JOURNAL 3-2023

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JAHRGANG 32 HEFT 3 Juli 2023

FÜR PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE

JOURNAL OF PHARMACOLOGY AND THERAPY

Arexvy – der erste Impfstoff gegen die RSV-Infektion bei älteren Erwachsenen

Duchenne-Muskeldystrophie mit Nonsense-Mutation: Aktuelle Daten bestätigen die Effektivität von Ataluren

Osteoprotektion bei onkologischen Patienten

Therapieoptionen für das Cholangiokarzinom und die akute myeloische Leukämie

COPD – Zweimalgabe gegen nächtliche und morgendliche Symptome

Ivosidenib – die erste zielgerichtete Therapie für IDH1-mutierte Tumorerkrankungen

Riluzol als Schmelzfilm bietet ALS-Patienten entscheidende Vorteile

Langzeit- und Real-World-Daten bestätigen Wirksamkeit und Sicherheit der CAR-T-Zell-Therapie mit Tisagenlecleucel

ISSN 1432-4334
VERL AG PERFUSION

XGEVA® ist wirksamer als Zoledronsäure1,2

Von Anfang an für Knochenschutz2,3

Länger ohne Knochenkomplikationen1,2

Vergleichbares Sicherheitsprofil4,5

Einmal alle 4 Wochen 4 120 mg subkutan. Von Anfang an.

1. Fizazi K et al. Lancet 2011; 377:813-822.

2. Lipton A et al. Eur J Cancer 2012; 48:3082-3092.

LÄNGER AKTIV IM LEBEN

3. Coleman R et al. Bone health in cancer patients. ESMO Clinical Practice Guidelines. Annals of Oncology 2014;25 (Suppl 3):iii124-iii137.

4. XGEVA® Fachinformation.

5. Zometa® Fachinformation.

Kurzinformation: XGEVA® 120 mg Injektionslösung in einer Durchstechflasche. Wirkstoff: Denosumab. Zusammensetzung: Arzneilich wirksamer Bestandteil: Jede Durchstechflasche enthält 120 mg Denosumab in 1,7 ml Lösung (70 mg/ml). Denosumab ist ein humaner monoklonaler IgG2-Antikörper, der mittels rekombinanter DNA-Technologie in einer Säugetierzelllinie (Ovarialzellen des Chinesischen Hamsters) hergestellt wird. Sonstige Bestandteile: Essigsäure 99 %, Natriumhydroxid (zur pH-Wert-Einstellung), Sorbitol (E 420), Polysorbat 20, Wasser für Injektionszwecke. Jeweils 1,7 ml der Lösung enthalten 78 mg Sorbitol (E 420). Dieses Arzneimittel enthält weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro 120 mg Dosis, d. h. es ist nahezu „natriumfrei“. Anwendungsgebiete: Prävention skelettbezogener Komplikationen (pathologische Fraktur, Bestrahlung des Knochens, Rückenmarkkompression oder operative Eingriffe am Knochen) bei Erwachsenen mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen und Knochenbefall. Behandlung von Erwachsenen und skelettal ausgereiften Jugendlichen mit Riesenzelltumoren des Knochens, die nicht resezierbar sind oder bei denen eine operative Resektion wahrscheinlich zu einer schweren Morbidität führt. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile; schwere, unbehandelte Hypokalzämie; nicht verheilte Läsionen aus Zahnoperationen oder Operationen im Mundbereich. Nebenwirkungen: Sehrhäufig: Hypokalzämie, Dyspnoe, Diarrhö, muskuloskelettale Schmerzen; Häufig: neues primäres Malignom, Hypophosphatämie, Zahnextraktion, Hyperhidrose, Kieferosteonekrose; Gelegentlich: Hyperkalzämie nach Behandlungsende bei Patienten mit Riesenzelltumoren des Knochens, lichenoide Arzneimittelexantheme, atypische Femurfraktur; Selten: Arzneimittelüberempfindlichkeit, anaphylaktische Reaktion; Nicht bekannt: Osteonekrose des äußeren Gehörgangs. Weitere Angaben: s. Fach- und Gebrauchsinformation. Verschreibungspflichtig. Stand der Information: Juli

Amgen Europe B.V., 4817 ZK Breda, Niederlande (örtlicher Vertreter Deutschland: Amgen GmbH, 80992 München).

DE-XGT-0920-00014 Onkologie
2022.

Würde die Wissenschaft sich für eine systematische Abarbeitung aller offenen Fragen entscheiden (z.B. in alphabetischer Reihenfolge), würde sie den Weg der geringsten Effizienz gehen. Oder anders gesagt, den Weg mit dem schlechtest möglichen Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis. Denn dann würde jede banale und unwichtige, ja jede sinnlose oder unsinnige Fragestellung mit dem gleichen Aufwand bearbeitet wie Fragestellungen mit inhärentem Potenzial, sodass ihre Beantwortung zu einer relevanten neuen Erkenntnis führt – entweder positiv (dass etwas tatsächlich relevant nutzbringend ist) oder negativ (dass etwas tatsächlich relevant schädlich ist).

Deshalb war seit Anbeginn der menschlichen Entwicklung der Schlüssel zur Erkenntnis die Beobachtung, die Empirie. Genau genommen ist die Fähigkeit, aus Beobachtungen durch Verknüpfung Schlüsse zu ziehen, sogar eine der zentralen Säulen der Evolution überhaupt. Wer sich mit Tieren beschäftigt weiß, dass der Schlüssel zu Erziehung, Training und Dressur darin besteht, eine Verknüpfung zwischen einem bestimmten Verhalten und einem subjektiv positiven Ereignis zu generieren, etwa einem Leckerli beim Hund oder einem Hering beim Seehund.

Wenn-dann-Verknüpfungen bergen die Erkenntnis, dass immer wenn etwas Bestimmtes wahr wird, erwartet werden kann, dass auch etwas anderes Bestimmtes wahr werden wird. Dies hat zu weitreichenden, in den verschiedenen Kulturkreisen der Menschheit teilweise erstaunlich analogen Erkenntnissen geführt. „Heilkundige“ konnten sich auf einen Schatz an überlieferten Erkenntnissen stützen und erweiterten und ergänzten diesen Schatz durch Erkenntnisse aus eigenen Beobachtungen. Im Bereich der Problemerkennung („Diagnostik“) hilft jedes Wissen um die (überzufällig wahrscheinlichen) Konsequenzen eines Phänomens, Merkmals, Indikators etc. und bildet die Basis für Entscheidungen bezüglich einer Problemlösung („Therapie“), die

KI: Keinerlei Intelligenz

(überzufällig wahrscheinlich) in die gewünschte Richtung geht. Empirische Erkenntnisse beschränken sich allerdings auf Beobachtbares und haben eine kritische Störgröße: den Confounder. Nicht immer ist die beobachtbare Wenn-dann-Beziehung kausaler Natur, auch wenn sie konsistent und immer wieder in gleicher Weise beobachtet werden kann. Der Zusammenhang kann vorgetäuscht werden durch eine weitere Größe, den Confounder, der bei Anwesenheit/Abwesenheit auf beide beobachtbaren Phänomene einwirkt. Leider gibt es keine systematische Strategie, im Rahmen einer Beobachtung einen möglichen Confounder gezielt dingfest zu machen, ja nicht einmal zu erkennen, ob ein Confounder im Spiel ist oder wie viele und welche.

Ob ein Zusammenhang tatsächlich kausal ist, lässt sich allerdings in aller Regel durch eine dafür entwickelte Methodik belegen, und, wenn die Ergebnisse reproduzierbar sind, zunehmend erhärten (vulgo beweisen), nämlich durch experimentelle vergleichende Forschung mit zufälliger Gruppenzuordnung (randomisiert kontrollierte Studie). Dabei wird die Versuchsanordnung so gestaltet, dass bestimmte (offene Studie oder Verblindung bestimmter Beteiligter) oder alle (Verblindung aller Beteiligten) Confounder ausgeschlossen werden können, ohne dass man diese kennen oder gar benennen können muss.

Empirische Erkenntnisse geben wichtige Hinweise darauf, ob eine sich prima vista anbietende Spur „heiß“, „warm“ oder „kalt“ sein könnte. Sie sind deshalb eine entscheidende Determinante für die Priorisierung von Fragestellungen, die sich nicht

schlüssig mit den Mitteln der Empirie selbst beantworten lassen (als Beispiel für letztere Situation wird etwa die Untersuchung der Fragestellung angeführt, ob beim Fallschirmspringen ein Fallschirm zwingend erforderlich ist).

Wenn-dann-Konstellationen sind übrigens auch das Kerngeschäft jedes Programmierers. Programme sind ja Konstrukte, die ein „Dann“ ausführen, wenn ein „Wenn“ passiert. Ein Konstrukt von solchen Wenndann-Verknüpfungen, die zu einem Ergebnis führen, hat einen Namen: Algorithmus. Und damit wären wir in diesem kurzen Abriss der Menschheitsgeschichte endlich im Jahr 2023 angekommen: beim Hype um die sogenannte „künstliche Intelligenz“. Anders als beim klassischen Programmieren handelt es sich nicht um „fertige Programme“, sondern um Programme, die aus den eigenen Fehlern lernen können, also die eigenen Ergebnisse (empirisch) einer Wenndann-Analyse unterziehen. Sie seien

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Prof. Dr. med. Karl-Ludwig Resch

„lernfähig“, heißt es. Im Gegensatz zu einem menschlichen Wesen, dem die ganze Welt offen steht und das deshalb auch jede neue, unerwartete, zum allerersten Mal auftretende Beobachtung in ein neues Wenn-dannSzenario integrieren kann, können KI-Systeme nur auf das zurückgreifen, was ihnen zur Verfügung gestellt wurde. Und das sind selbst wieder empirische Erkenntnisse, zudem aus Datenquellen, für oder gegen die sich der Programmierer entscheiden muss. Es liegt also im Ermessen des Programmierers, an den Grenzen seines eigenen Horizonts und nicht zuletzt am Zeitpunkt, an dem diese Entscheidung getroffen wurde, was der KI zur Verfügung gestellt wird. Ausgehend von der Definition von Intelligenz des Dudens („Fähigkeit [des Menschen], abstrakt und vernünftig zu denken und daraus zweckvolles Handeln abzuleiten“) müsste KI wohl eher für „Keinerlei Intelligenz“ stehen. Die Möglichkeiten der KI beschränken sich nämlich auf das Abrufen der zur Verfügung gestellten Daten und Fakten. KI ist deshalb ein tolles Instrument für das Lösen von Kreuzworträtseln oder auch für medizinische Prüfungen, nicht aber für abstraktes, vernünftiges und zweckvolles Neues. Denn KI könnte nur dann Neues schaffen, wie z.B. Einstein die Relativitätstheorie, wenn der Programmierer dahinter Einsteins bahnbrechende Wenn-dann-Verknüpfung „vorausgedacht“ hätte. Dann wäre er aber mit dem Nobelpreis deutlich besser bedient als mit dem Gehalt eines Programmierers …

Soweit zu den Grenzen, jetzt zu den Risiken: In Zeiten, in denen sich die Informations-Empirie immer mehr in Blasen abspielt, selektive Wahrnehmung und „alternative facts“ im Vormarsch sind, wird KI diese Trends verstärken – und immer besser maskieren, bis wir das Original nicht mehr von der Fälschung unterscheiden können. Dann braucht es allerdings wirklich unsere menschliche Intelligenz, damit wir uns nicht selbst zugrunde richten.

ÜBERSICHTSARBEIT

Arexvy – der erste Impfstoff gegen die RSV-Infektion bei älteren Erwachsenen 72 Brigitte Söllner

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 70 INHALT RUBRIKEN Wissenswertes 80, 85, 89, 99 Kongresse 93 Ivosidenib – die erste zielgerichtete Therapie für IDH1-mutierte Tumorerkrankungen 86 Riluzol als Schmelzfilm bietet ALS-Patienten entscheidende Vorteile 88 Langzeit- und Real-World-Daten bestätigen Wirksamkeit und Sicherheit der CAR-T-Zell-Therapie mit Tisagenlecleucel 90
NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
Duchenne-Muskeldystrophie mit Nonsense-Mutation: Aktuelle Daten bestätigen die Effektivität von Ataluren 78 Osteoprotektion bei onkologischen Patienten 81 Therapieoptionen für das Cholangiokarzinom und die akute myeloische Leukämie 82 COPD – Zweimalgabe gegen nächtliche und morgendliche Symptome 84
Karl-Ludwig Resch, Nürnberg
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

DUCHENNE-MUSKELDYSTROPHIE

FRÜH ERKENNEN – FRÜH HANDELN

Hinter einer Entwicklungsverzögerung bei Jungen kann mehr stecken. Helfen Sie Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) auszuschließen!

WICHTIGE MERKMALE DER DMD:

• Kennzeichen der DMD sind progrediente Muskeldystrophie und Atrophie

• Unspezifische Frühsymptome können bereits im Säuglingsalter auftreten1

• Auftreten der Symptome im Alter von 2–5 Jahren2–4

SCHNELLE DIAGNOSE FÜR

IHRE PATIENTEN:

Zutreffen von Kriterium 1 und mindestens eines der Kriterien 2– 4 rechtfertigt ein selektives CK-Screening, um den Verdacht auf das Vorliegen einer DMD zu erhärten

Weitere Informationen finden Sie unter www.duchenne.de

1. Männliches Geschlecht (obligat)

2. Unspezifische Entwicklungsverzögerung (betrifft sowohl die Motorik, das Lernen als auch die Sprache)

3. Nichterreichen des freien Laufens mit 18 Monaten

4. Unklare Erhöhung der Transaminasen

PTC2107KK541
Referenzen:
1. Birnkrant DJ et al. Lancet Neurol 2018;17:251–67. 2. Bushby K et al. Lancet Neurol 2010;9:77–93.
3. Yiu E et al. J Paediatr Child Health 2015;51:759–64. 4. Humbertclaude V et al. Eur J Paed Neurol 2012;16:149–60. 5. Walter MC et al. Kinder- und Jugendarzt 2019;50:100–4.
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Modifiziert nach Walter 5

ZUSAMMENFASSUNG

Die Infektion mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) hat erhebliche Auswirkungen auf ältere Erwachsene, was in der Öffentlichkeit im Vergleich zur Infektion bei Kindern weniger gut bekannt ist. Schätzungen zufolge kam es in Deutschland bei älteren Erwachsenen über 60 Jahren im Jahr 2019 zu etwa 34.000 Hospitalisierungen und etwa 2.500 Todesfällen aufgrund von RSV. Zu den Gründen zählen der altersbedingte Rückgang der Immunabwehr sowie chronische respiratorische, kardiale oder endokrinmetabolische Vorerkrankungen. Mit der Zulassung von Arexvy steht nun eine erste aktive Immunisierung für Erwachsene im Alter von ≥60 Jahren zur Prävention von durch das RSV verursachten Erkrankungen der unteren Atemwege zur Verfügung. In der zulassungsrelevanten Studie AReSVi-006 sank durch die RSV-Impfung die Rate an RSV-bedingten Erkrankungen der unteren Atemwege bei dieser Altersgruppe statistisch signifikant und klinisch relevant um 82,6 % im Vergleich zu einer Placebo-Impfung. Bei älteren Erwachsenen mit mindestens einer relevanten Grunderkrankung, wie z.B. bestimmten kardiorespiratorischen und endokrin-metabolischen Erkrankungen, lag die Wirksamkeit bei 94,6 % gegenüber Placebo. Der Impfstoff wurde im Allgemeinen gut vertragen. Die am häufigsten beobachteten, aktiv abgefragten unerwünschten Ereignisse waren Schmerzen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Myalgie, Kopfschmerzen und Arthralgie. Diese waren im Allgemeinen leicht bis moderat und vorübergehend.

Schlüsselwörter: Respiratorisches Synzytial-Virus, RSV-Infektion bei älteren Erwachsenen, adjuvantierter Impfstoff, Arexvy

Erwachsenen

Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist ein weltweit vorkommendes und ansteckendes Virus, das in Deutschland hauptsächlich in den Wintermonaten zirkuliert [1]. Obwohl RSV vor allem im Zusammenhang mit Frühgeborenen und Kleinkindern bekannt ist, kann die Infektion auch erhebliche Auswirkungen auf ältere Erwachsene ab 60 Jahren haben: Hochrechnungen zufolge waren 2019 in Deutschland ca. 380.000 ältere Erwachsene von RSV-Infektionen betroffen [2]. Da die Symptome einer RSVInfektion häufig fälschlicherweise für eine Erkältung oder Grippe gehalten werden, wird RSV nicht routinemäßig getestet. RSV-Infektionen sind daher bei älteren Erwachsenen vermutlich unterdiagnostiziert [1].

Schwere Verläufe der RSV-Infektion sind häufig

Auch wenn Erwachsene eine RSVInfektion meist asymptomatisch oder mit nur milden Symptomen durchleben, treten bei älteren Erwachsenen häufiger schwere Verläufe auf und führen zu einer erhöhten Mortalität und Morbidität. Schätzungen zufolge kam es 2019 in Deutschland infolge einer RSVInfektion zu ca. 34.000 Hospitalisierungen älterer Erwachsener und

etwa 2.500 Todesfällen im Krankenhaus [2]. Im Vergleich dazu wurden bei den gemeldeten Fallzahlen der Grippewelle in 2018/19 in der Alterskohorte ab 60 Jahren 21.417 Hospitalisierungen und 743 Todesfälle als Folge einer Influenza beobachtet [3].

In einer 2023 publizierten retrospektiven, monozentrischen deutschen Studie wurden Patienten mit Influenza, RSV und COVID-19 über 4 konsekutive Saisons (2017 – 2020) untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass RSV-Infektionen bei älteren Erwachsenen einen längeren Krankenhausaufenthalt, eine höhere Komplikationsrate und letztlich eine höhere Mortalität als eine Influenza-Infektion verursachen [4]. Diese Ergebnisse weisen auf den Nutzen bzw. die Notwendigkeit einer Impfung gegen RSV bei älteren Menschen hin [5]. Auch eine schwedische Studie aus dem Jahr 2022 kam zu dem Ergebnis, dass die 30-Tages-Mortalität bei RSV (7 %) im Vergleich zu Influenza (5 %) höher war [6].

Risikofaktoren für eine RSV-Infektion

Eine RSV-Infektion bei Erwachsenen kann asymptomatisch oder als unkomplizierte Infektion der oberen Atemwege verlaufen, aber gerade bei älteren Erwachsenen kann

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 72 ÜBERSICHTSARBEIT
Arexvy – der erste Impfstoff gegen die RSV-Infektion bei älteren
Brigitte

Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV)

RSV ist ein weltweit vorkommendes und ansteckendes Virus aus der Familie der Pneumoviridae (Genus Orthopneumovirus) und wurde erstmals 1956 in Schimpansen beschrieben [7]. Das Virus besteht aus einem RNA-Einzelstrang, der von einer Lipiddoppelschicht mit Glykoproteinen umgeben ist. Zwei davon, Protein F und Protein G, sind für die Infektion der Zielzelle entscheidend [8]. Das Adhäsionsprotein G bindet an Moleküle der Zelloberfläche von Zielzellen und existiert in 2 Subtypen, sodass man die beiden Virusgruppen RSV-A und RSV-B unterscheidet. Während der jährlichen Epidemie zirkulieren Virusstämme beider Gruppen, wobei RSV-A meist dominiert [9]. Das hochkonservierte Protein F fixiert die Virusmembran mit der Membran der Wirtszelle und ermöglicht so die Fusion der beiden Membranen und das Eindringen der Virus-RNA. Der Name RSV stammt aus der Beobachtung, dass bei dieser Fusion oft die Membranen mehrerer Zielzellen unter Einwirkung des Virus miteinander verschmelzen und einen Zellverbund (Synzytium) bilden.

