Neu Nota Bene 25

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bene

Glücklich sind, die Frieden stiften, denn Gott wird sie seine Kinder nennen.

Matthäus, Kapitel 5, 9

9. Jahrgang | 3. Ausgabe | Dezember 2022 | € 5,00
flege& mehr nota

03 Editorial

Grußworte von Anneli Zenker und Manfred Preuss

04 Hintergrund

Wenn wir nicht heizen, wird Oma erfrieren

06 Das englische Königshaus

Die Geschichte der Britischen Krone (1)

08 Bad Wildbad

Hans Christian Andersen – Märchenerzähler und Schriftstelller

10 Erinnerungen

Heiligabend in Apostolowo – Russland 1943

12 Das englische Königshaus

Die Geschichte der Britischen Krone (2)

14 Ernährung

Weihnachtsessen – eine Sünde wert?!

16 Bad Liebenzell

Johannes Reuchlin – Ein Spectaculum

18 Das englische Königshaus

Die Geschichte der Britischen Krone (3)

20 Die andere Weihnachtsgeschichte

Weihnachten im Krieg

21 Ukraine

Vegan kochen in der Ukraine

22 Bad Wildbad

Leo Löwenherz liebt barrierefreie Abenteuer

23 Natur und Heilkunde

Pflanzen als Venenstärker

Impressum

Herausgeber: MHT

Gesellschaft für soziale

Dienstleistungen mbH

Hochwiesenhof 5–10

75323 Bad Wildbad

www.mht-dienstleistung.de

www.johanneshaus-bad-wildbad.de

www.johannesklinik-bad-wildbad.de

www.johanneshaus-bad-liebenzell.de

Redaktion:

Martin Kromer

Wolfgang Waldenmaier

Bianka Zielke

gcc@mht-dienstleistung.de

Grafische Umsetzung:

Dagmar Görlitz

kontakt@goerlitz-grafik.de

Drucktechnische Umsetzung: Karl M. Dabringer

dabringer@gmx.at

Auflage: 3.000

nota bene | Dezember – 2022 Seite 2
Inhalt

Das Weihnachtsfest steht vor der Tür. Doch die adventliche Vorfreude ist kaum zu spüren. Das auslaufende Jahr hat unsere Werte-Koordinaten zu sehr erschüttert. Nichts ist mehr, wie es war.

Inflation, Teuerung, Energiechaos, Klimakrise und die immer noch nicht gebannte Pandemie bürden uns Belastungen auf, wie wir sie in unseren Leben noch nie kannten. Und dann ist da dieser menschenverachtende und würdelose Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine, in dem rücksichtslos zivile Infrastrukturen, Menschen, Kinder niedergebombt werden. Menschenrechte werden mit Füßen getreten, Kriegsverbrechen begangen – und kein Ende in Sicht. Nur einen Wimpernschlag entfernt.

Wir können es kaum begreifen, nicht wirklich denken. Aber wir müssen uns diesen Katastrophen stellen. Wer hätte gedacht, dass wir jemals gezwungen sein würden, Überlebensstrategien zu entwickeln?

Deutsches Sprichwort

Gemeinsamkeit, Zusammenhalt, gegenseitige Unterstützung sind die Tugenden, die jetzt gefragt sind. Nur gemeinsam werden wir all diesen Krisen und ihren Folgen die Stirn bieten können.

Gerade jetzt entfaltet Weihnachten als das Fest des Friedens seine über alle Bedrohung hinauswirkende Bedeutung. Mit jeder Kerze, die wir entzünden, entfachen wir ein Licht der Hoffnung für eine friedvolle, eine heilbringende Zukunft. Besinnen wir uns auf das Wesentliche – unsere Freiheit, unser Leben, unsere Familien und die Unterstützung der Armen und Schwachen. Nicht nur an den Feiertagen.

Wir wünschen Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und uns allen ein Jahr 2023, in dem auf dieser unserer Erde wieder Friede einkehren möge.

Dezember – 2022 | nota bene Seite 3 Editorial

Der Winter hält Einzug in der Ukraine. Millionen Menschen ohne Gas, Strom und Wasser. Das eigene Zuhause oft weitestgehend zerstört oder massiv beschädigt. Die Folgen des barbarischen Angriffskriegs Russlands. Hungern, frieren, wie geht es weiter? Während wir uns trotz aller eigenen Probleme voller Vorfreude auf das Fest des Friedens vorbereiten, fürchten in der Ukraine die Menschen um ihr Leben. Nur knapp 2.000 km von uns entfernt. Mitten in Europa. Wenn wir in diesem Jahr besinnliche Weihnachten wünschen, dann darf ein Teil unserer Besinnung auch diesen Menschen gelten – und unserer Verantwortung, ihnen zu helfen und alles dafür zu tun, dass ein derart vernichtender Krieg nicht auch unsere Freiheit bedrohen kann.

„Wenn wir nicht heizen, wird Oma erfrieren“

Slowjansk im Osten der Ukraine. Einst lebten hier 100.000 Menschen. 2014 wurde die Stadt weltberühmt – denn hier fing alles an: der russische Krieg gegen die Ukraine. Ein Ortsbesuch.

tisten“, brüstete sich später damit, in Slowjansk den Krieg gegen die Ukraine begonnen zu haben. Seitdem ist die Stadt im Donbass ein Synonym für Krieg und Terror. Gefangene wurden in Kellern festgehalten, gefoltert – einige exekutiert.

„Pessimistisches Szenario“

Was russische Besatzung bedeutet, wussten die Menschen in Slowjansk schon vor dem Beginn der russischen Großinvasion am 24. Februar. In ihrer Stadt begann der Krieg gegen die Ukraine vor mehr als acht Jahren. Und schon damals zeigten die Besatzer, was ihre Herrschaft für Zivilisten bedeuten kann.

Igor Girkin, ein russischer Geheimdienstoberst und Kommandeur der sogenannten „pro-russischen Separa-

Acht Jahre später stehen russische Truppen wieder vor den Toren der Stadt. Der Krieg ist heute größer, doch die Verbrechen sind die gleichen. Der Unterschied zu damals: Heute kann die ukrainische Armee zurückschlagen. Im September müssen sich die russischen Truppen zurückziehen. Und das ist vermutlich die einzig gute Nachricht aus Slowjansk.

„Wir bereiten uns hier auf ein pessimistisches Szenario vor“, sagt Wadym

Ljach, Bürgermeister der Stadt. Als der russische Agent Girkin sein Terrorregime in Slowjansk einführt, sitzt Ljach im Stadtrat und stimmt unter anderem für die Durchführung eines völkerrechtswidrigen Referendums. In dessen Folge entsteht die international nicht anerkannte selbsternannte „Volksrepublik Donezk“.

Heute muss sich Ljach in seinem Verwaltungsgebäude verbarrikadieren. Sandsäcke und dicke Akten sollen vor Splittern und Scherben schützen. Verhandlungen mit Russland schließt er kategorisch aus. Sie würden dem Feind nur eine Atempause geben. „Russland will die gesamte Ukraine. Deswegen kann es erstmal nur eine militärische Lösung geben und dann erst Verhandlungen“, sagt Ljach.

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Ostukraine vor dem Winter

Nur ein Viertel der Einwohner sind geblieben

Doch an all das ist aktuell nicht zu denken. Einst lebten in Slowjansk 100.000 Menschen. Viele haben die Stadt verlassen, nur etwa ein Viertel ist geblieben. Es ist gespenstisch still in Slowjansk.

Die meisten Fenster in der Innenstadt vor dem Amtssitz des Bürgermeisters sind mit Spanplatten verbarrikadiert, Geschäfte sind geschlossen. Einige ältere Frauen verkaufen selbst angebautes Gemüse vor einem Supermarkt. Doch Käufer gibt es nur wenige. Die allermeisten Menschen sind vor langer Zeit geflohen. Obwohl die Front mittlerweile etwa 30 Kilometer entfernt verläuft, schlagen immer mal wieder Raketen in der Stadt ein. Zuletzt vor knapp zwei Wochen.

„Nach solchen Einschlägen gibt es Probleme mit der Stromversorgung. Und mit der Wasserversorgung“, sagt Bürgermeister Ljach. Die Energieinfrastruktur ist durch die schweren Kämpfe in der Region stark zerstört. Jetzt versuchen die Stadtwerke, die Leitungen wieder herzustellen. Trotzdem stellen sich die Menschen in Slowjansk auf einen harten Winter ein.

