Günther Bader: UnterWEGs. Spirituelle Impulse einer Theologie des Weges

Günther Bader

UnterWEGs Spirituelle Impulse einer Theologie des Weges

Günther Bader

UnterWEGs

FinsterVerlag

www.finsterverlag.at Günther Bader: UnterWEGs. Spirituelle Impulse einer Theologie des Weges. Höf-Präbach: FinsterVerlag 2022.

ISBN: 978-3-9503664-9-5 Bestellungen: service@finsterverlag.at | www.finsterverlag.at Gestaltung: Heinz Finster | Titelbild: Bruno Moriggl.

Günther Bader

UnterWEGs Spirituelle Impulse einer Theologie des Weges

FinsterVerlag Höf-Präbach 2022

Inhaltsverzeichnis VORWORT „Für wen gehst du?“ – Eine chassidische Erzählung

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1. Unser Leben als Weg – anthropologische und theologische Zu-Gänge 8 1.1. Weg als menschliche Grund-erfahrung 8 1.2. Der Weg als wichtige Metapher in allen großen Religionen 11 1.3. Persönliche Reflexion 13 2. Bibeltheologische Konturen zum Themenbereich Weg 2.1. Alttestamentliche Wegmarkierungen  Richtungsweiser: Mit und vor Gott „wandeln“ und auf seinen Wegen gehen  Die Erzelternerzählungen – typische Weggeschichten  Das Buch Exodus – eine einzigartige Weg-Erzählung  Die Elija-Geschichte – „Empowerment“ auf dem Weg  Mit Psalmen auf dem Weg – Psalmverse als Wegweiser 2.2. Neutestamentliche Wegmotive  Auf dem Weg der Gerechtigkeit des Reiches Gottes – Matthäusevangelium  Der Weg Jesu als Sohn Gottes, der machtvolle Taten wirkt – Markusevangelium  „Jesus, der Wanderer“ – Lukas und seine Weg-Theologie  „Zu wem sollen wir gehen?“ – Johannesevangelium  „Die Anhänger des neuen Weges“ und „das wandernde Gottesvolk“ – Apostelgeschichte und weitere Schriften 2.3. Persönliche Reflexion zu biblischen Weggeschichten

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3. Orientierungstafeln entlang einer Theologie des Weges 3.1. „Gott ruft zum Aufbruch“ 3.2. „Gott geht mit uns“ 3.3. „Unterwegs zur Freiheit“ – Die Weisungen Gottes 3.4. „Staunen lernen über Gottes Schöpfung“ 3.5. „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!“ (Joh 14,6)

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3.6. „Immer nach Hause“ – in Richtung „ewige Heimat“ 3.7. Persönliche Reflexion

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4. Konkretionen in Geschichte und Gegenwart 4.1. Pilgerschaft in der Tradition der monastischen Theologie 4.1.1. Pilgern und das Ideal der Fremdlingsschaft 4.1.2. Pilgerwege heute 4.2. Die Bedeutung der Wallfahrt 4.3. Alltagswege 4.4. Persönliche Reflexion

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5. Impulse auf dem Lebens- und Glaubensweg – Wegbegleitung auf drei Wegen 5.1. Wege zum Ich – körperlich-seelische Dimension 5.2. Wege zum Nächsten – soziale Dimension 5.3. Wege zu Gott – spirituelle Dimension 5.4. Persönliche Reflexion

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6. Unterwegs mit dem Segen Gottes – gestärkt auf dem Weg 6.1. „Der Mensch wird des Weges geführt, den er wählt …“ 6.2. Not-wendige Stärkungen – Mut zum Aufbruch und zu neuen Wegen 6.3. „Du wirst ein Segen sein!“ (Genesis 12,2b) – einander zum Segen werden 6.4. Persönliche Reflexion

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7. Statt eines Nachwortes

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8. LITERATUR

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BIBLISCHE ABKÜRZUNGEN

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ANHANG

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VORWORT „Für wen gehst du?“ – Eine chassidische Erzählung1 In der Stadt, in der Rabbi Naftalie lebte – so beginnt eine chassidische Erzählung – pflegten die Reichen, deren Häuser einsam oder am Stadtrand lagen, Männer anzustellen, die nachts über ihren Besitz wachen sollten. Als Rabbi Naftali eines Abends spät spazieren ging, begegnete er solch einem Wächter, der auf und nieder ging. „Für wen gehst du?‘ fragte er ihn. Der gab bereitwillig Bescheid, fügte aber dann die Gegenfrage dran: „Und du, Rabbi, für wen gehst du?“ Das Wort traf diesen wie ein Pfeil: „Noch gehe ich für niemanden“, brachte er nur mühsam hervor. Dann schritten beide langsam schweigend nebeneinanderher.

Schließlich fragte der Rabbi den Wächter: „Wärest du bereit, mein Diener zu werden?“ „Das will ich gerne tun“; antwortete der Wächter, „aber was habe ich zu tun?“ - „Mich zu erinnern“; sagte der Rabbi, „mich daran zu erinnern, dass ich mich regelmäßig frage, für wen ich gehe.“ Die Wegmetapher begleitet mich schon viele Jahre. Sie begegnet mir in persönlichen Gesprächen über Lebens- und Glaubenswege, in Erzählungen, in zahlreichen Publikationen, auf Spruchkarten und in Gedichten, auf Bildern und Fotomotiven und in der Musik. Sie fasziniert mich immer neu.

Das Bild des Weges taucht in unserem Alltag häufig auf. Es findet sich auch in vielen Religionen. In der Religionspädagogik und -didaktik hat die Wegmetaphorik einen besonderen Stellenwert und wird in biografischen Lernprozessen bevorzugt als Leitmotiv verwendet. Eine daraus entwickelte Theologie des Weges eröffnet unterschiedliche Perspektiven, um eine wechselseitige Beziehung von Glauben und Leben zu reflektieren und zu fördern. Sie bietet einen biblisch fundierten Rahmen, in dem entsprechende Erfahrungen aufgegriffen und in einen größeren Zusammenhang eingebettet werden. Ihr Vorzug liegt darin, dass sie offen ist – auch für unkonventionelle Überlegungen – und in eine Weite führt, in der sich Leben und Glaube dynamisch entfalten können.

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Chassidische Erzählung – gesammelt von Martin Buber, zitiert nach: www.elternbriefe.de > familien-feiern-feste [abgerufen am 1.5.2021]

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Im vorliegenden Entwurf einer Theologie des Weges – die zwar nicht neu, aber doch bleibend aktuell ist – lege ich den Fokus auf spirituelle Impulse. Mehrere Weg-Weiser wollen zu einer lebendigen und kraftvollen Spiritualität anleiten, um die alltäglichen Wege meistern zu können. In vielen kleinen Schritten führt der Weg zum Ziel unseres Lebens. Von Reinhold Schneider stammt der bekannte Satz: „Der Weg entsteht im Gehen wie durch ein Wunder...“ Der Psalmist ermutigt dabei zu einem tiefen Gottvertrauen: „Befiehl dem Herrn deinen Weg und vertrau‘ ihm; er wird es fügen.“ (Ps 37,5) Wohin unsere Wege auch führen mögen – es bleibt die Hoffnung, dass es letztlich „eine gute Fügung“ ist. Die Zuversicht und das Vertrauen auf Gottes Wirken in unserer Welt und im persönlichen Leben bilden eine Grundmelodie, die bei diesem theologischen Ansatz durchklingt.