Ein häufiges und saisonales Virus, das alle Altersgruppen betrifft RSV-Infektionen treten zyklisch und je nach Klima zu unterschiedlichen Zeiten auf. Die höchste Inzidenz in Mitteleuropa lag vor der Corona-Pandemie zwischen November und April, mit einem Höhepunkt im Januar und Februar (RSV-Saison) [1]. In den letzten Jahren wurde dabei auch eine frühere Saison im September und Oktober beobachtet.

RSV verursacht wiederholte Infektionen während des gesamten Lebens, nicht nur in der Kindheit. Innerhalb des 1. Lebensjahres haben 50 – 70 % und bis zum Ende des 2. Lebensjahres nahezu alle Kinder mindestens eine Infektion mit RSV durchgemacht. Eine langfristige Immunität besteht nicht. Reinfektionen sind häufig, insbesondere bei Erwachsenen mit regelmäßigem Kontakt zu Kleinkindern, wobei Frauen und Männer gleichermaßen betroffen sind [1].

Infektiosität durch Tröpfcheninfektion

RSV ist ansteckend und infektiöser als beispielsweise das Grippevirus: Die mittlere Basisreproduktionszahl R0 des Virus liegt bei etwa ca. 3 ± 0,6 – das bedeutet, dass in einer vollständig empfänglichen Bevölkerung jede infizierte Person im Durchschnitt 3 weitere Personen ansteckt [10]. Mit RSV Infizierte Personen können schon einen Tag nach der Ansteckung und noch vor Symptombeginn infektiös sein. Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit beträgt in der Regel 3 – 8 Tage [1]. Die Übertragung erfolgt in erster Linie durch Tröpfcheninfektion von einer infektiösen Person auf eine Kontaktperson, wobei Bindehaut und Nasenschleimhäute die Eintrittspforte bilden. Es wird angenommen, dass eine Übertragung auch indirekt über kontaminierte Hände, Gegenstände und Oberflächen möglich ist.

RSV kann in respiratorischem Sekret 20 Minuten auf Händen überleben, 45 Minuten auf Papierhandtüchern und Baumwollkitteln sowie bis zu mehreren Stunden auf Einmalhandschuhen, Stethoskopen oder auf Kunststoffoberflächen [1].

Pathophysiologie

RSV vermehrt sich in den zilientragenden Epithelzellen der Schleimhäute der Atemwege. Durch die Synzytienbildung und die körpereigene Immunreaktion werden die Epithelien reversibel geschädigt. Insbesondere Neutrophile tragen zur RSV-Pathogenese bei: RSV verursacht eine Entzündung der Atemwege mit vielen Neutrophilen [11]. Die Schwere der Infektion korreliert mit der RSV-Viruslast und dem damit assoziierten Ausmaß der Entzündung. Obstruktionen der unteren Atemwege werden durch zelluläre Einschlüsse verur-

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SUMMARY

Respiratory syncytial virus (RSV) infection has a significant impact on older adults, which is less well known to the public compared to infection in children. According to estimates, in Germany in 2019 there were around 34,000 hospitalizations and around 2,500 deaths due to RSV among older adults over 60 years of age. The reasons include the age-related decline in the immune system, as well as chronic respiratory, cardiac or endocrine-metabolic pre-existing conditions. With the approval of Arexvy, first active immunization for adults aged 60 years and older for the prevention of lower respiratory tract disease caused by RSV is now available. In the pivotal AReSVi-006 study, RSV vaccination reduced the rate of RSV-related lower respiratory tract disease in adults ≥60 years of age by a statistically significant and clinically meaningful 82.6 % compared to placebo vaccination. In older adults with at least one relevant underlying condition, such as certain cardiorespiratory and endocrine-metabolic disorders, efficacy was 94.6 % versus placebo. The vaccine was generally well tolerated. The most commonly observed actively-interrogated adverse events were injection site pain, fatigue, myalgia, headache, and arthralgia. These were generally mild to moderate and transient.

Keywords: respiratory syncytial virus, RSV infection in older adults, adjuvanted vaccine, Arexvy

sacht, die aus Zelltrümmern, Abwehrzellen und Mukus bestehen. Bei einer RSV-Infektion kann auch gleichzeitig eine Eosinophilie auftreten, die bei den schwersten Fällen besonders ausgeprägt ist. Die Infektion ist üblicherweise selbstlimitierend und die Epithelien regenerieren sich innerhalb von 4 – 8 Wochen [1].

Arexvy

Der neue RSV-Impfstoff von GSK besteht aus einem rekombinanten RSV-Antigen und dem Adjuvans AS01 [13].

Bei dem RSV-Antigen handelt es sich um das rekombinante, in der Präfusionskonformation stabilisierte Glykoprotein F aus der Lipidhülle von RSV. Das Glykoprotein F ist essenziell für das Virus, um in die Wirtszelle eindringen zu können, indem es eine feste Bindung und Verschmelzung der RSV-Lipidhülle mit der Membran der humanen Wirtszelle bewirkt [14]. Befindet sich das Virus in der Nähe der Wirtszelle, ändert sich die Präfusionskonformation von Protein F zur Postfusionskonformation. Diese Konformationsänderung führt zu einer sehr stabilen Bindung an die Wirtszelle und anschließend zum Eindringen von RSV in die Zelle. Arexvy enthält das rekombinante Protein F in einer stabilisierten Präfusionskonformation (RSVPreF3). So konnte ein Antigen erzeugt werden, das der nativen Protein-F-Struktur in der Virushülle sehr ähnlich ist. Indem die gebildeten Antikörper sich bereits an die Präfusionskonformation des RSV-Erregers anlagern, blockieren sie die nachfolgende Konformationsänderung und Fusion von RSV mit der Plasmamembran der humanen Wirtszelle [13].

Als Adjuvantien werden Hilfssubstanzen in der Impfstoffmedizin bezeichnet, die eine antigenspezifische Immunantwort verstärken und die Richtung der Immunantwort beeinflussen können [15]. Diese unterstützende Wirkung ist besonders bei älteren Erwachsenen wichtig, bei denen es mit zunehmendem Alter natürlicherweise zu einer nachlassenden Immunantwort kommt (Immunseneszenz) [16]. Experimentell konnte darüber hinaus eine Stimulation der B-Zell-Diversität durch bestimmte Adjuvantien wie AS01 gezeigt werden. Dies erzeugt eine breite Immunantwort, um eine Vielzahl von Antigenepitopen zu erkennen [15].

Das in Arexvy eingesetzte Adjuvans AS01 besteht aus MPL (Monophosphoryl-Lipid A, einem gereinigten, nicht toxischen EndotoxinDerivat, das aus Lipopolysacchariden des Bakterienstamms Salmonella minnesota R595 hergestellt wird) und dem Saponin QS-21 aus der Rinde des Seifenrindenbaumes, die in einer Liposomen-Formulierung vorliegen [15].

Durch die Kombination des RSVPreF3-Antigens mit AS01E erzeugt Arexvy eine antigenspezifische zelluläre und humorale Immunantwort und neutralisierende Antikörper gegen beide Subtypen RSVA und RSV-B, die dazu beitragen, RSV-verursachten Erkrankungen der unteren Atemwege vorzubeugen [17].

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sie sich auch bis zu einer schweren beatmungspflichtigen Erkrankung der unteren Atemwege oder sogar tödlich entwickeln. Zu den Risikofaktoren für schwere RSV-Infektionen bei Erwachsenen zählen ein höheres Alter, chronische Grunderkrankungen und ein schwacher Immunstatus durch Erkrankung oder Medikation [1].

Die Vulnerabilität für virale Infektionen kann durch respiratorische und kardiovaskuläre Grunderkrankungen zunehmen, da Atemwege und Gefäßsystem vorbelastet sind. Gerade bei RSV-Infektionen ist dies stark ausgeprägt: In einer deutschen Studie hatten 85,2 % der älteren Erwachsenen, die aufgrund einer RSV-Infektion ins Krankenhaus eingeliefert wurden, eine der 5 folgenden Grunderkrankungen: Herzerkrankungen (Herzinsuffizienz und KHK), COPD, terminale Nierenerkrankung, Diabetes oder Tumorerkrankungen. Der Anteil an älteren Erwachsenen (Durchschnittsalter jeweils >70 Jahre) mit COPD und (terminalen) Nierenerkrankungen war bei RSV-Infizierten dabei signifikant höher als bei Influenza-A/B- und Sars-CoV2-infizierten Patienten [4].

Diagnostik und Therapie der RSV-Infektion

RSV wird nicht routinemäßig getestet. Die Diagnose kann nicht allein aus dem klinischen Bild gestellt werden, da RSV ein breites Spektrum respiratorischer Symptome verursacht. Zur Sicherung der Diagnose bedarf es daher eines Erregernachweises. Unabhängig vom Lebensalter eignet sich dafür ein Genomnachweis per RT-PCR. Der Antigennachweis im NasenRachen-Sekret erfolgt in der Regel per Enzym-Immunoassay-Schnell-

tests oder per sensitivem Immunfluoreszenzverfahren, ist aber nur bei Personen bis zum 18. Lebensjahr evaluiert [1]. Eine wirksame Behandlung der RSV-Infektion existiert nicht. Die Therapie erfolgt symptomatisch und besteht in ausreichender Flüssigkeitszufuhr zur Sekretmobilisation und Freihalten des Nasen-Rachen-Raums mit Kochsalz-Nasenspülungen oder -tropfen. Je nach dem Zustand des Patienten können Sauerstoffgaben, Atemunterstützung oder Intubation und Beatmung erforderlich werden [1].

Studie AReSVi-006 belegt die hoch wirksame Prävention durch die aktive Immunisierung mit Arexvy

RSV gehört zu den wenigen bedeutenden Atemwegsviren, für die bislang keine aktive Immunisierung existierte. Mit Arexvy wurde im Juni 2023 der weltweit erste RSVImpfstoff für ältere Erwachsene ab 60 Jahren auch in Europa zugelassen. Der Hersteller GSK plant, den Impfstoff vor der RSV-Saison 2023/2024, die voraussichtlich im Herbst beginnt, in den ersten EULändern auszuliefern.

Die Zulassung von Arexvy basiert auf den positiven Daten der zulassungsrelevanten Phase-IIIStudie AReSVi-006 (Adult Respiratory Syncytial Virus) [12]. Die 24.966 Studienteilnehmer wurden vor Beginn der RSV-Saison auf 2 Studienarme mit dem Impfstoff RSVPreF3 OA (enthält 120 μg des RSVPreF3-Antigens und das Adjuvans AS01E, vgl. Insert auf Seite 74) oder Placebo randomisiert. Die Probanden wurden ab dem 1. Mai 2021 eingeschlossen und erhielten eine einmalige Injektion des Impf-

stoffs oder Placebo in den M. deltoideus. Ab dem Zeitpunkt der Injektion sollten die Teilnehmer die Studienleitung kontaktieren, sobald sie mindestens 2 der vorgegebenen Symptome bzw. Anzeichen einer akuten Atemwegsinfektion (acute respiratory infection, ARI) oder einer Erkrankung der unteren Atemwege (lower respiratory tract disease, LRTD) bemerkten:

• ARI war definiert durch ≥2 Symptome/Anzeichen* der Atemwege für ≥24 Stunden oder jeweils ≥1 Anzeichen der Atemwege und der systemischen Symptome für ≥24 Stunden.

• LRTD war definiert durch ≥2 Symptome/Anzeichen** der unteren Atemwege für ≥24 Stunden einschließlich ≥1 Zeichen der unteren Atemwege oder ≥3 Symptome der unteren Atemwege für ≥24 Stunden.

• Eine schwere LRTD war definiert durch ≥2 Anzeichen der unteren Atemwege, oder wenn

* ARI-Symptome: Schnupfen, neu aufgetretener oder verschlechterter Husten mit Auswurf, neu aufgetretener oder verschlechterter Husten, neu aufgetretene oder verschlechterte Dyspnoe.

ARI-Anzeichen: neu aufgetretenes oder verschlechtertes Giemen, Lungenrasseln/Rasselgeräusche, Atemfrequenz ≥20 Atemzüge/ min, niedrige oder verminderte Sauerstoffsättigung (<95 % oder ≤ 90 % bei einem Ausgangswert von <95%) oder Notwendigkeit einer Sauerstoff-Supplementierung. Systemische Symptome: Fieber, Müdigkeit, körperliche Schmerzen, Kopfschmerzen, verminderter Appetit.

** LRTD-Symptome: neu aufgetretener oder verschlechterter Husten mit Auswurf, neu aufgetretener oder verschlechterter Husten, neu aufgetretene oder verschlechterte Dyspnoe, Halsentzündung.

LRTD-Anzeichen: neu aufgetretenes oder verschlechtertes Giemen, Lungenrasseln/ Rasselgeräusche, Atemfrequenz ≥20 Atemzüge/min, niedrige oder verminderte Sauerstoffsättigung (<95 % oder ≤90 % bei einem Ausgangswert von <95 %) oder Notwendigkeit einer Sauerstoff-Supplementierung.

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Wirksamkeit des RSV-Impfstoffs Arexvy bei älteren Erwachsenen (60+):

Prävention von Infektionen der unteren Atemwege

RSV-bedingte Infektionen der unteren Atemwege bei 24.966 Studienteilnehmern nach RSV-Impfung (Arexvy) vs. Placebo

Placebo

Abbildung 1: Ergebnisse der Studie AReSVi-006 für den primären Endpunkt, die Wirksamkeit einer Einzeldosis des RSV-Impfstoffs Arexvy zur Prävention einer RSV-assoziierten LRTD bei Erwachsenen im Alter von ≥60 Jahren (mod. nach [12]). Quellen: Modifiziert nach Papi A et al. N Engl J Med. 2023;388(7):595-608.

sie vom Prüfarzt als „schwer“ eingestuft wurde, oder durch die Notwendigkeit einer zusätzlichen unterstützenden Therapie.

Zusätzlich kontaktierten die Studienzentren die Teilnehmer alle 14 Tage während bzw. monatlich außerhalb der RSV-Saison, die auf der nördlichen Erdhalbkugel auf die Zeitspanne zwischen dem 1. Oktober und 30. April definiert wurde.

Bestätigte Fälle von RSV wurden mittels Nasen-Rachen-Abstrich und anschließender quantitativer Reverser-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (qRT-PCR) nachgewiesen. Alle LRTD-Meldungen wurden durch ein externes Experten-Komitee adjudiziert. Als primärer Studienendpunkt wurde die Bewertung der Wirksamkeit einer Einzeldosis des

RSV-Impfstoffs zur Prävention einer RSV-assoziierten LRTD bei Erwachsenen im Alter von ≥60 Jahren festgelegt. Sekundäre Wirksamkeitsendpunkte verglichen das Auftreten einer RSV-assoziierten LRTD in Abhängigkeit vom Lebensalter, den Grunderkrankungen der Teilnehmer, vom RSV-Subtyp oder dem LRTD-Schweregrad sowie das Auftreten einer ARI. Weitere sekundäre Endpunkte zur Sicherheit untersuchten die Immunogenität des Impfstoffs (d.h. die Art und Stärke seiner Immunreaktionen) und seine Reaktogenität.

Ergebnisse zur Wirksamkeit

Durch die RSV-Impfung mit Arexvy reduzierte sich die Rate an RSV-bedingten Erkrankungen der unteren Atemwege (RSV-LRTD)

statistisch signifikant und klinisch relevant gegenüber der PlaceboImpfung um 82,6 % (bestätigte RSV-assoziierte LRTD bei 7 von 12.466 Teilnehmern im Impfstoffarm gegenüber 40 von 12.494 Teilnehmern im Placebo-Arm; (96,95%-KI: 57,9 – 94,1; Abb. 1).

Damit wurde der primäre Endpunkt erreicht [12].

Auch bei den sekundären Endpunkten zeigte sich die hohe Wirksamkeit des neuen Impfstoffs. So sanken durch die aktive Impfung das Risiko für einen schweren LRTD-Verlauf um 94,1 % und die RSV-assoziierte ARI-Inzidenz in der geimpften Gruppe gegenüber Placebo um 71,7 % (Tab. 1). Sowohl die LRTD- wie auch die ARI-Reduktion waren weitgehend unabhängig vom RSV-Subtyp.

Patienten zwischen 70 und 79 Jahren besaßen einen höheren Schutz

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 76 ÜBERSICHTSARBEIT
Kumulative Inzidenz (in %) 1,0 0,8 0,9 0,7 0,6 0,4 0,3 0,1 0,5 0,2 0,0 01234567891011 Monate ab Tag 15 nach der Impfung Placebo Arexvy 12.494 12.466 0 0 2 2 559 571 2709 2727 5464 5495 8291 8320 11.022 11.046 11.640 11.655 11.887 11.892 12.290 12.286 12.403 12.392 Teilnehmerzahl mit potenziellem Risiko Placebo Arexvy 0 0 40 7 40 7 40 7 40 7 40 7 38 6 36 6 33 5 28 4 21 3 9 1 Kumulative Fallzahlen
0,320 % (40/12.494) Arexvy 0,056 % (7/12.466) Wirksamkeit 82,6 % (96,95%-KI: 57,9 – 94,1)

Tabelle 1: Zusammenfassung der Wirksamkeit des einmal verabreichten Impfstoffs Arexvy im Vergleich zu Placebo (mod. nach [12]). Für den primären Endpunkt wurde ein 96,95%-Konfidenzintervall berechnet, für alle anderen Endpunkte ein 95%-Konfidenzintervall.

als Patienten zwischen 60 und 69 Jahren. Die Wirksamkeit bei Teilnehmern im Alter von 80 Jahren und älter kann aufgrund der geringen Gesamtzahl der aufgetretenen Fälle (5 Fälle) nicht abschließend bewertet werden. Einen besonderen Schutz bot die Impfung den Patienten mit mindestens einer vorbestehenden Grunderkrankung. Bei ihnen sank das Risiko für eine RSV-LRTD gegenüber dem Placebo-Arm um 94,6 % (95%-KI: 65,9 – 99,9; 1 von 4.937 gegenüber 18 von 4.861 Studienteilnehmern) [12].

Ergebnisse zur Verträglichkeit

Der Impfstoff wurde im Allgemeinen gut vertragen. Die Häufigkeit von schweren unerwünschten Ereignissen bzw. möglicherweise immunvermittelten Ereignissen war in beiden Gruppen ähnlich gering. Die am häufigsten beobachteten, aktiv abgefragten unerwünschten Ereignisse waren Schmerzen an der Injektionsstelle, Müdigkeit, Myalgie, Kopfschmerzen und Arthralgie. Die meisten Impfreaktionen waren mild bis moderat und klangen innerhalb von 1 – 2 Tagen wieder ab [12].

Fazit und Ausblick

Die Daten der Phase-III-Studie AReSVi-006 belegen die Vorteile einer aktiven Immunisierung durch den neuen adjuvantierten Impfstoff Arexvy bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit. Die Studie wird über 2 weitere RSV-Saisons fortgesetzt. Nach Beendigung der ersten Saison bleibt der Placebo-Arm weiterhin unverändert, während die Teilnehmer im Impfstoffarm entweder eine Dosis Placebo oder eine Auffrischungsimpfung erhalten. Anhand der daraus gewonnen Daten sollen die Impfstoffwirksamkeit über mehrere Saisons und der Zeitpunkt für eine Auffrischimpfung bestimmt werden.