Notunterkünfte und Holzöfchen

Dafür werden in der Stadt in Krankenhäusern, Schulen und Kindergärten Notunterkünfte errichtet, die unabhängig von der Gasversorgung beheizt werden können. Weil es nicht alle verbliebenen Bewohner der Stadt an diese Orte schaffen, kauft Pfarrer Petro Dudnyk in den vergangenen Tagen ungewöhnlich viele „Burschujki“. Einer dieser kleinen Kanonenöfen kostet etwa 150 Euro und soll – wenn es nach Pfarrer Dudnyk geht – „Wärme in jedes Haus“ bringen. So heißt sein Projekt, für das er Spenden sammelt.

Leben im Keller

Auch Ljubow hat inzwischen so einen Ofen. Sie steht auf dem Hof vor ihrem Häuschen und zersägt schnaufend einen Ast in kleine Holzbretter. „Wir haben einmal ohne das alles gelebt“, sagt Ljubow frustriert. „Aber wir brauchen das Holz zum Heizen. Wenn wir nicht heizen, wird Oma erfrieren.“

Ljubows Mutter ist pflegebedürftig, liegt seit Monaten auf einer Couch im Keller des Hauses. Hierhin hatte Ljubow die 86-Jährige gebracht, als Slowjansk noch massiv beschossen wurde. Bis heute hat sie Angst, dass der Beschuss wieder stärker wird.

Die Mini-Öfen lösen zwei Probleme gleichzeitig. Sie spenden Wärme und die Menschen können darauf Mahlzeiten zubereiten. Dafür benötigen sie lediglich Holz, das in ein unteres Fach geschoben und angezündet wird.

In den Keller passen gerade so zwei Schlafstätten für die beiden Frauen. Die Decken sind niedrig, die Wände feucht. Ljubows Mutter hört kaum und kann sich nicht mehr selbstständig bewegen. Um Windeln zu sparen, muss Ljubow sie auf Plastiktüten legen.

„Wir leben von humanitärer Hilfe und von der Rente, die Oma bekommt“, sagt Ljubow. Auch die Kirche von Pfarrer Dudnyk habe ihr sehr geholfen. Ljubow hofft, dass die kleine „Burschujka“ sie und ihre Mutter im Winter warmhält. Und sie hofft auf ein schnelles Ende des Krieges. Doch wann der russische Angriffskrieg enden könnte, darüber wagen sie hier – wo alles seinen Anfang nahm – keine Prognose.

Seite 5 Dezember – 2022 | nota bene Hintergrund
Quelle: Rebecca Barth, rbb, und Vassili Golod, WDR (05.11.2022)

Von rollenden Köpfen und einer „Bloody Mary“

Aus den früh-mittelalterlichen kleineren Königreichen, die auf den britischen Inseln existierten, formierten

Das Haus Stewart (später Stuart) auf der schottischen Seite (Clan Stewart), stellte die Könige von Schottland von 1371 bis 1587. Ausgehend von Walter Fitz Alan the Stewart (1110-1177)

sich um das Jahr 1000 n.Ch. das Königreich Schottland und das Königreich England.

über Robert II. (1371-1390) bis hin zu Maria Stuart (1542-1587) existierte die schottische Krone bis in das Jahr

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Queen Elizabeth II Königin Mary I.

trat den englischen Tron im Jahre 1509 und regierte bis zu seinem Tod im Jahre 1547. Ihm folgten Eduard VI. und Maria I. (genannt: „Bloody Mary, wegen ihres brutalen Vorgehens gegen die protestantische Bewegung in England und Irland), bis schließlich im Jahre 1533 die letzte Tudor, Elisabeth I., die englische Krone erlangte. Der erste Regent, der sowohl die Krone von England als auch die von Schottland innehatte, war König Jakob I. (1603-1625)

1603. Auf der englischen Seite stellt die Tudor-Dynastie (walisisches Adelsgeschlecht) die erste maßgebliche und geschichtlich bedeutende Linie dar. Im Jahre 1485 betrat Heinrich VII, Sohn

Das erste

Elisabethanische Zeitalter Dem vorausgegangen war der Konflikt zwischen der englischen Königin Elisabeth I. und der schottischen Monarchin Maria Stuart. Dieser endete, wie bekannt, mit der Enthauptung von Maria Stuart. Der Vorwurf lautete: Verschwörung gegen die englische Krone, mit dem Ziel, Elisabeth I. zu ermorden, um dadurch auch noch die englische Krone zu erlangen. Das englische Ober- und Unterhaus beschloss im Jahre 1586 das Todesurteil. Beweise für die Schuld Maria Stuarts waren von ihr verfasste Briefe, aus denen eindeutig eine Beteiligung der Schottin hervorging. Das Urteil wurde schließlich am 8. Februar des Jahres 1587 auf Fotheringhay Castle vollstreckt. Das sogenannte „Elisabethanische Zeitalter“ festigte Eng-

des Earl of Richmond, den englischen Königsthron. Dieser regierte England bis zum Jahre 1509. Heinrich VIII. be-

land als Seemacht, nicht zuletzt durch Kriege gegen die „Spanische Armada“ mit tatkräftiger Unterstützung durch

Fortsetzung auf Seite 12 p

Dezember – 2022 | nota bene Seite 7 Das englische Königshaus
Königin Elizabeth I.

Das dänische Multitalent Hans-Christian Andersen (1805-1875) war nicht nur

Dichter und Erzähler in einer Person.

Der geniale Netzwerker, der Kontakt zu vielen Künstlerpersönlichkeiten seiner Zeit pflegte, unternahm viele Reisen und war 1855 sogar in Bad Wildbad zu Gast.

Andersen hat 168 Märchen geschrieben und wurde damit berühmt. Seine Werke wurden in über 80 Sprachen übersetzt, aber dass er zudem etwa

1.000 Gedichte verfasst und Zeit seines Lebens zahlreiche Scherenschnitte, Collagen und Zeichnungen erschaffen hat, wissen nur wenige.

Für alle, die mehr über das Multitalent erfahren und sich zur Winterzeit nicht nur mit seinen berühmten Märchen wie „Das hässliche Entlein“ oder „Die Prinzessin auf der Erbse“ begnügen wollen, bietet der Europa-Park Rust eine Ausstellung, die bis zum 15. Januar 2023

zu sehen ist und damit die unbekannten Seiten des vielfältigen Künstlers vorstellt. In Zusammenarbeit mit MÄRCHENLAND – Europäisches Zentrum für Märchenkultur e.V. sind 40 filigrane und elegante Scherenschnitte zu bewundern, die Andersen gerne in geselligen Kreisen hergestellt hat. „Er vereinte in sich viele Talente und schuf neben seinen Schriften kontinuierlich Zeichnungen, Collagen, Bilderbücher und Scherenschnitte“, so Silke Fischer, Direktorin von

MÄRCHENLAND, die zur Eröffnung der Ausstellung zugegen war und gemeinsam mit Miriam Mack, der Mitbegründerin und 1. Vorsitzenden des Vereins, das Ausstellungskonzept in Gegenwart des Märchenerzählers Hans Christian Andersen alias Ulrich Gawunder präsentierte. „Märchen sind Kulturgeschichte. Es ist uns eine Herzensangelegenheit, diese wiedergeben zu dürfen“, so Miriam Mack, die sich der nachhaltigen Pflege von europäischen Beziehungen, insbe -

nota bene | Dezember – 2022 Seite 8

sondere der deutsch-französischen, verschrieben hat.

Hans Christian Andersen war wie kaum ein anderer Autor seiner Zeit auf Reisen unterwegs und kann zu Recht als Europäer bezeichnet werden. Auf insgesamt 29 Reisen ins Ausland hat er 21 Staaten besucht, bestieg den Vesuv, stand am Bosporus und verweile an der Küste Marokkos. Allein zwölf Reisen unternahm der Dichter nach Deutschland, da er hier dank eines großen Echos seiner Werke eine zweite Heimat fand

zum Geschichten erzählen erkannten und ihm nicht nur den Besuch einer Lateinschule, sondern auch ein Studium an der Universität ermöglichten.

Im Alter von 30 Jahren war Andersen ein berühmter Mann. 1835 war ihm mit seinem Roman „Der Improvisator“ und seinem ersten Märchen „Märchen für Kinder“ der Durchbruch gelungen. Mit seiner blühenden Phantasie begeisterte er Kinder und schuf bleibende Werke, die er bei seinen Auslandsaufenthalten auch gerne einem interessierten Publikum vortrug.