Auf unserem Lebensweg ist es entscheidend, die richtigen Fragen zu stellen. Im Blick auf die chassidische Erzählung lautet eine solche Frage: „Für wen gehst du?“ „Er-innere mich bitte, mich zu fragen…!“ Könnte so für uns heute eine wechselseitige Aufforderung lauten? „Für wen gehst du?“ Für wen oder für was willst du dich einsetzen und engagieren?

Was ist deine Sehnsucht, deine Passion und deine Berufung auf deinem weiteren Weg?

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1. Unser Leben als Weg – anthropologische und theologische Zu-Gänge 1.1. Weg als menschliche Grund-erfahrung Im Alltag begegnen uns zahlreiche WEG-Worte und entsprechende Redewendungen: Weg-weiser – Weg-markierung – Weg-richtung – Wegbereiterin/Wegbereiter – Wegbegleiterin/Wegbegleiter – Besinnungs-weg – Pilger-weg – Wallfahrts-weg – Kreuz-weg – Weg-zehrung – Verkehrs-weg – Fahr-weg – Reise-weg – Luft-weg – Wasser-weg – Fuß-weg – Feld-weg – Wald-weg – Wiesen-weg – Gebirgs-weg – Berg-weg – Rund-weg – Rück-weg – Aus-weg – Ausweg-losigkeit – Flucht-weg – Schleich-weg – Holz-weg – Hohl-weg – Not-weg – Um-weg beWEGen – Sich auf den Weg machen – Wie geht es? – Wohin des Weges?

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Bewegung steht heute hoch im Kurs. Regelmäßiges Gehen und Wandern und ein entsprechendes Ausdauertraining tragen zur Gesundheit des HerzKreislaufsystems bei. Fitnesstrainer motivieren mit verschiedensten Programmen, um in Bewegung zu kommen und beweglich zu bleiben. Dabei geht es aber nicht nur um gesundheitliche Aspekte, sondern auch um seelisch-emotionale Faktoren. Beim Gehen und Laufen kann man gleichsam „den Kopf freibekommen“; neue Gedanken können entstehen. Bekannt ist die Tatsache, dass durch 9

regelmäßige Bewegung ein körperlich-geistig-seelisches Wohlbefinden gefördert werden kann.

Unterwegssein und jede Form von Mobilität prägen unsere moderne Zeit. Das gilt nicht nur für jede und jeden Einzelnen, sondern für unsere Gesellschaft im Ganzen. Unser gesamtes Mobilitätsverhalten zeigt, dass wir (zu) viel unterwegs sind.

Auf individueller Ebene setzt sich unser Lebensweg aus ganz unterschiedlichen Wegstrecken zusammen: Aus breiten und schmalen Wegen, aus ebenen und steilen Stücken, aus beschwerlichen und leicht bewältigbaren Abschnitten. Von einem Ziel her erkennen wir, dass sich so manche eingeschlagene Wege als Umwege oder vielleicht gar als Irrwege erweisen, andere als der „richtige Weg“. Unser Weg bleibt immer ausgerichtet auf ein Ziel oder mehrere Ziele, das bzw. die es zu hinterfragen gilt. Wir sind und bleiben stets auf der Suche nach diesem für uns „richtigen Weg“.

Der Weg als menschliche Grunderfahrung

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Wege drängen uns zum Aufbruch, zur Be-wegung, zum Offensein für Neues. Alltägliche Erfahrungen des Gehens und des Unterwegsseins werden also zu einem Sinnbild für unser ganzes Leben als Weg.

1.2. Der Weg als wichtige Metapher in allen großen Religionen Auf dem Weg des Lebens erfahren Menschen Freude und Leid, Glück und Unglück, Heil und Unheil. Religionswissenschaftlich findet sich die alte Metapher Weg in allen großen Religionen und ist in der Spiritualität vieler Religionen verankert. Sie erhält ihre Be-Deutung insbesondere unter der Perspektive des Heilsweges, den sie dem Menschen aufzeigen und auf dem er zur Erlösung und zu seinem Heil gelangen kann. „Das Bild des Weges für das menschliche Leben ist in allen Religionen verbreitet.

Für die Chinesen ist ,Tao‘ der Weg, der Gang des Alls, die natürliche Weltordnung, der der Mensch in seinem Leben entsprechen muss. Im alten Indien ist ,marga‘ der

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Heilsweg, der ein Weg der Werke, ein Weg der Erkenntnis, ein Weg der leiblich-seelischen Übung (yoga-marga) oder ein Weg der Gottesliebe sein kann. Buddha lehrt den achtgliedrigen heiligen Pfad. Und die christliche Mystik kennt im Anschluss an die hellenistischen Mysterienreligionen den dreifachen Weg der Reinigung, Erleuchtung und Einigung.“2 Die großen Persönlichkeiten in den alten Religionen sind zumeist Wanderer und Menschen, die umherziehen und die keine feste Bleibe haben. Sie sind allein oder in Gemeinschaft unterwegs. Sie möchten sich auf unterschiedlichen Wegen einlassen auf transzendente Er-fahrungen und auf die Wirklichkeit des Göttlichen oder – wie Willigis Jäger es ausdrückt – auf eine „Erfahrung des Einen“ und auf einen „transpersonalen Urgrund des Seins“3. Der bekannte Benediktiner David Steindl-Rast spricht vom „großen Geheimnis“ als Ausdruck für „die letzte Wirklichkeit – die Kraft, die in allem wirkt“4. Alle großen Religionen kennen spirituelle Wege zu diesem „großen Geheimnis“, zum Göttlichen, zu Göttern oder zu Gott.5 In allen Religionen gibt es das Pilgern oder Wallfahren als spirituelle Praxis: Menschen machen sich auf den Weg zu einem heiligen Ort oder zu einem religiösen Zentrum. Auf solchen Wegen oder an einem solchen Ort sind religiöse Erfahrungen in besonderer Dichte möglich.

Aus dem alten Judentum sind die großen Pilgerfahrten – etwa zum Pessachfest nach Jerusalem – bekannt. Im Christentum sind es seit je Pilgerfahrten in das Heilige Land oder zu den Apostel-Gräbern in Rom oder zu Marien-Wallfahrtsorten, die viele Menschen anziehen. Am bekanntesten im Islam ist der Haddsch, die Pilgerfahrt nach Mekka, die als fünfte Säule des Islam und damit als religiöse Pflicht gilt. Jede Muslima oder jeder Muslim sollte nach Möglichkeit ein Mal im Leben zur Kaaba in Mekka pilgern.

Auch aus dem Hinduismus und Buddhismus sind zahlreiche Wallfahrtstraditionen bzw. Wallfahrtsorte bekannt. Aus Indien kennt man die Bilder von riesigen Pilgerströmen der Hindus und von Gläubigen, die ein heiliges Bad im Fluss Ganges nehmen. Von Buddhisten werden bedeutende Orte besucht, die mit dem Leben und Wirken von Buddha in Verbindung stehen. Ein anderes einzigartiges Beispiel ist der Weg um den über 6.000 m hohen Kailasch (= „kostbares Sonnen2

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Grün, Anselm: 2002, 75.

Jäger, Willigis: 2015, 13.

Steindl-Rast, David: 2021, 138. Siehe dazu auch: Ebd., 42ff. und 54ff.

