Neu Nota Bene 18

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nota bene

Begegne dem, was auf dich zukommt, nicht mit Angst, sondern mit Hoffnung.

7. Jahrgang | 2. Ausgabe | Juli 2020 | € 5,00
Franz von Sales, Kirchenlehrer, 1567 bis 1622

Grußworte von Anneli Zenker und Manfred Preuss

04 Johannesklinik Bad Wildbad

Die Johannesklinik hatte das Coronavirus erwartet

06 Johanneshaus Bad Liebenzell-Monakam

Do ist Yourself | Karfreitag in Corona-Zeiten

07 Johanneshaus Bad Liebenzell-Monakam

Ein Neuanfang in der Krise

08 Bad Wildbad

Rossini Festival Bad Wildbad, quo vadis?

10 Bad Liebenzell

Corona Gäste auf dem Golfplatz

11 Literatur

Matthias Brandts Erzählungssammlung „Raumpatrouille“

12 Kultur in Corona-Zeiten

Von der Bühne direkt bis ins Wohnzimmer – oder ins Auto

14 Johanneshaus Bad Wildbad

Auszüge aus dem Tagebuch einer Therapeutin in Corona-Zeiten

16 Aus der Region

Lust auf’s Land?

18 Ernährung

Essen in Corona-Zeiten

20 Corona

Humor in Zeiten von Corona

21 Kommentar

Föderalismus über alles?

22 Aus der Region

Rehe sind Feinschmecker

23 Natur und Heilkunde

Pflanzliche Immunstimulanzien?

Corona-Ticker Stand 20. Juli 2020

7 weltweit mehr als 14,2 Millionen Infektionsfälle

7 weltweit mehr als 600.000 Tote

7 europaweit mehr als 3 Millionen Infektionsfälle

7 europaweit mehr als 207.000 Tote

7 mehr als 200.000 Infektionsfälle in Deutschland

7 mehr als 9.000 Tote in Deutschland

Täglich weltweit mehr als 200.000 neue Infektionsfälle.

Jeder einzelne ist einer zu viel!

Achtsam bleiben, zu unser aller Schutz –Abstand, Maske, Händehygiene!!!

Impressum

Herausgeber:

MHT

Gesellschaft für soziale

Dienstleistungen mbH

Hochwiesenhof 5–10

75323 Bad Wildbad

www.mht-dienstleistung.de www.johanneshaus-bad-wildbad.de www.johannesklinik-bad-wildbad.de www.johanneshaus-bad-liebenzell.de

Redaktion:

Gabriele Pawluczyk

gabriele.pawluczyk @monacare.de

Martin Kromer

Wolfgang Waldenmaier

Bianka Zielke

Grafische Umsetzung:

Dagmar Görlitz

kontakt@goerlitz-grafik.de

Drucktechnische Umsetzung:

Karl M. Dabringer

dabringer@gmx.at

Auflage: 3.000

nota bene | Juli – 2020 Seite 2 Inhalt
03 Editorial
nota bene

Liebe Leserinnen und Leser, wir haben Sommer … und die Ferien, der Urlaub stehen vor der Tür. Erholung und Müßiggang sind angesagt. Alltag vergessen. Doch, in diesem Jahr ist alles anders …

Die Corona-Epedemie hat uns seit März im Griff. Langsam lockern sich die strengen Vorschriften aus den Monaten März bis Juni ein wenig. Doch Achtsamkeit ist angesagt. Das Virus ist noch da und wird uns auch weiter beschäftigen. Ob bei der Urlaubsplanung oder auch danach – Kita, Schule, Beruf, Öffentlichkeit und Familie. Überall ist es präsent und fordert Achtsamkeit im Umgang miteinander. Achtsamkeit durch Abstandhalten, Mund-/Nasenschutz tragen, Husten und Nießen in die Armbeuge. Jeder ist aufgefordert, den Anderen und sich durch sein Handeln zu schützen. Dieses „Anders“ fordert in allem, was wir planen und tun, Kreativität und Einlassen auf Neues, Mut zur Veränderung. Lieb gewordene Verhaltensweisen, wie beispielsweise das Reisen in andere Länder, auf andere Kontinente, ist nur eingeschränkt möglich oder wird sogar durch unsere Regierung untersagt. Wir brauchen die Entwicklung neuer Lösungen und Handlungsweisen. Beispielsweise zeigt es sich, dass wir den Urlaub wieder vermehrt in Deutschland verbringen, dass wir die Digitalisierung in Bereichen Schule, Beruf und Öffentlichkeit voranbringen und im Alltag weitergehend integrieren dürfen.

Ja, alles wurde von jetzt auf nun auf den Kopf gestellt. Alle waren und sind wir gefordert – und wir haben es bisher hervorragend gemeistert – das zeigen die Zahlen in Deutschland. Machen wir weiter so und versuchen wir, den neuen Alltag mit Corona zu leben und unsere alten Gewohnheiten mit Corona neu zu denken.

Dies wünsche ich uns in diesen bewegenden Zeiten, so dass wir auch in Zeiten von Corona die Erholung und den Müßiggang erfahren, die wir für unser Seelenwohl und damit unser Leben benötigen.

In diesem Sinne – nota bene – wohlbemerkt…

Ihre

Anneli

Geschäftsführerin

Zum Geleit

Einen kurzen Moment hatten wir überlegt, ob wir in der herausfordernden Zeit der Corona-Belastungen die Kraft haben, eine nota bene in gewohnt engagierter Form herausbringen zu können. Denn unser Magazin lebt letztlich von den Beiträgen und dem Engagement einzelner Mitarbeitenden. Und diese Menschen arbeiten schon seit Monaten am Anschlag. Lange haben wir nicht gezögert. Wir bewegen uns in einem Umfeld, wie wir es alle im Hinblick auf seine Bedrohungen und Belastungen noch nie zuvor in unserem Leben erfahren haben – gerade jetzt halten wir es für unsere Pflicht, unsere Leserinnen und Leser teilhaben zu lassen an den unterschiedlichsten Facetten dessen, was Corona in unseren Einrichtungen, unserem sozialen Umfeld und in der Gesellschaft bedeutet. Und da sind es unsere erste Pflicht und Herzensangelegenheit, allen im großen Team der MHT unseren tiefen und aufrichtigen Dank zu sagen. An welcher Stelle er oder sie auch immer arbeiten – sie haben Großes und Außergewöhnliches geleistet. Sie haben sich dem Virus und seinen Bedrohungen mit Herz und Willenskraft entgegengestemmt. Zum Wohl der in unseren Einrichtungen lebenden und zu versorgenden Bewohnerinnen und Bewohner, unserer Patientinnen und Patienten. Danke, Danke, Danke …

Bei der Erfüllung unserer Aufgaben haben wir dabei nicht alles, was wir erhalten haben, als Unterstützung wahrgenommen. Umfassende Unterlagen/Hinweise/ Empfehlungen, die wir oft nur im Stundentakt von unterschiedlichen Ämtern, dem Ministerium für Soziales, der BWKG, dem bpa und dem RKI erhalten hatten, haben schon in den ersten Tagen insgesamt eine Papierflut von mehr als einer kompletten Aktenordnerstärke umfasst. Diese Papierflut war nicht dazu angetan, dass die ohnehin stark belasteten Mitarbeitenden diese auch tatsächlich nicht nur lesen, sondern deren Inhalte auch verinnerlichen konnten. Verantwortung wurde nach unten durchgereicht. Exkulpation nach dem Motto „Wir haben ja alles getan“. Auch hieraus gilt es zu lernen. Für eine sinnvolle Unterstützung der aufopfernd Tätigen an der Basis bleibt für die Zukunft sicher noch viel Luft nach oben.

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Editorial

„Den Mitarbeitern der Johannesklinik war schon früh klar, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis der erste COVID-19-Fall im Haus auftreten würde“, berichtet Enisa Porcic, Pflegedienstleitung der Johannesklinik Bad Wildbad für geriatrische Rehabilitation. „Daher wurden schon Ende Februar erste Vorbereitungen getroffen, Fortbildungen vorgenommen und die Mitarbeitenden geschult.“

Alle Patienten wurden zudem hinsichtlich von COVID-19-Symptomen untersucht und befragt.

Der Aufgabe, die Anschlussheilbehandlung alter Menschen nach Akuterkrankungen sicherzustellen und somit eine Entlastung für die Akutkliniken zu schaffen, wurde trotz der drohenden Gefahr möglicher COVID-19-Infektionen immer uneingeschränkt nachgekommen. Um für den Tag X gewappnet zu sein, wurde daher schon sehr früh mit der intensiven Suche nach Schutzausrüstung begonnen, die zu Beginn der Corona-Krise nur für Akutkliniken und auch für diese in nur bedingt ausreichender Anzahl zur Verfügung stand.

Bereits am 11. März 2020 wurde ein striktes Besuchsverbot für die Johannesklinik ausgesprochen, am 19. März 2020 der aktuell überarbeitete Pandemieplan implementiert. Alle Mitarbeitenden wurden in Bezug auf das Verhalten bei Coronaverdacht unterwiesen. Abstandsregeln wurden, soweit dies in der Pflege und Therapie überhaupt möglich ist, konsequent eingehalten, therapeutische Gruppenangebote unter Wahrung des Sicherheitsabstands massiv reduziert und im weiteren Verlauf komplett eingestellt. Am 25. März 2020 wurde der Speisesaal geschlossen, das heißt, Mahlzeiten wurden fortan im Zimmer serviert. Dies führte zu einem erheblichen personellen Mehraufwand.

Das Problem der fehlenden Schutzausrüstung konnte lange nicht gelöst werden. Auch der Landkreis Calw konnte trotz mehrfacher Ersuchen erst Anfang April lediglich 20 FFP2-Masken und 200 Stück Mund-/Nasen-Schutz-Masken zur

Auch die Einrichtungen der MHT blieben nicht von Corona verschont. Während Pflegeeinrichtungen bisher coronafrei geblieben sind, hat die Johannesklinik Corona-Herausforderung gemeistert.

Die Johannesklinik hatte das Coronavirus erwartet

Verfügung stellen, da der Bedarf streng nach medizinischer Priorität verteilt wurde. Die gelieferte Menge entsprach einem Bedarf von zwei bis maximal drei Tagen. Glücklicherweise gelang es der Johannesklinik, durch persönliche Kontakte Mitte April genügend Schutzausrüstung in Eigenregie zu organisieren.