„Das Leben ist das schönste Märchen, denn darin kommen wir selber vor.“
Hans Christian Andersen

Hans

Christian Andersen

–Märchenerzähler und Schriftsteller

Der weltberühmte Schriftsteller wurde am 2. April 1805 in Odense auf der dänischen Insel Fünen geboren und galt als „Tagträumer“. Der in ärmlichen Verhältnissen Aufgewachsene beschloss mit 14 Jahren, beim Königlichen Theater in Kopenhagen sein Glück zu versuchen. Der Sohn eines Schuhmachers und einer Waschfrau hatte jedoch wenig Erfolg bei seinen Versuchen, als Schauspieler oder Sänger Fuß zu fassen. Doch zum Glück fand er Förderer, die sein Talent

So auch 1855 in Bad Wildbad, das er von Stuttgart aus in einer Diligence erreicht hatte. „Es wurde halb sieben, ehe wir Wildbad erreichten, das keinen guten Eindruck auf uns machte“, so der Dichter, der im „Bellevue“ abstieg und sich über sein schlechtes Zimmer beschwerte. „Das Bett mit viel zu kurzen Laken, hart und wie zubereitet von einem Troll, der uns foppen will.“ Der wütende Andersen erhält ein neues Zimmer und beim Tee „im kleinen

Kreis“ las der dann sichtlich zufriedene Salonlöwe das „Kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern“ und „Das hässliche Entlein“, bevor er am Abend zur Tafel mit dem Großherzog geladen war und dort den ältesten Sohn von Friedrich Schiller persönlich kennenlernen konnte. Als international anerkannter und verehrter Schriftsteller starb Hans Christian Andersen am 4. August 1875 in Kopenhagen.

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Bildmaterial: Sabine Zoller und Museum Odense, das erst jüngst für das H.C. Andersen Haus ausgezeichnet wurde.

Es war der 17. Dezember 1943 –nach knapp einjähriger Ausbildung als Artillerist stand ich als 18-jähriger Fahnenjunker-Unteroffizier auf dem Breslauer Hauptbahnhof und wartete auf den Transportzug Richtung Osten – mein erster Fronteinsatz! Tränenreiche Abschiede entlang dem Bahnsteig – Mütter, Frauen, Mädchen, Kinder umarmten die Soldaten. Unfassbar für viele, so kurz vor Weihnachten die Fahrt antreten zu müssen. Mein Vater drückte mir lange die Hand – er kannte das, war er doch 1914/18 dabei gewesen. Mutters letzte Umarmung presste auch mir Tränen in die Augen, so dass ich kaum merkte, wie sie mir ein verschnürtes Paket in die Hand drückte und gerade noch mit erstickter Stimme herausbrachte: „Junge, das ist für den Heiligen Abend.“ Ich spürte noch die Arme meiner Schwester um meinen Hals – ein letztes Winken – die Räder rollten ins Ungewisse.

Die anfängliche Stille im Abteil wich. Bald wusste jeder vom anderen etwas. Alte Fronthasen waren dabei, die uns Jungen schonungslos aufklärten, was uns erwartete. Schon ab Lemberg hieß es in Güterwagen umzusteigen – Strohmatratzenlager. Am Ende des Zuges viele Waggons mit Munition – Nachschub für die Front. Vor und hinter der Lokomotive Flakabwehr gegen Tieffliegerangriffe und Partisanen. Zügig ging es über Shitomir, Kiew – doch dann kam ein langes Warten. Es hieß, die Strecke sei durch russische Fliegerangriffe blockiert. Zum Glück war in jedem Waggon ein Kanonenöfchen mit Kohlevorrat, das uns gegen die grimmige Kälte draußen etwas schützte. Inzwischen war der 23. Dezember herangerückt. Da sollten wir eigentlich schon in Kirowograd sein, unserem Endziel. Im Morgengrauen des 24. Dezember rollten wir weiter, langsam, mit vielen Stopps. Die „Alten“ klärten uns auf, dass jetzt die gefährlichste Strecke käme, wo Partisanen angriffen

und Tieffliegerangriffe an der Tagesordnung seien. Es war eine knisternde Stimmung. Jeder lauschte nach draußen, uns war allen mulmig. Gut, dass wir einen Berliner dabeihatten, den verließ in keiner Situation der Humor!

Dann, es muss gegen 17 Uhr gewesen sein, erfüllte sich die Luft mit Dröhnen, und ich hörte gerade noch, wie es der Berliner Schnauze entfleuchte: „Ick globe, det Christkind kommt mit seinen Engelchen im Sturzflug.“ Da krachte es schon, Schüsse peitschten, knatternde Flakabwehr – alles schrie: Raus! – rechts den Karabiner, den „Affen“ (Tornister)

chenden Hauswand. In dem Moment gab es eine Detonation. Etliche Munitionswagen flogen in die Luft, um uns splitterte es, Schreie von Verwundeten – dann Stille. Der Angriff war vorbei. Unsere schützende Hauswand gehörte zu einem kleinen Bahnwärterhaus. Wir zwängten uns hinein. Drinnen roch es nach muffigem Stroh. Da kaum noch Dachziegel drauf waren, türmten sich drinnen Schneewehen; aber wir fühlten uns in Sicherheit. Wir waren etwa fünfzehn Mann. Ein Offizier leuchtete plötzlich mit einer Taschenlampe herein und befahl: „Ihr bleibt die Nacht hier drin, stets zwei Mann Wache auf-

Heiligabend in Apostolowo, Russland 1943

auf den Rücken, Stahlhelm auf, Gasmaske um. Ich wollte gerade als letzter aus dem Waggon springen

halt

Mutters Paket! Schon landete ich in einer hohen Schneewehe. Wohin? Nach links, nach rechts? Da hörte ich jemanden rufen: „Hierher!“ Ich wälzte mich durch den Schnee. Fest umklammerte ich mit der linken die Paketschnur. Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, aber ich fand Deckung hinter einer plötzlich auftau-

stellen, die anderen sind im nahen Dorf, Apostolowo heißt das hier, um die Verwundeten kümmern sich schon Sanitäter.“ Beim Herausgehen sagte er noch: „Schei… Weihnachten, gelt?!“ Allmählich erkannten wir die Umrisse des Raumes. Welch ein Segen, ein Backsteinofen, wenn auch arg ramponiert, stand an der Eckwand. Mit Feuerzeug, Papierfetzen, mit dem Seitengewehr zerkleinertem Holz entfachten wir schnell ein

nota bene | Dezember – 2022 Seite 10
Erinnerungen

Feuer und setzten uns in eine Runde. Im schwachen Lichtschein spiegelten sich traurige Soldatengesichter.

Ganz still war es auf einmal, nur von weitem tönte Geschützdonner. Da sagte jemand: „So, jetzt können wir uns frohe Weihnacht wünschen. Es ist Heiligabend. Wir haben noch heile Knochen.“ „Bei mir zu Hause ist jetzt Bescherung“, ertönte eine Stimme, „meine Tochter kriegt eine Käthe-Kruse-Puppe, die hat sie sich so gewünscht!“, „Und mein Klaus bekommt ’nen Roller“, „Meiner ein paar Schlittschuhe“, kam es aus einer anderen Ecke. „Männeken“, meldete sich der Berliner (Gott sei Dank war er noch bei uns), „wir ham doch ooch Bescherung, der liebe Jott hat uns doch eben nicht det Leben ausjehaucht!“ – und – „Guckt euch mal um, is nich hier wie in Bethlehem? Maria und Josef mit ihrem Jesuskindle hatten och nich mehr als wir.“ Nun war ich an der Reihe. „Doch“, sagte ich, „für uns gibt es auch eine Bescherung, passt mal auf.“ Ich baute das Paket in der Mitte auf. Wie es Mutters Art war, hatte sie es sorgfältig in Packpapier gewickelt, das durch den Schnee nur etwas feucht geworden war. Ich löste die Schnur. Noch mal eine Verpackung mit schönem Weihnachtspapier – das faltete ich sorgfältig auseinander und breitete es auf dem Boden aus. Als ich den Karton öffnete, mein Nachbar mit dem Feuerzeug hineinleuchtete, und alle Augen sich darauf richteten, erklang aus allen Kehlen ein „Aaach“, denn obenauf lag ein kleiner Adventskranz aus echter Tanne mit rotem Band und dazu gelegten Kerzen, selbst an Streichhölzer hatte die Gute gedacht. In Schleifen gewickelte Päckchen holte ich heraus, legte sie um den Adventskranz – es waren so viele, dass einer meinte: „Mensch, und das hast du alles geschleppt und sogar hierher gerettet!“. „Los“, sagte ich, „packt mit aus!“ „Nee du, das sind deine Sachen.“ „Quatsch, die gehören uns allen“, erwiderte ich, „was meint ihr, wie sich Mut-

ter freuen würde, wenn sie das jetzt sähe!“ Kurzum: Alles wurde aufgeteilt. Zum Vorschein kamen: vier verschiedene große Würste, eine Menge Weihnachtsgebäck, mein damaliger Lieblingskuchen, „falscher Hase“, wir Kinder nannten es „Zebrakuchen“ (schichtweise Schokolade mit Keksen) und – hurra – eine Flasche Rum mit einem Beutel Zucker. Den konnten wir jetzt brauchen! Was war da noch eingewickelt in Weihnachtspapier? Ein kleiner echter Silberlöffel aus Mutters guter Schatulle, oh, Gott, dachte ich, ein Stück Zuhause! Schnell war in unseren Kochgeschirren Schnee aufgetaut, bald dampfte der Grog, und den ersten Schluck tranken wir auf meine Mutter. Dann sangen wir „Stille Nacht, heilige Nacht“ mit feuchten, glänzenden Augen, jeder in Gedanken zu Haus bei seinen Lieben. Ich hielt ein Tannenzweiglein über die Kerze – heimatlicher Weihnachtsduft nahm uns gefangen. Eine kurze Stille trat ein, dann kam Fröhlichkeit auf, jeder erzählte, wie es jetzt zu Haus bei ihm zuginge. Die Wache draußen wurde abgelöst, die Partisanen ließen uns in Ruhe.