Vgl. dazu ausführlicher: Uhde, Bernhard: 2011.

juwel“), dem heiligsten Berg Tibets (der als solcher nicht bestiegen werden darf).6 Für die 53 km lange Kora (Umrundung) sind Pilger mehrere Tage unterwegs; nach der 13. Umrundung gelangt man zur „inneren Kora“ und erst nach dem 108.

Mal ist es möglich, zur Erleuchtung zu gelangen.

Manchmal kann nun das Unterwegssein auf einem Pilgerweg oder auf einer Pilgerreise wichtig sein; ein anderes Mal kann mehr ein konkreter Pilgerort im Vordergrund stehen bzw. ein Ziel, an dem man ankommt. Immer geht es um eine Offenheit für Transzendenz und um spirituelle Erfahrungen.

Eine christliche Theologie des Weges kennt im Wesentlichen zwei Aspekte: Sie will einerseits die vielfältigen Wege Gottes mit den Menschen und andererseits ebenso verschiedene Wege des Menschen zu Gott aufzeigen. Entscheidend ist dabei ein letztes Ziel, an dem sich Glaubende orientieren. Diese beiden Aspekte bestimmen das Alte Testament wie auch das Neue Testament, was im anschließenden bibeltheologischen Kapitel näher entfaltet wird.

1.3. Persönliche Reflexion In einer Selbstreflexion sind wir eingeladen, auf unseren eigenen Lebens- und Glaubensweg zu blicken: ■ UnterWEGs im Leben und im Glauben – ein Rückblick: Wie lässt sich mein bisheriger Weg charakterisieren?

Welche Er-fahrungen prägen meinen Weg? Welche Personen / Ereignisse / Erfahrungen / Orte ... sind hier entscheidend?

■ Leben im Heute: Was be-wegt mich gegenwärtig?

Was bringt oder hält mich in BeWEGung?

Welche tiefe Sehnsucht leitet mich auf meinem Weg? ■ Blick in die Zukunft: Wohin soll mein Weg führen?

Welche Anliegen und Ziele sind mir wichtig?

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Vgl. Baumann, Bruno: Kailash. Tibets heiliger Berg, München (Malik) 2002.

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2. Bibeltheologische Konturen zum Themenbereich Weg In einer Gesamtschau lässt sich die Heilige Schrift unter folgendes Leitmotiv stellen: Gottes Wege zum Menschen – Wege des Menschen zu Gott Wie ein roter Faden zieht sich eine Kernaussage durch das Alte und Neue Testament: Gott wendet sich dem Menschen zu und geht alle Wege unseres Lebens mit.

Die Heilige Schrift spricht vom Mitgehen Gottes und ebenso davon, dass Menschen miteinander auf dem Weg sind und auf Gottes Ruf antworten. Die alt- und neutestamentlichen Berufungsgeschichten und die eindrucksvollen Befreiungserzählungen lassen sich als Weg-Geschichten deuten. In unüberbietbarer Weise bezieht Jesus das auf sich selbst: „Ich bin der WEG, die Wahrheit und das Leben!“ (Joh 14,6) Für Christinnen und Christen ist er der Weg zu Gott. Er ruft sie in seine Nachfolge. Auf diesem Weg kann der Mensch zu sich selbst, zum Nächsten und zu Gott finden.

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Verschiedene alt- und neutestamentliche Erzählungen sowie Einzelaussagen, die im Folgenden beleuchtet werden, fügen sich gleichsam in ein großes Mosaik mit einem weiträumigen Wegnetz, das die Wege Gottes zum Menschen und die Wege des Menschen zu Gott skizziert.

In diesen biblischen Texten verdichten sich exemplarisch Geschichten vom Aufbruch, vom Unterwegssein und von Rückkehr bzw. Heimkehr. In ihnen lassen sich eine tiefe Weisheit und eine Kraft entdecken, die das eigene Leben verwandeln und bereichern können.

2.1. Alttestamentliche Wegmarkierungen 

Richtungsweiser: Mit und vor Gott „wandeln“ und auf seinen Wegen gehen

Im Ersten bzw. Alten Testament findet sich eine Reihe von Worten und Redewendungen in der Bedeutung von gehen und wandern.7 Viele Ausdrücke, die mit wandeln übersetzt werden, zeigen Haltungen auf, wie Menschen leben sollen: Wir sollen im Gesetz des Herrn wandeln (Ex 16,4) und auf seinen Wegen gehen (Dtn 8,6). Wir sollen im Licht wandeln (Ijob 24,17) und in Demut vor unserem Gott (Mich 6,8).

Die Wortverbindungen mit „mit“ und „vor“ Gott wandeln bzw. leben weisen auf das Bewusstsein der Nähe Gottes und seiner begleitenden Fürsorge hin. So spricht Jahwe beispielsweise zu Abraham: „Wandle vor mir und sei ungeteilt mit mir!“ (Gen 17,1) Es gilt, mit ganzem Herzen vor dem Herrn zu wandeln (1 Kön 8,23) und auf ihn ausgerichtet zu sein. Umgekehrt verheißt Jahwe auch, dass er mit dem Menschen unterwegs ist. „Mitten unter euch will ich wandeln, will [für] euch Gott sein, und ihr sollt mein Volk sein!“ (Lev 26,12f.). Der „mitgehende Gott“ begleitet sein Volk. Dieses Mitgehen Gottes durch alle Not und Gefahr ist ein sprechendes Bild für die Glaubens-erfahrung des wandernden Gottesvolkes. Oft erkennt es erst in der Rückschau auf seinen Weg, dass Jahwe bei seinem Volk war bzw. ist. In diesem Mitgehen erlebt es Befreiung und Zuwendung.

Die Heilige Schrift spricht also einerseits vom Mitgehen Gottes und andererseits davon, dass Menschen miteinander gehen. In diesem Sinn ermuntert der Pro7

Vgl. Grün, Anselm: 2002, 43ff.

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phet Jesaja, sich miteinander auf den Weg zu machen: „Kommt, wir wollen unsere Wege gehen im Licht des Herrn!“ (Jesaja 2,5). Dieser doppelte Aspekt des „Mitgehens Gottes“ und eines „gemeinsamen Gehens“ zeigt sich auch in den folgenden ausgewählten Beispielen. 

Die Erzelternerzählungen – typische Weggeschichten

Viele biblische Erzählungen im Ersten bzw. Alten Testament sind Weggeschichten8 – beispielsweise die Erzelternerzählungen im Buch Genesis: Abraham (Gen 12ff.) und Sara (Gen 17,15–16); Isaak (Gen 24) und Rebekka (Gen 24,60–67); Jakob, Lea und Rahel (Gen 29ff.). Sie schildern (allzu) menschliche Lichtund Schattenseiten auf dem Lebensweg. Sie zeichnen keine heilen (Familien-) Geschichten nach, sondern thematisieren durchaus konflikthafte Situationen und menschliche Abwege. Gott wendet sich ihnen zu; gerade auch dann, wenn sie es nicht erwarten. Trotz einer ungewissen Zukunft vertrauen sie auf seine Verheißungen und antworten auf seinen Ruf. Abraham und Sarah machen sich auf den Weg, um Gottes Verheißungen zu erfüllen. Jahwe ruft sie heraus aus ihrem Land, damit sie in ein neues und von ihm versprochenes Land gehen. Durch ihr Weggehen aus ihrer bisherigen Lebenswelt (vgl. Gen 12,1–3) setzen sie einen bedeutenden Neuanfang: Sie sollen zu einem großen Volk und zum Segen für alle Völker werden (vgl. Kap. 6.3.) Mit dem Auszug aus ihrer Heimat werden sie zu bleibenden Vorbildern und Urbildern – gleichsam zu Prototypen – des glaubenden Menschen.