„Insoweit waren wir auf den ersten COVID-19 Fall optimal vorbereitet“, unterstreicht Anneli Zenker, Geschäftsführerin der Klinik-Trägergesellschaft. Dass dieser dann schon kurz danach durch eine Mitarbeiterin eintreten sollte, war aber dennoch sehr überraschend. Die Mitarbeiterin zeigte zwar nur geringe Symptome, dafür aber ein typisches, nämlich einen Geruchs- und

Geschmacksverlust. Die Klinik veranlasste die Testung am selben Tag und setzte alle vom RKI und von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua) geforderten Maßnahmen bei COVID-19- Verdacht um. In Absprache mit dem Gesundheitsamt Calw und auch auf Wunsch der Johannesklinik selbst wurden alle Patienten und Mitarbeitenden auf das Coronavirus Sars CoV-2 getestet. Insgesamt wurden zunächst 6 Fälle bei Mitarbeitenden und 4 bei Patienten sicher nachgewiesen. Die Johannesklinik wurde daraufhin am 23. April 2020 unter Quarantäne gestellt.

Allen Patienten, auch den Covid-19-Patienten, ging es in der Folgezeit sehr gut

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Während die beiden Johannesklinik Bad Wildbad ihre erste

und sie zeigten keine Symptome. Die effektive und gute ständige Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt Calw half, eine weitere Ausbreitung zu vermieden bzw. sie spürbar zu reduzieren. Aus diesem Grund wurden wöchentlich Testungen aller Mitarbeitenden und Patienten durchgeführt. Zudem garantierte der Aufnahme- und Entlassungsstopp die optimale Betreuung der alters- und krankheitsbedingt gefährdeten Menschen in der Johannesklinik, die sich hier unter ständiger pflegerischer und ärztlicher Kontrolle befanden.

Alle nicht vom Coronavirus betroffenen Mitarbeitenden der Johannesklinik befanden sich in häuslicher Quarantäne und durften ihr privates Umfeld lediglich zum Arbeiten verlassen. Die positiv getesteten Mitarbeitenden durften nicht arbeiten. „Trotz der erheblichen persönlichen Einschränkungen und der vorhandenen Infektionsgefahr waren alle Mitarbeitenden der Johannesklinik hochmotiviert und stellten sich verantwortungsbewusst ihrer Aufgabe zum Wohle der Patienten“, weiß Zenker nicht ohne Stolz zu berichten.

Doch auch wer alles richtig macht, kann Corona nicht verhindern!

Es liegt in der Natur der COVID19-Erkrankung, schon infektiös sein zu können, bevor überhaupt Symptome auftreten. So kam es, dass in der Johannesklinik eine Patientin aufgenommen wurde, die völlig symptomfrei war, aber schon 36 Stunden später positiv getestet wurde. Dies bedeutete, dass das Virus vermutlich schon mitgebracht wurde. Es ist leider davon auszugehen, dass inzwischen in praktisch jeder Klinik und in fast allen Pflegeheimen Virusträger zu finden sind. Dies kann bislang aber nicht festgestellt werden, da die ursprünglich vom Land in Aussicht gestellten Testungen aller Bewohner und Mitarbeitenden von Sozial- und Gesundheitseinrichtungen leider nicht umgesetzt worden sind und somit der-

zeit nur Personen mit typischen Symptomen getestet werden.

„Wenn man bedenkt, dass neun der zehn positiv getesteten Fälle in der Johannesklinik völlig symptomlos waren und nur durch die Testung zu Beginn der Quarantäne erkannt wurden, wird einem erst das ganze Ausmaß der Coronavirus-Problematik bewusst“, stellt Chefarzt Dr. Thomas Müller fest.

Quarantäne überstanden

Bereits nach rund zweieinhalb Wochen konnte die durch das Gesundheitsamt des Landkreises Calw verhängte Quarantäne für die Johannesklinik wieder aufgehoben werden. “Die erste große Belastung aus der Corona-Krise ist erfolgreich überstanden“ stellte ein Mitarbeiter ein wenig erschöpft, aber glücklich fest.

Drei Mitarbeiter der Johannesklinik befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch in häuslicher Quarantäne, sie blieben ohne Symptome und es geht ihnen gut. Alle in der Klinik arbeitenden Mitarbeiter sind frei von Infektionen. Durchgeführte Tests waren durchgehend negativ.

Die Patienten der Johannesklinik, deren Rehabehandlungen abgeschlossen waren, konnten nach Hause entlassen oder anderweitig verlegt werden. Die Neubelegung der Johannesklinik erfolgte zügig und turnusmäßig.

„Wir haben wieder unseren normalen Klinikalltag“, stellt Chefarzt Dr. Thomas Müller zufrieden fest. „Das tut allen gut. Ein besonderer Dank gilt unserem gesamten Team, das mit großem Einsatz und Engagement Corona getrotzt hat. Aber wir alle wissen auch, dass so eine Situation jederzeit wiederkommen kann.“

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red
erwartet
Johannesklinik Bad Wildbad
Chefarzt Dr. Thomas Müller

Eine Initiative von Mitarbeitenden im Johanneshaus

Bad Liebenzell-Monakam

Do it Yourself

Gedacht, getan. Nachdem aufgrund der Corona-Krise der Bedarf an Mundschutz bzw. Atemschutzmasken drastisch in die Höhe geschnellt ist und der Handel leer gekauft war, haben wir uns selber ans Werk gemacht. Wir – einzelne Betreuungsassistentinnen und unsere Ernährungsberaterin.

Auch, dass es keine Gummilitze mehr zu kaufen gab, hielt uns nicht von der Arbeit ab. Wir fragten rum, durchforsteten den eigenen Haushalt, improvisierten …

Farbenfrohe Stoffe, angenehmes Baumwollmaterial und viel Freude und gute Laune sind für unsere Masken verwendet worden. Zwei Tage waren wir im Einsatz. Das Resultat kann sich sehen lassen. Fast 60 Stück hygienische, bei 60 Grad waschbare, wiederverwendbare Stoffmasken sind entstanden, die wir zum Schutz unser Bewohnerinnen und Bewohner tragen können. Auch so ein gemeinsamer Einsatz schweißt in Krisenzeiten zusammen.

Karfreitag in Corona-Zeiten

Am Karfreitag gestalteten zwei Mitarbeiterinnen, Elke Wagner und Bianka Zielke, für die Bewohnerinnen und Bewohner den Kreuzweg Jesu. Zur gewohnten Gottesdienstzeit fanden sich alle im großen Speisesaal ein. Einige waren auch extra zu diesem Tag festlich gekleidet. Nach einem Musikstück am Klavier, gespielt von Bianka Zielke, begrüßte Elke Wagner die Bewohnerinnen und Bewohner.

Die Leidensgeschichte Jesu wurde vorgelesen, die einzelnen Stationen des Kreuzweges auf Bildern gezeigt und

mit verschieden farbigen Stoffen und Symbolen verdeutlicht. Dabei durfte auch das Brechen des Brotes als Symbol für das letzte Mahl Jesu mit seinen Jüngern nicht fehlen. Zwischen den gelesenen Texten wurden Lieder am Klavier gespielt. Wer wollte, konnte den Text auf dem ausgeteilten Liedblatt mitsingen oder für sich still mitlesen.

Jesus ist nach seiner Kreuzigung nicht im Grab geblieben, die Freude über die Auferstehung wurde durch das mit Blumen geschmückte Holzkreuz dargestellt. Danach sangen

alle: „Großer Gott wir loben dich“, ein Lied, welches viele Bewohnerinnen und Bewohner kennen und mitsingen konnten. Zum Abschluss wurde gemeinsam das „Vater unser“ gesprochen.

In Zeiten, in denen die Kirchenvertreter aufgrund des coronabedingten Besuchsverbots nicht zum Gottesdienst kommen durften, konnte so den Bewohnerinnen und Bewohnern ein besonderer Vormittag gestaltet werden, was dankbar angenommen wurde.

nota bene | Juli – 2020 Seite 6 Johanneshaus Bad Liebenzell-Monakam
red

In einer sehr besonderen Zeit, die zum einen durch ein neues Hygienebewusstsein, aber auch für viele Menschen durch ihre Sorgen um die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes geprägt ist, tritt Annette Hahn eine neue Aufgabe und Herausforderung an – als Einrichtungsleiterin im Johanneshaus Bad Liebenzell-Monakam

Ein Neuanfang in der Krise

Die Mitarbeiter lernt man zunächst nur „ausschnittsweise“ kennen, d. h. der größte Teil ihres Gesichtes bleibt hinter dem ständig zu tragenden Mund-/ Nasen-Schutz verborgen! Interessant, dieselben Personen nach gut drei Monaten mal mit „ganzem Gesicht“ zu sehen – manche hat man sich ganz anders vorgestellt. Noch ist nichts, wie es ohne Corona-Virus war, trotz einiger Lockerungen!

Als ich Mitte April meine neue Arbeitsstelle antrat, befanden wir uns mitten drin in der Corona-Krise und ihren manigfaltigen Anforderungen an unseren betrieblichen Alltag. Ich wurde sehr herzlich aufgenommen, was mir die Einarbeitung trotz Corona außerordentlich erleichtert hat. Die Auflagen zur Eindämmung der Ausbreitung der Pandemie haben zunächst einen Hauptteil meiner Arbeitszeit vereinnahmt.

Besuchsverbote und vorsorgliche Quarantäne-Unterbringungen wurden zur Pflicht. Mit den verordneten Einschränkungen gingen auch Bewegungseinschränkungen einher. War z. B. ein Bewohner zur Behandlung im Krankenhaus, musste er nach seiner Rückkehr 14 Tage in seinem Zimmer in Quarantäne bleiben. Bewegung fehlte! Bewegung!

Die Menschen werden im Vergleich zu früher wesentlich älter. „Wer rastet, der rostet“ – durch fehlende Bewegung bauen die Menschen immer mehr ab,

einfache Alltagsbewegungen werden dann zu einer großen Anstrengung. Jeder, der für einige Tage das Bett hüten musste, kann dies bestätigen. Bewegung kann das Alter zwar nicht aufhalten, aber lebenswerter machen. Bewegung wirkt sich positiv auf unsere Gesundheit aus, auf die Funktionen des Herz-Kreislauf-Systems, den Bewegungsapparat und auf die Funktion des Gehirns. Auch ältere Menschen können sich nahezu im ganzen Spektrum der Bewegungsmöglichkeiten ausprobieren. Es gibt verschiedene Fähigkeiten (Kraft, Ausdauer, Koordination), die dem Menschen eigen sind, die aber bei mangelnder Anwendung und leider auch mit zunehmendem Alter nachlassen. Doch auch im hohen Alter lassen sich diese Fähigkeiten durch Training stabilisieren und sogar verbessern. Für die meisten gesundheitlichen Einschränkungen ist Bewegung besser als Stillstand.