Meine Gedanken sahen daheim einen langen, weiß gedeckten Tisch mit Tannengrün und Kerzen dekoriert. Ich war auf einem Hof groß geworden, alle Knechte und Mägde festlich angezogen, ließen sich „weiße Wurst mit polnischer Tunke“ und Sauerkraut (Schlesier kennen dies!), anschließend Karpfen, hinterher Mohnklöße schmecken. Dann war Bescherung, jeder wusste seinen Platz, alles freute sich. Ich am meisten, weiß ich doch noch, wie ich als Junge einen hölzernen Pferdestall mit zwei herrlichen Ackerpferden, einem Leiterwagen mit richtigem Heu (Mutter „freute“ sich über den anschließenden Dreck!) bekommen hatte, denn ich war es und bin es bis heute geblieben, ein Pferdenarr. Unser Onkel Sepp, Junggeselle, der immer bei uns feierte, setzte sich ans Klavier und sämtliche Weihnachts-

lieder wurden gesungen. Vor der mitternächtlichen Christmette liefen meine Schwester und ich in den Stall und gaben den Pferden Zucker. Das ging mir alles durch den Kopf. Inzwischen quollen auch aus den Wortkargen Gefühlsausbrüche, jeder hatte was zu erzählen, es war wie ein Betäuben, keiner kam bei den Leckereien zu kurz, und als die vier Ersatzkerzen langsam am Ausbrennen waren (selbst daran hatte Mutter gedacht), unterbrach der Berliner die aufkommende Müdigkeit noch einmal: „Nu – hatten wir nich ’ne schöne Bescherung? Nur, det Eselchen von Maria und Josef fehlt ma jetzt, uff dem ritt ich noch in der Nacht bis nach Berlin.“ „Mensch, halt die Klappe“, kam eine Stimme aus der Ecke, „Esel sind wir doch selber, spätestens morgen früh wirst du’s merken!“ Nur noch das Feuer knisterte im Ofen. Die, die noch wach lagen, richteten ihre Augen durch das zerborstene Dach in den klaren Sternenhimmel. Ferner Geschützdonner mit hellem Aufblitzen holte uns in die Wirklichkeit zurück – in den verfluchten Krieg. Ich schob noch den Silberlöffel in die Brusttasche und dachte: „Wenn Du aus dem Schlamassel rauskommst, an dieses Weihnachten wirst du zeitlebens denken.“

Am nächsten Morgen bestiegen wir einen neu bereit gestellten Transportzug. Mein Marschbefehl war, mich als VB (Vorgeschobener Beobachter der Artillerie) des Artillerieregements 28 bei der 60. Infanterie-Division zu melden. Als Nachsatz möchte ich hinzufügen: Diesen Silberlöffel brachte ich durch den Krieg und die anschließende fünfjährige Gefangenschaft – er war mein Talisman. Die Daten eingraviert, halte ich ihn noch heute in Ehren. Meine Mutter hat viel mitgemacht, zwei Weltkriege erlebt. Die Leute aus Grottkau, glaube ich, haben sie in guter Erinnerung. Sie wurde von allen geschätzt.…

Quelle: Weihnachtsgeschichten aus schwerer Zeit, erzählt von Freunden und Förderern des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge

Dezember – 2022 | nota bene Seite 11 Erinnerungen
Hubertus Kienel
e.V.

englische Freibeuter wie Sir Francis Drake (dem im Übrigen auch eine Romanze mit seiner Königin nachgesagt wird). Die Regentschaft von Elisabeth I. währte insgesamt 55 Jahre (15581603) und brachte das Reich nicht nur

politisch und wirtschaftlich zur Blüte, sondern es entstand auch in Kunst und Musik, in Theater und Malerei schöpferische Vielfalt, die bis heute als herausragend gilt.

Die offizielle Vereinigung der beiden Königreiche wurde im Jahre 1707 mit dem „Act of Union“ festgelegt. Königin Anna wurde die erste britische Regentin. Das Unterhaus wurde um 45 schottische Abgeordnete erweitert, das Oberhaus um 16. Grenzen und Zölle wurden abgeschafft, allerdings gab es einige schottischen Institutionen, die nicht mit ihrem jeweiligen englischen Pendant fusionierten, so die „Bank of Scotland“ und die „Church of Scotland“ (die Bewahrung der kirchlichen Eigenständigkeit Schottlands, hat der derzeitige König Charles III gerade während seiner Proklamation mit einem feierlichen Eid bestätigen müssen!).

um 6 Uhr von Mama geweckt, die mir sagte, der Erzbischof von Canterbury und Lord Conyngham seien hier und wünschten mich zu sehen. Ich stieg aus meinem Bett und ging in mein Wohnzimmer (nur im Morgenmantel) und empfing sie allein. Lord Conyngham teilte mir dann mit, dass mein armer Onkel, der König, um zwölf Minuten nach zwei aus dem Leben geschieden war und folglich, dass ich Königin bin.“ Am 28. Juni 1838 fand die Krönungszeremonie in der Westminster Abbey statt. Während der ersten Jahre der jungen Königin war ihr erster Premierminister, Lord Melbourne, ihr engster Berater und väterlicher Mentor. Die ersten Jahre ihrer Regentschaft verliefen stabil, von einigen, ihrer Unerfahrenheit geschuldeten, Fehlentscheidungen abgesehen. Jedoch riefen diese jugendlichen Fehler der Königin immer mehr Stimmen auf den Plan, die eine schnelle Verheiratung der Monarchin forderten und dadurch einen mäßigenden Einfluss auf die emotionale Viktoria erhofften.

Am 10. Oktober 1839 traf der von Leopold I. favorisierte „Heiratskandidat“,

Das Reich, in dem die Sonne nie untergeht

Das sogenannte „Viktorianische Zeitalter“ begann am 20. Juni 1837. Viktoria, zu dem Zeitpunkt gerade einmal achtzehn Jahre alt, schreibt in ihrem Tagebuch über dieses Ereignis: „Ich wurde

nota bene | Dezember – 2022 Seite 12 Das englische Königshaus

Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha (ausgerechnet ein Deutscher) in Begleitung seines Bruders Prinz Ernst am britischen Königshof ein. In ihr Tagebuch schrieb sie: „Ich erblickte Albert mit einiger Bewegung, er ist schön!“ Schon vier Tage später teilte sie Lord Melbourne ihre Eheabsichten mit. „Ich bin der glücklichste Mensch“, schrieb sie in ihr Tagebuch. Am 15.Oktober hielt sie, wie vom Protokoll vorgeschrieben, um Alberts Hand an. Die königliche Hochzeit fand am 10. Februar 1840 in der Chapel Royal of St James’s Palace statt. In den ersten sechs Jahren ihrer Ehe bekamen die beiden fünf Kinder, insgesamt hatten sie neun an der Zahl. Aus Briefen und Tagebucheinträgen ist zu erfahren, wie glücklich Königin Viktoria mit ihrem Prinz Albert und ihren Kindern war. Albert engagierte sich fortan auf wissenschaftlichem Gebiet, genauso wie im Bereich der Fürsorge, Armenhilfe und anderen sozialen Aufgaben. Zudem sollte man nicht außer Acht lassen, wie wichtig Alberts Beitrag für das britische Weihnachtsfest war und ist. Er brachte die deutsche Tradition des Weihnachtsbaumes nach Großbritannien (anfangs

kopfschüttelnd belächelt, wegen dieser deutschen Verrücktheit, sich Bäume ins Zimmer zu stellen!). Während Viktorias 63-jähriger Regentschaft, erreichte das britische Imperium die größte Macht und Ausdehnung seiner Geschichte. Der Ausspruch vom „Reich, in dem die Sonne nie untergeht“ ist legendär. Prinz Albert verstarb jedoch leider schon im Alter von 42 Jahren. Königin Viktoria kam nie über den Verlust ihres geliebten Ehemanns hinweg. In ihr Tagebuch schrieb sie: „Nie werde ich vergessen, wie schön mein Liebling aussah, als er dalag und die aufgehende Sonne sein Gesicht beleuchtete“.