Eine spannende Weggeschichte ist auch die Erzählung vom Traum Jakobs von der Himmelsleiter zwischen Erde und Himmel (Gen 28,10–22): „Jakob hatte seinen Bruder um das Recht der Erstgeburt betrogen. Um ihm für eine Weile aus dem Weg zu gehen, verlässt er sein Land, doch in der Fremde glaubt er sich ohne den Schutz des Gottes seiner Väter. Da deutet ein Traum seine Situation: Dort, wo er sich gelagert hat, verbindet eine Leiter Himmel und Erde. Gottes Engel steigen auf und nieder. Die Worte, die er hört, sagen ihm: ‚Überall, wo du, ,Jakob‘, dich befindest, ist ,Haus Gottes und Pforte des Himmels‘. Das ist neu. Die Götter gehörten stets zu Städten und Ländern, nicht zu einzelnen Menschen. Hier aber wird der 8

Vgl. ebd., 52ff.; ferner: Fischer, Georg: 2020.

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Mensch zum Ort Gottes.“9 Ohne nun das Ziel am Ende eines Weges bzw. die Bedeutung eines Wallfahrtsortes oder Pilgerortes schmälern zu wollen – entscheidend ist dieser Aspekt, dass „der Mensch selbst zum Ort Gottes“ wird.

Das kann speziell allen Wanderern, Wallfahrern oder Pilgern in das Stammbuch oder in ihr Reisetagebuch geschrieben werden.

Ebenso spannend wie die vorige ist die Geschichte vom Kampf Jakobs (Gen 32,23– 33): In der Nacht tritt ihm ein unbekannter Angreifer auf seinem Weg entgegen und kämpft mit ihm. Doch dieser Fremde kann Jakob nicht überwältigen und will, dass er ihn loslässt.

Jakob aber möchte, dass er ihn segnet. Als er das dennoch tut, geht für Jakob „die Sonne auf “; aber wegen seiner beim nächtlichen Kampf verletzten Hüfte hinkt er. Der „Gottesstreiter“, der mit großem Einsatz bis zum Schluss gekämpft hat, trägt schließlich dazu bei, dass die Geschichte Israels mit ihm als Stammvater weitergeht.

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Halbfas, Hubertus: 2019, 56.

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Ich lasse dich nicht, es sei denn, du segnest mich Genesis 32,27

ÜBERGANG Ich bin bereit Abschied zu nehmen aber nur mit dir nicht ohne dich ich bin bereit zu gehen aber nur mit dir nicht ohne dich Ich bin bereit mich zu riskieren aber nur mit dir nicht ohne dich ich bin bereit mich in deinen Dienst zu stellen aber nur mit dir nicht ohne dich zeig dich stell dich gib dich ich fordere heraus – sei Antwort ich klage ein – sage dich zu ich ringe mit dir – segne mich wo du nicht segnest ist alles Mühen umsonst Andrea Schwarz10

„Jeder kann Jakob sein, wenn ihn Ungewissheit, Zweifel und Verlassenheit niederringen. Solche nächtlichen Kämpfe mögen Wochen, Monate und Jahre dauern. Es sind Strecken der Gottesnot, in denen Gott als Unbekannter, als Fremder und Feind 10

Schwarz, Andrea: 2008, 104.

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erscheint. Weil aber ,Gott‘ in keinem Bild darstellbar ist, zeigen die Maler Jakob im Kampf mit einem ,Engel‘. Dieser steht für den Nichtverfügbaren. Jakob sagt: ,Ich lasse dich nicht, es sei denn du segnest mich!‘ Die mehrdeutige Geschichte weiß davon, was Israel in dunklen Nächten seines Kampfes mit Gott erfahren hat. Es ist eine Geschichte, die sich in jedem Menschenleben neu ereignen kann.“11 Denn dunkle Wegstrecken bleiben niemandem erspart. Aber auch auf Wegen des Kampfes, der Auseinandersetzung, des eigenen Ringens und des „Gottesstreites“ erfahren Menschen Gottes Schutz und Beistand. Übrigens bedeutet Jakob im Hebräischen so viel wie: „Gott schützt“. 

Das Buch Exodus – eine einzigartige Weg-Erzählung

Eine herausragende Stellung haben die Befreiungserzählungen: Jahwe schenkt seinem Volk Freiheit und führt es durch Mose aus der Knechtschaft Ägyptens. „Das Grundmuster für Gottes Weg mit Einzelnen und Gemeinschaften liegt im Auszug aus Ägypten, wobei dieses Land symbolisch für ,Wohlstand in Unfreiheit‘, unterdrückende Diktatur (,Pharao‘) und Orientierung an den damit verbundenen Götzen steht. Gott setzt gegen alle Widerstände die unmöglich erscheinende Befreiung seines Volkes in einem komplexen Prozess durch.

Entscheidende Momente daran verbinden sich mit den zwei häufig dafür verwendeten Verben ,herausgehen / -führen‘ und ,hinaufziehen / -führen‘ (s. Exodus 3,10.8). Das erste nimmt die Absetzung von den falschen, versklavenden Abhängigkeitsmechanismen in den Blick. Das zweite schaut voraus auf das Ziel, das von Gott verheißene Land. Dazwischen liegt eine Phase der ‚Ruhe‘, der lange Aufenthalt am Gottesberg Sinai.

Dieser Dreischritt ist typisch für Gottes Wege: Zuerst geht es um ein Freiwerden von allen Formen von Zwängen (‚Ägypten‘). Bevor das Ziel (‚Land‘) erlangt werden kann, bedarf es des Innehaltens, des Erfüllt-Werdens in der Begegnung mit Gott. Dies gibt die Kraft für den ‚Aufstieg‘ und die damit verbundenen Schwierigkeiten; in der Bibel dauert letztere Phase deutlich länger als der Auszug.“12 So wird deutlich, dass der Weg durch die Wüste bzw. der Auszug aus Ägypten zu Schlüsselerfahrungen des wandernden Volkes werden, das gerade darin das Mitgehen und die Zuwendung Jahwes erfährt. Nach dem Aufenthalt am Berg Sinai dauert es aber immerhin noch fast vierzig Jahre, bis das Volk im verheißenen Land ankommt. Das zeigt, dass Ausdauer und Geduld unverzichtbar sind.

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Halbfas, Hubertus: 2019, 59.

Fischer, Georg: 2020, 6.

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Das große Danklied für die Rettung erklingt dann von der Prophetin Mirjam, der Schwester Aarons (vgl. Ex 15,20–21). In ihren Dank dürfen alle einstimmen – bis in unsere Tage – , denen ein Leben in Freiheit und Solidarität möglich ist.

Am Berg Sinai schenkt Jahwe seinem Volk die Zehn Weisungen (Ex 20,1–21). Sie sollen ein Leben in Freiheit und Würde erhalten und weiterhin gewährleisten. Als „Zehn Gebote“ sind diese Weisungen gleichsam verbindliche Wegmarkierungen (vgl. Kap. 3.3.). 

