesucht. Darin sieht die 13-Jährige durch die Augen eines fremden Mädchens, wie diese in einem wunderschönen Anwesen in den 1960er Jahren lebte, einen Jungen heimlich traf und dann aufeinmal - wie ein Mord geschah! Was sollen Grace die Visionen sagen? Soll sie die Geschehnisse aufklären? Aber wie löst man einen Mordfall, der schon längst von allen vergessen wurde? Schnell wird klar, dass die Ereignisse Grace keine Ruhe lassen, so dass sie schon bald keine Wahl mehr hat, außer sich auf die Suche nach dem Täter zu machen, was nicht ungefährlich ist… Ein Katz- und Maus-Spiel beginnt, bei dem es durchaus passieren kann, dass es noch weitere Opfer geben wird. Dieses Buch ist ein richtig spannender Mystery-Thriller, den ihr sicher nicht mehr aus der Hand legen werdet. Für alle Krimileser:innen und Fans von Enola Holmes! Ab 12 Jahren.

Sarah Wynne: Der Tod im Samtmantel. Knesebeck Verlag, 272 Seiten, 18 €

Ermutigende Coming-of-Age-Geschichte

Rottloch. Ein Loch. Und eh wie alle anderen Orte, an denen Joshua schon war: er wird nicht lange bleiben und braucht sich eh nicht zu bemühen, Leute kennenzulernen und Freundschaften zu schließen. Seine Mum wird ihren Egotripp sowieso bis in alle Ewigkeit fortführen. Und dann sind sie plötzlich fünf Jugendliche im Wald, sie müssen sich selbst versorgen, einen Unterschlupf finden. Naja, zumindest so halb: denn ihre Schule hat für Verpflegung gesorgt, die sie nur finden und zubereiten müssen, inklusive der passenden Unterkunft. Eines macht sie jedoch stutzig: was ist das für ein seltsamer Typ, der weirde Muster im Wald hinterlässt und dort wie der seltsamste Einsiedler überhaupt haust? Endlich mal wieder ein Jugendbuch, bei dem nicht beide Eltern schwer verletzt, gestorben oder verschwunden sind – und die Protagonist:innen trotzdem ihre eigenen Wege gehen und sich und die Welt um sich herum zu entdecken beginnen.

Sarah Welk: Frei - Bester Sommer. ArsEdition Verlag, 272 Seiten, 15 €

eine düstere und atemlose Reise

Was für ein Buch! Ich bin eigentlich nicht mehr schnell zu überraschen was Fantasy Plots angeht. Bei der Masse (die ich gelesen habe) erkennt man schnell gängige Muster und unweigerlich wiederholt sich mal was: Aber nicht bei Sabaa Tahir. Ich weiß wirklich nicht, wie sie es schafft, aber ich habe stundenlang an den Seiten geklebt und sie ist eine der wenigen, die es noch schafft, dass meine Kinnlade nicht mehr zuklappen will. Drei Helden, die unterschiedlicher nicht sein könnten: ein Prinz, der sein Erbe nicht antreten will, weil er nicht in die Fußstapfen seiner militanten Tante treten möchte, eine Fährtenleserin, die von ihrer Familie aufgrund ihrer außergewöhnlichen Magie verstoßen wurde, eine Waise, die für ihr Volk endlich die Erlöserin befreien und die Hungersnot stoppen will und ein Killer, der das Imperium terrorisiert und gestoppt werden muss. Alles hängt zusammen, jede Beschreibung ist elementar, die Magie der Welt ist komplex, aber nicht überfordernd und die Figuren sind alle... einfach cool und wahnsinnig gut geschrieben. Ich kann es wirklich nicht deutlicher sagen. Lest dieses Buch, wenn ihr auf Fantasy/Romantasy steht. Ist auch übrigens gerade das schönste Buch, das ich besitze! Ab 14 Jahren.

Sabaa Tahir: Heir. cbj Verlag, 640 Seiten, 22 €

Tipp vo n Franzi

Raus ins Grüne

Das besondere Memo-Spiel mit Aha!-Effekt!

Wie beim klassischen Memo-Spiel lautet die Aufgabe Paare zu finden. Doch bei diesem Memo gibt es einen Twist, denn die Paare werden nicht aus gleichen Bildern gebildet, sondern aus unterschiedlichen Motiven. Gesucht wird die Raupe zum jeweiligen Schmetterling, die passende Larve zum Käfer und das richtige Nest zu Bienen, Hummeln und Co. Wer die meisten Paare sammelt, gewinnt. Zur leichteren Zuordnung stehen die Namen der Insekten jeweils mit auf beiden Karten. Außerdem stellt das beiliegende Buch die 30 Insekten vor und zeigt, welche Paare zusammengehören.

- Inhalt: 60 Memo-Kärtchen plus Buch

Expedition-Natur –Das große Insekten-Memo. Moses Verlag, 16,95 €

Mit „Mein kunterbuntes Gartenbuch“ gibt es Gartenspaß für das ganze Jahr! An einer Pflanze schnuppern, die nach Gummibärchen riecht, in ein Blütenbutterbrot beißen oder ein eigenes Insektenhotel bauen: Dieses tolle Buch für naturliebende Kinder hält Ideen für alle Jahreszeiten bereit, inklusive spannender Fakten zu Tieren und Pflanzen. Von leckeren Rezepten über Pflanzen-Anbautipps, Spiele für draußen und Bestimmungshilfen für Flora und Fauna bis hin zu liebevollen Bastelanleitungen ist hier für jede*n kleine*n Naturentdecker*in etwas dabei. Hier werden Impulse für erste Naturerfahrungen geschaffen und Wissensvermittlung mit Spaß kombiniert!