Ein Weltkrieg und noch ein Weltkrieg

Am 27. Januar 1859 bekam die älteste Tochter von Königin Viktoria – ebenfalls Viktoria genannt – in Berlin einen Sohn: Prinz Wilhelm von Preußen, später Kaiser Wilhelm II. Die erschütternden Ereignisse des Ersten Weltkrieges lassen sich zumindest in ihrem psychologischen Ursprung auf drei äußerst fragwürdige Persönlichkeiten jener Zeit zurückführen: Drei miteinander konkurrierende, aufeinander eifersüchtige und machtgierige Enkel von Königin Viktoria (man nennt sie auch die „Großmutter Europas“) sind nicht unerheblich an Europas Sturz in einen gnadenlosen Vernichtungskrieg beteiligt: Ein gewisser Wilhelm, Kaiser in Berlin, ein durch und durch verunsicherter George, König von Großbritannien, und der Fortsetzung auf Seite 18 p

Dezember – 2022 | nota bene Seite 13 Das englische Königskaus

Der Festbraten zum Weihnachtsfest – egal, wo auf der Welt, wer es sich irgendwie leisten kann, versucht an den Feiertagen etwas Besonderes auf den Tisch zu bringen.

Weihnachtsessen –eine Sünde wert?!

Gesünder leben –Ernährung als Lebensstil (11)

Ich weiß nicht mehr genau, wo ich diesen Satz gehört oder gelesen habe, aber ich finde, er ist es wert, dass man ihn sich einprägt. Warum empfinde ich das so? Weil ich den Satz: „Ich habe an den Feiertagen gesündigt“ nicht nur einmal gehört habe. Und auch Sätze wie: „Wenn du wüsstest, was ich alles bei der Familie gegessen habe, es drehte sich den ganzen Tag nur ums Essen…“ Ja ist denn das so schlecht? Ist es nicht

„Es ist nicht wichtig was wir zwischen Weihnachten und Neujahr essen, sondern was wir zwischen Neujahr und Weihnachten essen!"

Quellen:

Weihnachten in anderen Ländern – Weihnachtsbräuche weltweit (raab-verlag.de)

Weihnachten in anderen Ländern – Wie unsere Nachbarn das Fest feiern (weihnachtszeit.net)

Ein Blick über den Tellerrand: Weihnachtsessen aus aller Welt (lonelyplanet.de)

wunderbar, Zeiten zu haben, an denen es die leckersten Gerichte gibt – und das hintereinander, gefühlt am Stück? Dürfen wir das nicht genießen?

Weihnachten ist die Zeit der Traditionen. Jede Familie hat ihre eigene und das auch beim Essen. Dies Tradition wird verknüpft mit Vertrautem, mit Geborgenheit, mit Erinnerungen. Es hält uns zusammen, es gibt uns einen Rahmen, es ist etwas Verlässliches.

Seite 14 nota bene | Dezember – 2022

In der Weihnachtszeit wollen wir keine Experimente, nichts Kreatives, nicht Neues. Da tut ein, „das war bei uns immer so“ oder „wir haben immer so gegessen“ einfach gut. Da wird das Rad nicht neu erfunden, da beruft man sich auf das Altbewährte.

Und da hält Essen nicht nur Leib und Seele zusammen, da hält es vielleicht sogar die Familie zusammen. Eine Zeit des Genießens und des Schlemmens.

Während es in Deutschland in vielen Familien dazu gehört, Gänse- oder Entenkeulen mit Rotkraut und Klößen an den Feiertagen zu essen oder alternativ einen anderen Festtagsbraten mit winterlichem Gemüse, gibt es in anderen Ländern andere traditionsreiche Gericht.

So zum Beispiel gilt in England der gefüllte Truthahnbraten und der Plumpudding (ein gekochter oder gedämpfter Pudding mit Trockenobst und reich-

Den italienischen Panettone kennen wir aus vielen italienischen Restaurants oder Feinkostläden, er ist seit einiger Zeit auch bei uns als Spezialität in der Weihnachtszeit zu bekommen. Er ist in den meisten Regionen Italiens als Weihnachtskuchen fester Bestandteil an den Feiertagen. Ansonsten gehören natürlich Pasta in unterschiedlicher Form dazu, aber auch Fisch und Fleischgerichte sind beliebt.

Ähnlich viel getafelt wie in Italien, wird auch in Polen Genau wie Italien ist dieses Land sehr katholisch und nimmt das kirchliche Weihnachtsfest sehr ernst. 12 Gerichte gehören an Heiligabend traditionell auf den Tisch. Das geht auf die 12 Apostel von Jesus zurück. Rote-Beete-Suppe und Piroggen (gefüllte Teigtaschen) sind auf jeden Fall dabei.

In Schweden heißt das Weihnachtsfest „Julfest“. Daher heißt das klassische Weihnachtsbüfett „Julbord“. Darauf darf der saftige Weihnachtsschinken (Julskin-

lich Fett, der mit Alkohol getränkt und dann flambiert serviert wird) ganz klassisch zu den Weihnachtsessen.

In Frankreich legt man, wie auch sonst an festlichen Tagen, Wert auf mehrgängige Menüs. Bestandteil dieser sind unter anderem Gänsestopfleber, Austern, Muscheln, verschiedene Pasteten, eine schöne Käseplatte und zum Dessert der „Buche de Noel“, ein Kuchen der wie ein Baumstamm aussieht.

ka) nicht fehlen. Weiterhin gibt es Heringshappen, Butter und Brot, aber auch Köttbullar, kleine Fleischbällchen, die unseren Partyfrikadellen ähneln.

Für unseren Geschmack vielleicht eher ungewöhnlich, im Libanon aber zu Weihnachten genau richtig: Truthahn oder Huhn mit gewürztem Reis gefüllt. Dazu andere Spezialitäten, wie „Kibbeh“ (Klöße aus Bulgur und Hackfleisch), Taboulé-Salat (aus Tomaten, glatter Petersilie, Zwiebeln, Minze und Bulgur) oder

auch Humus (Aufstrich aus Kichererbsen und Sesam) und Auberginenpaste bereichern die Tafel.

Wahrscheinlich würde auch das Familienessen auf Madagaskar (das Fest wird im großen Familienkreis gefeiert) nicht unseren Gewohnheiten entsprechen. Hühnchen-/KokosnussEintopf oder Huhn mit Ingwer und Knoblauch gehören dort zu den beliebten Essen. Und eine besondere Leckerei sind Litschis zur Weihnachtszeit. Sie werden nicht nur zum Essen, sondern wegen ihrer kräftigen Farbe auch gerne für die Dekoration in den Schaufenstern der Läden verwendet.

Auch in Spanien ist Weihnachten das Fest der Familie und der Liebe. Je nach Familientradition gibt es unterschiedliche Festgerichte. Ganz typisch aber ist die Süßspeise „Turron“. Bestandteil sind geröstete Mandeln, Zucker, Honig und Eiweiß. Verfeinert wird diese, je nach persönlichem Geschmack, gerne mit kandierten Früchten oder Schokolade.

Die Weihnachtszeit mit ihren vielfältigen kulinarischen Genüssen darf getrost ohne schlechtes

Gewissen und Reue durchlebt werden. Sie ist neben dem religiösen Hintergrund einfach auch ein Stück individueller Lebensqualität – gemeinsam in der Familie ebenso wie für den Einzelnen, der die Feiertage vielleicht alleine verbringen muss. Und ab dem 2. Januar haben wir schließlich wieder 358 Tage Zeit, uns mit gesunder, kalorienangepasster Ernährung zu beschäftigen.

Freuen wir uns also auf die Feiertage und lassen uns das leckere Essen schmecken.

