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COPD – Zweimalgabe gegen nächtliche und morgendliche Symptome

mungen [2]. Es gibt aber auch konkrete physiologische Gründe: Während des REM-Schlafs erfolgt die Atmung ausschließlich über das Zwerchfell, das dann die restliche Atemmuskulatur ersetzen muss. In den Tiefschlafphasen wiederum kommt es zu einer erhöhten Bronchialsekretion, einer Steigerung des Blutflusses im bronchialen Kreislauf und des Atemwegswiderstands [1]. Da der zirkadiane Rhythmus bei COPDPatienten gestört sein kann, ist der Einnahme-Zeitpunkt von Inhalativa wie auch systemisch verabreichten Medikamenten entscheidend für eine wirksame Therapie. Dies belegen z.B. die Ergebnisse der Post-hoc-Analyse einer PhaseIIIb-Studie mit 277 symptomatischen Patienten mit moderater bis schwerer COPD: Hier bewirkte die 2 × tägliche Gabe des langwirksamen Anticholinergikums (LAMA) Aclidiniumbromid (z.B. Bretaris® Genuair® 400 μg) besonders nachts eine bessere Bronchodilatation als die 1 × tägliche Gabe von Tiotropium und die frühmorgendlichen Symptome verbesserten sich ebenfalls [4]. Auch in der Phase-IIIStudie AUGMENT, in die 1.692 Patienten mit stabiler COPD eingeschlossen waren, führte die 2 × tägliche Gabe der Fixkombination aus Aclidiniumbromid und dem langwirksamen Beta-2-Mimetikum (LABA) Formoterolfumarat (z.B. Brimica® Genuair®) im Vergleich zu Placebo zu einer Reduktion der nächtlichen und frühmorgendlichen Symptome [5].

Je schwerer die COPD, desto größer die tageszeitlichen Schwankungen

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Wie stark sich tageszeitliche Schwankungen äußern, hängt auch vom Schweregrad der COPD ab: Je schwerer die COPD ist, desto variabler sind die Symptome bei Tag und Nacht [1]. So beschrieben 37 % aller COPD-Patienten ihre morgendliche Routine als beschwerlich; unter jenen mit schwerer COPD waren es sogar 73 % [1]. Die Prävalenz nächtlicher Symptome steigt außerdem mit dem GOLD-Stadium – der größte prozentuale Anstieg zeigt sich zwischen GOLD 2 und GOLD 3 [1]. Daher empfiehlt die Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease für Patienten mit schweren COPD-Symptomen (CAT** ≥20) eine initiale duale Therapie mit LAMA und LABA, da diese in Studien für das Patient-reported Outcome bessere Resultate erzielten als die Einzelsubstanzen [3].

Brigitte Söllner, Erlangen

Literatur

1 Braghiroli A et al. Int J Chron Obstruct Pulmon Dis 2020;15:1269

2 Miravitlles M et al. Respir Res 2017; 18:67

3 Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD). Global strategy for the diagnosis, management and prevention of chronic obstructive pulmonary disease (Update 2022)

4 Beier J et al. Int J Chron Obstruct Pulmon Dis 2017;12:1731

5 D’Urzo AD et al. Respir Res 2014;15: 123-124

Cemiplimab jetzt auch als Erstlinientherapie beim fortgeschrittenen PD-L1positiven NSCLC zugelassen

Die Europäische Kommission hat Cemiplimab (Libtayo®) in Kombination mit platinbasierter Chemotherapie als Erstlinientherapie bei Erwachsenen mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) ohne EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberrationen und einer PD-L1-Expression von ≥1 % zugelassen. Dies umfasst Patienten mit lokal fortgeschrittenem Tumor, der nicht für eine definitive Radiochemotherapie infrage kommt, und Patienten mit metastasiertem Tumor.

Signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie

Die Zulassung basiert auf Daten der randomisierten Phase-III-Studie EMPOWER-Lung 3, in der Cemiplimab in Kombination mit einer Chemotherapie-Doublette (Cemiplimab-Kombinationstherapie) als Erstlinientherapie mit einer alleinigen platinbasierten Chemotherapie-Doublette verglichen

Cemiplimab

wurde. An der Studie nahmen 466 Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem NSCLC mit Plattenepithel- oder NichtPlattenepithel-Histologie und allen Graden der PD-L1-Expression teil, die keine EGFR-, ALK- oder ROS1-Aberrationen aufwiesen. In der Studie wurde darauf geachtet, dass eine Population mit unterschiedlichen Krankheitsausprägungen eingeschlossen wurde, die den in der klinischen Praxis behandelten Patienten möglichst ähnlich ist. Von den eingeschlossenen Patienten hatten 43 % Tumoren mit Plattenepithel-Histologie, 15 % einen lokal fortgeschrittenen Tumor und 7 % Hirnmetastasen in der Anamnese.