Durch gemeinsames Trainieren wird auch die soziale Fähigkeit gefördert. Für zusätzliche Bewegung im Alter zu sorgen, ist eine unserer vielfältigen Aufgaben im Pflegealltag in den stationären Einrichtungen. In Gruppenangeboten, z. B. durch „Balancetraining“, geht es um gezielte und bewusste Bewegungen und Gleichgewichtsübungen. Bewegung soll Spaß machen und den Alltag bereichern. Der positive Nutzen liegt auf der Hand, bleibt nur noch den „inneren Schweinehund“ zu besiegen!

Seit Mitte April 2020 ist Annette Hahn neue Einrichtungsleiterin im Johanneshaus Bad Liebenzell-Monakam.

Zur Person:

7 Gebürtig aus Norddeutschland

7 Hat einen erwachsenen Sohn

7 Ihr Weg führte sie über Hamburg nach Sindelfingen und Tübingen bis in den Schwarzwald

7 Lebt seit 23 Jahren glücklich im „Schwabenländle“

7 Ausbildung zur Krankenschwester in Laatzen bei Hannover

7 Arbeitete viele Jahre in verschiedenen Fachbereichen im Krankenhaus, viele Jahre davon als Stationsleitung

7 Nach einer weiteren 2- jährigen Ausbildung zur Onkologischen Fachkrankenschwester mit einer PalliativZusatzausbildung arbeitete sie 10 Jahre in der Onkologie

7 Danach wechselte sie über ein Studium (social BBA) an einer Hochschule in Berlin in die Altenpflege

7 Sie arbeitete zunächst als Pflegedienstleitung und später als Einrichtungsleitung in verschiedenen Senioreneinrichtungen

Juli – 2020 | nota bene Seite 7 Johanneshaus Bad Liebenzell-Monakam

Die Absage des Rossini Festivals in diesem Sommer tut allen weh. Doch es bleibt die Hoffnung, im September zu einem halbwegs normalen Spielbetrieb zurückkehren zu können. Und so kündigt Intendant Jochen Schönleber ein „ROSSINI MINI FESTIVAL“ vom 9.–13.September 2020 für Bad Wildbad an.

In der Corona-Krise steht das kulturelle Leben in Deutschland weitgehend still. Auch das 32. Belcanto Opera Festival vom 9. bis 26.Juli 2020 ist für diesem Sommer abgesagt und auf den Termin vom 8. bis 25. Juli 2021 verschoben worden.

Rossini Festival Bad Wildbad, quo vadis?

Man kann nur hoffen, dass dieses Vorhaben realisiert werden kann. Unbestritten ist, dass sich das Festival im Nordschwarzwald nicht nur wie das Rossini Opera Festival Pesaro dem Œuvre und der Epoche von Gioachino Rossini widmet, der 1856 als Kurgast in Wildbad weilte, sondern sich darüber hinaus in den vergangenen drei Jahrzehnten zu einer Institution mit internationalem Renommee entwickelt hat.

Im Gespräch mit Jochen Schönleber Seit 1991 künstlerischer Leiter und seit vielen Jahren auch Intendant des Opernfestivals „Rossini in Wildbad“, ist er Inspirator und unermüdlicher Sucher nach Sängern, Musikern und Sponsoren und damit das „Herz des Festivals“ – wie ihn die namhafte Fachzeitschrift Opernnetz beschreibt. Dank seines Engagements wurde aus dem kleinen Festival eine weltweit beachtete Marke, die sich zu einer renommierten Ex-

nota bene | Juli – 2020 Seite 8

perimentierstätte für Belcanto-Talente, für unbekannte Stücke und damit zu einem einzigartigen Mekka für das gesamte Belcanto-Repertoire Rossinis entwickelt hat. „Wir haben uns von Anfang an auf die Entdeckung junger Talente fokussiert“, erklärt Schönleber, seit 2004 zudem Direktor der Akademie BelCanto, die das Festival beim „Casting“ für die Produktionen unterstützt. „Mittlerweile ist das ein Selbstläufer: Die guten Sänger, insbesondere die Gesangslehrer, schicken Ihre jungen Freunde nach Bad Wildbad zum Debütieren.“ Zudem gibt es Veranstaltungen von Masterclasses und den Internationalen Belcanto Preis mit Preisträgern, die sich sehen lassen können: Pavol Brslik, Olga Peretyatko, Serena Malfi, Diana Haller, Sara Blanch, Sofia Mchedlishvili. „Michael Spyres ist erstmals bei uns aufgetreten, sogar die wunderbare Joyce DiDonato hat ihre erste Rossini-Einspielung in Wildbad gemacht“, schwärmt selbst der Fachmann.

Absage im April

Anfang April 2020 wurde das Belcanto Opera Festival „schweren Herzens abgesagt“. Angesichts gesperrter Grenzen und ausgesetzter Flüge war schon allein die Anreise der Künstler aus europäischen Ländern, ebenso wie aus den USA und China geplatzt. Kein Probenbetrieb, keine Vorstellungen, keine Gäste, keine Einnahmen. „Damit war die desolate Situation unserer Künstler überklar“, so Schönleber, der darüber berichtet, dass viele der selbstständigen Künstler durch den abrupten Ausfall sämtlicher Einnahmen in Not gerieten und dringend Hilfe benötigten.

Spenden für Künstler

„Es fällt mir schwer, für Oper und Konzert etwas Positives in Corona zu finden, so brutal und vernichtend wurde der Bereich von dem Virus erwischt.“ Für Schönleber wurden „freischaffende Künstler einfach auf Null gesetzt“.

Nichts geht mehr, keine Oper, kein Chorsingen. Für bereits bezahlte Tickets verspricht die Touristik in Bad Wildbad eine Rückabwicklung der Buchungen der Rossini-Pauschalen und der bereits gekauften Tickets. Immerhin waren bis April bereits 220.000 Euro an Karteneinnahmen verbucht. Doch dann gab es eine zündende Idee für die Künstler. „Wir haben die Rückzahlung mit einem Spendenaufruf verbunden. Das Stammpublikum hatte zu diesem Zeitpunkt seine Karten bereits gekauft. Da es den Künstlern emotional sehr verbunden ist, kamen schlussendlich über 44.000 Euro zusammen, die insbesondere an die jüngeren Künstler ausgeschüttet werden sollen“, berichtet Schönleber, der zudem anfügt: „Sagenhaft! Ich bin stolz auf unser Publikum!“

Aufgeben gilt nicht

Für alle Belcanto Fans gibt es daher bereits im Juli 2020 das „1. Rossini Digital

DVDs dazu und wir sehen, dass selbst streamen, auch live streamen, kein Hexenwerk ist.“ Dem online-Publikum werden nicht nur interessante Aufnahmen der letzten Jahre geboten, sondern insgesamt sechs erfolgreiche Opernproduktionen plus Zugaben und damit 48 Stunden kostenfreies Kulturvergnügen.

Nicht kapitulieren!

Für den September ist nun das Mini Festival geplant, das mit außergewöhnlichen Festspielstätten lockt. „Zunächst einmal versuchen wir, einen ganz neuen Ort zu erobern. Auf dem Sommerberg gibt es die Hängebrücke Wildline, dort können wir schön luftig und coronakonform eine Oper von García L‘ISOLA DISABITATA spielen. Zur normalen Festivalzeit im Juli ginge das gar nicht, da wird es nicht rechtzeitig dunkel.“ Schönleber ist in seinem Element. Er plant weitere Konzerte im Kurpark, im Maurischen Pavillon und auf dem Kurplatz. Zudem werden zwei

Festival“. „Hier neues Publikum zu gewinnen, ist nicht einfach. Aber wir wollen auch eine Dokumentation unserer Entdeckerarbeit schaffen und unseren Fans etwas bieten.“ Für Schönleber ist diese professionelle Präsentation ein wichtiger Schritt in dieser Zeit. „Zweifellos gibt es im Digitalsektor derzeit ein Überangebot, aber wir haben tolle CDs und nun kamen auch noch die

weitere Konzerte mit Sopranistin Silvia Dalla Benetta und Mezzosopranistin Diana Haller vom SWR aufgezeichnet. „Aber wenn man die Platzkapazität bei Einhaltung der Abstandsregel ansieht, dann könnten einem glatt die Tränen kommen.“

Juli – 2020 | nota bene Seite 9 Bad Wildbad
https://www.bad-wildbad.de/rossini/spielplan
Alle Informationen:
Fotos: Patrick Pfeiffer und Sabine Zoller

Die strenge Ausgangssperre wirkte sich in der Corona Pandemie allem Anschein nach auch auf das Verhalten von Tieren aus, die sonst vornehmlich in Steppen- und Wüstenzonen flache, salzhaltige Seen besiedeln. Bestes Beispiel dafür sind die schnatternden Gänse auf dem Golfplatz von Bad Liebenzell, die sich hier mit ihrem Nachwuchs sichtlich zu Hause fühlen.

Corona Gäste auf dem Golfplatz

Die gefiederten Gäste mit ihrem intensiv rostbraunen Gefieder und hellem Kopf sind mittlerweile eine kleine Sensation, wie Jens Eidel berichtet. Der Geschäftsführer des Liebenzeller Golfplatzes beobachtet immer wieder Spaziergänger, die auf dem Gelände des Golfplatzes eine extra lange Rast auf ihrem Spaziergang einlegen, um dem munteren Treiben der gefiederten Zöglinge zuzuschauen. „Viele trauen ihren Augen kaum, wenn die Gänsemutter mit ihren weithin hörbaren Rufen auf sich aufmerksam macht, um ihren Nachwuchs im Zaum zu halten“, erklärt Eidel, der zunächst von einem Mitarbeiter auf die ungewöhnlichen Exemplare der gefiederten Gäste aufmerksam gemacht wurde. „Ich habe im Internet recherchiert und festgestellt, dass unser Golfplatz von einem Rostgans-Pärchen als ideale Aufzucht-Station für den zehn Küken umfassenden Nachwuchs auserkoren wurde.“ Eidel lacht und ergänzt: „Die Rostgänse haben ihre Heimat üblicher Weise in Asien.“ Durch die Ausgangssperre waren im Frühjahr keine Golfer, Wanderer, Radfahrer, oder Sportler zum Trainieren vor Ort und die verlassene Grünfläche damit ein idealer Raum für die Tiere, die sich mittlerweile an die Golfer gewöhnt haben.