Dezember – 2022 | nota bene Seite 15 Ernährung
Bianka Zielke

„Die Wahrheit wird über der Welt aufgehen, das Dunkel verschwinden, das Licht wird leuchten“

Johannes Reuchlin (1455 – 1522)

Open Air Veranstaltung mit dem Freien Theater in Bad Liebenzell

„Johannes Reuchlin –Ein Spectaculum“

Am 30. Juni 2022 jährte sich der Todestag Johannes Reuchlins

zum 500sten Mal. Aus diesem Anlass gestaltete das Freie Theater Bad Liebenzell eine Open Air Veranstaltung im SOPHI Park der Bäderstadt, um das Leben von Johannes Reuchlin, seine Werke und sein Wirken bis in die Gegenwart darzustellen. Viel Applaus und Zustimmung erntete damit auch Barbara Schmidtke, die mit ihrer Inszenierung „Johannes Reuchlin – ein Spectaculum“ eine mehr als gelungene Premiere präsentierte.

„Das war einfach wunderbar“, erklärt Christina Schmidt begeistert. Die Be -

sucherin aus Stuttgart war eigens für diese Veranstaltung angereist und hatte zudem Freunde mitgebracht. „Das war heute ein ganz besonderes Erlebnis“, bestätigt Martin Pflanzl-Bessler, der zum Kreis der rund 50 Interessenten zählte, die mehr über das Leben und Wirken von Johannes Reuchlin erfahren wollten. In Zusammenarbeit mit der Freizeit und Tourismus GmbH Bad Liebenzell konnte die kreative Manuskriptschreiberin und aktive Regisseurin Barbara Schmidtke eine Idee vom Stadtseniorenrat in Bad Liebenzell aufnehmen und zum 500. Jahrestag des Reuchlin Jahres die „Botschaf-

nota bene | Dezember – 2022 Seite 16
Fotos: Sabine Zoller

ten des Humanisten und Anwalts der Menschenrechte“ im Rahmen der Veranstaltungen der Stadt Pforzheim in einem eindrucksvollen Theaterstück beleuchten.

Mit der Kulisse des 1514 erbauten „Zeller Bades“ in Bad Liebenzell gab es im SOPHI Park den passenden Veranstaltungsort, um das Leben eines Menschen nachzuzeichnen, „der ganz unten vom Volke kommend, sich mutig mit berühmten Juristen, Philosophen, Bischöfen, Fürsten und Theologen seiner Zeit über seine Ansichten auseinandersetzte“, so Schmidtke. In enger Zusammenarbeit mit Iris Petersen, die in der Rolle der Gräfin Barbara Gonzaga besticht und wichtige Recherchen rund um die Gräfin beigetragen hat, ist aus der Feder von Schmidtke ein Text entstanden, der die Gäste des Spectaculums in das Jahr 1492 entführt.

Es ist nicht nur das Jahr, in dem Amerika entdeckt wurde, sondern auch das Jahr, in dem Reuchlin nach Liebenzell fährt, um sich nach schwerer Krankheit im „Zeller Bad“ zu erholen. Dort trifft er die Gräfin. Im Schauspiel beginnt ein Dialog zwischen den beiden Protagonisten und bei einem Spaziergang durch den Park

erfahren die Besucher mehr „über die Dinge des Lebens“. Dargestellt wird die Lebensgeschichte eines der bedeutendsten deutschen Sprachgelehrten und Juristen, der sich mit Gelehrten wie Erasmus von Rotterdam und Martin Luther austauschte und sich mit großem Einsatz für eine verfolgte Minderheit, die europäischen Juden des Mittelalters, einsetzte. Mit viel Einfühlungsvermögen zeigt Schauspieler Ben Milef aus Stuttgart den Schaffensbereich des großen Gelehrten und lässt den Menschen sichtbar werden. Barbara Schmidtke übernimmt als kongeniale Sprecherin die Rolle der Vermittlerin zwischen den Welten von einst und heute. Während sie die Handlung durch Zusatzinformationen bereichert und das Künstlerduo Alexandra und Robert Rateike mit Liedern und Gesängen aus dem Mittelalter aufwarten, geben die ausdrucksstark gekleideten Akteure des Freien Theaters Bad Liebenzell in eindrucksvollen Szenerien Einblick in die Zeit der Renaissance. Neben Hexenverbrennung, Tod durch Pest, armen Bauernfamilien und reichen Edeldamen werden die Gegensätze einer Zeit dargestellt, in der Reuchlin „Zeichen für Menschlichkeit setzt.“

Der Philosoph, Humanist und Jurist Johannes Reuchlin wurde am 29. Januar 1455 in Pforzheim geboren und ist am 30. Juni 1522 in Stuttgart gestorben. Er zählt neben vielen anderen großen Gelehrten und Philosophen seiner Zeit zu einem der bedeutendsten, deutschen Sprachgelehrten und wirkte als Impulsgeber der reformatorischen Bewegung.

So war er eng im Briefwechsel mit Erasmus von Rotterdam, Martin Luther und anderen Gelehrten und Fürsten verbunden und befasste sich als Kenner mit hebräischen, griechischen und lateinischen Schriften und deren Übersetzungen, um diese den wissbegierigen Menschen zugänglich zu machen. Er lehrte als Professor an verschiedenen Universit äten, unter anderem in Ingolstadt und Tübingen. In seinem Druckwerk „Der Augenspiegel“ brachte er unter anderem seine Überzeugung zum Ausdruck, dass alle jüdischen Schriften nicht verbrannt gehören, sondern bewahrt werden sollen, womit er sich vor dem Papst und den Christen in der Renaissance unbeliebt machte.

Dezember – 2022 | nota bene Seite 17 Bad Liebenzell
nota bene | Dezember – 2022 Seite 18 Das englische Königshaus
Queen Elizabeth II

„angeheiratete“ Enkel Nikolaus, Zar des Russischen Reiches. Verwandtschaft kann manchmal ein schlimmer Fluch sein.

Leid, Elend, Vernichtung und Traumatisierung waren die Folgen des Weltkrieges, der über Europa hereinbrach. In den Jahren 1914 bis 1918 fand dieser Krieg als unerbittliche Materialschlacht der verfeindeten Nationen statt, die erbarmungslose Zerstörung mit sich brachte. In dieser Zeit regierte König George V. das britische Empire. Nach seinem Tod im Jahre 1936 folgte Edward VIII. und nach dessen Abdankung im gleichen Jahr (weil ihm die Liebe zu einer amerikanischen Schauspielerin wichtiger war als die Krone) kam George VI. auf den britischen Thron. Im Jahre 1939 brach in Europa durch den deutschen Überfall auf Polen der zweite furchtbare Krieg aus. König George und seiner Gemahlin Elisabeth fiel die schwere Aufgabe zu, das britische Volk, nach dem Kriegseintritt Großbritanniens, durch entbehrungsreiche, gefährliche Zeiten zu führen.

marken zurückgreifen, um die Stoffe für das Hochzeitskleid zu finanzieren. Im Jahre 1948 kam Sohn Charles zur Welt, das zweite Kind, Anne, im Jahre 1950. Niemand konnte zu dieser Zeit erahnen, wie schnell und einschneidend sich das Leben für Elisabeths Familie von heute auf morgen ändern würde. Auf einer Reise durch Kenia, am 6. Februar 1952, überbrachte man Elisabeth und Philip die Nachricht vom Tod des Königs. Augenblicklich war Elisabeth nun Königin, und das im Alter von 26 Jahren. Die Krönung der neuen Königin fand am

erste und einzige Mal Fußballweltmeister – gegen Deutschland im Finale in Wembley. Unvergessen, wie die niedergeschlagene deutsche Mannschaft ihre Medaillen durch die Queen tröstend überreicht bekam. Elisabeth war insge-

2. Juni 1953 in der Westminster Abbey statt und war das erste weltweite Großereignis des jungen Mediums Fernsehen.

Die Fünfziger Jahre waren geprägt von ersten wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Plänen, Frankreich als Mitglied für den Commonwealth zu gewinnen. Das musste scheitern, denn dann wäre Elisabeth auch das Staatsoberhaupt Frankreichs geworden. Für stolze Franzosen ein Ding der Unmöglichkeit. Gro-

Das zweite

Elisabethanische Zeitalter Zwei Töchter hatte das Königspaar George und Elisabeth. Die erste Tochter kam am 21. April 1926 zur Welt und hieß Elisabeth Alexandra Mary und die jüngere wurde vier Jahre später geboren und hieß Margaret. Es war seit 1939 klar, dass die ältere Tochter Elisabeth, damals 13 Jahre alt, einmal Regentin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland und ihren anderen Königreichen und Territorien, Oberhaupt des Commonwealth, Verteidigerin des Glaubens (so der offizielle Titel) werden würde. Am 20. November 1947 heiratete Elisabeth ihren Cousin 3. Grades, Prinz Philip von Griechenland und Dänemark. Da die Not des Krieges noch lange nicht überwunden war, musste die junge Prinzessin sogar auf Rationierungs-

samt fünf Mal zu offiziellen Staatsbesuchen in der Bundesrepublik. Dabei und auch bei vielen anderen Gelegenheiten, sorgte Prinz Philip mit seinem speziellen Humor so manches mal für Aufsehen und Aufhorchen, vor allem, als er im Jahre 1997 Bundeskanzler Helmut Kohl mit den Worten „Guten Tag, Herr Reichskanzler“ begrüßte.