Die Studienteilnehmer wurden im Verhältnis 2:1 einer Behandlung mit Cemiplimab 350 mg (n = 312) oder Placebo (n = 154) zugeteilt, die für einen Zeitraum von 108 Wochen alle 3 Wochen intravenös verabreicht wurde. Zusätzlich erhielten sie 4 Zyklen einer platinhaltigen Chemotherapie-Doublette im Abstand von jeweils 3 Wochen. Die Studie wurde auf Empfehlung des unabhängigen Datenüberwachungsgremiums vorzeitig beendet, nachdem unter der Cemiplimab-Kombinationstherapie eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens (OS) festgestellt wurde.

Cemiplimab (Libtayo®) ist ein vollhumaner monoklonaler Antikörper gegen den Immun-Checkpoint-Rezeptor PD-1 auf T-Zellen. Es wurde gezeigt, dass Cemiplimab Tumorzellen durch Bindung an PD-1 daran hindert, die T-Zell-Aktivierung über den PD-1-Signalweg zu unterdrücken. Mit der Zulassung erhielt Cemiplimab die zweite Indikation als Erstlinientherapie beim NSCLC. Es ist in der EU für die Behandlung bestimmter Patienten mit fortgeschrittenem Basalzellkarzinom, fortgeschrittenem kutanem Plattenepithelkarzinom, fortgeschrittenem NSCLC sowie fortgeschrittenem Zervixkarzinom zugelassen.

In der primären Analyse (mediane Nachbeobachtungsdauer 16 Monate) zeigte die Studie bei Patienten, die mit der Cemiplimab-Kombinationstherapie behandelt wurden, im Vergleich zur Chemotherapie allein eine statistisch signifikante Verbesserung des primären Endpunkts des Gesamtüberlebens (HR: 0,71; 95%-KI: 0,53 – 0,93). Bei den 70 % der Studienteilnehmer mit PD-L1-Expression ≥1 % (n = 327) ergaben sich für den Arm mit Cemiplimab-Kombinationstherapie (n = 217) im Vergleich zum Arm mit reiner Chemotherapie (n = 110) folgende Wirksamkeitsdaten:

• Medianes OS von 22 Monaten gegenüber 13 Monaten, was einer relativen Reduktion des Sterberisikos um 45 % entspricht (HR: 0,55; 95%-KI: 0,39 – 0,78)

• Medianes progressionsfreies Überleben (PFS) von 9 Monaten gegenüber 6 Monaten (HR: 0,48; 95%-KI: 0,36 – 0,63)

• Objektive Ansprechrate (ORR) von 48 % gegenüber 23 %

• Mediane Ansprechdauer von 16 Monaten (DOR; Spanne: 2 bis 19+) gegenüber 5 Monaten (Spanne: 2 bis 19+)

Zum Zeitpunkt der vorab festgelegten finalen Analyse (mediane Nachbeobachtungsdauer: 28 Monate) zeigten Patienten mit PD-L1Expression ≥1 %, die mit der Cemiplimab-Kombinationstherapie behandelt wurden, weiterhin klinisch bedeutsame Überlebens- und PFS-Vorteile gegenüber jenen, die nur Chemotherapie erhalten hatten.

Cave: Während oder nach einer Behandlung mit Cemiplimab können immunvermittelte Nebenwirkungen auftreten, die schwer oder tödlich verlaufen und jedes Organsystem oder Gewebe betreffen können.

Die IDH1-mutierte* akute myeloische Leukämie (AML) und das IDH1-mutierte Cholangiokarzinom sind schwer zu behandelnde Krebsarten. Für die davon betroffenen Patienten eröffnet ein neues zielgerichtet wirkendes Medikament nun neue Chancen: Am 10. Mai 2023 erhielt Servier die Zulassung der Europäischen Kommission für den IDH1-Inhibitor Ivosidenib (Tibsovo®), der in folgenden Indikationen eingesetzt werden kann:

• in Kombination mit Azacitidin zur Behandlung erwachsener Patienten mit neu diagnostizierter akuter myeloischer Leukämie mit einer IsocitratDehydrogenase-1 (IDH1) R132-Mutation, die für eine Standard-Induktionschemotherapie nicht geeignet sind, sowie • als Monotherapie zur Behandlung erwachsener Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Cholangiokarzinom mit einer (IDH1) R132Mutation, die zuvor bereits mit mindestens einer systemischen Therapie behandelt worden sind.

Ivosidenib ist der einzige in Europa zugelassene IDH1-Inhibitor und hat den Status eines Arzneimittels für seltene Erkrankungen

* IDH-Mutationen sind Veränderungen in den Genen, die die verschiedenen Isoformen der Isocitratdehydrogenase (IDH) kodieren. Die Isocitratdehydrogenase ist ein Schlüsselenzym des Zitratzyklus.

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