Mit Griff zum Telefon sicherte sich Jens Eidel weitere Informationen. Beim Gespräch mit Cornelia Kuchel, Vorstand NABU Calw und Umgebung e.V., gab es Aufschluss und wissenswerte Details: Rostgänse, die an ihrem rostroten Gefieder und einem hellen Kopf zu erkennen sind, treten meist paarweise auf und werden etwa 60 cm groß. Sie sind damit etwas kräftiger als Stockenten. Beim Weibchen ist der Kopf meist weiß gefiedert, während sich die Männchen extra herausputzen und zusätzlich einen zarten schwarzen Halsring tragen. Dass sich nun aber das Golfplatz-Pärchen ausgerechnet eine aktiv bespielte Sportfläche ausgesucht hat, um ihren Nachwuchs aufzuziehen, ist für Kuchel „ein Zeichen, das genutzt werden sollte!“ Sie vertritt die Auffassung, dass „Golfplätze die biologische Vielfalt fördern und unterstützen können. Auf Flächen, die nicht unmittelbar zum Spielbetrieb der Golfanlage gehören, können wertvolle Lebensräume für Fauna und Flora geschaffen werden und leisten einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt.“ Somit sind die

Rostgänse ein sichtbares Zeichen für eine gelungene Mischung aus Natur und Ökosystem, das den seit 1988 bestehenden Golfclub in Bad Liebenzell auszeichnet.

„Unser Platz bietet nicht nur aufregende Fairways und anspruchsvolle Grüns, sondern zudem Nistkästen, Insektenhäuser, Blühwiesen, Flussauen und Streuobstwiesen“, so Jens Eidel, der akribisch darüber wacht, dass der naturbelassene Platz nicht nur für Golfer, sondern auch weiterhin für Wanderer und Radfahrer genutzt werden kann.

„Das ist wohl einzigartig in Deutschland, dass ein speziell ausgeschilderter Wanderweg durch einen Golfplatz führt“, erklärt Eidel, der zudem auf die gefiederten Gäste verweist und schmunzelnd ergänzt: „Wir haben hier Natur pur und genügend Raum, so dass auch Nicht-Golfer das alltäglich zelebrierte Baderitual der Rostgänse am Golfplatzteich in Ruhe beobachten können.“

nota bene | Juli – 2020 Seite 10 Bad Liebenzell

Gerade in der Zeit der sogenannten Corona-Krise liegt das Thema der Isolation und der eingeschränkten Sozialkontakte ganz weit vorne in der Diskussion. Mit Matthias Brandts Erzählungen liegt eine spannende Beschreibung einer Kindheit und Jugend vor, die diese Erfahrung zwar aus anderen Gründen, aber äußerst intensiv machen musste.

Die verständnisvollen und umsichtigen Leibwächter, ein freundlicher Chauffeur, ein treuer Hund namens Gabor, spannende Fernsehserien, das Alltagsleben und das Heranwachsen in den Siebzigern mit einem Bundeskanzler als Vater, das sind die Themen im literarischen Debüt des Schauspielers Matthias Brandt. Zahlreiche Episoden aus dem Leben und sozialen Umfeld der Kanzlerfamilie repräsentieren den Zeitgeist der späten sechziger und der frühen siebziger Jahre und erreichen damit für die gesamte „Babyboomer“-Generation einen äußerst unterhaltsamen Wiedererkennungseffekt.

So erzählt der 1961 geborene Matthias Brandt beispielsweise von einem Fußballspiel, bei dem er überaschenderweise als Torhüter zum Einsatz kommen sollte. Von der Mutter bekam er das nötige Geld für eine angemessene Torhüter-Ausrüstung. Chauffeur Hunke fuhr mit ihm hinunter nach Bonn zur Sportwarenhandlung. Brandt schildert, wie er eine Woche später beim Spiel in papageienhafter Torhüter-Verkleidung ein haltbares Tor nach dem anderen kassierte und alle seine Heldenträume im staubigen Sand des Hartplatzes begraben wurden.

In einer anderen Geschichte bekommt der junge Matthias von der Mutter mitgeteilt, dass er am nächsten Tag mit seinem Vater eine Radtour unternehmen soll. Doch am Tag darauf stellte sich heraus, dass Herr Wehner (der dem Jungen immer, wenn er ihn sah, leidtat)

Welthölzer, Werbefernsehen, Wehner

Matthias Brandts Erzählungssammlung „Raumpatrouille“

ebenfalls an der Tour teilnehmen werde. Die Geschichte nimmt ein tragikomisches Ende, da der Bundeskanzler vom Rad fällt und zu Fuß und wütend nach Hause stapft.

Matthias Brandts detaillierte Erzählungen handeln unter anderem von Zauberkunststücken, die einen Zimmerbrand auslösen, vom verstorbenen Hund, der zuweilen bissig auf Fremde reagierte, von der Mondlandung und dem Traum, Astronaut zu werden, von der Lieb-

lingsserie „Percy Stuart“, die keinesfalls verpasst werden durfte und von einer treusorgenden, liebenden Mutter und einem nüchternen, etwas unterkühltem Vater. Absolut lesenswert.

Matthias Brandt: Raumpatrouille –Geschichten, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2016/2018

Juli – 2020 | nota bene Seite 11 Literatur

Von der Bühne direkt bis ins Wohnzimmer –oder ins Auto

In dieser Zeit der Corona-Krise, in der auf der einen Seite der gesamte Kulturbetrieb einer existentiellen Gefährdung und auf der anderen Seite wir alle der Gefahr der kulturellem Unterversorgung ausgesetzt sind, bewirkt das fantasievolle Engagement zahlloser Künstler aus allen Bereichen, die bedrohlichen Folgen zu mindern.

Aus Klassik, Pop, Rock, Jazz, Schlagermusik, Theater, Tanz und Kabarett, aus allen Genres kamen in den vergangenen Monaten Ideen und kreative Konzepte, wie man Kunst und Kultur in die-

sen schwierigen Zeiten an die Frau und an den Mann bekommt.

Egal, ob es sich um die sogenannten Wohnzimmerkonzerte handelt, bei denen die Künstlerinnen und Künstler aus ihren eigenen vier Wänden per Facebook, Google, Youtube und Co. online ihr Publikum zu Hause besuchen, oder beispielsweise um Veranstaltungen, die die Zuschauer von ihrem eigenen Auto aus verfolgen können – das Engagement der Branche läuft jedenfalls auf Hochtouren.

nota bene | Juli – 2020 Seite 12 Kultur in Corona-Zeiten
Kulturelle Möglichkeiten und Angebote in Zeiten von Corona

Die BBC überträgt ihr Eröffnungskonzert dieses Jahr online und im Fernsehen. Das berühmte Abschlusskonzert „Last Night Of The Proms“ findet dann wie immer in der Royal Albert Hall statt, zwar ohne Publikum, aber ebenfalls online/TV für alle begeisterten Fans.

In Deutschland haben die Vorstände der sieben großen Berliner Orchester gemeinsam mit Experten der Charité einen Leitfaden erarbeitet, wie man in Zukunft unter Corona-Bedingungen musizieren kann. Diese Expertise gilt als Empfehlung und kann von allen Orchestern in Deutschland übernommen werden.

Für das Engagement in der populären Musik- und Kulturszene sei hier beispielhaft eine Zusammenarbeit von SWR, der Stuttgarter Zeitung, der Initiative „Zusammenhalten für die Kultur“ und verschiedenen Sponsoren aus der Wirtschaft zu nennen: Der Kulturwasen Eine Veranstaltungsreihe, die als Autokino und Konzert-Location funktioniert und einige Highlights zu bieten hat. Bis Ende August laufen hier bekannte „Blockbuster“-Filme, finden Rock- und Popkonzerte und Comedy-Darbietungen statt. Unter anderen konnte und kann man die Pop- und Schlagergrößen Sasha, Kerstin Ott, Joey Kelly, Eloy de Jong und den Rapper Alligatoah

live erleben, ebenso die Schweizer Kabarettistin Hazel Brugger, die volkstümlichen Comedy-Ladies „Dui do on de Sell“ oder den Italo-Schwaben Heinrich Del Core.

Alle diese Kulturschaffenden und deren Unterstützer leisten in diesen Zeiten einen immens wichtigen Beitrag, die Kultur trotz CoronaKrise als das beizubehalten, was sie immer schon war – nämlich eine Möglichkeit den Menschen inspirierende geistige Nahrung und Unterhaltung zu bieten.

Juli – 2020 | nota bene Seite 13 Kultur in
Corona-Zeiten
Wolfgang Waldenmaier

02.03.2020: Heute haben wir über die ersten Maßnahmen zum Schutz vor dem neuen Corona-Virus gesprochen – vermehrte Hygienemaßnahmen und die Bewohner im Haus halten. Ich weiß echt noch nicht, wie wir das hinkriegen sollen, ohne dass wir die Menschen in Angst und Schrecken versetzen …

09.03.2020: Wenn Corona ins Haus kommt, haben wir nicht mal genug Schutzkleidung. Bei unseren Lieferanten ist nichts zu bekommen, was „Schutz“ im Namen hat. Ich kann gar nicht verstehen, dass es Leute gibt, die nur an sich selbst denken und diese Dinge jetzt hamstern.

10.03.2020: Jetzt habe ich schon wieder den Herrn X in der Stadt „eingefangen“ und ins Johanneshaus zurückgebracht. Habe heute verschiedene Stellen in Bad Wildbad kontaktiert, damit sie unsere Bewohner nicht mehr dauernd einladen. Sonst haben wir gar keine Chance, sie im Haus zu halten.

12.03.2020: An allen Außentüren im Johanneshaus hängen nun die Informationen zum „Besuchsverbot“. Die Bewohner werden gemeinsam mit uns unruhig. Einige haben mich gefragt,

Karin Heimerdinger ist Psychologin und seit mehreren Jahren im Johanneshaus Bad Wildbad tätig – einer Einrichtung mit überwiegend jüngeren Bewohnern mit psychiatrischen Erkrankungen. Die Tagebuchaufzeichnungen belegen anschaulich die besondere Problematik der coronabedingten Einschränkungen für psychisch kranke Menschen in ihren gewohnten Tagesabläufen.