Literatur

1 Robert-Koch-Institut. RKI-Ratgeber: Respiratorische Synzytial-Virus-Infektionen (RSV). Erstveröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin 03/2004, aktualisierte Fassung vom Mai 2011. Letzte Aktualisierung der Abschnitte „Gesetzliche Grundlage“ und „Beratung und Spezialdiagnostik“ vom Februar 2018. https:// www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/ Merkblaetter/Ratgeber_RSV.html

2 Savic M et al. Respiratory syncytial virus disease burden in adults aged 60 years and older in high-income countries: a systematic literature review and metaanalysis. Influenza Other Respir Viruses 2023; 17:e13031. doi: 10.1111/irv.13031. Epub 2022 Nov 11

3 Robert-Koch-Institut. Bericht zur Epidemiologie der Influenza in Deutschland, Saison 2018/19, Berlin 2019

4 Ambrosch A et al. Focusing on severe infections with the respiratory syncytial virus (RSV) in adults: Risk factors, symptomatology and clinical course compared to influenza A / B and the original SARSCoV-2 strain. J Clin Virol 2023;161: 105399

5 Maggi S et al. Rate of hospitalizations and mortality of respiratory syncytial virus infection compared to influenza in older people: a systematic review and meta-analysis. Vaccines 2022;10:2092

6 Hedberg P et al. Clinical phenotypes and outcomes of SARS-CoV-2, influenza, RSV and seven other respiratory viruses: a retrospective study using complete hospital data. Thorax 2022;77:154-163

7 Blount RE et al. Recovery of cytopathogenic agent from chimpanzees with coryza. Proc Soc Exp Biol Med 1956;92:544549

8 Battles MB et al. Respiratory syncytial virus entry and how to block it. Nat Rev Microbiol 2019;17:233-245

9 Hendricks DA et al. Appearance of a soluble form of the G protein of respiratory syncytial virus in fluids of infected cells. J Gen Virol 1987;68:1705-1714

10 Reis J et al. Retrospective parameter estimation and forecast of respiratory syncytial virus in the United States (2016). PLOS Computational Biology 2016; 12:e1005133

11 Griffiths C et al. Respiratory syncytial virus: infection, detection, and new options for prevention and treatment. Clin Microbiol Rev 2017;30:277-319

12 Papi A et al. Respiratory syncytial virus prefusion F protein vaccine in older adults. N Engl J Med 2023;388:595-608

13 Fachinformation Arexvy, aktueller Stand

14 Battles MB et al. Respiratory syncytial virus entry and how to block it. Nat Rev Microbiol 2019;17:233-245

15 Wagner R et al. Zusammensetzung und Wirkmechanismen von Adjuvanzien in zugelassenen viralen Impfstoffen. Bundesgesundheitsbl 2019;62:462-471

16 Stephens LM et al. Considerations for a respiratory syncytial virus vaccine targeting an elderly population. Vaccines 2021;9:624

17 Leroux-Roels I et al. Safety and immunogenicity of a respiratory syncytial virus prefusion F (RSVPreF3) candidate vaccine in older adults: phase I/II randomized clinical trial. J Infect Dis 2023;227:761772

Anschrift der Verfasserin:

Brigitte Söllner

Medizinjournalistin und Wissenschaftliche Lektorin

Lärchenweg 10, 91058 Erlangen

E-Mail: brigitte.soellner@online.de

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 77 ÜBERSICHTSARBEIT
Studienendpunkt Impfstoff-Arm Placebo-Arm Wirksamkeit (KI) Erkrankungen der unteren Atemwege (lower respiratory tract diseases, LRTD) Gesamt 7/12.466 40/12.494 82,6% (57,9 –94,1) Schwere LRTD 1/12.466 17/12.494 94,1% (62,4 – 99,9) Alter 60 – 69 Jahre 4/6.963 21/6.979 81,0% (43,6 – 95,3) Alter 70 –79 Jahre 1/4.487 16/4.487 93,8% (60,2 - 99,9) ≥1 Grunderkrankung 1/4.937 18/4.861 94,6% (65,9 – 99,9) Akute Atemwegsinfektionen (acute respiratory infections, ARI) Gesamt 27/12.466 95/12.494 71,7% (56,2 – 82,3)

Die X-chromosomal rezessiv vererbte DuchenneMuskeldystrophie (DMD), die fast ausschließlich Jungen betrifft, wird durch Mutationen im Dystrophin-Gen und den dadurch bedingten Mangel an funktionsfähigem Muskelstrukturprotein verursacht. Die betroffenen Kinder haben eine schlechte Prognose, denn es kommt zu einem stetig voranschreitenden Abbau zunächst der Bewegungsmuskulatur, später auch der Atem- und Herzmuskulatur. Für DMD-Patienten ist eine frühe Diagnose essenziell, denn mit einer frühzeitig einsetzenden Therapie kann die Krankheitsprogression entscheidend beeinflusst werden [1]. Ein maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei der Verlust der Gehfähigkeit: Er ist prädiktiv für die weitere Progression und korreliert zudem mit der Mortalität [2]. Mit Ataluren (Translarna™) ist seit 2014 eine kausale, progressionshemmende Therapie verfügbar. Zugelassen ist sie für gehfähige DMD-Patienten ab 2 Jahren, deren Erkrankung auf eine NonsenseMutation im Dystrophin-Gen zurückzuführen ist (nmDMD). Eine Weiterbehandlung mit Ataluren ist auch nach dem Verlust der Gehfähigkeit möglich [3].

Überzeugende neue Ergebnisse aus placebokontrollierten Studien

Die Wirksamkeit und Sicherheit von Ataluren bei nmDMD-Patienten wurden bereits in mehreren Studien gezeigt [4, 5]. Nun liegen auch die Ergebnisse der randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie 041 zur Langzeitwirksamkeit und -verträglichkeit einer Ataluren-Behandlung vor [6]. In dieser bislang umfangreichsten

mit Nonsense-Mutation:

Phase-III-Studie bei DMD wurden gehfähige nmDMD-Patienten im Alter von mindestens 5 Jahren 1 : 1 randomisiert 72 Wochen lang mit Ataluren oder Placebo behandelt. Daran schloss sich eine Open-Label-Extensionsphase an, in der alle Patienten Ataluren für weitere 72 Wochen erhielten.

Da DMD hinsichtlich Schweregrad und Progressionsrate eine heterogene Erkrankung ist, erfolgte eine Stratifizierung in eine Hauptsubgruppe mit einer 6-Minuten-Gehstrecke (6MWD) von 300 – 400 m zu Studienbeginn (n = 86) sowie u.a. in die Subgruppe für die Primäranalyse (modified Intention-to-treat-Population, mITT) mit Jungen im Alter von ≥7 bis ≤16 Jahren mit einem Ausgangswert von ≥300 m 6MWD und einer Ausgangszeit ≥5 Sekunden bis zum Aufstehen aus der Rückenlage (supine to stand, STS).

Als primärer Endpunkt wurde die Rate der Veränderung der 6MWD ab Baseline bis Woche 72 (mITT) definiert [7, 8].

Die Studie zeigte, dass die Behandlung mit Ataluren (n = 183) in der ITT-Population (n = 359) zu einem signifikanten Vorteil im Vergleich zur Placebogruppe (n = 176) bei der 6MWD führte: –53,0 versus –67,4 (p = 0,0248). Dies entspricht einer Veränderung der 6MWD pro

Woche um –0,74 m versus –0,94 m (p = 0,0248) und einer Verlangsamung der 6MWD-Abnahme um 21 % im Vergleich zu Placebo. Weitere signifikante Vorteile für die Ataluren-Behandlung im Vergleich zu Placebo ergaben sich für relevante sekundäre bzw. explorative Endpunkte wie die Veränderung des NSAA (North Star Ambulatory Assessment)Gesamtscores und des linearen NSAA-Scores sowie die Veränderung der Zeiten für 10 m Gehen und Stufen hochsteigen [7]. Die Ataluren-Behandlung führte auch in der Hauptsubgruppe mit einem 6MWD-Ausgangswert von 300 – 400 m zu signifikant besseren Ergebnissen im Vergleich zu Placebo: Unter Ataluren nahm die 6MWD um 0,77 m/Woche ab im Vergleich zu 1,1 m/Woche unter Placebo. Damit verlangsamte Ataluren die Rate der 6MWDAbnahme um 30 % versus Placebo (p = 0,0310) [7, 9]. Darüber hinaus ergab sich ein statistisch signifikanter Behandlungsvorteil für Ataluren in der Hauptsubgruppe beim linearen NSAA-Score sowie bei den beiden motorischen Endpunkten, der Veränderung der Zeiten für 10 m Gehen und Stufen hochsteigen [7, 9]. Ataluren zeigte zudem ein günstiges Sicherheitsprofil [7].

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 78 AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE
FÜR DIE PRAXIS
Duchenne-Muskeldystrophie
Aktuelle Daten bestätigen die Effektivität von Ataluren

AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Registerdaten zeigen eine längere Gehfähigkeit und einen verzögerten Lungenfunktionsverlust im klinischen Alltag

Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ataluren wurden unter Real-World-Bedingungen im Rahmen des STRIDE*-Registers auch für die Langzeit-Behandlung belegt [10]. STRIDE ist das erste internationale Medikamentenregister für DMD-Patienten unter Ataluren-Therapie. Ausgewertet werden Patienten mit einem mindestens 5-jährigen Follow-up. Bislang wurden 2 Zwischenanalysen dazu veröffentlicht [11, 12].

Die neuesten Auswertungen zum Daten-cut-off am 31.01.2022 basieren auf den Ergebnissen von 307 Jungen mit nmDMD aus 14 Ländern, die in den vergangenen 5 Jahren in das Register aufgenommen wurden, darunter auch 81 nicht gehfähige Patienten** [13].

Für die Effektivitätsanalyse wurden die Daten von 261 Patienten aus STRIDE mit dem natürlichen DMD-Krankheitsverlauf aus einer gleich großen – mit Propensity Score gematchten – Kohorte der CINRG-Studie (Datenbank der Cooperative International Neuromuscular Research Group [CINRG] zum natürlichen Krankheitsverlauf von DMD-Patienten) verglichen.

Die Analyse zeigt, dass nmDMDJungen, die mit Ataluren plus Standardbehandlung (SoC) behandelt wurden, im Median 17,0 Jahre alt waren, als sie ihre Gehfähigkeit verloren, im Vergleich zu 13,0

* STRIDE = Strategic Targeting of Registries and International Database of Excellence

** Der Therapiebeginn mit Ataluren bei nicht gehfähigen Patienten ist nicht von der Zulassung gedeckt.

Frühe Zeichen der DMD erkennen

Die DMD ist anfänglich schwer zu diagnostizieren und „unspezifisch“ in Form von Entwicklungsverzögerungen im Vergleich zu Gleichaltrigen. Kinder mit DMD können bei der Geburt normal erscheinen und erreichen sehr frühe Meilensteine der motorischen Entwicklung. Unspezifische Frühsymptome können jedoch bereits im Säuglingsalter auftreten. Üblicherweise zeigen sich erste Symptome im Alter von 2 – 3 Jahren und können bei der U7-Untersuchung, die zwischen dem 21. und 24. Lebensmonat durchgeführt wird, festgestellt werden.

Unspezifische frühe Zeichen (bis Ende des 2. Lebensjahres) können folgende motorische, geistige und sprachliche Entwicklungsverzögerungen sein:

Bis Ende 3. Monat:

• Reduzierte, langsame und unkoordinierte Arm- und Beinbewegungen

• Nimmt beim Hochziehen aus der Rückenlage den Kopf nicht aktiv mit

Bis Ende 6. Monat:

• Schlaffer und energieloser Gesamteindruck

• Kein aktives Greifen und Fassen von Gegenständen

• Keine aktiven Rollbewegungen

Bis Ende 14. Monat:

• Reagiert z.B. nicht auf Rufen seines eigenen Namens

• Spricht keine deutlich zu erkennenden Silbenketten (z.B. „dadada“, „bababa“)

Bis Ende 18. Monat:

• Kein freies Sitzen mit 9 Monaten

• Kein aktives Kriechen mit 9 Monaten

• Kein aktives Hochziehen in den Stand mit 12 Monaten

• Kein Entlanghangeln an Möbeln/Wand mit 15 Monaten

• Kein freies Gehen mit 18 Monaten

Spezifische späte muskuläre Zeichen (3. bis 5. Lebensjahr) sind:

• Verdickte Waden

• „Watschelnder“ Gang

• Zehenspitzengang

• Knie beim Gehen überstreckt

• Kind stützt sich an sich selber hoch in den Stand

• Schwierigkeiten beim Rennen/Springen/Treppensteigen

• Häufiges Fallen

• Reduzierte körperliche Ausdauer im Vergleich zu Gleichaltrigen

Jahren bei Jungen, die nur SoC erhielten [14]. Die Jungen waren gehfähig, als sie mit der AtalurenTherapie begannen und konnten durch die Ataluren-Therapie also

4 Jahre länger selbstständig gehen. Auch weitere motorische Fähigkeiten blieben unter Ataluren länger erhalten: das Aufrichten aus der Rückenlage <10 Sekunden

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 79

AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS / WISSENSWERTES

um 1,4 Jahre und das Steigen von 4 Stufen <10 Sekunden um 1,3 Jahre [8].

Ein besonders wichtiger Endpunkt der Wirksamkeitsanalyse ist die Lungenfunktion, da sie in direktem Zusammenhang mit der Mortalität steht [1]. Das mediane Alter, in dem die mit Ataluren behandelten Jungen eine prognostizierte forcierte Vitalkapazität (FVC) von weniger als 60 % erreichten, lag bei 17,7 Jahren im Vergleich zu 15,9 Jahren bei den Jungen ohne Ataluren-Behandlung [15]. Die Verzögerung des Lungenfunktionsverlustes um 1,8 Jahre ist von Relevanz, da eine FVC ≤60 % als Schwellenwert gilt, ab dem die Patienten in der Regel eine physikalische Atemunterstützung benötigen [1]. Mit Ataluren konnte auch eine FVC ≥50 % 2,3 Jahre länger erhalten werden als mit SoC [8].

Selfapy – App auf Rezept kann bei chronischen Schmerzen helfen

Knapp 30 % der Menschen in Deutschland leiden unter kontinuierlichen oder wiederkehrenden Schmerzen, die sich negativ auf die Lebensqualität auswirken: Schätzungen gehen davon aus, dass jeder Dritte der 23 Millionen Betroffenen im Alltag stark beeinträchtigt wird, nicht mehr erholsam schlafen kann und weniger leistungsfähig ist. Nicht immer lässt sich eine körperliche Ursache feststellen.

Hier setzt der von Pfizer in Kooperation mit dem Berliner Medizintechnikunternehmen Selfapy neue zwölfwöchige Online-Kurs an, der bei der Bewältigung anhaltender somatoformer oder chronischer

Die Registerdaten bestätigten auch die Verträglichkeit von Ataluren: Die Sicherheitsergebnisse, die bis zum Stichtag 1.288 Patientenjahre umfassten [8], entsprachen dem aus klinischen Studien bekannten Sicherheitsprofil der Therapie [13].

Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur

1 Birnkrant DJ et al. Lancet Neurol 2018; 17:251-267

2 Humbertclaude V et al. Eur J Paed Neurol 2012;16:149-160

3 Fachinformation Translarna™ (Ataluren); Stand: Juni 2022 Mercuri E et al. J Comp Eff Res 2020;9: 341-360

5 Mc Donald CM et al. Lancet 2017;390: 1489-1498

6 PTC Therapeutics. A Phase 3, randomized, double-blind, placebo-controlled

Schmerzen sowie Rückenschmerzen helfen kann. Die erstattungsfähige App unterstützt mit audiovisuellen Übungen die Patienten dabei, einen neuen Umgang mit ihren Schmerzen zu entwickeln und ihre Lebensqualität zu verbessern.

Die Kursinhalte basieren auf evidenzbasierten Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) und achtsamkeitsbasierten Therapie und beinhalten unter anderem Bewegungsübungen sowie Informationen zur Schmerzentstehung, -aufrechterhaltung und -verarbeitung. In der KVT lernen Schmerzpatienten, verstärkende Verhaltensmuster im Umgang mit dem Schmerz zu erkennen und aktiv zu reduzieren. Davon profitieren auch Betroffene, die bereits eine Psychotherapie begonnen haben.

efficacy and safety study of ataluren in patients with nonsense mutation Duchenne muscular dystrophy and open-label extension. ClinicalTrials.gov; 2021

7 McDonald CM, et al. Poster LSVP 37 presented at the 27th International Annual Congress of the World Muscle Society, October 11–15, 2022. Daten nicht öffentlich zugänglich.

8 Riebling P et al. Poster presented at the 22nd International Congress of the World Muscle Society, October 3–7, 2017; St. Malo, France

9 Data on file

10 ClinicalTrials.gov. https://clinicaltrials. gov/ct2/show/NCT02369731

11 Mercuri E et al. J Comp Eff Res 2020; 9:341-360

12 Muntoni F et al. J Comp Eff Res 2019; 8:1187-1200

13 Muntoni et al. Poster P19 presented at the 27th International Annual Congress of the World Muscle Society, October 11–15, 2022. Daten nicht öffentlich zugänglich

14 Mercuri et al. Poster P22 presented at the 27th International Annual Congress of the World Muscle Society, October 11–15, 2022. Daten nicht öffentlich zugänglich

15 Tulinius et al. Poster P23 presented at the 27th International Annual Congress of the World Muscle Society, October 11–15, 2022. Daten nicht öffentlich zugänglich

Dank des modularen Aufbaus lässt sich der zwölfwöchige Online-Kurs flexibel in den Alltag integrieren. Der Kurs besteht aus 12 Lektionen, u.a. zu Entspannungstechniken, Körperwahrnehmung und Selbstwirksamkeit, also Selbstregulationsfähigkeiten im Umgang mit Schmerz.

Das zertifizierte Medizinprodukt wird vom BfArM als digitale Gesundheitsanwendung gelistet und von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Um das Programm kostenfrei zu nutzen, können sich Patienten mit chronischen Schmerzen mit psychischen und somatischen Komponenten ein Rezept von Allgemeinärzten, Orthopäden und Psychotherapeuten ausstellen lassen.

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S. M.

Bei soliden, ossär metastasierten Tumoren und beim multiplen Myelom ist der Schutz des Knochens ein unerlässlicher Baustein im Therapieplan. Die Osteoprotektion kann dazu beitragen, skelettbezogene Ereignisse (SRE) zu verzögern oder zu verhindern [1]. Häufig sind SRE nicht nur mit starken Schmerzen für die Patienten assoziiert, sie erhöhen auch die Mortalität [2, 3]. Aus diesen Gründen ist eine konsequente und leitliniengerechte [4, 5] osteoprotektive Therapie dringend geboten. Hier hat Denosumab (Xgeva®) [6], das sich als osteoprotektive Standardoption bewährt hat, einen hohen Stellenwert.

Knochenmetastasen führen schon früh zu Komplikationen

Die relative Inzidenz von Knochenmetastasen ist beim fortgeschrittenen Mamma- (65 – 75 %) und Prostatakarzinom (65 – 90 %) am höchsten und die ersten SRE, z.B. Schmerzen und pathologische Frakturen, treten besonders bei diesen beiden Entitäten sehr früh im Krankheitsverlauf auf [7, 8, 9]. Beispielsweise zeigen Daten für Frauen mit Brustkrebs eine mediane Überlebenszeit von 43,9 Monaten ab Krebsdiagnose, im Median trat schon nach 7,0 Monaten ein erstes SRE auf [10, 11]. Entsprechend früh sollte mit einer osteoprotektiven systemischen Therapie begonnen werden.

Außerdem bleibt es nur selten bei einem SRE. So kommt es z.B. beim Mammakarzinom im Mittel zu 3,7 SRE pro Patientin pro Jahr, die häufig fatale Auswirkungen haben [10]: SRE erhöhen die Mortalität [2, 3] und führen zu längeren stationären Behandlungszeiten sowie hohen Folgekosten [12, 13].

Osteoprotektion bei onkologischen Patienten

Ein Grund, ab der ersten diagnostizierten ossären Metastase die Knochen zu schützen. In diesen Fällen zeigte Denosumab eine Überlegenheit gegenüber Zoledronsäure und zögerte die Zeit bis zum ersten SRE um weitere 8,2 Monate hinaus (Denosumab vs. Zoledronsäure: 27,6 vs. 19,4 Monate) [1].