ße Staatsbesuche standen an – in die Vereinigten Staaten, nach Kanada und Ghana. In den Sechziger Jahren stand die Unabhängigkeit einiger ehemaligen Kolonien auf dem Fahrplan – und beschleunigte sich. Im Jahre 1965 besuchte die Queen zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg Deutschland. Der Besuch war in Großbritannien im Vorfeld sehr umstritten. Die Aufregung legte sich jedoch, als man sah, wie begeistert die deutsche Bevölkerung Queen Elisabeth und Prinz Philip empfingen. 1966 wurde England das

Die besondere Beziehung des britischen Königshauses zu den Deutschen wurzelt selbstverständlich in der Familiengeschichte der Windsors und in den jahrhundertelangen Beziehungen zwischen den Nationen. Von Prinz Albert aus Sachsen-Coburg im 19. Jahrhundert bis hin zu Prinz Philips Wurzeln in Schleswig-Holstein, Glücksburg und Hessen ziehen sich die intensiven Verbindungen durch die Geschichte.

Queen Elisabeth II. starb nun am 8. September 2022 nach einem langen, erfüllten Leben auf Balmoral Castle. Es gab Stimmen, die bezeichneten sie posthum als „Elisabeth die Große“. Da mag etwas dran sein. Großbritannien hat sich über Nacht verändert und King Charles III. muss nun in die sehr großen Fußstapfen dieser kleinen großartigen Frau treten.

Dezember – 2022 | nota bene Seite 19 Das englische Königshaus
Wolfgang Waldenmaier

Weihnachten im Krieg

Es dunkelte bereits, als Anton auf den Straßen herumlief. Er suchte seine Eltern, die nach den Bombenanschlägen gestern von ihm getrennt waren. Grauenvoll sah es in seiner Stadt aus, Häuser waren eingestürzt, Scherben lagen überall herum. Leute schrien um Hilfe, einige lagen unter dem Schutt vergraben, Kinder riefen nach ihren Eltern.

lerweile war es finster geworden, kein Stern, kein Mond, der ihm ein bisschen Licht gab. Von draußen hörte er die Gewehrschüsse und das laute Rufen der Soldaten.

Soldaten liefen mit ihren Gewehren durch die Stadt. Am liebsten würde er jetzt weinen, das macht man als Junge jedoch nicht, zumal er ja schon 9 Jahre alt war. Heute ist Heiligabend und Anton wusste nicht, was er machen sollte – nichts zu essen, kein Wasser, es ist kalt.

Anton hörte ein leises Wimmern aus einem eingestürzten Haus, vorsichtig näherte er sich diesem. Je näher er kam, desto lauter wurden die Geräusche. „Kann es sein, dass dort ein Baby liegt?“, fragte Anton sich. Mit seinen kleinen Händen räumte er Steine und Schutt beiseite. Es dauerte lange, bis er es geschafft hatte. Mitt-

Um Geräusche zu vermeiden, setzte er sich auf den Boden. Das Gewimmer hatte aufgehört. Gebückt harrte er in seiner geduckten Stellung aus, dabei stieß er auf etwas Weiches. „Was ist das?“, fragte sich Anton. Seine Hände versuchten vorsichtig zu ergründen, was das sein könnte. Erschrocken zog er die Hand zurück, jemand hatte an seinem Finger gesaugt. Vorsichtig tastete er das weiche etwas ab. Es war ein Baby, Anton wusste nicht, was er machen sollte. Er hatte Angst vor den Soldaten, hatte er doch gesehen, was sie mit ihren Gewehren anstellen konnten. Das Baby weinte wieder.

Anton blieb nichts anderes übrig, als die Soldaten zu rufen. Sie kamen auch, leuchteten mit ihren Lampen Anton und das Baby an und staunten nicht

schlecht. Einer rief: „Uns ist heute Nacht ein Kind geboren worden.“ Sie nahmen Anton und das Baby mit zu ihrem Zelt. Das Baby wurde in eine leere Holzkiste gelegt. Im Zelt war es kuschelig warm, Anton bekam einen Teller mit Nudeln. Hastig aß er alles auf – die Angst, dass ihm die Soldaten alles wieder wegnehmen würden, war groß.

Die Soldaten hatten notdürftig aus Brettern einen Tannenbaum gezimmert, sie sangen Weihnachtslieder in vielen Sprachen. Einer hatte noch Plätzchen und Schokolade, die bot er Anton an. Plötzlich fing Anton an zu weinen. Auf die Frage, warum er weine, antwortete er: „Ich finde meine Eltern nicht, wir haben früher immer zusammen Weihnachten gefeiert.“ Einer der Soldaten ließ sich die Beschreibung seiner Eltern geben. Aus dem Zelt nebenan waren Stimmen zu hören, die Zeltplane öffnete sich und seine Eltern standen vor ihm. Keiner konnte es so richtig glauben, alle weinten, sogar die Soldaten hatten Tränen in den Augen.

Der Heiligabend konnte für alle nichts Schöneres bringen – Freude, Zufriedenheit und gegenseitiges Verstehen.

Morgen werden in der vom Krieg zerstörten Stadt wieder die Bomben einschlagen. Aber das, was heute geschehen ist, daran werden sich alle lange erinnern. Frohe Weihnachten.

nota bene | Dezember – 2022 Seite 20 Die andere Weihachtsgeschichte

Ansprechend in Szene gesetzt wurden die Gerichte von den beiden Schwestern Olga und Evgeniya Drach, Foodstylistin und Fotografin, der Photokitchen aus Kiew.

So ist ein wunderschönes Gemeinschaftswerk entstanden, welches sowohl Leserinnen und Lesern als auch Köchinnen und Köchen einen Einblick in eine eigenständige Kultur gibt, als auch die ukrainische Kochkunst näherbringt.

ich das Buch so interessant, dass ich es jetzt schon ankündigen möchte. Bestellt habe ich es vor einer ganzen Weile und nun warte ich gespannt auf die Auslieferung.

Ein Rezept, welches ich in der Vorschau schon gesehen habe und welches ich sicherlich ausprobieren werde, sind Wareniki. Klassisch werden die halbmondförmigen Teigtaschen in der Ukraine mit Fleisch, Kraut oder Pilzen gefüllt. Gerne wird Schmand dazu gegessen. Aber es gibt auch die süße Variante mit Quark und Kirschfüllung.

Leider kommt das Buch erst nach dem Redaktionsschluss der nota bene auf den Markt, da sich das Erscheinungsdatum verzögert hat. Dennoch finde

Das Rezept in dem Buch ist vegan mit einer Kartoffelfüllung und, wenn ich mir die Zutaten dafür so anschaue, sicherlich auch sehr lecker.

Weitere Rezepte sind Borschtsch (rote Bete-Suppe), Schtischi (Kohlsuppe), Deruni (ukrainische Kartoffelpuffer mit Apfelchutney) oder Sellerie-Schaschlik.

Ich freue mich auf das Ausprobieren der Rezepte und bin dankbar mit dem Erwerb des Buches auch noch etwas Gutes tun zu können.

Vegan kochen in der Ukraine

In dieser Ausgabe möchte ich ein Buch vorstellen, welches leckeres Essen mit interessanten Rezepten, die auch noch vegan und gesund sind, mit der Hilfe für ukrainische Flüchtlinge verbindet. In dem Buch werden typische Gerichte der Ukraine gezeigt und die Rezepte als vegane Variante angeboten.

Niko Ritenau, der sich als Ernährungswissenschaftler mit Ernährung und besonders mit der veganen Küche auskennt, wollte wissen, was die Ukraine an Kulinarischem zu bieten hat. So hat er recherchiert und mit dem Spitzenkoch Lukas Jakobi (Küchenchef des Restaurants Insensiu in Hilden) und seiner aus Odessa geflüchteten Sous-Chefin Kateryna Kuprych einige typische Gerichte der Ukrainischen Küche veganisiert.