Auszüge aus dem Tagebuch einer Therapeutin

in Corona-Zeiten

was sie falsch gemacht haben, dass Corona gekommen ist. Kein Wunder, wenn selbst in den Medien so viel über Schuld und Strafe geredet wird …

15.03.2020: Die ersten Todesfälle in meinem Umfeld daheim – es ist eben doch ganz anders, wenn die Zahlen Menschen sind, die du schon im Arm hattest. Ich erwische mich dabei, die Diagnosen meiner Bewohner durchzugehen und das Risiko abzuschätzen. Das hilft keinem weiter, damit muss ich aufhören, sonst helfe ich niemandem!

18.03.2020: Herr M., der es so gut geschafft hatte, sich gegen die Stimmen in seinem Kopf zu wehren, ist überzeugt davon, dass ich ihn über Jahre angelogen habe und dass die bösen Kräfte aus dem All sich jetzt rächen und uns alle mit dem Virus vernichten werden.

19.03.2020: Frau W. hat mir heute detailliert beschrieben, dass es völlig logisch ist, dass die Mächtigen ein Virus geschaffen haben, mit dem man die Alten und die Kranken loswerden kann, um Geld zu sparen. Ich hatte keine Chance, in die Wahnwelt einzudringen. Wie denn auch in einer Welt, in der die

scheinbar Gesunden da draußen Klopapier und Mehl horten??!

23.03.2020: Ich habe die tollsten Kollegen der Welt! Mein Kollege aus der Arbeitstherapie hat nach Feierabend Plexiglas-Gesichtsschutz für die Pflegekräfte für den Ernstfall gebaut und verschiedene Kolleginnen nähen Mund-/ Nasen-Schutz-Masken aus Molton-Auflagen. Andere haben Taucherbrillen von zu Hause mitgebracht. Es ist schön, dass wir so zusammenhalten!

07.04.2020: Die Bewohner bekommen inzwischen ihr Taschengeld im Kiosk einbezahlt. Die Kolleginnen vom Kiosk besorgen alle Einkäufe. Die Kollegen der Arbeitstherapie achten darauf, dass beim Einkaufen die Abstandsregeln eingehalten werden. Die brauchen unglaublich gute Nerven, alle Achtung!

20.04.2020: Die Pflegekräfte machen täglich Symptomscreening bei allen Bewohnern. Und wir laufen inzwischen nur noch mit Mund-/NasenSchutz und Schutzkitteln durchs Haus. Es ist knalleheiß da drunter, man bekommt Atemnot, wenn man schnell die Treppe raufläuft, und wir sehen aus wie

nota bene | Juli – 2020 Seite 14 Johanneshaus Bad Wildbad

Gespenster. Bewohner sprechen mich immer wieder an, wie komisch das aussieht. Viele sagen: „Aber ich hab doch nichts, ich stecke Sie sicher nicht an!“ Es ist schwer, zu vermitteln, dass all das zum Schutz unserer Bewohner geschieht. Für viele ist es einfach nur bedrohlich. Wer noch keine Panik hatte, bekommt sie spätestens jetzt.

22.04.2020: Im fast voll belegten Haus mussten wir einen Isolationsbereich schaffen – für den Ernstfall und für alle Bewohner, die aus der Klinik zurückkommen. Es herrscht unglaublich viel Unruhe überall: Umzüge, Enge, laute Bewohner, überlastete Kollegen …

machen ihre Arbeit mit viel Liebe und Engagement. Anders wäre das Ganze nicht zu bewältigen.

13.05.2020: Immer wieder möchten Bewohner ihre Familien zu Hause besuchen. Es fühlt sich so mies an, immer „nein“ sagen zu müssen. Aber wenn einer das Virus ins Haus bringt, sind ca. 200 Menschen in Gefahr. Das Risiko ist einfach noch zu hoch und wir haben keine andere Möglichkeit, die Bewohner und uns zu schützen, als Abstand zu halten.

15.05.2020: Hurra, die Bewohner dürfen wieder Besuch bekommen! Aber das Team hat zu gewährleisten, dass nie -

Welt werden wir nicht alle vernichtet.“ und „Das ist eine reale Gefahr, deshalb muss man sich und andere schützen.“ ist zeitweise kaum zu schaffen. Ich bin abends total erschlagen.

08.06.2020: Heute ist mir beim Einkaufen das erste Mal persönlich einer dieser Verschwörungstheoretiker begegnet. Ich konnte mir bisher gar nicht vorstellen, dass die Gefährlichkeit des Corona-Virus tatsächlich in Frage gestellt wird. Er hat sogar bezweifelt, dass die Menschen aus meinem Umfeld tatsächlich an Covid 19 gestorben sind. Die Intensität und Emotionalität, mit der er versuchte, mich zu missi-

01.05.2020: Alle Mitarbeiter machen ab sofort zu Hause auch täglich Symptomscreenings, damit möglichst keiner von uns das Virus ins Haus bringt.

05.05.2020: Bewohner dürfen wieder aus dem Haus. Es muss aber sichergestellt werden, dass sie sich danach zwei Wochen lang nur mit Mund-/NasenSchutz im Haus bewegen. Wie soll das denn gehen? Wir bitten die Bewohner, weiterhin die Stadt zu meiden und nur in die Natur zu gehen. Einkäufe werden weiterhin von uns erledigt.

08.05.2020: Gott sei Dank bekommen die Bewohner viele Beschäftigungsangebote im Haus und die Kollegen der verschiedenen Abteilungen

mand das Virus ins Haus bringen kann. Also bauen wir noch mehr Schutzmaßnahmen ein: Mund-/Nasen-Schutz und Abstand sowieso, feste Besuchszeiten mit Voranmeldung, Symptomabfrage und Fiebermessen vor Kontakt, Besuchsraum mit Plexiglas und Desinfektion all überall. Ich fühle mich bei den Besuchen wie die Gefängniswärter aus den Filmen, für jemanden mit meiner ausgeprägten Freiheitsliebe keine gute Rolle …

20.05.2020: Überall Gespenster. Die Geschichten aus den Medien und unsere Maßnahmen zum Schutz vor dem Virus sind Futter für die Wahnwelten der paranoiden Schizophrenie. Die Balance zwischen „Das sind Wesen aus der Welt der Psychose, in unserer gemeinsamen

onieren, hatte wirklich viel von einer Wahnerkrankung.

22.06.2020: Inzwischen hat sich alles gut eingespielt. Es ist trotz CoronaMaßnahmen wieder mehr Ruhe und Normalität eingekehrt.

01.07.2020: Endlich wieder mehr Freiheit! Die Bewohner dürfen mit Abstand und Mund-/Nasen-Schutz Besuch empfangen, sie dürfen wieder in die Stadt und wir müssen keine Schutzkittel mehr tragen. Es ist kaum vorstellbar, wie sehr man sich darüber freuen kann, einfach wieder ein bisschen mehr Normalität leben zu können!

Juli – 2020 | nota bene Seite 15 Johanneshaus Bad Wildbad

Mit Corona wurde unser alltägliches Leben von einem auf den anderen Moment auf den Kopf gestellt. Normaler Alltag war einmal und wir lernten zu improvisieren. Ein schwieriger Balanceakt für Städter, für die es plötzlich hieß, Menschenmassen zu meiden und auf Theater, Kino oder Fitness-Studio zu verzichten. Das Virus legt offen, wie sich die Welt, in der wir leben, gewandelt hat und weckt bei vielen den Wunsch nach Veränderung, um den engen Asphaltdschungel gegen ein Haus im Grünen mit vielen Tieren und einem großen Gemüsegarten einzutauschen – den Wunsch nach einem nachhaltigeren Leben.

Lust auf’s Land?

Catherina Haessler lebt in Bieselsberg, einem kleinen Dorf im Nordschwarzwald, dessen ursprüngliche Siedlungsform als Waldhufendorf noch heute erkennbar ist und Felder, Wiesen und Weiden zu beiden Seiten der Dorfstrasse bewirtschaftet werden. Hier gibt es weder Theater, Kino oder Fitness-Studio und schon gar keinen Supermarkt, um Lebensmittel einzukaufen. Man ist auf sich selbst gestellt und daher auch meist Selbstversorger. So auch Catherina Haessler, die mit ihrem Ehemann Benjamin Sixt und ihren drei Kindern auf dem elterlichen Bauernhof wohnt. Hier ist sie aufgewachsen und liebt seit Kindertagen den großen Walnussbaum, der neben dem separat stehenden Backhäuschen in den Sommermonaten für ein angenehmes Klima im Garten sorgt.

Von hier aus erschließt sich auch die ländliche Idylle, von der so viele Städter träumen. Ihre Kinder wachsen auf mit Hasen, Enten und Hühnern und kennen sich aus mit Gemüse, Kräutern und Gewürzen. „Wenn ich zum Kochen ein besonderes Küchenkraut benötige, wissen meine Töchter ganz genau, wo es im Garten zu finden ist“, so der Tenor der ausgebildeten Pädagogin und Försterin, die großen Wert auf Nachhaltigkeit legt. Kein Wunder, denn die Definition, die im ursprünglichen Wortsinn „längere Zeit anhaltende Wirkung“ bedeutet, wurzelt im forstwirtschaftlichen Denken. Erstmals wurde dieser Begriff 1560 in der kursächsischen Forstordnung erwähnt, um trotz hohem Holzbedarf für die Bergwerke eine fortlaufende Nutzung sicherzustellen.

nota bene | Juli – 2020 Seite 16 Aus der Region

Für die Sicherstellung ihrer Ernteerträge verwendet Haessler Pferdemist als Dünger. Dieser stammt selbstverständlich von den vier auf der Weide stehenden „Schwarzwälder Füchsen“, die mittlerweile zu einer vom Aussterben bedrohten Nutztierrasse zählen. Gut gedüngt gedeihen in den Hochbeeten die Salate und in den Gewächshäusern die Tomaten. Zudem werden für den Eigenbedarf der Familie Mangold, Kohlrabi, Brokkoli, Zwiebeln, Pastinaken, Gelbe und Rote Beete sowie Karotten angebaut, die frisch aus dem Erdreich gezupft als beliebter Snack im Kindermund verschwinden. Für Schnecken oder andere unliebsame Besucher sind die Laufenten

zuständig, die die Beete sauber halten. Zum Schutz der Gewächse haben die quirligen Sprösslinge zudem fleißig Vogelscheuchen gebastelt. Unbeschwert und ohne Angst vor unliebsamen Kontakten wachsen die Kinder in der Natur heran und lernen spielerisch die Sachen, die im heutigen Schulunterricht meist nicht mehr vermittelt werden.