Osteoprotektion hat vor allem beim Lungenkarzinom Verbesserungspotenzial

Die Leitlinien [4, 5] empfehlen die Osteoprotektion bei der großen Mehrheit der onkologischen Patienten bereits ab der ersten diagnostizierten Knochenmetastase. Allerdings ist im Behandlungsalltag oft noch „Luft nach oben“. Während laut einer retrospektiven Analyse nahezu alle (95,8 %) Patientinnen mit Mammakarzinom eine osteoprotektive Behandlung erhielten, waren es beim Prostatakarzinom 84,3 % und bei Lungenkarzinomen lediglich 74,9 % [14].

Denosumab

Schätzungsweise wird nur ein Drittel der Patientinnen und Patienten wirklich optimal mit Osteoprotektiva versorgt – und das ist noch zu wenig.

Prostatakrebs: Auf Anzeichen für aggressive Variante achten

Im Rahmen einer Studie [15] wurde bei beinahe jedem fünften Mann (17 %) ein behandlungsresistenter kleinzelliger neuroendokriner Prostatakrebs (treatment-emergent small-cell neuroendocrine prostate cancer, t-NEPC), eine besonders aggressive Tumorvariante infolge von Resistenzen nach Androgendeprivationstherapie (ADT) und NHA (new hormonal agents), genetisch nachgewiesen. Ein t-NEPC sollte bei bestimmten Indizien abgeklärt werden, weil dieses Karzinom nicht auf die gängigen Therapien anspricht, egal ob Hormon- oder Chemotherapien. Um das Leben dieser Patienten zu verlängern, braucht es ganz andere Therapien.

Denosumab (Xgeva®) ist ein humaner monoklonaler Antikörper (IgG2), der mit hoher Affinität und Spezifität an RANKL bindet. RANKL tritt als Transmembranprotein oder lösliches Protein auf. Es ist essenziell für die Bildung, die Funktion und das Überleben von Osteoklasten, dem einzigen Zelltyp, der für die Knochenresorption verantwortlich ist. Eine erhöhte Osteoklastenaktivität, stimuliert durch RANKL, ist ein Schlüsselmediator des Knochenabbaus bei Knochenmetastasen und multiplem Myelom. Denosumab verhindert durch die Bindung an RANKL die RANKL/RANK-Interaktion, sodass sich die Anzahl und Funktion der Osteoklasten verringert. Infolgedessen werden die Knochenresorption und die Tumor-induzierte Knochenzerstörung reduziert [6].

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 81 AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE
FÜR DIE PRAXIS

AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS

Osteoprotektion auch bei Patienten mit normaler Knochendichte

Unter einer ADT kommt es häufig zu einem starken Knochenmasseverlust von 4,6 % pro Jahr versus 0,5 % pro Jahr bei gesunden Männern [16, 17], der einen Knochenschutz erforderlich macht. Aber auch Patienten mit normaler oder osteopenischer Knochendichte sollten eine Osteoprotektion erhalten. Wie eine Querschnittsstudie ergab, traten bei 24 % bzw. 34 % der Erkrankten dieser Subgruppen vertebrale Frakturen auf [18].

Therapieoptionen für das Cholangiokarzinom und die akute myeloische Leukämie

Die Servier Deutschland GmbH hatte am 23. März 2023 zu einer Medien-Akademie geladen. Thema waren die Herausforderungen bei der Behandlung des cholangiozellulären Karzinoms (CCA) und der akuten myeloische Leukämie (AML), insbesondere für Patienten mit schlechter Prognose.

Literatur

1 Lipton A et al. Eur J Cancer 2012;48: 3082-3092

2 Saad F et al. Cancer 2007;110:1860-1867

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4 Coleman R et al. Ann Oncol 2020;31: 1650-1663

5 https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/supportive-therapie/

6 Fachinformation XGEVA®; Stand: Juli 2022

7 D’Oronzo S et al. J Bone Oncol 2019; 15:004-4

8 Macedo F et al. Oncol Rev 2017;11:321

9 Sousa S et al. Calcif Tissue Int 2018; 102:227-250

10 Lipton A et al. Cancer 2000;88:10821090

11 Dickler M et al. J Clin Oncol 2016;34: 2602-2609

12 Oglesby A et al. Poster presented at ISPOR, Athens, Greece; 8–11 November, 2008

13 Hechmati G et al. J Med Econ 2013;16: 691-700

14 Link H et al. Supportive Care in Cancer 2020;28:2175-2184

15 Aggarwal R et al. J Clin Oncol 2018; 36:2492-2503

16 Higano CS. Nat Clin Pract Urol 2008;5: 24-34

17 Maillefert JF et al. J Urol 1999;161:12191222

18 Sullivan S et al. J Clin Densitom 2011; 14:348-353

Metastasiertes nicht resektables Cholangiokarzinom

Das CCA gehört mit ca. 5000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland zu den seltenen Tumoren [1]. Bei 70 % der Patienten ist der Tumor bei Diagnosestellung nicht resektabel, die Prognose ist ungünstig [2]. Aktueller Erstlinienstandard ist die Kombination aus Cisplatin und Gemcitabin [3], die im Vergleich zur GemcitabinMonotherapie das mediane Gesamtüberleben (mOS) und das mediane progressionsfreie Überleben (mPFS) signifikant verlängerte [4]. Die Hinzunahme des PD-L1-Inhibitors Durvalumab kann das mPFS und mOS signifikant gegenüber der alleinigen Chemo-Kombination verbessern [5].

Optionen bei Therapieunverträglicheit oder Versagen der Erstlinie

Für Patienten, die nicht von einer Erstlinientherapie profitieren,

verschlechtert sich die Prognose nochmals. Es besteht daher ein hoher medizinischer Bedarf an weiteren Therapieoptionen. Für die Zweitlinie sind neben Chemotherapie-Regimen inzwischen auch molekular stratifizierte Therapien verfügbar, weshalb eine frühzeitige molekulare Testung empfohlen wird [3]. Stand 03/2023 sind in der EU für bestimmte FGFR2- und NTRK-Genfusionen gezielt wirksame Arzneimittel zugelassen [3], für weitere Mutationen ist die Zulassung von wirksamen Substanzen für die Zukunft zu erwarten*.

Fazit CCA

Mit der Zunahme zielgerichteter Therapien nimmt auch die Bedeutung der molekularen Testung zu – diese sollte beim metastasierten, nicht resektablen CCA standardmäßig durchgeführt werden.

AML – die tödlichste Form der Leukämie

Die Inzidenz der AML liegt in Deutschland bei 3,7 pro 100.000 Einwohner pro Jahr, kann jedoch ab einem Alter >70 Jahre auf >100 pro 100.000 Einwohner ansteigen [6]. Vor allem aufgrund des zumeist altersbedingten Vorliegens von Komorbiditäten sind viele AML-Patienten nicht mehr intensiv therapiebar („unfit“), das 5-Jahres-Überleben liegt für diese

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Fazit AML

Treibermutationen als therapeutisches Ziel

Die seltenen onkologischen Erkrankungen Cho l an giokarzinom (CCA) und akute myeloische Leukämie (AML) haben eine ungünstige Prognose und weisen verschiedene Mutationen auf, die als onkogene Treiber das entartete Wachstum auslösen oder begünstigen. Die Identifizierung dieser onkogenen Treiber kann neue Therapieoptionen und damit auch eine Verbesserung der Prognose mit sich bringen. Mehrere Mutationen des CCA (vgl. Abb.) und der AML zählen bereits zu den „actionable targets“, doch nicht für alle ist schon eine Therapie zugelassen.

Die Prognose unfitter AML-Patienten ist im Vergleich zur Prognose fitter Patienten unbefriedigend. Der dringende medizinische Bedarf könnte in Zukunft durch die Zulassung neuer gezielt wirksamer Arzneimittel gedeckt werden.

Actionable targets des intrahepatischen CCA, modifiziert nach [8].

Ivosidenib erhielt im Februar dieses Jahres eine positive CHMPBewertung für Patienten mit IDH1-mutierter akuter myeloischer Leukämie (AML) und Cholangiokarzinom (CCA). Die positive CHMP-Empfehlung basiert auf klinischen Daten aus der AGILE Studie (AML) und der ClarlDHy Studie (CCA).

Fabian Sandner, Nürnberg

Molekulare Testung als Entscheidungshilfe

Die molekulare Testung sollte beim CCA bereits vor der ersten Therapielinie erfolgen, um bei Therapieversagen oder Unverträglichkeit zeitnah mit einer geeigneten zielgerichteten Therapie beginnen zu können. Ähnlich ist das bei AML-Patienten mit Begleiterkrankungen. Sie sind oft nicht für eine intensive Therapie geeignet und können daher von zielgerichteten Therapien profitieren. Auch hier sollte die molekulare Testung die Grundlage für die Therapieentscheidung bilden.

Patienten noch immer unter 20 %, wogegen es sich für intensiv therapierbare Patienten in den letzten Jahrzehnten von 13 % auf 55 % verbessert hat [7].

Zielgerichtete Therapien für neudiagnostizierte unfitte AML-Patienten?

Der Pathophysiologie der AML liegen verschiedene zytogenetische Aberrationen zugrunde, zumeist weisen die Patienten mehr als eine Mutation auf. Die mole-

kulare Testung ist Bestandteil der Diagnosesicherung und sollte inzwischen die Grundlage für die Therapieentscheidung bilden, wobei auch gezielt wirksame Arzneimittel zum Einsatz kommen können [6].

Besonders für neu diagnostizierte unfitte Patienten besteht jedoch ein dringender Bedarf an weiteren gezielt wirksamen Substanzen, wie zum Beispiel beim Vorliegen von IDH1-Mutationen, um auch für diese Patienten eine Prognoseverbesserung zu erreichen*.

Literatur

1 Krebs in Deutschland für 2017/2018, Robert Koch-Institut, Berlin 2021

2 Ben Khaled N et al. Dig Dis 2022; 40:581-595

3 Onkopedia-Leitlinie Biliäre Karzinome, Stand Oktober 2021

4 Valle J et al. N Engl J Med 2010;362: 1273-1281

5 Oh D-Y et al. ESMO 2022, Abstract 56P

6 Onkopedia-Leitlinie Akute Myeloische Leukämie, Stand September 2022

7 Kantarjian H et al. Blood Cancer J 2021; 11:41

8 Lamarca A et al. J Hepatol 2020;73:170185

* Mittlerweile hat die Europäische Kommission Ivosidenib für beide Indikationen zugelassen (siehe Beitrag auf Seite 86). Damit ist erstmalig eine zielgerichtete Therapie für Tumorerkrankungen mit IDH1-Mutation in Europa verfügbar.

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 83 AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE
FÜR DIE PRAXIS

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) äußert sich u.a. durch Husten, Dyspnoe und Fatigue. Die Symptome variieren im Tagesverlauf und sind nachts sowie früh morgens meist schlimmer, insbesondere bei schwerer COPD [1]. Für die Mehrheit der Betroffenen stellt die Symptomlast eine beachtliche und andauernde Herausforderung dar, wenn es darum geht, ihre Tagesroutine zu bewältigen [2]. Deshalb ist für die therapeutische Entscheidungsfindung die gesonderte Betrachtung der Symptome von kritischer Bedeutung. Dies wird auch von der aktuellen GOLD-Empfehlung betont: Sie rät dazu, Symptome – über Dyspnoe hinaus – umfassend zu evaluieren [3]. Haben die Patienten vor allem nachts und früh am Morgen starke COPD-Beschwerden, können sie von der 2 × täglichen Gabe von Bronchodilatatoren wie z.B. Brimica® Genuair® (400*/12 μg) profitieren, da die abendliche Dosis die Schwere der Symptome lindern kann [1].

Einnahme-Zeitpunkt ist entscheidend für eine wirksame Therapie

Schlechter Schlaf ist mehr als ein Luxusproblem, insbesondere für COPD-Patienten. Denn nächtliche COPD-Symptome sind prädiktiv für eine erhöhte Mortalität und häufigere Exazerbationen [1]. Die Beschwerden während der Nacht sind außerdem teilweise mitverantwortlich für die frühmorgendlichen Symptome [1].

Mehr als 70 % der COPD-Patienten leiden unter Schlafproblemen. Zu den Ursachen gehören u.a. nächtliche Ängste und Beklem-

FÜR DIE PRAXIS

COPD – Zweimalgabe gegen nächtliche und morgendliche Symptome

mungen [2]. Es gibt aber auch konkrete physiologische Gründe: Während des REM-Schlafs erfolgt die Atmung ausschließlich über das Zwerchfell, das dann die restliche Atemmuskulatur ersetzen muss. In den Tiefschlafphasen wiederum kommt es zu einer erhöhten Bronchialsekretion, einer Steigerung des Blutflusses im bronchialen Kreislauf und des Atemwegswiderstands [1]. Da der zirkadiane Rhythmus bei COPDPatienten gestört sein kann, ist der Einnahme-Zeitpunkt von Inhalativa wie auch systemisch verabreichten Medikamenten entscheidend für eine wirksame Therapie. Dies belegen z.B. die Ergebnisse der Post-hoc-Analyse einer PhaseIIIb-Studie mit 277 symptomatischen Patienten mit moderater bis schwerer COPD: Hier bewirkte die 2 × tägliche Gabe des langwirksamen Anticholinergikums (LAMA) Aclidiniumbromid (z.B. Bretaris® Genuair® 400 μg) besonders nachts eine bessere Bronchodilatation als die 1 × tägliche Gabe von Tiotropium und die frühmorgendlichen Symptome verbesserten sich ebenfalls [4]. Auch in der Phase-IIIStudie AUGMENT, in die 1.692 Patienten mit stabiler COPD eingeschlossen waren, führte die 2 × tägliche Gabe der Fixkombination aus Aclidiniumbromid und dem langwirksamen Beta-2-Mimetikum (LABA) Formoterolfumarat (z.B. Brimica® Genuair®) im Vergleich zu Placebo zu einer Reduktion der nächtlichen und frühmorgendlichen Symptome [5].

Je schwerer die COPD, desto größer die tageszeitlichen Schwankungen

Wie stark sich tageszeitliche Schwankungen äußern, hängt auch vom Schweregrad der COPD ab: Je schwerer die COPD ist, desto variabler sind die Symptome bei Tag und Nacht [1]. So beschrieben 37 % aller COPD-Patienten ihre morgendliche Routine als beschwerlich; unter jenen mit schwerer COPD waren es sogar 73 % [1]. Die Prävalenz nächtlicher Symptome steigt außerdem mit dem GOLD-Stadium – der größte prozentuale Anstieg zeigt sich zwischen GOLD 2 und GOLD 3 [1]. Daher empfiehlt die Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease für Patienten mit schweren COPD-Symptomen (CAT** ≥20) eine initiale duale Therapie mit LAMA und LABA, da diese in Studien für das Patient-reported Outcome bessere Resultate erzielten als die Einzelsubstanzen [3].

Literatur

1 Braghiroli A et al. Int J Chron Obstruct Pulmon Dis 2020;15:1269

2 Miravitlles M et al. Respir Res 2017; 18:67

3 Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD). Global strategy for the diagnosis, management and prevention of chronic obstructive pulmonary disease (Update 2022)

4 Beier J et al. Int J Chron Obstruct Pulmon Dis 2017;12:1731

5 D’Urzo AD et al. Respir Res 2014;15: 123-124

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 84
AKTUELLE THERAPIEKONZEPTE
* Entspricht 343 μg Aclidinium ** CAT = COPD Assessment Test

Cemiplimab jetzt auch als Erstlinientherapie beim fortgeschrittenen PD-L1positiven NSCLC zugelassen

Die Europäische Kommission hat Cemiplimab (Libtayo®) in Kombination mit platinbasierter Chemotherapie als Erstlinientherapie bei Erwachsenen mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) ohne EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberrationen und einer PD-L1-Expression von ≥1 % zugelassen. Dies umfasst Patienten mit lokal fortgeschrittenem Tumor, der nicht für eine definitive Radiochemotherapie infrage kommt, und Patienten mit metastasiertem Tumor.

Signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie

Die Zulassung basiert auf Daten der randomisierten Phase-III-Studie EMPOWER-Lung 3, in der Cemiplimab in Kombination mit einer Chemotherapie-Doublette (Cemiplimab-Kombinationstherapie) als Erstlinientherapie mit einer alleinigen platinbasierten Chemotherapie-Doublette verglichen

Cemiplimab

wurde. An der Studie nahmen 466 Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem NSCLC mit Plattenepithel- oder NichtPlattenepithel-Histologie und allen Graden der PD-L1-Expression teil, die keine EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberrationen aufwiesen. In der Studie wurde darauf geachtet, dass eine Population mit unterschiedlichen Krankheitsausprägungen eingeschlossen wurde, die den in der klinischen Praxis behandelten Patienten möglichst ähnlich ist. Von den eingeschlossenen Patienten hatten 43 % Tumoren mit Plattenepithel-Histologie, 15 % einen lokal fortgeschrittenen Tumor und 7 % Hirnmetastasen in der Anamnese.

Die Studienteilnehmer wurden im Verhältnis 2:1 einer Behandlung mit Cemiplimab 350 mg (n = 312) oder Placebo (n = 154) zugeteilt, die für einen Zeitraum von 108 Wochen alle 3 Wochen intravenös verabreicht wurde. Zusätzlich erhielten sie 4 Zyklen einer platinhaltigen Chemotherapie-Doublette im Abstand von jeweils 3 Wochen. Die Studie wurde auf Empfehlung des unabhängigen Datenüberwachungsgremiums vorzeitig beendet, nachdem unter der Cemiplimab-Kombinationstherapie eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens (OS) festgestellt wurde.

Cemiplimab (Libtayo®) ist ein vollhumaner monoklonaler Antikörper gegen den Immun-Checkpoint-Rezeptor PD-1 auf T-Zellen. Es wurde gezeigt, dass Cemiplimab Tumorzellen durch Bindung an PD-1 daran hindert, die T-Zell-Aktivierung über den PD-1-Signalweg zu unterdrücken. Mit der Zulassung erhielt Cemiplimab die zweite Indikation als Erstlinientherapie beim NSCLC. Es ist in der EU für die Behandlung bestimmter Patienten mit fortgeschrittenem Basalzellkarzinom, fortgeschrittenem kutanem Plattenepithelkarzinom, fortgeschrittenem NSCLC sowie fortgeschrittenem Zervixkarzinom zugelassen.

In der primären Analyse (mediane Nachbeobachtungsdauer 16 Monate) zeigte die Studie bei Patienten, die mit der Cemiplimab-Kombinationstherapie behandelt wurden, im Vergleich zur Chemotherapie allein eine statistisch signifikante Verbesserung des primären Endpunkts des Gesamtüberlebens (HR: 0,71; 95%-KI: 0,53 – 0,93). Bei den 70 % der Studienteilnehmer mit PD-L1-Expression ≥1 % (n = 327) ergaben sich für den Arm mit Cemiplimab-Kombinationstherapie (n = 217) im Vergleich zum Arm mit reiner Chemotherapie (n = 110) folgende Wirksamkeitsdaten:

• Medianes OS von 22 Monaten gegenüber 13 Monaten, was einer relativen Reduktion des Sterberisikos um 45 % entspricht (HR: 0,55; 95%-KI: 0,39 – 0,78)

• Medianes progressionsfreies Überleben (PFS) von 9 Monaten gegenüber 6 Monaten (HR: 0,48; 95%-KI: 0,36 – 0,63)

• Objektive Ansprechrate (ORR) von 48 % gegenüber 23 %

• Mediane Ansprechdauer von 16 Monaten (DOR; Spanne: 2 bis 19+) gegenüber 5 Monaten (Spanne: 2 bis 19+)

Zum Zeitpunkt der vorab festgelegten finalen Analyse (mediane Nachbeobachtungsdauer: 28 Monate) zeigten Patienten mit PD-L1Expression ≥1 %, die mit der Cemiplimab-Kombinationstherapie behandelt wurden, weiterhin klinisch bedeutsame Überlebens- und PFS-Vorteile gegenüber jenen, die nur Chemotherapie erhalten hatten.