„Erlöse aus diesem Titel werden gespendet: Wie bei unserem sehr erfolgreichen Donation Day im März 2022 werden wir die Verlagserlöse zugunsten der Ukraine/Flüchtlingshilfe überweisen.“

Ventil Verlag

Herausgeber: Ventil Verlag; 1. Edition (28. November 2022), Sprache: Deutsch, Gebundene Ausgabe: 184 Seiten, ISBN: 978-3955751913

Dezember – 2022 | nota bene Seite 21 Ukraine
Bianka Zielke

Glück hat viele Gesichter

Leo Löwenherz liebt barrierefreie Abenteuer

Die Attraktionen auf dem Sommerberg in Bad Wildbad sind dafür bestens geeignet

Reisen im Rollstuhl ist nicht immer eine einfache Sache, insbesondere dann, wenn ein achtjähriger Junge, der auf seinen Elektrorolli angewiesen ist, Lust auf Abenteuer und Ausflüge verspürt. Durch seine Krankheit AMC (Artrogryposis multplex cognita), einer angeborenen Gelenksteife, die durch eine Muskelstörung die funktionsgerechte

Video- und Fotoaufnahmen auf seinem facebook Account zuständig ist.

Doch Reisen im Rollstuhl ist nicht immer eine einfache Sache. „Leo möchte gerne immer und überall dabei sein und daher war es ihm schon immer wichtig, auch darüber zu berichten“, so Eva Stöbener-Klein, die zudem betont:

Ausformung der Gelenke behindert, achtet Leopold daher auf seinen Reisen akribisch darauf, möglichst eigenständig mobil zu sein.

Als Rolli-Experte hat Leopold, der auch als „Leo Löwenherz“ auf den Kanälen Instagram und Youtube vertreten ist, bei einem Ausflug in Bad Wildbad die Standseilbahn auf dem Sommerberg, den Baumwipfel- und Märchenpfad sowie die WILDLINE Hängebrücke auf deren Behinderten-Tauglichkeit getestet. „Ich habe alle Attraktionen gesehen und hier ist alles supergut“, erklärt der Achtjährige aus der Pfalz und strahlt mit einem breiten Grinsen im Gesicht in die Kamera seiner Mutter, die für die

den 1.250 Meter langen Weg problemlos bis zur höchsten Aussicht auf dem Turm zu bewältigen.“

Nach einer Rutschpartie durch den Baumwipfelpfad-Tunnel wartete nach dem Märchenpfad das „schwingenden Abenteuer“ auf der WILDLINE Hängebrücke als ultimativer Höhepunkt des

„Leo will mitmachen und dazugehören und dazu gehören Inklusion und Barrierefreiheit.“ Was mit einer Übernachtung im Sleepero, dem Schlaf Cube auf dem Sommerberg begann, wurde zu einem Abenteuerausflug, den Tilmann Blezinger nicht nur als Betreiber der außergewöhnlichen Übernachtungsmöglichkeit, sondern auch als zuverlässiger Tourguide auf dem Sommerberg begleitete. „Hier ist alles gigantisch“, schwärmt Leo’s Mutter, die nicht nur die breiten Wege auf dem Sommerberg, sondern auch die sanitären Einrichtungen mit Behinderten-WC lobt. „Alles ist durchdacht, auch die sechs Prozent Steigung auf dem Baumwipfelpfad, die es einem Elektrorolli ermöglichen,

Tages auf den Knaben. „Ich habe keine Angst. Hier ist es supercool“, so die spontanen Sprüche des Jungen, der auf Knopfdruck seinen Sitz in eine Liegeposition gleiten lässt, um die Schwingungen der Hängebrücke zu spüren, und genussvoll die Augen in den tiefblauen Himmel richtet. „Das hier ist wirklich ein unbeschreibliches Gefühl“, schwärmt Leo’s Mutter, die ihren glücklichen Jungen beobachtet und selbst den Ausblick und die Natur von der Höhe genießt.

Leo Löwenherz ist sichtlich begeistert.

nota bene | Dezember – 2022 Seite 22 Bad Wildbad
https://www.facebook.com/leoloewenherz2021/
Fotos: Sabine Zoller

Natürliche Hilfe

Ein Ratschlag aus der Apotheke

Vielen Besuchern einer heutigen Apotheke ist sicherlich nicht bekannt, dass trotz der großen Anzahl chemisch produzierter Arzneimittel bis heute ungefähr ein Drittel des Arzneischatzes aus unserer Natur stammt. Selbst modernste Entwicklungen nutzen häufig die Natur als Lieferanten der Ausgangssubstanzen.

Um die Vielfalt der Pflanzenwelt mit ihren Arzneistoff liefernden Arten besser kennen zu lernen, bin ich immer wieder auch mit der Kamera in der Natur unterwegs, um einzelne Exemplare für mein Archiv festzuhalten.

In regelmäßiger Folge möchte ich deshalb an dieser Stelle einzelne Pflanzen vorstellen und über ihre Wirkungsweise informieren.

Friedrich Böckle (Quellen-Apotheke, Bad Liebenzell)

Foto „Weinlaub“ (F. Böckle)

Pflanzen als Venenstärker

Die Ursachen einer Venenerkrankung mit dem typischen Bild der Krampfadern und leider in vielen Fällen in fortgeschrittenem Stadium mit „offenen Beinen“ (Ulcus cruris) sind vielfältig. Vererbte Bindegewebsschwäche, einseitige sitzende oder stehende Berufe, Antibabypille, Übergewicht, Rauchen oder auch falsches Schuhwerk sind dabei die wichtigsten Faktoren.

Frauen sind dabei wesentlich häufiger betroffen als Männer. Wichtig ist eine möglichst im Anfangsstadium beginnende Therapie. Neben dem Tragen von Kompressionsstrümpfen haben sich dabei pflanzliche Medikamente als empfehlenswert herauskristallisiert.

Die wichtigsten Ausgangsstoffe liefern dabei Mäusedorn, Weinlaub und Rosskastanie. Beim Weinlaub verwenden die Hersteller ausdrücklich das rote Laub, da hier die Konzentration der Wirkstoffe höher ist.

Bei einer Wanderung durch die Weinberge bei Meran durfte ich die Schönheit des Weinlaubs im Herbst bewundern.

Alle drei Pflanzenextrakte besitzen ein ähnliches Wirkspektrum. Die Durchlässigkeit der Venenwände wird vermindert und somit kann weniger Flüssigkeit in das umliegende Gewebe gelangen. Schwellungen gehen dadurch zurück und auch die typischen Beinschmerzen werden gemildert.

Es wurden Inhaltsstoffe nachgewiesen, die entzündungshemmende Eigenschaften haben. Die Mikrozirkulation wird verbessert und der Austausch von Sauerstoff zwischen dem Blut und dem Gewebe verbessert.

Weinlaub sind die Blätter der Weinrebe. Die klinischen Studien bei chronisch venöser Insuffizienz ergaben positive Ergebnisse bzgl. einer Verringerung von Unterschenkelödemen und der Druckschmerzsymptomatik. Die Wirkung beruht offensichtlich auf dem Gehalt an verschiedenen Flavonoiden.

Die Samen der Rosskastanie finden auch Verwendung als Venenmittel. Ein Gemisch von Saponinen ist hier wirkungsrelevant, das unter dem Begriff Aescin bekannt ist. Die Förderung des venösen Rückflusses und gefäßstabilisierende Eigenschaften sind klinisch gut belegt.

Aus dem Wurzelstock des Mäusedorns werden gut wirksame Venenpräparate hergestellt. Die Steroidsaponine Ruscin und Ruscosid sind in erster Linie dafür verantwortlich. Venenschmerzen im Beinbereich werden durch die Ruscusextrakte nachweislich verringert.

Alle drei Präparate haben bei Dauergebrauch leider die Eigenschaften, bei vielen Verwendern Darmunverträglichkeiten und bisweilen auch Hautjucken auszulösen.

Dezember – 2022 | nota bene Seite 23
Natur und Heilkunde

Stern der Sehnsucht

Stern der Sehnsucht, hoch am Himmel, leuchte hell durch dunkle Nacht. Bringe allen Menschen Hoffnung, die dein sanftes Licht bewacht.

Weck die Hoffnung in den Herzen, Derer, die vom Hass zerstört, dass ein jeder von uns Menschen, noch das Lied der Liebe hört.

Hass und Liebe sind die beiden Pole der Unendlichkeit

und wir Menschen wandern alle, durch die Zeit zur Ewigkeit.

Lass uns mit dem Herzen sehen, unsern Weg durch Raum und Zeit, lass uns nicht verloren gehen in der kalten Dunkelheit.

Nur die Liebe kann verhindern, dass wir für immer in der Unendlichkeit des Seins verloren gehen.

Seite 24 nota bene | Dezember – 2022

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