Zur Nahversorgung geht der Überschuss ertragreicher Gewächse wie Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch und Mais in den Verkauf. Unter dem Motto „Hier gibt es frisches Gemüse“, sollen in Zukunft die Gartenerzeugnisse selbst vom Verbraucher aus dem Erdreich gezogen werden. Und damit alles klappt, dürfen zunächst die Feriengäste testen.

Raus auf’s Land

Für Städter, die in ländlicher Idylle das Leben genießen möchten, bietet Catherina Haessler gemeinsam mit ihrem Ehemann Benjamin Sixt naturnahe Ferien in zwei kleinen Schlafhäuschen. Passend zu den Corona-Schlagworten „natürlich“, „naturnah“ und „familienfreundlich“ wurden in diesem Sommer zwei „Tiny Houses“ gebaut, die als Schlafhäuschen für vier bis sechs Personen ausreichend Raum auf knapp 20 Quadratmetern Fläche bieten. Der Begriff “Tiny House”, der wörtlich übersetzt „winziges Haus“ bedeutet, kommt ursprünglich aus den USA und hat in Deutschland mittlerweile eine große Schar an Anhängern

ort für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Für Erholung suchende Familien, Singles oder junge Pärchen, die naturnahe Ferien in der Region genießen möchten, wurden zudem zwei moderne Minihäuschen dazu gebaut.

Impulse für das Leben auf dem Land

Typisch für ein Tiny House ist nicht nur die platzsparende Nutzung, sondern auch ein Leben auf kleinem Raum. Bei den beiden zweigeschossig gebauten Tiny Häusern gibt es daher einen ausgeklügelten Platz-Raum-Plan mit Hochbetten, um die Fläche darunter zu nutzen, „Es gibt zwei Liegeflächen, eine mit 1,60 auf 2,0 Meter und eine mit 1,80 auf 2,0 Meter“, so Haessler, die nicht ohne Stolz betont: „Die Häuschen bestehen gänzlich aus heimischen Hölzern.“ Für die Außenfläche wurde haltbares Lärchenholz verwendet. Durch seine Harze und Gerbstoffe ist diese Holzart besonders resistent gegenüber Fäulnis und Insektenbefall und verändert seine Farbe im Lauf der Zeit in eine silbrig-graue Patina. Der Innenausbau besteht aus Fichten- und Tannenholz und zeichnet sich durch eine mehr ins Gelbliche gehende Farbe sowie einen seidigen Glanz aus.

gefunden. Ziel dieser kleinen Hauser ist das unmittelbare Wohnerlebnis inmitten der Natur. Ausschlaggebend für die Umsetzung dieser Idee war zunächst der Wunsch zum Erhalt eines geschichtsträchtigen Gebäudes am Ort. Die alte „Dorfscheune“ wurde behutsam renoviert und nach Lockerung des coronabedingten Lockdown als Veranstaltungs-

Wer also ein Haus im Grünen mit vielen Tieren und einem großen Gemüsegarten testen möchte, ist in der rund 1.000 Einwohner zählenden Ortsgemeinschaft Bieselsberg bei Bad Liebenzell herzlich willkommen.

Juli – 2020 | nota bene Seite 17 Aus der Region

Nahrungsmittel sind für uns gewöhnlich fast zu jeder Zeit verfügbar. Wir können einkaufen, was wir möchten, Essen gehen, wann wir wollen, wohin wir wollen und dies in den unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen – angepasst an unsere Vorlieben. Manche haben es lieber ausgefallen und freuen sich auf Sushi, andere bevorzugen gut bürgerliche Hausmannskost, für viele muss es der Lieblingsitaliener um die Ecke sein. Auch vegane Restaurants sind inzwischen im Trend. Gemütlich im Restaurant sitzen, in netter Gesellschaft oder to go, wenn es schnell gehen soll. Vor Corona musste man sich darum keine Gedanken machen – das, worauf man Lust hatte, wurde gemacht oder gegessen.

Und dann war plötzlich alles anders.

Die Essensauswahl schrumpfte, wenn man die Lebensmittelregale betrachtete, auf Nudeln mit Tomatensoße zusammen. Das schien das Lieblingsessen der Bevölkerung zu sein. Und sehr erstaunlich, Backen musste das neue Hobby sein, denn überall war plötzlich die Hefe ausgegangen und auch Mehl war nicht mehr zu bekommen.

Ging es da wirklich um das „selber backen wollen“ oder nur um das Erbeuten? War das der Urtrieb der Menschheit? Jäger und Sammler? Was es nicht oder wenig gab, war begehrt und wurde gejagt. So sah es jedenfalls in der Krise im Lebensmittelladen aus. Auch in manchem Status auf dem Smartphone konnte man die „erlegte Beute“ sehen, wenn jemand schneller etwas aus dem gerade kurz aufgefüllten Regal erwischt hatte als der nächste Kunde.

Erstaunlich, weder die SchokoladenRegale noch die Bier-Regale waren leer gekauft. Waren Genussmittel nun doch nicht mehr so wichtig? Auch die Obstund Gemüse-Theken blieben meistens gut bestückt. Keiner schien an die sehr

Gesünder leben –Ernährung als Lebensstil (4)

Essen in Corona-Zeiten

wichtige Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen zu denken, was bei jeglicher Art von Krankheiten ein Vorteil zur Unterstützung des Immunsystems wäre. Dabei hatten ja etliche aufgrund von Kurzarbeit nun mehr Zeit und hätten Obstsalat schneiden, Salate zubereiten oder auch das selbst kochen können, was sie gewollt hätten –denn essen gehen war ja nun Tabu.

Ja, Essengehen, das wurde schmerzlich vermisst, sich an den gedeckten Tisch setzen und sich bedienen lassen. Da galt es jetzt, das Internet nach leckeren Rezepten und Zubereitungstipps zu durchforsten und die Gerichte zu Hause selbst zuzubereiten. Für viele eine ganz neue Herausforderung. Kochen? Geht da mehr als sich ein Brot selbst zu belegen? Übung macht den Meister und youtube erklärt die Zubereitung von Schnitzel und Co. ausführlich in Videoanleitungen. Natürlich auch jedes andere gewünschte Gericht.

Gab es Alternativen zu den Fastfood-Ketten?

Hamburger können zu Hause selbst kreiert werden. Brötchen können mit dem „gehamsterten Mehl“ und Hefe selber

gebacken werden. Frisches Gehacktes kann beim Metzger meines Vertrauens gekauft werden. Daraus werden leckere Hamburger Pattys gebraten – ein frisches Salatblatt, Tomatenscheiben, Gurke, eine Scheibe Käse und ein leckeres Tomatenketchup (am besten Bio,

nota bene | Juli – 2020 Seite 18

mit Agavensirup oder Reissirup gesüßt oder herkömmliches mit reduziertem Zuckeranteil), damit wird das Brötchen nach eigenem Gusto belegt.

Dazu schmecken selbstgemachte Süßkartoffelwedges: Dafür werden die Süßkar-

ein Quark-Ölteig zubereitet werden. Der Teig ist dem Hefeteig sehr ähnlich in Geschmack und Konsistenz und kann genauso vielseitig verwendet werden. Triebmittel ist in diesem Fall Backpulver, das blieb die ganze Zeit erhältlich.

Das Steakhouse kommt mit einem guten Kontaktgrill zu mir nach Hause, funktioniert sowohl für Fleisch als auch Vegetarisches, wie z. B. Auberginenscheiben oder Grillkäse, sehr gut.

Ingwer und Curcuma

Ein Lebensmittel, welches bei mir in den Corona-Zeiten nicht ausgehen durfte, war der Ingwer. Ein sehr gesundes Lebensmittel, das die Immunabwehr stärkt. Es wirkt entzündungshemmend und antioxidativ. Man kann es sowohl zum Kochen in exotischen Gerichten verwenden als auch Tee daraus zubereiten. Gepaart mit Curcuma (welches als natürliches Antibiotikum gilt) und Zitrone kann man leckeren Ingwer-Sirup auf Vorrat herstellen. Ingwer (möglichst in bio-Qualität) raspeln, da dann weniger Pestizide enthalten sind, und dazu Curcuma und eine ungespritzte halbierte Zitrone aufkochen. Nach 20

toffeln gründlich gewaschen, mit Schale in Spalten geschnitten, mit Öl und Gewürzen mariniert und ab in den Ofen. Das geht natürlich auch mit normalen Kartoffeln.

Für Pizzaliebhaber, die keine Hefe mehr abbekommen haben, kann als Ersatz

Minuten alles durch ein Sieb abseihen, Zitronensaft aus den Zitronen ausdrücken. Gesüßt wird mit Honig, der erst nach dem Abkühlen auf 40 Grad dazu gegeben wird, damit die Wirkstoffe des Honigs nicht durch die Hitze zerstört werden. Danach in Flaschen ab -

füllen und nach Bedarf und Geschmack mit Mineralwasser als Kaltgetränk oder mit heißem Wasser als Tee aufgießen. Schmeckt lecker und hilft sehr gut bei Halskratzen oder Husten, kann aber auch vorbeugend zur Verhinderung von Erkältungskrankheiten genutzt werden.

Was auch in unseren Haushalt seit Beginn der Corona-Krise Einzug gehalten hat, sind die Acerola-Früchte. Und zwar in Form von Direktsaft oder Kapseln. Die sauren Früchte der Acerola gehören zu denen mit dem höchsten Gehalt an Vitamin C. 100 g Frischsaft enthält bis ca. 1.000 – 1.500 mg des Vitamins. Das ist ein bis zu 20 – 30mal höherer Vitamin C-Gehalt als bei Orangen oder Zitronen, die ja bekanntlich als Vitamin Creiche Spender gelten. Und wieder geht es dabei um unserer Immunabwehr, die durch Vitamin C gestärkt werden kann.

Also wäre es gut, sich für eine vergleichbare Situation wie in den letzten Monaten die Vorratskammern etwas überlegter zu füllen. „Was hilft meinem Körper, für diese Zeit gewappnet zu sein“ und nicht „was horten denn die meisten“. Weniger einfache Kohlenhydrate, mehr vitaminhaltige Lebensmittel. Und dazu bei allem nicht das wichtige Vitamin D vergessen, welches wir in erster Linie durch Sonnenlicht im Körper aufbauen. Ein Mangel an Vitamin D kann sich durch Unruhe, Depression, Schlaflosigkeit, Reizbarkeit und eine allgemein schlechte Stimmung bemerkbar machen. Wenn wir durch Krisenzeiten sowieso schon geschwächt und genervt sind, können wir diese Symptome sicherlich nicht auch noch gebrauchen. Wir täten gut daran, besonders darauf zu achten, nicht durch einen Vitaminmangel zusätzlich negative Symptome zu bekommen.