Cave: Während oder nach einer Behandlung mit Cemiplimab können immunvermittelte Nebenwirkungen auftreten, die schwer oder tödlich verlaufen und jedes Organsystem oder Gewebe betreffen können.

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 85 WISSENSWERTES
S. M.

Die IDH1-mutierte* akute myeloische Leukämie (AML) und das IDH1-mutierte Cholangiokarzinom sind schwer zu behandelnde Krebsarten. Für die davon betroffenen Patienten eröffnet ein neues zielgerichtet wirkendes Medikament nun neue Chancen: Am 10. Mai 2023 erhielt Servier die Zulassung der Europäischen Kommission für den IDH1-Inhibitor Ivosidenib (Tibsovo®), der in folgenden Indikationen eingesetzt werden kann:

• in Kombination mit Azacitidin zur Behandlung erwachsener Patienten mit neu diagnostizierter akuter myeloischer Leukämie mit einer IsocitratDehydrogenase-1 (IDH1) R132-Mutation, die für eine Standard-Induktionschemotherapie nicht geeignet sind, sowie • als Monotherapie zur Behandlung erwachsener Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Cholangiokarzinom mit einer (IDH1) R132Mutation, die zuvor bereits mit mindestens einer systemischen Therapie behandelt worden sind.

Ivosidenib ist der einzige in Europa zugelassene IDH1-Inhibitor und hat den Status eines Arzneimittels für seltene Erkrankungen

* IDH-Mutationen sind Veränderungen in den Genen, die die verschiedenen Isoformen der Isocitratdehydrogenase (IDH) kodieren. Die Isocitratdehydrogenase ist ein Schlüsselenzym des Zitratzyklus.

Ivosidenib – die erste zielgerichtete Therapie für IDH1-mutierte Tumorerkrankungen

erhalten (orphan Status), was die deutliche Verbesserung für Patienten gegenüber den jeweilig verfügbaren Therapien bestätigt.

Signifikante Verbesserung des Überlebens bei Patienten mit IDH1-mutierter akuter myeloischer Leukämie ...

Die AML ist eine maligne Erkrankung des Blutes und des Knochenmarks, die durch ein schnelles Fortschreiten der Krankheit gekennzeichnet ist. Sie ist die häufigste akute Leukämie bei Erwachsenen und betrifft 5 von 100.000 Einwohnern in Europa, d.h. mehr als 20.000 neue Fälle pro Jahr [1]. Die 2-Jahres-Überlebensrate von ≥75-jährigen Patienten mit AML liegt unter 10 % [2].

Die Zulassung von Ivosidenib in dieser Indikation erfolgte auf Basis der Daten der AGILE-Studie, einer doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten klinischen Phase-III-Studie bei 146 erwachsenen Patienten mit IDH1-mutierter AML [3]. Die Ergebnisse zeigen eine statistisch signifikante Verbesserung des ereignisfreien Überlebens (EFS, primärer Studienendpunkt) (HR: 0,33; 95%-KI: 0,16 – 0,69; p = 0,002) und des Gesamtüberlebens (OS) (HR: 0,44; 95%-KI: 0,27 – 0,73; p = 0,001) unter Ivosidenib in Kombination mit Azacitidin im Vergleich zu Azacitidin plus Placebo. Das me-

diane OS unter Ivosidenib + Azacitidin verglichen mit Placebo + Azacitidin betrug 24,0 (95%-KI: 11,3 – 34,1) bzw. 7,9 (95%-KI: 4,1 – 11,3) Monate.

Neben dem primären Endpunkt EFS wurden in der Studie auch alle wichtigen sekundären Endpunkte erreicht wie die komplette Remission (CR), das Gesamt-Überleben (OS), die komplette Remission mit partieller hämatologischer Regeneration (CRh) sowie die objektive Ansprechrate (ORR) [3].

Diese Ergebnisse belegen, dass die Kombination von Ivosidenib mit Azacitidin eine wirksame Therapieoption für Patienten mit neu diagnostizierter IDH1-mutierter AML ist, die nicht für eine intensive Chemotherapie geeignet sind. Die häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen waren Erbrechen, Neutropenie, Thrombozytopenie, QT-Verlängerung im EKG und Schlaflosigkeit [3].

... und bei Patienten mit Cholangiokarzinom mit einer (IDH1) R132-Mutation

Das Cholangiokarzinom ist ein seltener und aggressiver Tumor des Gallengangsystems, der sich oft nach einer Leberzirrhose oder Infektionserkrankungen der Leber entwickelt. Das Cholangiokarzinom tritt bei 1 – 3 von 100.000 Menschen in Europa auf, entsprechend etwa 10.000 neuen Fällen

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 86 NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

pro Jahr [4]. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt 9 %, im metastasierten Stadium allerdings 0 % [5]. Eine Operation gilt als einzige kurative Behandlung, jedoch ist diese Option nur bei einer begrenzten Anzahl von Patienten möglich und es besteht weiterhin ein hohes Rezidivrisiko. Für Patienten, die für eine Operation nicht geeignet sind oder deren Krankheit nach der Operation weiter fortschreitet, sind Chemo- und Immuntherapie die Standardbehandlung.

Die Zulassung von Ivosidenib für die Therapie des Cholangiokarzinoms erfolgte auf Grundlage der Daten der ClarIDHy-Studie, der einzigen randomisierten placebokontrollierten Phase-III-Studie, die bei vorbehandelten IDH1-mutierten Cholangiokarzinom-Patienten

(n =187) durchgeführt wurde [6]. Ihre Ergebnisse zeigen eine statistisch signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens (PFS, primärer Studienendpunkt) unter Ivosidenib im Vergleich zu den mit Placebo behandelten Patienten (HR: 0,37; 95%-KI: 0,25 –0,54; p < 0,001) [6]. Das mediane PFS unter Ivosidenib betrug 2,7 Monate (95%-KI: 1,6 – 4,2) gegenüber 1,4 Monate in der Placebogruppe (95%-KI: 1,4 – 1,6). 32 % bzw. 22 % der mit Ivosidenib behandelten Patienten nach 6 bzw. 12 Monaten waren weder progredient noch verstorben verglichen mit jeweils 0 % in der Placebogruppe. Die häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen waren Müdigkeit, Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall, verminderter Ap-

petit, Aszites, Erbrechen, Anämie und Hautausschlag.

Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur

1 ESMO Guidelines 2020 – Acute myeloid leukemia in adult patients: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. https://www. esmo.org/guidelines/guidelines-by-topic/ haematological-malignancies/acute-myeloid-leukaemia

2 National Cancer Institute. Surveillance, Epidemiology, and End Results (SEER) Program. Cancer Stat Facts: Acute Myeloid Leukemia (AML). https://seer.cancer.gov/statfacts/html/amyl.html

3 Montesinos P et al., N Engl J Med 2022; 386:1519-1531

4 Valle JW et al. Ann Oncol 2016;27 (Suppl. 5):v28-v37

5 Oliveira IS et al. Abdom Radiol (NY) 2017;42:1637-1649

6 Abou-Alfa GK et al. Lancet Oncol 2020; 21:796-807

Günstigste

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 87 NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
48er-Packung PZN: 17895573 N2 Packung*

Bei der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) ist der Wirkstoff Riluzol bisher die einzige zugelassene Medikation in Europa. Riluzol hat eine krankheitsmodifizierende Wirkung und steht seit Kurzem auch in Form eines oralen Schmelzfilms (Emylif®) zur Verfügung. Das neue Medikament weist eine vergleichbare Bioverfügbarkeit auf wie die bisher verfügbaren Filmtabletten [1], kommt aber aufgrund seiner innovativen Applikationsform stärker den Bedürfnissen der Patienten entgegen, die häufig unter Schluckstörungen leiden. Die einfache, präzise und kontinuierliche Einnahme des Wirkstoffs als Schmelzfilm kann ALS-Patienten die Behandlung mit Riluzol erleichtern.

Therapieziel ist die Verlängerung der Überlebenszeit

Die ALS ist durch eine fortschreitende und irreversible Degeneration von Motoneuronen gekennzeichnet, in deren Verlauf die Betroffenen unter fortschreitender Muskelschwäche, Muskelschwund und/oder spastischen Lähmungen leiden. Die Symptomatik beginnt im Mittel im Alter von 51 – 66 Jahren. Häufig zeigt sich zunächst eine Feinmotorikstörung aufgrund der Atrophie der Handmuskulatur. Gangstörungen und Schluckstörungen können ebenfalls bereits initial auftreten und sich im Verlauf deutlich verstärken. Die Patienten werden zunehmend immobil und sind häufig auf einen Rollstuhl angewiesen. Die in der Folge hinzukommende Schwächung der Atemmuskulatur ist meist die Ursache für den Tod, der im Mittel 3 – 5 Jahre nach der Erstdiagnose eintritt. Vorrangiges Ziel der ALS-

Riluzol als Schmelzfilm bietet

ALS-Patienten entscheidende Vorteile

Therapie ist deshalb die Verlängerung der Überlebenszeit der Betroffenen.

Riluzol wirkt neuroprotektiv

Eine wichtige Rolle in der Pathologie-Kaskade der ALS spielt die übermäßige Erregung von Nervenzellen durch den Neurotransmitter Glutamat, die zur Schädigung und zum Untergang der Nervenzellen führt. An diesem Punkt setzt der Wirkstoff Riluzol an, der durch seine antiglutamaterge Wirkung einen neuroprotektiven Effekt entfaltet. Riluzol ist bisher als einziges Medikament zur Behandlung der ALS zugelassen. Studien zufolge kann der Wirkstoff das Überleben der Patienten im Mittel um 12 Monate verlängern [2]. Um einen bestmöglichen Effekt zu erzielen, ist es wichtig, möglichst früh in die Kaskade der Pathologie einzugreifen.

Schluckstörungen erschweren Tabletteneinnahme

Ein häufiges Problem bei der Therapie mit Riluzol ist aber, dass der Wirkstoff bislang überwiegend in Form von Filmtabletten zum Einsatz kam. Jedoch leidet fast die Hälfte der Patienten bereits bei der Erstvorstellung beim Arzt unter Schluckstörungen, am Ende der Versorgung sind es dann 69 %, wobei nicht nur die Häufigkeit, sondern auch die Schwere der

Schluckstörung zunimmt. Daher ist die Einnahme von Tabletten schwierig, manchmal ist sie sogar ganz unmöglich. Hier stellt der neue Riluzol-Schmelzfilm mit seiner innovativen Applikationsform eine deutliche Verbesserung dar.

Schmelzfilm ermöglicht eine einfache und sichere Einnahme

Bei der innovativen Riluzol-Darreichungsform handelt sich um einen polymerbasierten Film, der sich auf der Zunge auflöst. Zur Einnahme ist kein Wasser nötig. Fruchtige Geschmacksstoffe machen die Anwendung für den Patienten angenehmer [3].

Die Einnahme von Riluzol mittels Schmelzfilm kann sowohl im frühen Verlauf als auch bei fortgeschrittenen Stadien erfolgen. Patienten können eine vergleichbare Wirksamkeit wie bei einer Tabletteneinnahme erwarten: In einer Bioäquivalenz-Studie mit 51 Teilnehmern wies der RiluzolSchmelzfilm eine ähnliche Bioäquivalenz auf wie Riluzol als Filmtablette [1].

Da es im Gegensatz zu Tabletten nach der Einnahme des Filmes nicht zur Bildung von Residuen kommen kann, ermöglicht der Schmelzfilm eine exakte Dosierung. Außerdem besteht eine deutlich geringere Aspirationsgefahr [1]. Positiv zu bewerten ist ferner, dass der Schmelzfilm den Speichelfluss bei den Patienten nicht

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 88 NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL

Einnahme von Emylif®

Byooviz™ – ein neues Ranibizumab-Biosimilar

Beutel öffnen und Schmelzfilm entnehmen.

Seit dem 1. März 2023 ist das Ranibizumab-Biosimilar Byooviz™ in Deutschland im Handel verfügbar. Byooviz™ ist in der Europäischen Union zur Behandlung mehrerer neovaskulärer Netzhauterkrankungen indiziert, unter anderem für die Behandlung der neovaskulären (feuchten) altersabhängigen Makuladegeneration (nAMD) und des diabetischen Makulaödems (DMÖ).

Schmelzfilm auf die Zunge legen. Der Schmelzfilm bleibt auf der Zunge haften. Den Mund schließen und den Speichel normal schlucken, während sich Emylif® innerhalb von 3 Minuten auflöst (© Zambon).

anregt. Insgesamt ermöglicht der innovative Schmelzfilm den Patienten eine einfache und sichere Einnahme von Riluzol. Die empfohlene Dosis beträgt 1 Schmelzfilm 2 × täglich [3].

Brigitte Söllner, Erlangen

Neovaskuläre Netzhauterkrankungen gehören weltweit zu den Hauptursachen von Erblindung oder starkem Sehverlust. Die feuchte AMD ist in den Industrieländern die häufigste Ursache für Erblindung bei Menschen über 55 Jahren. Bei Menschen im erwerbsfähigen Alter ist es die diabetische Retinopathie.

Anti-VEGF-Therapien als Standard etabliert

Byooviz™ ist in der Europäischen Union (EU) für die Behandlung der neovaskulären (feuchten) altersabhängigen Makuladegeneration (AMD), der Sehbeeinträchtigung infolge eines diabetischen Makulaödems (DMÖ), der proliferativen diabetischen Retinopathie (PDR), der Sehbeeinträchtigung infolge eines Makulaödems aufgrund eines retinalen Venenverschlusses (Venenastverschluss oder Zentralvenenverschluss) und der Sehbeeinträchtigung aufgrund einer chorioidalen Neovaskularisation (CNV) zugelassen.

ähnlicher Wirksamkeit und vergleichbarem Sicherheitsprofil wie die Referenzbiologika, haben das Potenzial, die mit den derzeitigen Anti-VEGF-Therapien verbundene finanzielle Belastung zu reduzieren und so das Gesundheitssystem zu entlasten.

Literatur

1 Di Stefano A et al. J Bioeq Stud 2022; 8:101

2 Georgoulopoulou E et al. Amyotroph Lateral Scler Frontotemporal Degener 2013; 14:338-345

3 Fachinformation Emylif®, aktueller Stand

Byooviz™ mit dem Wirkstoff Ranibizumab ist ein Fragment eines humanisierten rekombinanten monoklonalen Antikörpers, das gegen den humanen vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor A (VEGFA) gerichtet ist. Anti-VEGFTherapien haben die Behandlung neovaskulärer retinaler Erkrankungen revolutioniert und sind mittlerweile der Standard bei Erkrankungen wie der nAMD. Schon jetzt zählen einige dieser Erkrankungen zu Volkskrankheiten und es wird erwartet, dass der Versorgungsbedarf aufgrund des demografischen Wandels noch weiter steigen wird. Biosimilars, d.h. Biologika mit

„Ranibizumab-Biosimilars bieten eine mögliche Alternative zu einer etablierten Therapie, die Hunderttausenden von Menschen geholfen hat, die mit einer Netzhauterkrankung leben, die unbehandelt zu einer erheblichen Seheinschränkung führen kann“, sagte Professor Frank G. Holz, Universitätsklinikum Bonn, und ergänzte: „Außerdem haben sie das Potenzial, Einsparungen für die Gesundheitssysteme zu erzielen.“

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) empfahl die Zulassung von Byooviz™ bereits im Juni 2021. Die Markteinführung erfolgte jetzt nach Ablauf des Patents des Referenzprodukts.

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 89 NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL / WISSENSWERTES

Bei der CAR-T-Zell-Therapie handelt es sich um eine innovative Krebsimmuntherapie, bei der patienteneigene T-Zellen im Labor gentechnologisch so verändert werden, dass sie krebsspezifische Rezeptoren auf ihrer Oberfläche ausbilden (CAR steht für Chimeric Antigen Receptor). Werden diese veränderten CAR-TZellen dem Patienten reinfundiert, lösen sie eine anhaltende Immunreaktion aus: Mithilfe des chimären Antigen-Rezeptors erkennen die CAR-T-Zellen die Krebszellen und zerstören sie (Abb. 1). Die CAR-T-Zell-Therapie Tisagenlecleucel (Kymriah®) ist zugelassen für die Behandlung der refraktären oder rezidivierten akuten lymphatischen B-Zell-Leukämie (r/r B-Zell-ALL), des rezidivierten oder refraktären diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms (r/r DLBCL) sowie des rezidivierten oder refraktären follikulären Lymphoms (r/r FL), jeweils nach zwei oder mehr Linien einer systemischen Therapie [1]. Neue Langzeit- und Real-World-Daten zur CART-ZellTherapie mit Tisagenlecleucel in den genannten 3 Indikationen wurden im Rahmen der 64. Jahrestagung der American Society of Hematology (ASH) präsentiert.

ELARA-Studie: Lang anhaltendes Ansprechen beim r/r FL nach zwei oder mehr Vortherapien

Dass speziell Patienten mit r/r FL und einem Hochrisikoprofil von Tisagenlecleucel profitieren können, für die es bislang keine längerfristig wirksame Therapieoptionen gab, zeigen die 2-Jahres-Daten der ELARA-Studie, die Professor Martin Dreyling, Leiter des Zentrums für maligne Hämatologie am Comprehensive Cancer Center der

Langzeit- und Real-WorldDaten bestätigen Wirksamkeit und Sicherheit der CAR-T-ZellTherapie mit Tisagenlecleucel

Ablauf der CAR-T-Zell-Therapie mit KYMRIAH® (Tisagenlecleucel)

Leukapherese Zellen werden gewonnen.

Modifikation Zellen werden mit dem anti-CD19-Krebsrezeptor ausgestattet.

Infusion Zellen werden re-integriert.

ca. 4 Wochen von Abholung bis Rücklieferung

Normale Immunkompetenz gegen Krebszellen

Abbildung 1

Ludwig-Maximilians-Universität München, vorstellte. In die offene, multizentrische, einarmige Phase-II-Studie ELARA [2] wurden erwachsene Patienten mit r/r FL nach zwei oder mehr Therapielinien eingeschlossen. Die 94 in der Wirksamkeitsanalyse berücksichtigten Patienten hatten eine messbare Erkrankung zum Zeitpunkt der Infusion, etliche davon waren Hochrisikopatienten mit einer schlechte Prognose [3]: vorherige hämatopoetische Stammzelltransplantation (37,2 %), doppelt refraktäre Erkrankung (69,1 %), hoher Follicular-Lymphoma-In-

Erweiterte Immunkompetenz gegen Krebszellen

ternational-Prognostic-Index bei Studienbeginn ≥3 (60,6 %), hoher Laktatdehydrogenase-Spiegel bei Studienbeginn (31,9 %), hohe Konzentration des C-reaktiven Proteins vor der Infusion (51,1 %), eine radiologisch ausgedehnte Erkrankung (64,9 %), eine Erkrankungsprogression innerhalb von 2 Jahren nach Ersttherapie (POD24) (64,9 %), ein hohes metabolisches Gesamttumorvolumen (TMTV, 21,3 %) bzw. 5 oder mehr vorherige Therapielinien (28,7 %).

Primärer Wirksamkeitsendpunkt war die vollständige Ansprechrate (complete response rate, CRR), die

JOURNAL PHARMAKOL. U. THER. 3/2023 · 32. JAHRGANG © VERLAG PERFUSION GMBH 90 NEUE UND BEWÄHRTE ARZNEIMITTEL
Autoreproduktion der KYMRIAH® CAR-T-Zellen
Tumorzellen können erkannt und eliminiert werden.

auf der Grundlage der Kriterien der Lugano-Klassifikation (Cheson 2014) bestimmt wurde. Zu den sekundären Endpunkten gehörten die Dauer des Ansprechens (duration of response, DOR), das progressionsfreie Überleben (progressionfree survival, PFS), das Gesamtüberleben (overall survival, OS) und die Sicherheit [2].

Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 28,9 Monaten wurde wurde ein vollständiges Ansprechen bei 64 der 94 in die Analyse eingeschlossenen Studienteilnehmer festgestellt. Damit lag die CRR bei 68 % (95%-KI: 58 – 77) und die Gesamtansprechrate (ORR) bei 86 % (95%-KI: 78 – 92). Patienten mit einer schlechten Prognose (Hochrisikogruppen) zeigten ebenfalls hohe CRR und ORR. Dazu gehörten beispielsweise Patienten mit einer Progression innerhalb von 24 Monaten nach der Erstlinientherapie (POD24) oder einer hohen Tumorlast bei Studieneinschluss [2]:

• Patienten mit POD24:

CRR = 59 % (95%-KI: 46 – 71);

ORR = 82 % (95%-KI: 70 – 91)

• Patienten mit hoher Tumorlast (Bulky Disease): CRR = 65 % (95%-KI: 51 – 76); ORR = 86 % (95%-KI: 74 – 93)

Die mediane Dauer des Ansprechens, des progressionsfreien Überlebens sowie des Gesamtüberlebens wurden zum Zeitpunkt der Datenanalyse noch nicht erreicht. Die geschätzten Raten, bezogen auf 24 Monate nach der CAR-TZell-Infusion, betrugen [2]:

• DOR: 66 % und 78 % für Patienten mit vollständigem Ansprechen

• PFS: 57% (95%-KI: 46 – 67)

• OS: 88 % (95%-KI: 78 – 93)

Es wurden keine neuen Sicherheitssignale beobachtet. Ein Zytokin-Freisetzungssyndrom (vgl.

Insert auf S. 92) ≥ Grad 3 trat bei keinem Studienteilnehmer auf. Bei einem Patienten (1 %) kam es zu einem Immuneffektorzellassoziierten Neurotoxizitätssyndrom ≥ Grad 3. Es wurden keine Todesfälle berichtet, die mit der Tisagenlecleucel-Behandlung im Zusammenhang standen [2].

Erste Real-World-Daten aus Deutschland für Patienten mit r/r B-Zell-ALL

Ergebnisse zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Tisagenlecleucel in der klinischen Versorgungspraxis aus Deutschland bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis einschließlich 25 Jahren mit akuter lymphatischer B-Zell-Leukämie (r/r B-Zell-ALL) und schlechter Prognose präsentierte Professor Peter Bader, Universitätsklinikum Frankfurt [4].

In eine retrospektive Studie, zu der alle CAR-T-Zellzentren in Deutschland eingeladen wurden, wurden 81 r/r B-Zell-ALL-Patienten im Alter von bis einschließlich 25 Jahren eingeschlossen, die eine Infusion mit Tisagenlecleucel erhalten hatten. Darunter waren 65 (80,2 %) mit einem Rezidiv nach einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation (hematopoietic stem-cell transplantation, HSCT).

28 Tage nach der CAR-T-Zell-Gabe waren 71 Patienten (87,7 %) in Remission. Bezogen auf 24 Monate nach der CAR-T-Zell-Infusion berechneten Bader et al. die Wahrscheinlichkeit für ein ereignisfreies (EFS), rezidivfreies (RFS) und Gesamtüberleben (OS) mit:

• EFS: 45,3 %

• RFS: 51,7 %

• OS: 53,2 % Dabei stellte sich die Zeit bis zum Auftreten eines Rezidivs nach ei-

ner HSCT als ein starker Prädiktor heraus: Die 24-Monats-Raten bei Patienten mit einem Rezidiv 6 oder mehr Monate nach einer HSCT betrugen 55,5 % für das EFS und 74,8 % für das OS (p = 0,001). Für Patienten mit Rückfällen innerhalb von 6 Monaten nach HSCT ergab sich für das EFS dagegen nur eine Rate von 18,4 % und für das OS von 16,0 %).

Die Mehrheit der Patienten wurde nach einem Rückfall nach HSCT behandelt, insgesamt 45,3 % konnten mit einer Einzeldosis Tisagenlecleucel gerettet werden [4].

Ergebnisse des Österreichischen CART-Networks

Anlässlich des ASH 2022 wurden auch erste Real-World-Daten des österreichischen CAR-T-Network vorgestellt [5]. Für eine CAR-TZell-Therapie wurden insgesamt 65 erwachsene Patienten mit einem r/r DLBCL nach zwei oder mehr Vortherapien nach einem einheitlichen Algorithmus ausgewählt. 31 wurden mit Tisagenlecleucel und 34 mit Axicabtagen-Ciloleucel behandelt und im Median 4,85 Monate nachbeobachtet. Bezogen auf 12 Monate betrug die PFS-Rate insgesamt 64 % (95%-KI: 51 – 79) und die OS-Rate 75 % (95%-KI: 63 – 90). Die Wirksamkeit von Tisagenlecleucel lag auf ähnlichem Niveau hinsichtlich PFS und OS wie Axicabtagen-Ciloleucel – bei einer zugleich bekannten Verträglichkeit: Nach der Infusion von Tisagenlecleucel kam es im Vergleich zu Axicabtagen-Ciloleucel seltener zu einem Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS ≥ Grad 3: 0 % versus 6 %) bzw. zu einem Immuneffektorzell-assoziierten Neurotoxizitätssyndrom (ICANS ≥ Grad 3: 3,2 % versus 14,7 %).

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Zytokin-Freisetzungssyndrom

Das Zytokin-Freisetzungssyndrom (cytokine release syndrome, CRS) ist eine systemische inflammatorischeReaktion, die mit der Vermehrung und Aktivierung der in Tisagenlecleucel enthaltenen Immunzellen oder der Vernichtung der Tumorzellen im Zusammenhang stehen kann.

In den Zulassungsstudien wurde nach der Tisagenlecleucel-Infusion sehr häufig ein CRS beobachtet, einschließlich tödlicher oder lebensbedrohlicher Ereignisse:

Symptome und Anzeichen eines CRS

Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Durchfall

Myalgie, Arthralgie

Schüttelfrost

Fieber

Hautausschlag Fatigue Kopfschmerzen

Exzessives Schwitzen (Diaphorese)

Diagnose basierend auf den klinischen Anzeichen und Symptomen

Hypotonie

Dyspnoe, Tachypnoe, Hypoxie

Tachykardie

• In der ELIANA-Studie mit 79 pädiatrischen Patienten oder jungen Erwachsenen mit r/r B-Zell-ALL entwickelten 77 % der Patienten ein CRS; 48 % entwickelten ein CRS vom Grad 3 oder 4 entsprechend den Penn-Kriterien*.

• In der JULIET-Studie mit 115 erwachsenen Patienten mit r/r DLBCL entwickelten 57 % der Patienten ein CRS; 23 % entwickelten ein CRS vom Grad 3 oder 4 gemäß den Penn-Kriterien.

• In der ELARA-Studie mit 97 erwachsenen Patienten mit r/r FL entwickelten 50 % der Patienten ein CRS gemäß den Lee-Kriterien**; es wurde kein CRS vom Grad 3 oder 4 berichtet.

In fast allen Fällen setzte das CRS in folgenden Zeiträumen nach der Tisagenlecleucel-Infusion ein:

• bei Patienten mit B-Zell-ALL zwischen 1 und 10 Tagen (im Median nach 3 Tagen)

• bei Patienten mit DLBCL zwischen 1 und 9 Tagen (im Median nach 3 Tagen)

• bei Patienten mit FL zwischen 1 und 14 Tagen (im Median nach 4 Tagen)

Das CRS klang im Mittel bei B-Zell-ALL-Patienten nach 8 Tagen, bei DLBCL-Patienten nach 7 Tagen und bei FL-Patienten nach 4 Tagen wieder ab.

* Penn-Kriterien: Grad 1: leichte Reaktionen, die eine unterstützende Behandlung erfordern; Grad 2: mittelschwere Reaktionen, die eine intravenöse Therapie erfordern; Grad 3: schwere Reaktionen, die die Gabe von niedrig dosierten Vasopressoren oder von Sauerstoff erfordern; Grad 4: lebensbedrohliche Reaktionen, die hoch dosierte Vasopressoren oder Intubation erfordern; Grad 5: Tod

** Lee-Kriterien: Grad 1: leichte Allgemeinsymptome, die eine symptomatische Behandlung erfordern; Grad 2: Symptome, die eine moderate Intervention erfordern, wie z. B. Low-Flow-Sauerstofftherapie oder niedrig dosierte Vasopressoren; Grad 3: Symptome, die eine aggressive Intervention erfordern, wie z. B. High-Flow-Sauerstofftherapie und hoch dosierte Vasopressoren; Grad 4: lebensbedrohliche Symptome, die eine Intubation erfordern; Grad 5: Tod.

Insgesamt bestätigen die Real-WorldDaten aus Deutschland und Österreich die Wirksamkeit und das günstige Sicherheitsprofil von Tisagenlecleucel in der klinischen Routine.

Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur

1 Fachinformation Kymriah® 1,2 × 106 bis 6 × 108 Zellen Infusionsdispersion

2 Dreyling M et al. Abstract 608 presented at 64th American Society of Hematology Annual Meeting; December 11, 2022

3 Thieblemont C et al. Abstract 131 presented at 63rd American Society of Hema-

tology Annual Meeting; December 11, 2021

4 Bader P et al. Abstract 4670 presented at 64th American Society of Hematology Annual Meeting; December 12, 2022

5 Rudzki JD et al. Abstract 2964 presented at 64th American Society of Hematology Annual Meeting; December 11, 2022

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ARZNEIMITTEL
Quelle: Kymriah® RMP Training für Angehörige der Heilberufe V3.2
CRS

Migräneprophylaxe mit Fremanezumab: Neue Daten zur Wirksamkeit im Therapiealltag und bei komorbider Depression

Migräne kann die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränken und geht häufig mit Komorbiditäten wie Depressionen, Medikamentenübergebrauch oder kardiovaskulären Begleiterkrankungen einher. Eine vielversprechende Möglichkeit zur Behandlung der Migräne ist die prophylaktische Therapie mit den spezifisch für die Migräneprophylaxe entwickelten anti-CGRP(Calcitonin Gene-Related Peptide) Antikörpern, deren Wirksamkeit in klinischen Studien gut belegt ist und deren Anwendung inzwischen Eingang in die klinische Routine gefunden hat. Anlässlich eines virtuellen, von Teva veranstalteten Pressegesprächs präsentierten namhafte Experten aktuelle RealWorld-Daten für den anti-CGRPAntikörper Fremanezumab (Ajovy®), die dessen Effektivität und Verträglichkeit im Praxisalltag erneut bestätigen. Darüber hinaus belegen neue Studienergebnisse die Wirksamkeit von Fremanezumab bei Migränepatienten mit komorbider Depression.

Aktuelle Interimsanalyse der FINESSE-Studie liefert überzeugende Daten aus dem Behandlungsalltag

„Real-World-Studien ermöglichen es, die Behandlung der Migräne immer gezielter auf die spezifischen Bedürfnisse der Patientin oder des Patienten auszurichten“,

konstatierte Dr. Astrid Gendolla, Essen. Aus diesem Grund wurde die prospektive, nicht interventionelle Beobachtungsstudie FINESSE initiiert, die die Effektivität und Verträglichkeit von Fremanezumab bei Patienten mit episodischer (EM) oder chronischer Migräne (CM) in der klinischen Praxis untersucht. Eingeschlossen wurden über 1.000 Patienten (Alter ≥18 Jahre) mit EM oder CM in Deutschland und Österreich, denen Fremanezumab entsprechend der Zulassung (mindestens 4 Migränetage/Monat) verordnet worden war. Mittlerweile liegen die Ergebnisse der 3. Interimsanalyse der FINESSE-Studie vor, in der die Daten von 926 Patienten (56,5 % mit EM und 43,5 % mit CM) ausgewertet wurden. 53,8 % der Studienteilnehmer mit vorliegenden 6-Monats-Daten (n = 826) erreichten den primären Endpunkt, die Reduktion der monatlichen durchschnittlichen Migränetage um ≥50 % innerhalb der 6 Monate nach Beginn der Fremanezumab-Therapie. Bei 67,0 % der CM-Patienten wurden die monatlichen durchschnittlichen Migränetage um ≥30 % reduziert. Unter der Therapie mit Fremanezumab kam es zu einer kontinuierlichen Reduktion der monatlichen durchschnittlichen Migränetage von 12,6 (Baseline, n=926) auf 5,3 (Monat 6, n=712) und 5,0 (Monat 12, n=484) sowie zu einer Verringerung der Anzahl an Tagen mit Einnahme akuter Migränemedikation von 9,6 (Baseline, n=901) auf 3,7 (Monat 6, n=712) und 3,7 (Monat 12, n=484).

Außerderm zeigte sich unter Fremanezumab eine deutliche Verminderung der migräne- und kopfschmerzbedingten Beeinträchtigung, gemessen anhand des mittleren MIDAS (Migraine Disability Assessment) Scores und des

mittleren HIT-6 (6-Item Headache Impact Test) Scores. Die im Behandlungsalltag erhobenen Daten zur Verträglichkeit stehen in Einklang mit dem günstigen Verträglichkeitsprofil von Fremanezumab in den Zulassungsstudien.

Patienten profitieren vom Wechsel auf Fremanezumab

157 der insgesamt 926 Patienten, deren Daten für die 3. Interimsanalyse zur Verfügung standen, waren vor der Therapie mit mit einem anderen Antikörper gegen CGRP oder dessen Rezeptor behandelt worden (Erenumab, n=140; Galcanezumab, n=9; Erenumab und Galcanezumab, n=8) und wechselten aufgrund unzureichender Wirksamkeit der prophylaktischen Vortherapie auf Fremanezumab. Bei diesen Patienten (EM, CM) sank die durchschnittliche Anzahl der monatlichen Migränetage signifikant von 13,3 (Baseline, n=157) um 5,3 (Monat 1, n=149) und um 6,2 Tage (Monat 3, n=133). 44,3 % aller Patienten dieser Subgruppe erreichten innerhalb eines Monats nach der ersten FremanezumabGabe eine mindestens 50%ige Reduktion der monatlichen durchschnittlichen Migränetage (EM: 52,4 %; CM: 34,3 %).

Rückgang der Depressionssymptomatik

„Migränepatienten mit Begleiterkrankungen wie Depressionen, Medikamentenübergebrauch oder kardiovaskulären Probleme begegnen uns recht häufig“, berichtete PD Dr. Dr. med. Tim Jürgens, Güstrows. Inzwischen ist bekannt, dass der Migräne und psychiatrischen Erkrankungen eine gemeinsame

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Pathophysiologie zugrunde liegt und zwischen Migräne und Depression eine wechselseitige Beziehung besteht. Patienten mit komorbider Depression haben ein erhöhtes Risiko für eine Chronifizierung ihrer Migräne. Außerdem ist bei ihnen die Anzahl der Kopfschmerztage erhöht und sie sind häufig stärker durch die Kopfschmerzen beeinträchtigt. „Bei einer effektiven Migräneprophylaxe erleben wir in der Praxis, dass neben einer Verbesserung der Migränesymptome in vielen Fällen auch eine Besserung der depressiven Symptomatik eintritt“, ergänzte Gendolla.

Dies belegen auch die Daten der UNITE-Studie, in der die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Fremanezumab bei erwachsenen Patienten mit EM oder CM und komorbider Depression (MDD, major depressive disorder) untersucht wurden. Die Ergebnisse zeigen eine signifikante Verringerung der monatlichen Migränetage im Vergleich zu Placebo während der 12-wöchigen Doppelblindphase. Darüber hinaus wurden unter Fremanezumab bei den Betroffenen mit Migräne und MDD eine Verringerung der kopfschmerzbedingten Beeinträchtigungen sowie eine Verbesserung der Depressionssymptomatik erzielt.

In ihrem Resümee waren sich die Experten einig: „Die neuen Daten gewähren nicht nur Einblicke in die Wirksamkeit der Therapie mit Fremanezumab unter realen Bedingungen, sie sind auch für die tägliche Praxisroutine hilfreich, um eine individualisierte und patientenzentrierte Behandlungsstrategie zu entwickeln, bei der die individuellen Bedürfnisse der Patienten, z.B. bei komorbider depressiver Symptomatik, im Fokus stehen.“

Emesis gravidarum, Hyperemesis gravidarum und HPV-bedingte Zervix-Läsionen effektiv therapieren

Auf dem hybrid veranstalteten Fortbildungskongress (FOKO) 2023 des Berufsverbands der Frauenärzte (BVF) in Düsseldorf wurden aktuelle, etablierte und rechtssichere Therapien für Frauen in Klinik und Praxis vorgestellt. Im Fokus des Satelliten-Symposiums der ITF Pharma GmbH standen Behandlungsstrategien für die Indikationen Emesis gravidarum und Hyperemesis gravidarum sowie aktuelle therapeutische Konzepte zur Prophylaxe des Zervixkarzinoms.

Für die Behandlung von Schwangerschaftsübelkeit und -erbrechen bietet ITF Pharma mit Cariban® eine effektive, erstattungsfähige In-Label-Therapie. Das Vaginalspray Colpofix® des Unternehmens kann HPV-bedingten Zervixkarzinomen wirksam vorbeugen.

Hyperemesis gravidarum: Stufenschema erleichtert Behandlung

Mehr als 85 % aller schwangeren Frauen leiden an Übelkeit und Erbrechen. Bei 80 % der Betroffenen dauern die Symptome den ganzen Tag an. 10 % der Schwangeren haben während der gesamten Gravidität Beschwerden. „Trotz dieser Zahlen und der enormen physischen und psychischen Belastung der Frauen, gibt es bisher keine deutsche Leitlinie für die Indikationen Emesis gravidarum und Hyperemesis gravidarum. Für Emesis gravidarum steht jedoch seit einigen Jahren eine zugelassene, wirksame und sichere Therapie zur Verfügung“, sagte Dr. Matthias Krick,

Moers. Dr. Jan Pauluschke-Fröhlich, Tübingen, ergänzte, dass auch in den Kliniken Standards fehlen. Zum strukturierten Vorgehen bei Hyperemesis gravidarum empfiehlt er das vom Perinatalzentrum des Universitätsklinikums Tübingen entwickelte Stufenschema. Dieses reicht von der Sicherung der Diagnose (Stufe 1), über die psychologische Unterstützung der Betroffenen (Stufe 2), die Anpassung der Lebensgewohnheiten (Stufe 3) und alternative Therapieansätze (Stufe 4) bis hin zur Pharmakotherapie (Stufe 5). Richtungsweisend für die Diagnose sind v.a. die Klinik der Patientin und die Ergebnisse der Laboruntersuchung (Elektrolytentgleisung, Hämatokriterhöhung, Ketonurie etc.). Da psychologische Faktoren in der Pathogenese eine wichtige Rolle spielen, sollte die Indikation zur psychosomatischen und therapeutischen Begleitbehandlung großzügig gestellt werden. Eine Anpassung der Lebensgewohnheiten ist ebenfalls relevant. Neben der medikamentösen Therapie mit BVitaminen, Antihistaminika, Anticholinergika und anderen niedrig dosierten Antiemetika sowie mit gastrointestinal wirksamen Medikamenten haben auch alternative Therapieansätze wie Akupunktur, Akupressur und Ingwer ihre Berechtigung. Bei ausgeprägtem Verlauf (Hyperemesis Grad II) ist eine stationäre Behandlung indiziert.