Die Elija-Geschichte – „Empowerment“ auf dem Weg

Eine berührende Szene erzählt das erste Buch der Könige über Elija13 auf seiner Flucht vor Isebel. Er wird müde auf seinem Weg; er ist abgekämpft und wünscht sich in seiner Bedrängnis sogar den Tod. Aber Gott schickt ihm einen Engel, seinen Boten, der ihn aufweckt und aufrichtet. Er bekommt Brot und Wasser; legt sich aber wieder hin. Der Engel rührt ihn ein zweites Mal an: „Steh auf und iss, sonst ist der Weg zu weit für dich!“ (1 Kön 19,7). Durch diese Stärkung mit Speise und Trank geht er vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Gottesberg Horeb. Dort gibt sich Gott zu erkennen. Er zeigt sich nicht im Sturm, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer.

Er kommt im „leisen Säuseln des Windes“. Damit ist nicht das Außergewöhnliche entscheidend, sondern gerade das Alltägliche. In diesem Sinn wandelt sich auch das Gottesbild des Elija: Gott ist nicht nur der Mächtige, sondern der ganz Andere.

Die Gestalt des Elija hat etwas Feuriges und Leidenschaftliches an sich: Er ist ein Prophet „wie Feuer, seine Worte waren wie ein brennender Ofen“ (Jesus Sirach 48,1). Er setzt sich mit aller Kraft für seine Aufgabe ein, selbst wenn er dabei in seiner feurigen Leidenschaft gleichsam über das Ziel schießt und so fast in ein „Burn-out“ kommt. „Seine Person steht ganz unter dem Anspruch, aber auch der Fürsorge Gottes. Sein machtvolles Gebet vermag den Himmel zu verschließen und zu öffnen, ja Tote zu erwecken. Die Entrückung im feurigen Wagen am Ende seines irdischen Lebens besiegelt gewissermaßen noch einmal das Geheimnis seiner Person, die ganz und gar zur Verfügung Gottes steht und stehen soll.“14 Diese 13

Vgl. dazu auch: Coelho, Paulo: Der Fünfte Berg. Roman, Zürich (Diogenes Taschenbuch) 2000.

Vgl. Grün, Anselm: Kämpfen und lieben. Wie Männer zu sich selbst finden. Münsterschwarzach (Vier-Türme-Verlag) 2003, 113–119.

14 Schlosser, Marianne: Der Prophet Elija: „Vater“ des monastischen Lebens, in: Geist und Leben 76 (2003), 24–39, hier: 24.

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Entrückung im feurigen Wagen gilt als Sinnbild für die Überwindung des Todes und als Vorausbild der Auferstehung und Himmelfahrt Christi. In der jüdischen Tradition wird er als Vorläufer oder Begleiter des Messias am Ende der Zeiten erwartet. Bei liturgischen Feiern wird sogar ein eigener „Stuhl für Elija“ bereitgestellt, um diese Hoffnung auszudrücken.

Speise und Trank sind not-wendig für einen weiten Weg. „Steh auf und iss, sonst ist der Weg zu weit für dich!“ (1 Kön 19,7) Diese Ermunterung will Mut machen auf dem langen und oft mühevollen spirituellen Weg zu Gott und zur eigenen Wirklichkeit. Sie ist „Empowerment“ – Ermutigung und Stärkung auf dem Weg. Auch heute können Menschen einem „Engel“ begegnen, der sie aufrichtet und ermuntert, wenn sie enttäuscht und mutlos sind. Manche erfahren so das Geschenk einer unerwarteten Begegnung, die ihnen neuen Mut zuspricht. Wenn das „Feuer der Begeisterung“ zu erlöschen droht, dann gilt es, „die Glut neu zu entfachen“ und sich auch im spirituellen Sinn zu stärken. 

Mit Psalmen auf dem Weg – Psalmverse als Wegweiser

Als „Preisgesänge Gottes“ bilden die Psalmen den gemeinsamen Gebetsschatz des Judentums und der christlichen Kirchen. Das Ringen des Menschen in seiner Sehnsucht nach Gott und die unbegreifliche Treue Gottes zum Menschen bilden gleichsam die Grundmelodie des Psalters. Wer sich von den verschiedenen Klangfarben dieser Textkomposition begeistern und von einzelnen Psalmen immer neu ansprechen lässt, findet in ihnen eine lebendige Quelle der Inspiration für die vielfältigen Wege des Lebens und des Glaubens. Aus der unmittelbaren Beziehung, aus der contemplatio, erwachsen dann die Bereitschaft und der Auftrag zur actio, zum Handeln aus dem Glauben. Aktion und Kontemplation gehören auf einem Weg mit den Psalmen eng zusammen und fördern einander.

In ihrem reichen und vielschichtigen Erfahrungshorizont finden sich zahlreiche Weg- und Geh-Worte (die im Folgenden kursiv hervorgehoben werden). Auch wenn beim Psalter grundsätzlich das Ganze im Blick bleiben soll, können wohl einzelne Psalmverse herausgenommen werden, die prägnante Weg-Weiser und Wegbegleiter sind:

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–– „Du zeigst mir den Pfad zum Leben. Vor deinem Angesicht herrscht Freude in Fülle, zu deiner Rechten Wonne für alle Zeit.“ (Ps 16,11) –– „Der Herr stillt mein Verlangen; er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen.

Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht.“ (Ps 23,3–4) –– „Zeige mir, Herr, deine Wege, lehre mich deine Pfade!“ (Ps 25,4) (vgl. Ijob 21,14) –– „Wer ist der Mann, der Gott fürchtet? Ihm zeigt er den Weg, den er wählen soll. Dann wird er wohnen im Glück, seine Kinder werden das Land besitzen.“ (Ps 23,13–14) –– „Befiehl dem Herrn deinen Weg und vertrau ihm; er wird es fügen.“ (Ps 37,5) –– „Der Herr festigt die Schritte des Mannes, er hat Gefallen an seinem Weg. Auch wenn er strauchelt, stürzt er nicht hin; denn der Herr hält ihn fest an der Hand.“ (Ps 37,23–24) –– „Gott sei uns gnädig und segne uns. Er lasse sein Angesicht über uns leuchten, damit auf Erden sein Weg erkannt wird und unter allen Völkern sein Heil.“ (Ps 67,2–3) –– „Weise mir, Herr, deinen Weg; ich will ihn gehen in Treue zu dir. Richte mein Herz darauf hin, allein deinen Namen zu fürchten!“ (Ps 86,11) –– „Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt.“ (Ps 91,12) –– „Der Herr behüte dich, wenn du fortgehst und wiederkommst, von nun an bis in Ewigkeit.“ (Ps 121,8) –– „Herr, tu Gutes den Guten, den Menschen mit redlichem Herzen! Doch wer auf krumme Wege abbiegt, den jage, Herr, samt den Frevlern davon! Frieden über Israel!“ (Ps 125,4–5) –– „Herr, du hast mich erforscht und du kennst mich. Ob ich sitze oder stehe, du weißt von mir. Von fern erkennst du meine Gedanken. Ob ich gehe oder ruhe, es ist dir bekannt; du ist vertraut mit all meinen Wegen.“ (Ps 139,1–3) –– „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz, prüfe mich und erkenne mein Denken! Sieh her, ob ich auf dem Weg bin, der dich kränkt, und leite mich auf dem altbewährten Weg!“ (Ps 139,23–24) Wir können Gottes Wege oft nicht begreifen; aber vertrauensvoll dürfen wir in jeder Situation zu Gott rufen, der uns auf allen Wegen begleitet. Was immer auch 22

in unserem Leben geschehen mag: Vielleicht kann uns der Psalmist helfen, unsere Sprachlosigkeit zu überwinden und schließlich in seinen Dank einzustimmen: „Herr, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit!“ (Ps 30,13b) Unter dieser Perspektive sollen einzelne Aspekte im Folgenden noch weiter entfaltet werden. „Der Herr leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen“ (Ps 23,3) Der (nach der hebräischen Zählung) 23. Psalm gilt als Hirtenpsalm bzw. als der große Vertrauenspsalm, der aus der Zuversicht lebt: „Der Herr ist mein Hirte!“ Auf ihn vertraut der Psalmist, auch wenn er „in finsterer Todesschlucht wandern“ muss. Angesichts von Leid, Not, Gefahr und Einsamkeit darf der Mensch auf den Schutz Gottes vertrauen. Die Bilder des Psalms greifen das Hirtendasein auf: Weideplätze, Rastplätze am Wasser, Führen auf rechten Wegen. Der Hirt JAHWE erweist sich als Hirte seines Volkes. Im Bild des Guten Hirten erschließt sich seine große Fürsorge und Zuwendung.