Deswegen so oft wie möglich Sonne tanken und tief durchatmen. Am besten im Wald oder Park, denn Bäume wirken beruhigend auf uns gestresste Menschen und positiv auf unsere Psyche. In diesem Sinne, bleiben Sie gesund.

Juli – 2020 | nota bene Seite 19 Ernährung

Weltweit erkranken und sterben Menschen am Corona-Virus. Die Corona-Pandemie hält die Welt in Atem. Ist es trotzdem okay, über die Pandemie Witze zu machen?

Humor in Zeiten von Corona

Das grippeähnliche Virus katapultiert uns alle aus unserem gewohnten alltäglichen Leben heraus. Kontaktverbote und Ausgangssperren werden verhängt, um die Ansteckungsgefahr und eine weitere Verbreitung zu verhindern. Das öffentliche Leben steht fast komplett still. Die Wirtschaft geht in die Knie, Menschen geraten in Existenznot, weil ihr Einkommen wegbricht. Wir hocken drinnen, verlassen das Haus nur zum Arbeiten – wenn Homeoffice nicht möglich ist –, zum Einkaufen oder Spazierengehen. Und wir sind Ersatzlehrer und Dauerunterhalter für die Kinder, weil die Schulen geschlossen sind.

In Krankenhäusern und Supermärkten arbeiten derweil Millionen Menschen weltweit am Rand der Erschöpfung, um für andere da zu sein und die Versorgung sicherzustellen. Dabei setzen sie sich selbst einem besonders hohen Ansteckungsrisiko aus. Und dann gibt es noch diejenigen, die sich mit dem Corona-Virus infiziert haben. Diejenigen, die – abgeriegelt von der Außenwelt – nicht nur die Symptome der Infektion, sondern auch die Angst vor einer sehr schweren Erkrankung oder gar dem Tod bekämpfen müssen.

In so einer dramatischen Situation stellt sich angesichts der Corona-Wit-

…doch das ist bitterer Ernst:

ze, die derzeit überall in den sozialen Medien kursieren, die Frage: Darf man das überhaupt? Kareen Seidler, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Pressesprecherin am Deutschen Institut für Humor in Leipzig, meint: „Ja. Man kann zum Beispiel Witze über Corona machen, um sich von der Sache zu distanzieren. Selbst in sehr ernsten Situationen kann der Humor eben als Ventil helfen, dass man sich von der Sache ’n bisschen distanziert. Das kann auch mal schwarzer Humor sein. Ich mache mich über das lustig, was um mich rum ist, weil es mir Angst macht oder ich es auch nicht verstehe. Das ist ja auch im Prinzip gut für die Psychohygiene . Das ist im Prinzip sogar gesund, dass man über etwas Witze macht, was einem Angst macht.“

Schwarzer Humor, also Humor, der Themen wie Krankheit oder Tod nicht ernst, sondern in satirischer, bewusst verharmlosender Weise behandelt, fungiert wie ein Ventil, eine Öffnung mit Schraube, durch die zum Beispiel bei einem Fahrzeugreifen Luft zugeführt oder abgelassen werden kann. Für die eigene Psyche hat so etwas dann eine reinigende Wirkung, ist gut für die Psychohygiene. Allerdings, so Kareen Seidler, ist ein Punkt dabei äußerst wichtig: „Man muss dann halt

„Mit der Vollendung der Demokratie repräsentiert das Amt des Präsidenten immer stärker die innere Seele des Volkes. Eines großartigen und ruhmreichen Tages, wird den einfachen Leuten vom Land endlich ihr Herzenswunsch erfüllt und das Weiße Haus mit einem regelrechten Idioten geschmückt.“

Henry Louis Mencken, 1880 bis 1956, US-amerikanischer Schriftsteller und Journalist, Literaturkritiker, Kolumnist und Satiriker

schauen, wen soll das amüsieren, … in welcher Situation ist der Empfänger des Witzes sozusagen. Und wie sieht der die Sache. Es gibt bestimmt auch Leute, die sagen: ‚Nein, Sie dürfen keine Witze über Corona machen, das ist eine sehr ernste Angelegenheit‘.“ Grundsätzlich sind also Feingefühl und Empathie angesagt. Denn man sollte sich bewusst sein, so Seidler: „Dass man ganz schnell ins Fettnäpfchen treten kann.“ Jemand kann schnell in eine peinliche Situation geraten, ins Fettnäpfchen treten, wenn sie oder er einen CoronaWitz macht, der als diskriminierend oder verletzend empfunden wird. …

Sich gemeinsam zu amüsieren stärkt das Gemeinschaftsgefühl, findet Kareen Seidler: „Es ist doch schön, wenn wir jetzt in der Familie oder wie auch immer auf engstem Raum vielleicht etwas mehr Zeit verbringen als uns lieb ist, dass man versucht, halt auch zusammen Spaß zu haben, dass man sich vielleicht auch zusammen ’n lustigen Film anguckt oder ’n lustigen Clip oder so was.“

Die sozialen Medien sind hier ein Quell der Inspiration. Und wer das nächste Mal über einen Corona-Witz lacht und sofort von Gewissensbissen geplagt wird, mag vielleicht an Viktor Frankl denken. Der österreichische Psychiater und Begründer der Logopädie hat in seinem Buch „… trotzdem Ja zum Leben sagen“ von seiner Zeit als Insasse mehrerer Konzentrationslager während der Zweiten Weltkriegs berichtet – und davon, wie überlebenswichtig Humor dort war. Witze zu reißen über eine Situation, die alles andere als witzig ist, schaffe Distanz zu eben dieser Situation. „Auch Humor“, so seine Worte, „ist eine Waffe der Seele zur Selbsterhaltung.“

Quelle: Deutsche Welle, 53110 Bonn, „Deutsch lernen – mit Alltagsdeutsch“

nota bene | Juli – 2020 Seite 20 Corona

Föderalismus über alles?

Das föderalistische System der Bundesrepublik Deutschland ist 1949 aus den Trümmern des zusammengebrochenen Deutschen Reiches unter alliierter Besatzungsherrschaft entstanden und von Anbeginn im Grundgesetz (Art. 20 Abs. 1) verankert gewesen. In Deutschland ist die föderative Ordnung das Ergebnis eines historischen Prozesses, sie geht auf das föderale Erbe früherer staatlicher oder staatsähnlicher Einheiten und organisierter Bündnisse zurück. Im Ergebnis kann man sicher sagen, dass sich unser Land unter der Aufteilung der Machtbefugnisse auf Bund und Länder gut entwickelt hat. Kein Zweifel.

Verschiedene „Föderalismusreformen“ in der ersten Dekade unseres Jahrhunderts belegen, dass auch im grundgesetzlich verankerten Föderalismus bundesdeutscher Prägung nicht alles in Stein gemeißelt sein muss, sondern durchaus sinnvollen Veränderungen unterzogen werden kann.

Die Corona-Krise fordert nach meiner tiefen Überzeugung dazu auf, dass genau jetzt ein solcher Punkt gekommen ist, erneut nachzudenken. Um nicht missverstanden zu werden: Die Politik in Deutschland hat in dieser Ausnahmesituation mit Augenmaß und Entschlossenheit agiert und die Menschen in unserem Land sicherlich vor Schlimmerem bewahrt. Vor allem vor dem Hintergrund, dass niemand etwas über diesen neuen tödlichen Virus und seine Folgen wissen konnte. Das ist auch heute noch nicht wesentlich anders. Flankiert von einem der besten Gesundheitssysteme der Welt – für das sich in der Vergangenheit erkennbare Tendenzen zum Kaputtsparen nun endgültig für die Zukunft verbieten sollten – ha-

ben wir den Weg in dieser Krise bis heute besser bewältigt als nahezu alle anderen Länder auf dieser Erde. Das aber darf den Blick auf vereinzelte Probleme, Fehlentwicklungen oder Strukturfehler nicht verbieten.

Schulterschluss und Solidarität sind mit dem Abflauen der Infektionsereignisse nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch zwischen den politischen Ebenen weitestgehend verloren gegangen. Der populistische Wetteifer einzelner Bundesländer, durch unabgestimmte Lockerungsmaßnahmen der wachsenden Unruhe in der Bevölkerung zu begegnen, hat nichts mit verantwortlicher politischer Führung zu tun. Die im Hintergrund wabende K-Frage macht das ganze zur Farce. Wenn wir zurecht von der größten Bedrohung seit dem 2. Weltkrieg sprechen, haben wir in Bezug auf Gesundheit, Leben und Tod der Menschen und die Entwicklung der Wirtschaft in unserem Land das Recht, dass derart existentielle Fragen mit einer Stimme und mit starker Hand zentral verantwortet werden. Spielräume für sinnvolle, notwendige, aber eben auch regional unterschiedliche Maßnahmenpakete bleiben dabei erhalten. Die Krise ist noch nicht gemeistert.

Und dann ist da noch die Situation der Pflege in Deutschland. 1976 ist den Ländern die Verantwortung für die Rahmenbedingungen von Alten- und Pflegeheimen entzogen und mit dem ersten bundeseinheitlichen Heimgesetz und seinen späteren Verordnungen auf den Bund übertragen worden. Man wollte damals missbräuchlichen Entwicklungen in den Ländern begegnen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten entwickelte sich Pflege danach

sehr gut. Einheitliche Anforderungen schufen Sicherheit und brachten viele qualitative Veränderungen auf den Weg.

Im Rahmen der Föderalismusreform 2006 ist die Zuständigkeit dann wieder auf die Länder zurückübertragen worden. Warum eigentlich? Musste man das Reformpaket dringend anfüttern, weil es zu klein war? Im Ergebnis haben wir heute in den Bundesländern 16 völlig verschiedene Rechtsverordnungen bezüglich Unterbringung, Raumumfang und Ausstattung von Pflegeheimen, unterschiedliche Personalanforderungen u.v.m. Dies führt zu völlig unterschiedlichen Qualitätsstandards, aber auch zu teilweise erheblichen unterschiedlichen finanziellen Belastungen für die betroffenen Pflegebewohner.

Wenn es uns als Gesellschaft nicht gelingt, die Rahmenbedingungen, unter denen unsere älteren Menschen im Fall von Betreuungs- oder Pflegebedürftigkeit leben, betreut und versorgt werden, einheitlich für ganz Deutschland zu regeln, wenn es nicht gelingt, die Qualität für das Leben, Betreuung und Pflege dieser Generation, die unser Land aufgebaut hat, auf hohem menschlichen, sozialen und medizinischem Niveau einheitlich und einvernehmlich zu definieren – dann ist das ein Trauerspiel. Dann hat unser Gemeinwesen versagt. Der Umgang mit genau dieser älteren Generation ist die Messlatte für eine humane Gesellschaft.