Expedition Natur: Mein kunterbuntes Gartenbuch. Moses Verlag, 12, 95 €

Illustration entnommen aus: „Tierische Suchrätsel“, ISBN 978-3-98764-086-5, pen2nature Verlag, 96 Seiten, 7,50€.

Wo versteckt sich diese Katze?

256 S., brosch., € 22,– D

ISBN 978-3-407-86833-6

Auch als erhältlich

Mütter sind heute emotional extrem gefordert. Während eine Krise der nächsten folgt, versuchen sie, die Gefühle ihrer Kinder zu verstehen und zu regulieren – obwohl viele dies in der eigenen Kindheit nicht lernen durften. Sie moderieren Großelternkonflikte, sorgen in der Partnerschaft für Harmonie und das gute Klima bei der Arbeit. Susanne Mierau zeigt Wege, wie Mütter emotionalen Ballast abwerfen, umverteilen und einen gefühlsmäßig gesünderen Familienalltag leben können. Für mehr Leichtigkeit und Freude statt emotionaler Überlastung.

Leseprobe auf beltz.de

Großer Origamispaß

1. Falte die Ecken, wie gezeigt, um. Die obere Ecke nach hinten, die anderen drei Ecken nach vorne.

3. Falte nun, wie gezeigt, die beiden Schlappohren leicht diagonal nach unten.

2. Klappe nun den oberen Teil entlang der Mittellinie nach unten.

4. Male deinem Hund noch ein Gesicht auf, dann bist du fertig!

ES_88x Papierfalten-Rainbow Fun_01-32.indd 7

Für jeden was dabei - mit vielen coolen Mustern und Farben. Mit 15 kinderleichten Anleitungen für die kleinen Origamikünstler:innen.

Fische, Dinosaurier, Blumen oder Schafe – Mit den fröhlichen Mustern und Farben können viele unterschiedliche Figuren gebastelt werden, die alle auf ihre Weise besonders sind. Hier können alle kleinen Künstler:innen ihrer Kreativität freien Lauf lassen und gleichzeitig ihre Feinmotorik trainieren. Der perfekte KreativSpaß für alle kleinen Faltkünstler:innen!

Precht, Thade: 88 x Origami Kids – Rainbow Fun EMF Verlag, 10 €

ISBN: 978-3-7459-1061-2

Noch mehr coole Experimente für Zuhause findest du im XXLEntdecker-Set – Leuchtende Wunder der Natur

Biolumineszenz, Nordlichter und Wetterleuchten: Spannendes Wissen und Experimente zu natürlichen Lichtphänomenen: Mit Sachbuch, Modellen und UV-Lampe.

EMF Verlag, 28 €

ISBN: 978-3-7459-2679-8

Für kleine und große Entdecker

Hopes Weg in die Kita

Hope denkt über Mamis Erzählungen nach. Der heutige Weg in die Kita ist ganz anders. Fast überall in der Stadt gibt es pro Viertel mindestens ein Gebäude, in dem eine Kita und mehrere Schulen sind. Dadurch sind die Wege kurz und alle Kinder gehen zu Fuß oder fahren mit dem Fahrrad. Da der Tag nicht mehr so früh losgeht, haben die Familien genug Zeit, um vorher gemeinsam zu Hause zu frühstücken.

Illustration entnommen aus: Katja Diehl: Komm mit in die Welt von morgen! EMF Verlag, 48 Seiten, 16 €

„Es herrscht so gar keine Ordnung bei uns, wie Mami es erzählt hat“, denkt Hope. „Die Erwachsenen sind vor allem dabei, um die kleineren Kinder im Bollerwagen zu ziehen und ein wenig darauf aufzupassen, dass wir auch alle rechtzeitig ankommen."

In Gedanken schiebt Hope das grüne Fahrrad, das seit gestern einen Platten hat. Vor der Kita wollen sie es noch bei der Fahrradwerkstatt abgeben. Mama Babsi ist heute extra mitgekommen.

Wo triffst du deine Freund*innen?

Schon auf dem Weg zur Kita oder Schule oder erst dort?

>> 13.05.2025

Lesung mit Beatriz Serrano in der BUCHBOX!

>> 18.06.2025

Buchpremiere mit Jacinta Nandi in der BUCHBOX!

>> 03.09.2025

Buchpremiere mit Caroline Wahl im Babylon Berlin

>> 11.10.2025

Buchpremiere mit Katja Lewina im Colosseum

EIN PAAR TAGE AM MEER KÖNNEN REICHEN,

Ein abgelegenes Ferienhaus an der französischen Atlantikküste. Dort macht Elena mit ihren Kindern und der Babysitterin Eve Urlaub. Doch bald stehen die Wälder in Flammen, unangekündigte Gäste tauchen auf, Konflikte spitzen sich zu. Bis Elenas Tochter plötzlich verschwindet.

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Das war die

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Herausgeber: Buchbox Entertainment UG, Lettestraße 5, 10437 Berlin Gestaltung: Franziska Schwarz Lektorat und (Bild-)Redaktion: Franziska Schwarz und Elsa Stappenbeck Verantwortlich: David Mesche

Autor:innen: Janina, Sonja, Laura, Kathrin, Joe, Steffen, Fine, Ulrike, Sykler, Hilke, Erika, Marie, Judith, Jasmin, Yannik, Alwin, Johanna, Rafael, Elsa, Franzi, David, Jan

Coverfoto: Gioncarlo Valentine

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