Das Bekenntnis zu ihm ist vom Grundvertrauen getragen: „Du, Herr, leitest mich auf rechten Pfaden.“ Darin erweist er sich eben als treuer Begleiter in allen Lebenslagen.

Viele können durch diesen Psalm in freudigen wie in leidvollen Situationen Trost 23

und Kraft finden, vor allem aber dann, wenn sie einmal „in finsterer Schlucht wandern“ müssen. „Befiehl dem Herrn deinen Weg und vertraue ihm!“ (Ps 37,5) Wir sind nicht selbst „unseres Glückes Schmied“; wir haben es nicht in unserer Hand. Ob unser Leben gelingt oder scheitert – wer kann es sagen? Auch wenn wir unseren Beitrag leisten, bleibt das dennoch offen. Manches können wir nicht verstehen und darin keinen Sinn erkennen. Aber wir dürfen – trotz allem – hoffen und darauf vertrauen, dass letztlich alles zu einem guten Ende kommen wird. Der Psalmist fasst sein tiefes Gottvertrauen in Worte: „Befiehl dem Herrn deinen Weg; und vertrau ihm; er wird es fügen (Ps 37,5) Ein solches Vertrauen bewahrt uns vor Angst und Furcht – es kann uns eine innere Gelassenheit schenken. Erst im Rückblick erschließt sich manchmal eine besondere „Fügung“. Ob wir darin eine „göttliche Vorsehung“ erkennen dürfen? „Ich freute mich, als man mir sagte: ,Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern.‘“ (Ps 122,1) Der Psalm 122 verweist auf das Ziel des Weges. Er ist ein Davidslied für die Wallfahrt nach Jerusalem, das eine Vorfreude ausdrückt. Der gemeinsame Weg führt die Pilger zum Heiligtum, einem besonderen Sehnsuchtsort: „Ich freute mich, als man mir sagte: ,Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern.‘ Schon stehen wir in deinen Toren, Jerusalem: Jerusalem, du starke Stadt, dicht gebaut und fest gefügt.

Dorthin ziehen die Stämme hinauf, die Stämme des Herrn, wie es Israel geboten ist, den Namen des Herrn zu preisen.“ (Ps 122,1–4)15 Als zentraler Kultort und als besonderes Wallfahrtsziel in der Heiligen Stadt ist der Tempel der Treffpunkt für viele Stämme Israels. Sie ziehen miteinander an diesen Ort, weil sie hier eine besondere Nähe des Herrn erfahren und miteinander den Namen des Herrn loben.

Eine gemeinsame Wegstrecke und ein verbindendes Ziel können auch bei heutigen Wanderern, Wallfahrern oder Pilgern ein gewisses Gemeinschaftsgefühl entstehen lassen, das Grund zur Freude ist. Es können eine Offenheit und eine Bereitschaft wachsen, an einem besonderen Ort miteinander Gottesdienst zu feiern.

15

Analog dazu ist dann in der Johannesapokalypse das Neue Jerusalem ebenso ein Hoffnungsort: Es ist die Vision eines neuen Lebensraumes, an dem von Gott her alles gewandelt wird: „Seht, ich mache alles neu!“ (Offb 21,5)

24

„Herr, du bist vertraut mit all meinen Wegen …“ (vgl. Ps 139,2–5) Wer kennt mich wirklich – so wie ich bin? Wer glaubt, mich zu kennen? Kenne ich mich selbst – mit meinen Vorzügen und Schattenseiten? Solche Fragen provoziert der Psalmist, der sich Gedanken über seinen Lebensweg macht. Als Glaubender ist er überzeugt: „Herr, du kennst mich!“ – ja noch mehr: „…von fern erkennst du meine Gedanken.“ Er bekennt, dass er ihn gleichsam „in- und auswendig“ kennt. In ungewöhnlicher Dichte spricht der Psalmist dann davon, dass Gott mit allen unseren Wegen vertraut ist und alle unsere Schritte kennt. Er bittet Jahwe, ihn „auf dem altbewährten bzw. ewigen Weg zu leiten“ (Ps 139,24).

Und er weiß um seine schützende Nähe: „Du legst deine Hand auf mich!“ Gibt es ein stärkeres Zeichen der Verbundenheit und Geborgenheit?

2.2. Neutestamentliche Wegmotive Auch im Neuen Testament finden sich zahlreiche Weggeschichten. Mehrere Perikopen berichten von Begegnungen mit Jesus, die sich auf einem Weg ereignen.

Das ganze Leben und Wirken Jesu kann dann als große Weggeschichte gedeutet werden: Er geht seinen Weg konsequent bis zum Tod am Kreuz – wie sein Passions-weg und sein Kreuz-weg zeigen.

25

In den Evangelien finden sich unterschiedliche Akzente einer Wegmetaphorik, die im Folgenden kurz dargelegt werden. 

Auf dem Weg der Gerechtigkeit des Reiches Gottes – Matthäusevangelium

Bei Matthäus geht es um einen neuen Weg der Gerechtigkeit des Himmelreiches (vgl. Mt 5,1–7,29: „Ich aber sage euch …“) und um eine Erfüllung des Gesetzes der Thora. Jesus verlangt nicht eine bloß äußere Beobachtung des Gesetzes; wohl aber soll der eigentliche Sinn erkannt werden. Er ist nicht gekommen, „um das Gesetz aufzuheben, sondern um es zu erfüllen“. Dabei beschreibt das MatthäusEvangelium den Weg Jesu als den Weg des verheißenen Messias und des Retters, den das Volk Israel erwartet. Dieser Weg führt ihn zu den sogenannten Heiden, also Nichtjuden. Seine Botschaft ist für alle Menschen bestimmt.

Bereits die drei Magier aus dem Morgenland brechen auf (als Vertreter der Heiden), um dem Stern zu folgen und den neugeborenen König zu finden und anzubeten. Mit dem Taufauftrag und mit dem universalen Missionsbefehl (Mt 28,1620) wird nochmals deutlicher, dass sich der Weg der an Jesus Glaubenden „auf die ganze Welt“ und bis an die Grenzen der Erde erstreckt.

Besonderen Wert legt Matthäus auf neue Verhaltensweisen, wie sie in der Bergpredigt (Mt 5–7) gefordert werden. Analog zu Mose auf dem Berg Sinai gibt Jesus seine Weisungen mit auf den Weg. Im Reich Gottes geht es nicht darum, möglichst viele Gebote und Verbote buchstabengetreu zu beachten, sondern in Liebe und Gerechtigkeit zu handeln. 