Emesis gravidarum: In-Label-Therapie für Rechtssicherheit und Erstattungsfähigkeit

Die einzige In-Label-Behandlung von Emesis gravidarum bzw. NVP (NVP = Nausea and Vomiting du-

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ring Pregnancy) ist eine Kombination der Wirkstoffe Doxylamin und Pyridoxin. Diese Wirkstoffkombination ist im Präparat Cariban® von ITF Pharma enthalten. Doxylamin, ein Antihistaminikum der ersten Generation, überwindet die Blut-Hirn-Schranke und blockiert u.a. Histamin-H1-Rezeptoren kompetitiv, reversibel und unspezifisch. Auf diese Weise wird das Brechzentrum im Hirnstamm gehemmt. Pyridoxin (Vitamin B6) reguliert das übelkeitsauslösende Hormonungleichgewicht mit zum Teil überschießender Hormonproduktion (β-HCG, Estrogen, Progesteron).

Cariban® ist seit 2019 auf dem Markt und damit das erste Arzneimittel, das explizit für die Indikation NVP in Deutschland zugelassen und erstattungsfähig ist. „Das ist es, was uns in der Praxis am meisten interessiert. Wir verordnen ein zugelassenes Präparat auf einem rosa Rezept, haben damit Rechtssicherheit und sind aus der Off-Label-Haftung komplett raus“, erläuterte Krick. Der Praktiker empfiehlt: „Für die Verordnung und Erstattung von Cariban® sollten Ärzte zunächst dokumentieren, dass eine konservative Behandlung nicht erfolgreich war. Bei der anschließenden Einstellung auf Cariban® kann der PUQE-Score helfen.“ Mit 3 Fragen zu Übelkeit, Erbrechen und Würgereiz lässt sich über den PUQE-Score (Pregnancy Unique Quantification of Emesis and Nausea) die Schwere der Symptome erfassen und die Verhinderung der Progression zur Hyperemesis gravidarum dokumentieren. Darüber hinaus schützt die richtige ärztliche Codierung der Indikation vor Regressen. Cariban® ist gemäß §24c SGB V erstattungsfähig und kann auf rosa Kassenrezept mit dem ICD-10-

Maßnahmen zur Früherkennung des HPV-bedingten Zervixkarzinoms

Frauen zwischen 20 und 34 Jahren haben einmal jährlich Anspruch auf eine Papanicolaou-Abstrichuntersuchung („Pap“-Abstrich). Auffällige Befunde werden seit 1. Januar 2020 im Rahmen der Früherkennung altersabhängig nach festen Algorithmen weiter abgeklärt. 20- bis 29-Jährige haben in einem Zeitraum von 6 – 12 Monaten Anspruch auf eine Kontroll-Zytologie. In diesem Fall ist eine Kolposkopie nur dann vorgesehen, wenn die Zellveränderungen über 24 Monate persistieren oder höhergradige Zellveränderungen auftreten.

Im Alter von 30 – 34 Jahren erfolgt nach 6 bis 12 Monaten die Kontrolle des zytologischen Befundes durch einen HPV-Test. Bei positivem HPV-Test findet in dieser Altersstufe bereits nach 3 Monaten eine Abklärungskolposkopie statt. Bei einem negativen HPV-Nachweis erfolgt die Rückkehr zum regulären Screening.

Frauen, die 35 Jahre alt oder älter sind, können alle 3 Jahre an einer Kombinations-Untersuchung aus zytologischem Abstrich und HPV-Test teilnehmen. Bei auffälligen Befunden macht ein erneuter Kombinations-Test nach 12 Monaten Sinn. Ergibt in dieser zweiten Untersuchung die Zytologie mindestens den Befund II-p oder ist der HPV-Test positiv, sollte innerhalb von 3 Monaten eine Abklärungskolposkopie erfolgen.

Code O21.8 oder O21.9 verordnet werden. Die Codierung ist sowohl für die Abrechnung als auch für die Plausibilität der Arzneiverordnung wichtig.

Die Wirksamkeit und Sicherheit von Cariban® wurden in klinischen Studien mit mehr als 200.000 Teilnehmerinnen bestätigt. Seit der Markteinführung wurden in Deutschland 14,8 Millionen Kapseln Cariban® verordnet. In den Leitlinien der ACOG (American College of Obstetricians and Gynecologists) wird die Wirkstoffkombination aus Pyridoxin und Doxylamin als FirstLine-Therapie empfohlen, wenn nicht-pharmakologische Methoden keinen ausreichenden Erfolg zeigten. Auch das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der CharitéUniversitätsmedizin Berlin empfiehlt Doxylamin in Kombination mit Pyridoxin als Mittel der Wahl.

HPV-bedingtes Zervixkarzinom: Kein optimaler Schutz durch Impfung und Screening

Die meisten Menschen machen in ihrem Leben eine Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) durch. 10 % der Frauen, die sich mit einem HPV-Hochrisiko-Typ anstecken, bleiben längere Zeit infiziert und können Gewebeveränderungen entwickeln. In ca. 1 % der Fälle entsteht daraus ein Karzinom – vor allem das Zervixkarzinom. Deshalb empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) in Deutschland die HPV-Impfung als Schutzmaßnahme für Mädchen und Jungen im Alter zwischen 9 und 14 Jahren und eine Nachholimpfung bei Jugendlichen bis 17 Jahren. Die verfügbaren Impfstoffe schützen vor 70 bzw. 90 % der durch Hochrisiko-HPV-Typen ausgelösten Gebärmutterhals-

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karzinome. „Allerdings liegt die Impfquote laut RKI in Deutschland bei unter 50 %. Eine Impfung kann deshalb die Früherkennung nur ergänzen, aber nicht ersetzen“, betonte Dr. Gerd Jansen, Olching. Die auf einen auffälligen „Pap“Abstrich und/oder einen positiven HPV-Test folgende „Wait-andSee“-Periode, kann die Betroffenen sehr belasten. So zeigten die Ergebnisse der PODCAD-Studie, einer Online-Befragung von 3.753 Patientinnen, dass 69,3 % der Frauen Angst hatten, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken. 49,4 % der Frauen äußerten die Sorge, an Krebs zu sterben. 28 % der Frauen zeigten Anzeichen einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung. Der Aufklärung und Vorbeugung HPV-bedingter Gebärmutterhalsläsionen kommt deshalb eine besondere Bedeutung zu.

Colpofix®: Nachgewiesene Wirkung bei HPV-bedingten Gebärmutterhalsläsionen

Colpofix®, ein Medizinprodukt der ITF Pharma GmbH, dient zur Vorbeugung und Behandlung von Gebärmutterhalsschädigungen, die durch HP-Viren verursacht wurden. Das Vaginalgel zum Sprühen enthält die synergistisch wirkenden Stoffe Carboxy-MethylBeta-Glucan und Polycarbophil. „Polycarbophil bildet einen mukoadhäsiven Film, der vor externen Reizfaktoren schützt. Auch senkt es den pH-Wert, indem es Protonen bei Kontakt mit der zervikalen Schleimhaut freisetzt. CarboxyMethyl-Beta-Glucan hat einen präbiotischen Effekt. Es fördert nützliche Bakterien und sorgt so für die Regeneration und den Erhalt des vaginalen Mikrobioms“, erklärte Jansen den Wirkmechanismus.

Die klinische Wirksamkeit von Colpofix® wurde in Studien mit insgesamt mehr als 2.000 Frauen nachgewiesen. So untersuchte eine retrospektive Fall-KontrollStudie an 784 Frauen im Alter von 18 – 60 Jahren die Auswirkungen von Carboxy-Methyl-Beta-Glucan auf die Epithelisierung des Gebärmutterhalses und auf die vaginale Mikrobiota bei Patientinnen mit HPV-Infektion oder geringgradiger zervikaler präneoplastischer Läsion (CIN 1). Unter der Behandlung mit Colpofix® bildeten sich die Läsionen deutlich zurück (–50,3 % versus –26,2 % bei der unbehandelten Kontrollgruppe).

Nach 3 Monaten Behandlung und 6 Monaten Follow-up waren die positiven Ergebnisse für den HPVTest signifikant reduziert (–39,1 % gegenüber –16,5 % in der Kontrollgruppe). Auch die Anzahl positiver Ergebnisse des „Pap“-Tests sank signifikant (–37,1 % gegenüber –15,2 % in der Kontrollgruppe).

Gemessen am Rückgang positiver Amin-Tests und der vaginalen pH-Werte regenerierte sich das vaginale Mikrobiom. Bei 65 % der Patientinnen mit zu Beginn erhöhtem vaginalem pH-Wert wurde der pH-Wert in den Normalbereich gesenkt. Das Ektopiemuster, der Gradmesser für die Epithelisierung, verbesserte sich um 48 % und damit viermal stärker als bei unbehandelten Patientinnen. „Eine Vaginaltherapie mit Colpofix® kann also die allgemeine Vaginalgesundheit verbessern und sich positiv auf das Risiko der Persistenz und Progression von CIN-Dysplasien auswirken“, resümierte Jansen.

Colitis ulcerosa: Neue Daten zu Filgotinib vom ECCO-Jahreskongress

Das belgische Biopharma-Unternehmen Galapagos präsentierte auf dem diesjährigen Kongress der European Crohn’s and Colitis Organisation (ECCO) neue Daten zur Colitis-ulcerosa-Therapie mit dem präferenziellen Januskinase 1 (JAK1)-Inhibitor Filgotinib (Jyseleca®), unter anderem die mit Spannung erwarteten ~4-JahresDaten der Langzeitfortsetzungsstudie SELECTION LTE sowie Posthoc- und Sicherheitsanalysen. Die Daten unterstreichen erneut die lang anhaltende Effektivität und Verträglichkeit von Filgotinib.

Steroidfreie Remission rückt in den Fokus

In ihrer Präsentation hob PD Dr. med. Irina Blumenstein, Frankfurt a. M., hervor, welch große Fortschritte in der Therapie chronischentzündlicher Erkrankungen wie der Colitis ulcerosa (CU) in den vergangenen Jahren erzielt wurden. „Diese haben die Erwartungen an die Therapie steigen lassen – neben klinischer Remission und einer verringerten Entzündungsaktivität rücken die gesundheitsbezogene Lebensqualität und steroidfreie Remission immer stärker in den Fokus.“ Ihre Aussagen verdeutlichte sie am Beispiel Jyseleca®: Der präferenzielle JAK1Inhibitor zeigte in der pivotalen Phase-III-Studie SELECTION ein schnelles und anhaltendes Ansprechen, ermöglichte einem signifikanten Anteil der Patienten eine 6-monatige steroidfreie klinische Remission1 und führte zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen.

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Bereits nach einer Woche hatten die mit Filgotinib 200 mg 1 täglich behandelten Patienten im Vergleich zur Placebogruppe signifikant häufiger kein Blut im Stuhl. Außerdem waren mehr als 90 % der Patienten, die unter Filgotinib 200 mg 1 × täglich in Woche 58 eine klinische Remission erreichten, seit mindestens 6 Monaten steroidfrei. „Dieses Ergebnis ist besonders erfreulich, denn eine langfristige steroidfreie Remission gehört zu den wichtigen Therapiezielen, die in der Leitlinie zur Colitis ulcerosa genannt werden“, resümierte Blumenstein.

Umfassende Krankheitskontrolle als Therapieziel

Mit den Fortschritten in der CUTherapie gewinnt auch das Behandlungsziel einer umfassenden Krankheitskontrolle (Comprehensive Disease Control, CDC) zunehmend an Bedeutung, das sowohl Aspekte aus ärztlicher wie auch aus Betroffenen-Sicht umfasst. Dies stand auch im Zentrum einer Post-hoc-Analyse der SELECTION-Studie, die Blumenstein vorstellte: „In den kombinierten Endpunkt gingen sowohl die klinische und biologische Remission als auch die endoskopische Verbesserung und der IBDQ (Inflammatory Bowel Disease Questionnaire) als Parameter für die gesundheitsbezogene Lebensqualität ein2, – zum Erreichen des kombinierten Endpunktes mussten alle Parameter bei einem Patienten erreicht werden.“ Es zeigte sich, dass mehr Teilnehmer, die in der Induktions- und Erhaltungsphase

1 Definiert als Remission in Woche 58 und ≥6 Monate zuvor keine Steroidgabe bei Patienten, die zu Beginn der Erhaltungsstudie Steroide erhalten hatten.

Filgotinib 200 mg 1 × täglich erhalten hatten, den kombinierten Endpunkt in Woche 10 bzw. 58 erreichten als die Teilnehmer unter Placebo. Abschließend erklärte Blumenstein: „Wir haben jetzt seit über einem Jahr Erfahrung mit Filgotinib in der Behandlung der Colitis ulcerosa. Die Ergebnisse der klinischen Studien lassen sich bei unseren Patienten im Klinikalltag bestätigen.“

Aktuelle Interimsdaten der Langzeitfortsetzungsstudie SELECTION LTE

Auf dem ECCO 2023 wurde außerdem eine Reihe neuer Daten zur Effektivität und Verträglichkeit des präferenziellen JAK1-Inhibitors Filgotinib vorgestellt. In eine aktuelle Interimsanalyse wurden 148 Patienten eingeschlossen, die zunächst in der SELECTION-Studie über 58 Wochen verblindet und anschließend in SELECTION LTE unverblindet für insgesamt 3,9 Jahre mit Filgotinib 200 mg 1 täglich behandelt wurden („Completer“). Zudem umfasste die Analyse 372 Patienten, die in Woche 10 kein klinisches Ansprechen3 und keine klinische Remission4 auf 100 mg oder 200 mg Filgotinib 1täglich

2 Jeder der folgenden Punkte musste erreicht sein:

a) klinische Remission definiert als pMCS (Ausschluss endoskopische Domain ≤2 und kein Subscore >1),

b) biologische Remission definiert als fäkales Calprotectin <150 μg/g,

c) IBDQ-Remission definiert als IBDQ >170 und

d) endoskopische Verbesserung definiert als Mayo endoskopischer Subscore ≤1,7.

3 Klinisches Ansprechen definiert als Reduktion um ≥3 Punkte im Mayo Clinic Score (MCS) und ≥30 % ab Baseline Induktionsphase mit begleitendem Rückgang des rektalen Blutungsscores um ≥1 Punkt bzw. das Erreichen eines Subscores von 0 oder 1.

zeigten („Non-Responder“) und mit 200 mg Filgotinib unverblindet für 192 Wochen in SELECTION LTE weiter behandelt wurden. Die Auswertung zeigte, dass die in der SELECTION-Studie erreichte Verbesserung des partiellen Mayo Clinic Scores (pMCS5) bei den Completern über den gesamten Beobachtungszeitraum (144 Wochen) erhalten blieb (As-observedAnalyse). Bei den Non-Respondern ging der pMCS von Eintritt in SELECTION LTE bis Woche 192 zurück. Darüber hinaus erreichten über 90 % der Completer und über 60 % der Non-Responder eine klinisch relevante Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (IBDQ-Score).

Es wurden keine neuen Sicherheitssignale beobachtet, das Sicherheitsprofil war mit dem in früheren Studien vergleichbar.

Das Abstract zu den bis zu ~4-Jahres-Daten für Filgotinib bei CUPatienten wurde beim ECCO 2023 unter die „Top 11 Abstracts“ gewählt.

Neue Sicherheitsanalyse: Keine Assoziation zwischen Filgotinib und MACE bzw. VTE

Um das Sicherheitsprofil von Filgotinib in verschiedenen Indikationen besser zu verstehen, wurde eine gepoolte Analyse mit Blick auf das Risiko für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) und venöse thrombo-

4 Klinische Remission definiert als endoskopischer Subscore ≤1, keine rektalen Blutungen, eine Reduktion des Stuhlfrequenz (SF)-Subscores um ≥1 Punkt gegenüber dem Ausgangswert bzw. das Erreichen eines Subscores von 0 oder 1.

5 pMCS ist definiert als Summe aus rektaler Blutung, Stuhlfrequenz und Physician‘s Global Assessment Subscore zwischen 0 und 9.

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Filgotinib

Filgotinib (Jyseleca®) ist ein 1 × täglich oral einzunehmender, präferenzieller Inhibitor der Januskinase 1 (JAK1). Er ist angezeigt zur Behandlung der mittelschweren bis schweren aktiven Colitis ulcerosa bei erwachsenen Patienten, die auf eine konventionelle Therapie oder ein Biologikum unzureichend angesprochen haben, nicht mehr darauf ansprechen oder diese nicht mehr vertragen haben. Jyseleca® ist als 200-mg- und 100-mg-Filmtabletten erhältlich. Die empfohlene Dosis beträgt 200 mg 1 × täglich. Eine Dosisanpassung auf 100 mg 1 × täglich wird empfohlen bei CU-Patienten ≥65 Jahre und/oder mit einem erhöhten Risiko für venöse Thromboembolien (VTE), schwerwiegende unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse (MACE) oder maligne Erkrankungen in der Erhaltungstherapie. Bei einem Krankheitsschub kann die Dosis auf 200 mg 1 × täglich erhöht werden. Bei einer Langzeitbehandlung sollte die niedrigste wirksame Dosis angewendet werden. Bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Nierenfunktionsstörung (CrCl 15 bis <60 ml/min) wird eine Dosis von 100 mg 1 × täglich empfohlen. Filgotinib wurde bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz (CrCl <15 ml/min) nicht untersucht und wird daher für diese Patienten nicht empfohlen.

embolische Ereignisse (VTE) bei Patienten durchgeführt, die mit Filgotinib behandelt wurden. In die Analyse eingeschlossen waren insgesamt 10 Phase-IIb/III- bzw. Extensionsstudien in den Indikationen rheumatoide Arthritis und Colitis ulcerosa. Daten aus dem Praxisalltag (Real-World-Kohorte) wurden durch eine systematische Literaturrecherche erhoben. Dabei ergab sich kein Zusammenhang zwischen einer Behandlung mit Filgotinib 200 mg und einem erhöhten Risiko für MACE oder VTEs verglichen mit allgemeinen RA- bzw. CU-Populationen. Ein numerisch erhöhtes – jedoch nicht signifikantes – Risiko für MACE oder VTE bestand in Subgruppen mit Patienten über 65 Jahre und Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen. Diese Ergebnisse sind auch vor dem Hintergrund des Artikel-20-Verfahrens der Europäischen Arzneimittelagentur für den Einsatz von

JAK-Inhibitoren bei chronischentzündlichen Erkrankungen und der damit einhergehenden Zulassungsaktualisierung durch die Europäische Kommission zu bewerten.

Effekt von Filgotinib auf Anämie bei CU-Patienten

Filgotinib ist ein präferenzieller JAK1-Inhibitor, der die ZytokinSignalweiterleitung moduliert und so auf die Entzündungskaskade einwirkt. Dabei werden JAK1abhängige Zytokin-Signalwege stärker beeinflusst als andere. Dies ist unter anderem bei der Aufrechterhaltung einiger physiologischer Prozesse und Funktionen bedeutsam. Beispielsweise wird JAK2, das für die Erythropoese relevant ist, durch Filgotinib kaum inhibiert. Eine präferenzielle Inhibition von JAK1 könnte im Vergleich zu Pan-JAK-Inhibitoren zu einem

verbesserten Nutzen-Risiko-Profil beitragen.

Eine Post-hoc-Analyse der SELECTION-Studie verglich in diesem Zusammenhang die Anzahl hämatologischer Ereignisse unter Filgotinib und Placebo. Das Ergebnis: Die Behandlung mit dem präferenziellen JAK1-Inhibitor stand bis Woche 58 nicht im Zusammenhang mit der Entwicklung einer Anämie oder dem verlangsamten Rückgang der Anämie. Dies galt sowohl für die Gesamtpopulation als auch für Patienten ohne rektale Blutungen in Woche 10 im Vergleich zu Placebo.