Umdenken ist von Zeit zu Zeit notwendig. Umdenken erfordert Mut. Und den wünsche ich allen Entscheidungsträgern.

Juli – 2020 | nota bene Seite 21 Kommentar
Ein Kommentar von Manfred Preuss

Corona-Ausbrüche in deutschen Schlachthöfen haben die Bedingungen, unter denen Fleisch produziert wird, in den Fokus des Interesses gerückt und die Debatte um das Thema Tierwohl angeheizt.

Rehe sind

Feinschmecker

Fleisch aus dem heimischen Forst

Das Angebot von frisch erlegtem Wildbret, das der Forst dem Endverbraucher im Direktvertrieb verkauft, gewinnt in Coronazeiten in besonderer Weise an Bedeutung. „Frischer geht es kaum“, erklärt Tobias Volg, der im Kielwasser der Fleischskandale Wild als hochwertiges Lebensmittel anbietet.

Für den Forstbezirksleiter von „ForstBW Westlicher Schwarzwald“ ist Reh sowohl kulinarisch als auch aus gesundheitlicher Sicht ein echter „Leckerbissen“. Rehe haben nicht nur einen anspruchsvollen Geschmack, sondern lieben auch die Abwechslung in ihrer Ernährung. Neben Löwenzahn, Spitzwegerich, Klee und jungen Baumtrieben gehören dazu auch Eicheln und Bucheckern. „Nur Wildpflanzen und viel Bewegung – das bringt den intensiven Geschmack“, so Volg, der

gerne bestätigt, dass das Reh zu den Tierarten gehört, die noch artgerecht und stressfrei leben. Die Jagd auf Rehe widerspricht daher keineswegs den Regeln der Nachhaltigkeit, denn die Bestände sind so groß, dass sie ohne Jagd das Gleichgewicht der Natur stören würden. Der Forstbezirk westlicher Schwarzwald, der sich von Bad Herrenalb über Rastatt, Calmbach und Enzklösterle bis nach Kaltenbronn erstreckt, verwaltet insgesamt eine Jagdfläche von 17.000 Hektar, die als Staatswald für das Land Baden-Württemberg gehegt und gepflegt werden muss. Nach Aussage von Volg werden die 10 Förster bei der Erfüllung der waldbaulichen Ziele durch 150 Jäger unterstützt, die in sogenannter Regiejagd in den Revieren mit jagen können, sofern sie einen vom Forst ausgestellten Begehungsschein besitzen. Für den

Forstbezirk ist das eine Erleichterung, zumal im Vorjahr die stattliche Anzahl von 350 Stück Rotwild, ähnlich viele Wildschweine und zudem knapp 800 Rehe erlegt werden konnten.

„Jetzt hat die Jagdsaison begonnen, und ich verstehe nicht, warum so viele das Thema Wild nur mit Weihnachten in Verbindung bringen, wenn das Fleisch klassisch in Rotwein getränkt bei den Feierlichkeiten auf dem Festtagstisch landet“, so Volg, der die besonders fettarme und eiweißreiche Fleischart gerne auf den Grill legt. Als weiteres Plus punktet für ihn das Rehfleisch durch den relativ niedrigen Cholesteringehalt und die großen Mengen an B-Vitaminen, Eisen sowie anderen Mineralstoffen.

Da durch die Corona-Pandemie wesentlich weniger Nachfrage von Gastronomiebetrieben zu verzeichnen ist, beschloss Volg mit seinem Team den Direktverkauf von Wildbret direkt über den Forst. Durch Metzgermeister Robert Kramer kann das Wild auf Wunsch vom Fachmann professionell und fein-

Bei Interesse kann das Fleisch in der Wildkammer in Calmbach abgeholt werden. Ansprechpartner ist im Forst Jochen Bock, Telefon: 07083 | 508 48 03 jochen.bock@forstbw.de, www.forstbw.de

säuberlich in Filets, Rücken, Nussbraten, Steaks, Hüfte, Keule, Ober- und Unterschale sowie Gulasch zerlegt und in Vakuum verpackt werden. Dabei gilt: Auch bei Privatbedarf wird nur das gesamte Tier verkauft. Bei Rehen, die ausgenommen zwischen 10 und 15 Kilogramm wiegen, ergibt sich schlussendlich eine Ausbeute von rund 60 Prozent Fleisch.

nota bene | Juli – 2020 Seite 22 Aus der Region
red

Natürliche Hilfe

Ein Ratschlag aus der Apotheke

Vielen Besuchern einer heutigen Apotheke ist sicherlich nicht bekannt, dass trotz der großen Anzahl chemisch produzierter Arzneimittel bis heute ungefähr ein Drittel des Arzneischatzes aus unserer Natur stammt. Selbst modernste Entwicklungen nutzen häufig die Natur als Lieferanten der Ausgangssubstanzen.

Um die Vielfalt der Pflanzenwelt mit ihren Arzneistoff liefernden Arten besser kennen zu lernen, bin ich immer wieder auch mit der Kamera in der Natur unterwegs, um einzelne Exemplare für mein Archiv festzuhalten.

In regelmäßiger Folge möchte ich deshalb an dieser Stelle einzelne Pflanzen vorstellen und über ihre Wirkungsweise informieren.

Pflanzliche Immunstimulanzien?

In Zeiten von Corona fragen mich natürlich viele Menschen auch nach pflanzlichen Mitteln, die zur Abwehrsteigerung gegen virale Krankheitserreger geeignet sind.

Unser Körper baut bekanntlich ab der Geburt im Laufe der Jahre ein gut ausgebautes Immunsystem auf. Besonders in Folge von Störeinflüssen und auch bei Auftreten „neuer“ bakterieller oder viraler Mikroorganismen treten jedoch Resistenzschwächen auf.

Wirksame Maßnahmen gegen diese sekundäre Abwehrschwäche sind neben Hygiene-Verbesserung, physischer Aktivierung und ausgewogener Ernährung auch pflanzliche Immunmodulatoren. Es werden auf dem deutschen Apothekenmarkt relativ viele solcher Präparate angeboten, die zumeist Mischungen pflanzlicher Extrakte sind. Bis auf wenige Hersteller ist der Hauptbestandteil ein Auszug aus dem Sonnenhut Echinacea, wobei hier die Hersteller aus verschiedenen Sonnenhutarten ihr Produkt fertigen.

Studien belegen, dass unser Immunsystem damit tatsächlich angeregt wird. Neben Echinacea sind auch für Baptisia tinctoria (Färberhülse) und Thuja occidentalis (Lebensbaum) positive Studien vorhanden. Für weitere Pflanzen, die in Mischpräparaten eingearbeitet werden, sind keine grundlegenden Studien für diese Indikation vorhanden. Erfahrungsberichte geben aber auch hier positive Meldungen wieder.

Anfangsstadium eines Fieberzustands verwendet werden sollten. Die Produkte können somit auch als „Trainingsunterstützer“ unseres Immunsystems bezeichnet werden.

Der Extrakt aus der Südafrikanischen Pelargonie (Pelargonium sidoides) ist dagegen zur Behandlungsergänzung bakterieller und viraler Erkrankungen hauptsächlich bei Problemen in den Atemwegen einsetzbar. Hier wurde die Wirkung gegen eine ganze Reihe von umhüllten Viren nachgewiesen, so auch gegen ein humanes Corona-Virus. Die momentan bei uns bedrohliche CoronaVirusvariante ist offensichtlich noch nicht gezielt mit Pelargoniumextrakten behandelt worden. Zumindest entzieht sich dies meinem aktuellen Kenntnisstand. Hier sollten meines Erachtens unbedingt Studien eingeleitet werden.

Purpurea Pflanze stammt aus dem Bad Liebenzeller Apothekergarten.

Für alle „Immunstimulanzien“ gilt jedoch die Aussage, dass diese nicht im akuten Zustand einer Erkrankung, sondern vorbeugend und nur bis zum

In dieser schwierigen Zeit wünsche ich Ihnen ein gut funktionierendes Immunsystem und damit die notwendige Gesundheit!

Juli – 2020 | nota bene Seite 23
Natur und Heilkunde
Das Foto der schön blühenden Echinacea

„Stell dir für einen Moment vor, du wärst im Jahr 1900 geboren. Wenn du 14 Jahre alt bist, beginnt der 1. Weltkrieg und endet, wenn du 18 bist mit 22 Millionen Toten weltweit. Kurz darauf beginnt eine weltweite Pandemie, die Spanischen Grippe, mit 50 Millionen Todesopfern. Sie dauert an, bis du 20 Jahre alt bist.

Wenn du 29 bist, beginnt die Weltwirtschaftskrise mit dem Börsencrash in New York. Die Folgen sind Inflation und Massen-Arbeitslosigkeit.

Wenn du 33 Jahre alt bist, gelangen die Nazis an die Macht. Wenn du 39 bist, beginnt der 2. Weltkrieg und dauert an, bis du 45 bist. Er kostet 60 Millionen Menschen das Leben. Im Holocaust werden 6 Millionen Juden ermordet. Wenn du 52 Jahre alt bist, beginnt der Koreakrieg. Wenn du 64 bist, beginnt der Vietnamkrieg, der endet, wenn du 75 Jahre alt bist.

Ein Kind im Jahr 1985 dachte, dass Oma und Opa keine Ahnung haben, wie schwer heutzutage alles ist. Doch die beiden haben bereits mehrere Kriege überlebt.

Heute befinden wir uns mit allen Bequemlichkeiten der modernen Welt in einer neuen Pandemie. Die Menschen beklagen sich, weil sie mal ein paar Wochen das Haus nicht verlassen sollen. Sie haben Strom, Handys, genug Essen, warmes Wasser und ein sicheres Dach über dem Kopf.

All dies gab es in früheren Zeiten nicht und doch haben die Menschen sie überstanden und ihre Lebensfreude nicht verloren. Heute beklagen sich die Menschen, weil sie im Supermarkt Masken tragen sollen. Ein kleiner Perspektivwechsel kann Wunder wirken. Lass uns dankbar sein für die Zeit, in der wir leben, und lass uns alles tun, was uns gegenseitig schützt und hilft …“

Biyon Kattilathu, deutscher Autor

nota bene | Juli – 2020 Seite 24

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