Der Weg Jesu als Sohn Gottes, der machtvolle Taten wirkt – Markusevangelium

Das Markusevangelium (als das älteste) zeichnet den Weg Jesu von seiner Taufe bis zum Kreuz nach. Parallel dazu schildert es den der Jünger, die allmählich zum Glauben an Jesus als den Sohn Gottes gelangen. Es lädt ein, selbst diesen Weg nachzugehen und gleichsam mit auf den Berg Tabor zu kommen, wo er sein wahres Wesen offenbart.

Auf dem Weg zum Berg Tabor Der Berg spielt als besonderer Ort einer Gottesnähe und als heiliger Ort der Begegnung in vielen Religionen eine herausragende Rolle. Der Weg oder die 26

unterschiedlichen Wege auf einen Berg können eine spezielle Herausforderung sein – geprägt von der Mühe des Aufstiegs, aber auch verbunden mit einem tief empfundenen Gipfelglück.

Der Evangelist Markus berichtet uns: Jesus ruft seine Freunde Petrus, Johannes und seinen Bruder Jakobus zu sich und geht mit ihnen auf einen nahe gelegenen Berg, um zu beten. Traditionell wird der Berg Tabor in Galiläa als Berg der Verklärung verehrt, der sich aus einer weiten Ebene eindrucksvoll erhebt.

Er vermittelt ein – im wahrsten Sinn des Wortes – erhebendes Gefühl mit einem herrlichen Weitblick. Auf diesem Berg und wohl auch auf anderen Bergen können sich der Blick und die Sichtweise des Lebens verändern und erweitern. Dort können Menschen ein Glück erfahren, das nicht oberflächlich ist und das sie überwältigen kann. Was nun Jakob und die beiden anderen Jünger auf dem Berg erleben, ist ein Aufleuchten der göttlichen Herrlichkeit Jesu. Sie spüren die Gottesnähe Jesu ganz anders als bisher. Sie sehen manches klarer und eben „verklärter“.

Nach einem längeren Aufstieg hat man das Bedürfnis, sich auszuruhen. So geht es wohl auch Petrus, der hier bleiben und drei Hütten bauen will: Eine für Jesus, eine für Mose und eine für Elija. Petrus möchte diesen Augenblick des Glücks festhalten. Auch wir kennen diese Erfahrung, in der wir – wie in Goethe´s Faust – sagen möchten: „Verweile doch! Du bist so schön!“ Solche Augenblicke sollen für immer bleiben; so empfinden es auch die drei Freunde Jesu, die Zeugen seiner Verwandlung werden. Aber die Jünger müssen wieder den Berg hinunter steigen, gleichsam in den Alltag zurückkehren. Dann soll sich auch und gerade im alltäglichen Leben manches klären und verwandeln.

In dieser Perikope geht es aber nicht nur um den Weg auf den Berg Tabor, gleichsam um ein „Gipfelerlebnis“ und um persönliche „Tabor-Stunden des Glücks“; vielmehr stellt Markus den Weg vor Augen, den Jesus seinen Jüngern zum Vater zeigt. Schließlich deutet er an, dass er selbst „der Weg“ ist (vgl. Joh 14,6 – siehe auch Kap. 3.5.). Gleichzeitig unterstreicht Markus, dass sich Jesus immer wieder zurückzieht. Dies lässt sich wohl auch als Impuls für seine Jünger – und für uns – verstehen, sich zu bestimmten Zeiten aus der Geschäftigkeit und Betriebsamkeit des Lebens herauszunehmen, Abstand zu gewinnen, um neue Kräfte sammeln zu können.

27



„Jesus, der Wanderer“ – Lukas und seine Weg-Theologie

Lukas hat eine besondere Weg-Theologie verfasst, in der sich die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes zeigen. Er schildert ausführlich den Weg Jesu – des Heilands der Armen und Benachteiligten – nach Jerusalem. Für ihn ist er ein Wanderer: „Ich muss heute und morgen und am kommenden Tag weiterwandern.“ (Lk 13,33) „Jesus ist Wanderer, aber zugleich auch Gast, der bei den Menschen einkehrt. Im wandernden Jesus kommt Gott selbst zu den Menschen und lässt sich von ihnen aufnehmen. Dieses Motiv findet sich ähnlich in zahlreichen griechischen Göttersagen, etwa in der Erzählung von Philemon und Baucis oder in der Odyssee. Lukas verwendet dieses in der Antike weit verbreitete Motiv christologisch, das heißt: Jesus ist für ihn der Beauftragte und der Bote Gottes. In ihm und durch ihn besucht Gott selbst die Menschen, verborgen in der Gestalt des Wanderers, der dann als Gast bei ihnen einkehrt, mit ihnen isst und trinkt und ihnen so Gottes Menschenfreundlichkeit nahebringt.“16 Dieses Motiv wird in verschiedenen bekannten Perikopen herausgearbeitet, z.B. in der Zachäusgeschichte (vgl. Lk 19,1–10) oder in der Geschichte vom barmherzigen Samariter (vgl. Lk 10,25-37). Diese Erzählungen machen deutlich, dass der Weg Jesu immer zum Menschen führt und ihm so besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Auch die Emmausgeschichte erschließt das in besonderer Weise.

Die Emmausperikope – eine klassische Weg-Geschichte des Neuen Testaments Die Erzählung von den Emmausjüngern (vgl. Lk 24,13–50), die miteinander unterwegs sind und die dabei Jesus begegnen, ist eine Hoffnungsgeschichte.

Nachdem sie erlebt haben, dass er gekreuzigt wurde und auferstanden ist, wollen sie nicht resignieren und zu Hause bleiben. Vielmehr brechen sie auf. Auf dem Weg reden sie miteinander „über all das, was sich ereignet hat“. Sie erkennen Jesus nicht gleich, als sich ihnen unterwegs ein fremder Mann anschließt. Aber sie sind offen für einen Fremden – für einen Unbekannten und wohl auch für Unbekanntes, auch wenn ihnen das nicht leicht fallen mag. „Die drei deuten die Schrift“ – so heißt es weiter. Sie wollen sich vom „lebendigen Wort Gottes“ treffen und betreffen lassen und es auf ihre Situation hin deuten. Aber sie reden nicht nur miteinander, „die drei brechen miteinander das Brot“: Als Jesus im gemeinsamen Mahl das Brot bricht, erkennen sie ihn als den auferstandenen Christus, 16

Grün, Anselm: 2002, 59.

28

der dann jedoch vor ihren Augen entschwindet. „Da gingen ihnen die Augen auf …“ – so heißt es und schließlich wird berichtet: „Die zwei gehen zu ihren Freunden und erzählen ihnen“. Sie können nicht schweigen über das, was sie erfahren haben. „Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er uns unterwegs den Sinn der Schriften erschloss?“ – so fragen sie sich betroffen.

Der Weg nach Emmaus steht auch heute offen. Die Begegnung mit dem Auferstandenen hat die Emmausjünger damals verwandelt, weil ihnen eine intensive Gotteserfahrung geschenkt wurde. Wie sie sind auch Glaubende heute auf diesen Weg gerufen, auf dem sich eine neue Sichtweise erschließen kann. Sie sind eingeladen, anderen von dem zu erzählen, was ihnen auf ihrem Lebens- und Glaubensweg Hoffnung schenkt, was ihnen Kraft gibt und was sie leben lässt. Übrigens gibt es in Erinnerung an diese Geschichte am Ostermontag in einigen Gemeinden einen sogenannten Emmausgang – eine „österliche“ Wanderung.