COPD – digital therapieren, empathisch kommunizieren

Bei einem Symposium der Chiesi GmbH im Rahmen des 63. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. diskutierten Pneumologen aus Praxis und Klinik mit Psychologen und Patienten den Einsatz von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) sowie wichtige Aspekte der Arzt-Patienten-Kommunikation. Im Fokus standen die beiden in Deutschland für den Bereich Pneumologie gelisteten DiGA NichtraucherHelden und Kaia COPD. Im Anschluss an die beiden Gesprächsrunden konnten die Teilnehmer am Stand der Chiesi GmbH an einer 15-minütigen Demonstration der Kaia COPD-App teilnehmen.

Evidenz und praktische Erfahrung mit digitalen Therapeutika

PD Dr. Henrik Watz, Großhansdorf, stellte zunächst die zentrale

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Bedeutung von körperlicher Aktivität für die nichtmedikamentöse Begleitung der COPD-Therapie heraus und gab einen Überblick über die speziell für COPD-Patienten entwickelte DiGA Kaia COPD. Die App beinhaltet individuell zusammengestellte Bewegungseinheiten, eine Patientenschulung sowie Atem- und Entspannungsübungen, wie sie z.B. in der Nationalen Versorgungsleitlinie COPD (2. Auflage, 2021) empfohlen werden. Erste Studien zeigen, dass sich bei regelmäßiger Nutzung der App sowohl die gesundheitsbezogene Lebensqualität als auch die körperliche Leistungsfähigkeit der Patienten signifikant verbessern kann.

Ergänzend dazu betonte PD Dr. Alexander Rupp, niedergelassener Pneumologe, den hohen Stellenwert der Raucherentwöhnung und führte dazu in die digitale Rauchstopp-Coaching-App NichtraucherHelden ein. Das evi-

Bimekizumab zur Behandlung der PsoriasisArthritis und axialen Spondyloarthritis zugelassen

Am 12. Juni 2023 hat die Europäische Kommission den IL-17A- und IL-17F-Inhibitor Bimekizumab (Bimzelx®) in 2 Indikationen zugelassen:

• zur Behandlung der aktiven Psoriasis-Arthritis (PsA) allein oder in Kombination mit Methotrexat bei erwachsenen Patienten, die auf ein oder mehrere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben, sowie

denzbasierte Tabakentwöhnungsprogramm bietet eine auf den Patienten abgestimmte kognitive Verhaltenstherapie mit motivierenden Videos und hilfreichen Übungen sowie einer 3-monatigen täglichen Nachbetreuung. Die Ergebnisse der Pilotstudie geben einen klaren Hinweis darauf, dass die NichtraucherHelden-App (Medizinprogramm) abhängige Raucher beim Rauchstopp unterstützen kann.

Personalisiert und individualisiert diagnostizieren und therapieren

Wenn sich die Arzt-PatientenKommunikation immer häufiger auf digitalen Wegen abspielt, wie steht es dann um die notwendige Empathie, gerade in der Behandlung von psychisch belastenden Erkrankungen wie COPD? Wie kann der Arzt seine Patienten er-

folgreich dazu anleiten, sich mit ihrer chronischen Krankheit auseinanderzusetzen und kontinuierlich ihren Therapieplänen zu folgen? Um u.a. diese Fragen zu beantworten, gesellte sich zu der Expertenrunde im zweiten Teil des Symposiums Dr. Markus Hayden, Bad Reichenhall. Für ihn besteht die Herausforderung in der ArztPatienten-Kommunikation darin, sein Gegenüber in seinem Denken und Handeln anzunehmen, wie es ist, und das medizinische Fachwissen dazu zu nutzen, die notwendige Therapie diesen individuellen Bedürfnissen anzupassen. Die Patienten müssen die ärztlichen Empfehlungen in ihr Leben integrieren können und wollen. Digitale Therapieoptionen wie Kaia COPD können dank ihrer orts- und zeitunabhängigen Einsatzmöglichkeit erheblich dazu beitragen, so das Fazit der Teilnehmer.

• zur Behandlung der aktiven axialen Spondyloarthritis (axSpA) bei Erwachsenen mit nicht röntgenologischer axSpA (nraxSpA), bei denen objektive Anzeichen einer Entzündung durch erhöhtes C-reaktives Protein und/oder Magnetresonanztomographie nachgewiesen wurden und die auf nicht steroidale Antirheumatika unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben, sowie bei Erwachsenen mit aktiver ankylosierender Spondylitis (AS, auch bekannt als röntgenologische axSpA), die auf eine konventionelle Therapie nur unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben.

Dies sind die ersten Marktzulassungen für Bimekizumab bei PsA und axSpA weltweit und die zweite und dritte Indikation für Bimekizumab in der EU, nachdem es im August 2021 für die Behandlung der mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis zugelassen worden war.

Wirkung von Bimekizumab bei PsA

Die Zulassung in der Indikation PsA wird durch die beiden PhaseIII-Studien BE OPTIMAL und BE COMPLETE gestützt, in denen Bimekizumab im Vergleich zu Placebo zu Verbesserungen bei Gelenk- und Hautsymptomen in den Populationen der Biologika-naiven

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Fabian Sandner, Nürnberg

und der TNF-Inhibitor-insuffizienten Responder führte:

• Gelenkbeschwerden: Bei bDMARD-naiven und TNFiIR-Patienten erreichten 44 % bzw. 43 % unter Bimekizumab den primären Endpunkt des ACR50-Ansprechens in Woche 16, gegenüber 10 % bzw. 7 % unter Placebo (p < 0,0001).

• Hautsymptome: In den bDMARD-naiven und TNFiIR-Populationen erreichten 47 % bzw. 59 % der Patienten mit einer Psoriasis, die zu Beginn der Behandlung mit Bimekizumab ≥3 % der Körperoberfläche betraf, in Woche 16 eine vollständig erscheinungsfreie Haut (PASI100; explorativer Endpunkt) im Vergleich zu 2 % bzw. 5 % unter Placebo.

Wirkung von Bimekizumab bei axSpA

Die EK-Zulassung für die Behandlung der axSpA basiert auf den Daten der Phase-III-Studien BE MOBILE 1 und BE MOBILE

2, in denen Bimekizumab im Vergleich zu Placebo Verbesserungen bei Anzeichen, Symptomen und Krankheitsaktivität über das gesamte Krankheitsspektrum hinweg erzielte:

• ASAS40: Den primären Endpunkt des ASAS40-Ansprechens in Woche 16 erreichten in der nr-axSpA- und AS-Population 47,7 % bzw. 44,8 % der Patienten, die Bimekizumab erhielten, gegenüber 21,4 % bzw. 22,5 % unter Placebo (p<0,001).

• Geringe Krankheitsaktivität: Eine niedrige Krankheitsaktivität (ASDAS<2,1 in Kombination von ASDAS-Inactive Disease und ASDAS-Low

Disease, ein explorativer Endpunkt, wurde in Woche 16 von 46,2 % der nr-axSpA-Patienten und 44,9 % der AS-Patienten gegenüber 20,6 % und 17,5 % in der Placebo-Gruppe erreicht.

• Entzündung: Bei mit Bimekizumab behandelten nr-axSpAund AS-Patienten zeigte sich bei der MRT-Untersuchung in Woche 16 und Woche 52 eine anhaltende Verringerung der objektiven Entzündungszeichen in beiden Iliosakralgelenken und der Wirbelsäule.

Anhaltender Nutzen einer neuen Therapieoption bei Late-onset-Morbus-Pompe

Die seltene, hereditäre Glykogenspeicherkrankheit Morbus Pompe führt durch die Ablagerung von Glykogen in den Zellen zu progredienten Funktionsbeeinträchtigungen von Muskulatur, Atmung und Herz. Der ursächliche, durch eine Genmutation bedingte Mangel des Glykogen-abbauenden Enzyms α-Glukosidase kann seit 2006 durch eine intravenöse Enzymersatztherapie (Alglucosidase alfa/ AL alle 2 Wochen i.v.) behandelt werden, jedoch ist die Wirkung insgesamt bisher nicht ausreichend. Die Weiterentwicklung des Präparates (Avalglucosidase alfa/ AVA) hat nun zu einer verbesserten Wirkung geführt, die auch in der Studienverlängerung über fast 2 Jahre nachzuweisen war [1].

Vorteile von Avalglucosidase alfa/AVA

AVA ist seit 2021 in Europa zugelassen. Das neue Präparat zeigte

in der Phase-III-Nichtunterlegenheitsstudie COMET [2] im direkten Vergleich über 49 Wochen gegenüber AL eine mindestens gleich gute, in manchen Endpunkten sogar bessere Wirkung.

An der Studie hatten 100 bisher unbehandelte Erwachsene mit Late-onset-Morbus-Pompe im Alter von 16 – 78 Jahren teilgenommen. Sie erhielten doppelblind 1:1 randomisiert über 49 Wochen alle 2 Wochen entweder AL oder AVA (jeweils 20 mg/kg). Nach Woche 49 wurden die Patienten in der ALGruppe auf AVA umgestellt; bis Woche 97 erhielten somit alle Teilnehmer AVA. Von den 95 Patienten der Verlängerungsphase konnten 86 bis Studienende nachbeobachtet werden.

Vom Studienbeginn bis Woche 97 stieg bei den Studienteilnehmern, die von Anfang an AVA erhalten hatten, die forcierte Vitalkapazität (FVC, primärer Endpunkt) um 2,65 % an, wobei die größte Verbesserung in den ersten 49 Wochen stattfand. Bei den von AL auf AVA umgestellten Patienten blieb die FVC nach Umstellung auf AVA ebenfalls stabil, die gesamte Verbesserung von Studienbeginn lag jedoch nur bei 0,36 %. Im 6-Minuten-Gehtest hatte sich in der AVAAVA-Gruppe die Gehstrecke im Mittel um insgesamt 18,60 m verlängert – gegenüber 4,56 m in der AL-AVA-Gruppe.

Insgesamt blieben auch die bis Woche 49 erreichten Verbesserungen sekundärer Endpunkte wie weitere Lungenfunktionsparameter, Motorik, Muskelkraft, Ausdauer und gesundheitsbezogene Lebensqualität in beiden Studienarmen bis Woche 97 erhalten. Nebenwirkungen traten in beiden Gruppen in ähnlichem Umfang auf: bei 29 Patienten unter AVA-AVA (56,9 %) und bei 25 Patienten unter AL-AVA

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Fazit

Über beide Studienzeiträume zeigte AVA bei bislang unbehandelten Patienten mit spätem Beginn eines

Morbus Pompe eine bessere Wirkung. Die Teilnehmer, die von Beginn an AVA erhalten hatten, profitierten insgesamt mehr – auch bei Umstellung von AL auf AVA wurde in der Verlängerungsphase nicht das Niveau der Verbesserungen der AVA-AVA-Gruppe erreicht. Es kann also sinnvoll sein, gleich von

Beginn an AVA zu geben, um einen optimalen Nutzen zu erzielen.

DGN

Quellen

1 Kishnani PS et al. JAMA Neurol 2023; 80:558-567

2 Diaz-Manera J et al. Lancet Neurol 2021; 20:1012-1026

Herausgeber:

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THERAPIEKONZEPTE FÜR DIE PRAXIS
(56,8 %). Tendenziell schien AVA etwas besser verträglich zu sein.
VERL AG PERFUSION Journal

Gute klinische Wirksamkeit1

Längeres mOS unter LIBTAYO® + Chemotherapie vs. unter Chemotherapie allein (HR 0,51)† bei Patient*innen mit PD-L1 ≥ 1 %1

# Patient*innen mit lokal fortgeschrittenem NSCLC, die keine Kandidat*innen für eine definitive Radiochemotherapie sind. § LIBTAYO ® ist indiziert in Kombination mit platinbasierter Chemotherapie für die Erstlinienbehandlung von erwachsenen Patient*innen mit NSCLC, das PD-L1 (in ≥ 1 % der Tumorzellen) exprimiert und keine EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberrationen aufweist. Die Behandlung ist bestimmt für: Patient*innen mit lokal fortgeschrittenem NSCLC, die keine Kandidat*innen für eine definitive Radiochemotherapie sind, oder Patient*innen mit metastasiertem NSCLC.1 † 95 % KI: 0,39–0,69. Zeitpunkt des Datenschnitts: 14.06.2022.

Libtayo 350mg Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung

LIBTAYO ® beim NSCLC

Alle Infos und die Fachinformation auf onkolleg.de/produkte/Libtayo-NSCLC

Niedrige Therapieabbruchrate1

aufgrund von UE:

5,1 % unter LIBTAYO ® + Chemotherapie bei Patient*innen mit PD-L1 ≥ 1 %1

LIBTAYO ® (Cemiplimab), Stand März 2023. ALK = anaplastische Lymphomkinase; EGFR = epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor; HR = Hazard Ratio; KI = Konfidenzintervall; mOS = medianes Gesamtüberleben; NSCLC = nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom; PD-L1 = Programmed Cell Death Ligand 1; ROS1 = c-ros Onkogen 1; UE = unerwünschtes Ereignis.

1.

Wirkstoff: Cemiplimab. Zusammens.: Arzneil. wirks. Bestandt.: 350 mg Cemiplimab/ Durchstechflasche (entspr. 50 mg/ml). Cemiplimab wird mittels rekombinanter DNA-Technologie in einer Zellsuspensionskultur aus Ovarialzellen des Chinesischen Hamsters (CHO) hergestellt. Sonst. Bestandt.: Histidin, Histidinhydrochlororid-Monohydrat, Sucrose, Prolin, Polysorbat 80, Wasser für Injektionszwecke. Anw.-geb.: Indiziert als Monotherapie zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit metastasiertem oder lokal fortgeschrittenem kutanen Plattenepithelkarzinom, die für eine kurative Operation oder kurative Strahlentherapie nicht in Betracht kommen. Indiziert als Monotherapie für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Basalzellkarzinom, bei denen eine Krankheitsprogression unter einem Hedgehog-Signalweg-Inhibitor (hedgehog pathway inhibitor, HHI) aufgetreten ist oder die eine Unverträglichkeit gegen einen HHI haben. Indiziert als Monotherapie für die Erstlinienbehandlung von erwachsenen Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom, das PD-L1 (in ≥ 50 % der Tumorzellen) exprimiert und keine EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberrationen aufweist. Die Behandlung ist bestimmt für: Pat. mit lokal fortgeschr. NSCLC, die keine Kandidaten für eine definitive Radiochemotherapie sind, oder Pat. mit metast. NSCLC. Indiziert in Kombination mit platinbasierter Chemotherapie für die Erstlinienbehandlung von erwachsenen Patienten mit NSCLC, das PD-L1 (in ≥ 1 % der Tumorzellen) exprimiert und keine EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberrationen aufweist. Die Behandlung ist bestimmt für: Pat. mit lokal fortgeschr. NSCLC, die keine Kandidaten für eine definitive Radiochemotherapie sind, oder Pat. mit metastasiertem NSCLC. Indiziert als Monotherapie für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit rezidiviertem oder metastasiertem Zervixkarzinom und Krankheitsprogression während oder nach einer platinbasierten Chemotherapie. Gegenanz.: Überempfindlichk. geg. d. Wirkst. od. sonst. Bestandt. Nebenw. Cemiplimab als Monotherapie: Infektionen und para. Erkr.: Sehr häufig: Infektio. obere Atemwege; Häufig: Harnwegsinf. Erkr. des Blutes/Lymphsystem: Sehr häufig: Anämie. Immunsyst.: Häufig: Reaktion im Zusammenh. m. einer Infusion; Gelegentl.: Thrombozytopenie, SjögrenSyndrom; Nicht bek.: Abstoßung e. soliden Organtransplantats. Endokrine Erkr.: Häufig: Hypothyreose, Hyperthyroidismus; Gelegentl.: Nebenniereninsuffizienz, Thyroiditis, Hypophysitis; Selten: Diabetes mellitus Typ 1. Nerven: Häufig: Kopfschmerzen, periph. Neuropathie; Selten: Meningitis, Enzephalitis, Myasthenia gravis, paraneopl. Enzephalomyelitis, chron. entzündl. demyelinisierende Polyradikuloneuropathie. Augen: Gelegentl.: Keratitis. Herz: Gelegentl.: Myokarditis, Perikarditis; Gefäßerkr.: Häufig: Hypertonie. Stoffwechsel-/Ernährungsstör.: Sehr häufig: Appetit vermindert. Atemw./Brustr./Mediast.: Sehr häufig: Husten; Häufig: Pneumonitis, Dyspnoe. GIT: Sehr häufig: Übelkeit, Diarrhö, Obstipation, Abdominalschmerz; Häufig: Erbrechen, Stomatitis, Kolitis; Gelegentl.: Gastritis; Leber/Galle: Häufig: Hepatitis. Haut/Unterhautgewebe: Sehr häufig: Ausschlag, Pruritus; Häufig: Keratosis actinica. Skelett/Bindegew./Knochenerkr.: Sehr häufig: Schmerzen des Muskel- und Skelettsys.; Gelegentl.: Arthritis, muskuläre Schwäche, Myositis, Polymyalgia rheumatica. Nieren/Harnwege: Häufig: Nephritis. Nicht bek.: nicht-infektiöse Zystitis. Allgem./Beschw. a. Verabreichungsort: Sehr häufig: Fatigue; Häufig: Fieber, Ödem. Untersuchungen: Häufig: Alanin- u./od. Aspartataminotransferase erhöht, alk. Phosphatase u./od. Kreatinin im Blut erhöht; Gelegentlich: Thyreotropin (TSH) u./od. Transaminasen u./od. Bilirubin erhöht; Selten: Thyreotropin (TSH) erniedrigt. Nebenw. Cemiplimab in Kombination mit platinbasierter Chemotherapie: Erkr. des Blutes/Lymphsystem: Sehr häufig: Anämie, Neutropenie, Thrombozytopenie. Immunsyst.: Gelegentl.: Reaktion im Zusammenh. m. einer Infusion. Endokrine Erkr.: Häufig: Hypothyreose, Hyperthyroidismus; Gelegentl.: Thyroiditis, Diabetes mellitus Typ 1. Nerven: Sehr häufig: periph. Neuropathie. Stoffwechsel-/Ernährungsstör.: Sehr häufig: Appetit vermindert, Hyperglykämie, Hypoalbuminämie. Atemw./Brustr./Mediast.: Sehr häufig: Dyspnoe; Häufig: Pneumonitis. GIT: Sehr häufig: Übelkeit, Diarrhö, Obstipation, Erbrechen; Häufig: Kolitis. Psych. Erkr.: Sehr häufig: Schlaflosigkeit. Haut/Unterhautgewebe: Sehr häufig: Ausschlag, Alopezie; Häufig: Pruritus. Skelett/Bindegew./Knochenerkr.: Sehr häufig: Schmerzen des Muskel- und Skelettsys.; Häufig: Arthritis. Nieren/Harnwege: Häufig: Nephritis. Allgem./Beschw. a. Verabreichungsort: Sehr häufig: Fatigue. Untersuchungen: Sehr häufig: Alanin- u./od. Aspartataminotransferase erhöht, Gewicht erniedrigt; Häufig: alk. Phosphatase u./od. Kreatinin im Blut erhöht, Thyreotropin (TSH) u./od. Bilirubin erhöht, Thyreotropin (TSH) erniedrigt; Gelegentl.: Gamma-Glutamyltransferase erhöht. Verschreibungspflichtig. Inhaber der Zulassung: Regeneron Ireland Designated Activity Company (DAC), One Warrington Place, Dublin 2, D02 HH27, Irland. Örtlicher Vertreter: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, 65926 Frankfurt am Main. Stand: März 2023

Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Dies ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit.

Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung zu melden.

Sanofi und Regeneron arbeiten gemeinsam an einem globalen Produktentwicklungsprogramm und an der Vermarktung von LIBTAYO® © 2023 Regeneron Pharmaceuticals, Inc., and Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Lützowstraße 107, 10785 Berlin, Telefon 0800 0436996, www.sanofi.de. All rights reserved.

Fachinformation
in Kombination mit Chemotherapie beim NSCLC§, 1 Einsetzbar ab Stadium IIIB/C #
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