Den Emmausjüngern sind erst im Nachhinein „die Augen aufgegangen“. Vielleicht können es manche Wanderer ähnlich erleben, wenn ihnen – während dieser Wanderung oder später – in einem Rückblick auf ihren bisherigen Weg manche Zusammenhänge neu bewusst werden und sie vielleicht da oder dort Gottes Spuren entdecken können. „Zu wem sollen wir gehen?“ – Johannesevangelium Das Johannesevangelium, das als letztes entstanden ist, entfaltet eine eigene Theologie, die den Weg der Menschwerdung Gottes in Jesus, dem Christus, in den Mittelpunkt stellt. Es zeigt Jesus als Sohn Gottes, der den himmlischen Vater offenbart und der seinen Anhängern den Weg zum Vater zeigt.

Die Jünger Jesu stellen hier eine entscheidende Frage: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens!“ (Joh 6,68) Ein gewichtiges „Ich-binWort Jesu“17 gibt wohl eine Antwort darauf: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und 

17

Im Johannesevangelium finden sich sieben Ich-bin-Worte Jesu, die ihn beschreiben: – Ich bin das Brot des Lebens. (Joh 6,35) – Ich bin das Licht der Welt. (Joh 8,12) – Ich bin die Tür. (Joh 19,9) – Ich bin der gute Hirte. (Joh 10,11) – Ich bin die Auferstehung und das Leben. (Joh 11,25) – Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. (Joh 14,6) – Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. (Joh 15,5) 29

das Leben!“ (Joh 14,3–6) (vgl. Kap. 3.5.) Johannes verweist darauf, dass Jesus nach seinem Weg zum Vater seinen Geist – den Parakleten und Tröster – sendet. Dieser ist verlässlicher Begleiter und Beistand auf dem Lebens- und Glaubensweg des Menschen.

Im Zentrum des johanneischen Schriftgutes steht die Liebe. „Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage. Dies trage ich euch auf, dass ihr einander liebt. (Joh 15,12–14.17) 

„Die Anhänger des neuen Weges“ und „das wandernde Gottesvolk“ – Apostelgeschichte und weitere Schriften

Zum lukanischen Doppelwerk gehört auch die Apostelgeschichte. Darin beschreibt der Autor den Weg der jungen Kirche. In ihr wird die entstehende nachösterliche Gemeinschaft, die Jesus nachfolgt, als „der Weg“ bezeichnet (Apg 9,2; 19,9.23; 22,4; 24,14.22). Oft ist die Rede vom „Weg“ (Apg 16,17), „Weg des Heiles“ (18,25), „Weg des Herrn“ (18,26) oder vom „Weg Gottes“ (19,9.23; 22,4; 24,14.22). Als „Anhänger des neuen Weges“ sind die Christen miteinander unterwegs: „Wir sind berufen, in der Wahrheit zu leben, wörtlich zu wandeln (2 Johannes 4). Wir sind ,die vom Weg‘ (nach der Apostelgeschichte ist das die erste Bezeichnung für die Christen, vgl. 9,2); wir sind Teil eines sich entwickelnden Projektes, eines Wachstums- und Reifungsprozesses; das Wort des Evangeliums will Frucht tragen und wachsen (vgl. Kolosser 1,6). … Wenn Paulus die Christen Menschen nennt, die ,die Wahrheit in Liebe tun‘ (aletheuontes en agape, Epheser 4,15), dann steht dahinter die Vorstellung eines Unterwegsseins und Wachsens.“18 Dieses Wachsen und Reifen in Liebe meint nicht ein unerreichbares Ideal; vielmehr geht es hier um eine Zielperspektive und um eine Richtung, in die sich Christen in ehrlichem Bemühen entwickeln sollen. Sie sollen nicht ihre Hoffnung verlieren, auch wenn die endgültige Wiederkehr Jesu noch aussteht.

Während im Lukasevangelium der Weg Jesu von Galiläa nach Jerusalem – wohl mit Blick auf seinen Tod und seine Auferstehung – geschildert wird (vgl. Lk 23,5) 18

Ronchi, Ermes: 2021, 30.

30

und ein interessanter Reisebericht (Lk 9,51–19,28) vorliegt, führt in der Apostelgeschichte umgekehrt der Weg von Jerusalem hinaus zu allen Menschen. Der Weg der Missionsreisen beginnt immer in Jerusalem.

Neben dem Johannesevangelium enthält auch der Hebräerbrief eine spezifische Theologie des Weges bzw. des wandernden Gottesvolkes.19 Wie die Israeliten sind die Christen auf dem Weg durch die Wüste in das verheißene Land. Der Verfasser des Hebräerbriefes ermuntert in seiner „Mahnrede“ die Gemeinde, nicht den Mut zu verlieren und ihren Glaubensweg neu zu bedenken. Dabei soll sie Zuversicht, Ausdauer und Standfestigkeit im Glauben gewinnen.

Im Sinn einer Lebensführung und -gestaltung in der Nachfolge Jesu ist von verschiedenen Wegen die Rede, die gewählt werden können. Der Apostel Paulus ermuntert, „in der Neuheit des Lebens“ (Röm 6,49), in der Liebe (Röm 14,15) und im Glauben (2 Kor 5,7) zu wandeln.

Gerade Paulus – als der sogenannte Völkerapostel – ist es, der sich immer neu auf den Weg macht, wie seine ausgedehnten Reisen bezeugen, vor allem seine drei großen Missionsreisen. Zunächst begleitet er Barnabas als Missionar, um die Botschaft des Gekreuzigten und Auferstandenen weiterzutragen; dann findet er selbst Wegbegleiter, die ihn in seinem Verkündigungsauftrag unterstützen. Sie beweisen, wie wichtig treue Weggefährten sein können.

2.3. Persönliche Reflexion zu biblischen Weggeschichten

■ Welche alttestamentliche oder welche neutestamentliche Wegerzählung

be-wegt mich besonders?

■ Welche Anknüpfungspunkte und / oder Parallelen finde ich in meinem Leben?

■ Welche Impulse vermitteln mir die biblischen Weggeschichten?

■ Welchen Bibelvers (z.B. Psalmvers) möchte ich als persönliches Leitmotiv auswählen?

19

Vgl. auch: Die Bibel. Aus der Heiligen Schrift des Alten und Neuen Bundes. Einführungen und Meditationen von Anselm Grün, Freiburg (Herder) 2002, 603–604.

31

3. Orientierungstafeln entlang einer Theologie des Weges Im Anschluss an das vorhergehende Kapitel mit seinem Blick auf biblische WegErzählungen lassen sich nun einige Schwerpunkte zusammenfassen, die gleichsam Wegtafeln bzw. entscheidende Weg-Weiser darstellen.20 Gewisse Wiederholungen lassen sich dabei kaum vermeiden; aber so können entsprechende Aspekte umso deutlicher hervortreten.

3.1. „Gott ruft zum Aufbruch“ „Gott ruft zum Aufbruch“ – so könnte eine erste Tafel am Wegesrand heißen.

Er ruft Menschen zum Aufbruch, was eine existentielle Heraus-forderung – im wahrsten Sinn des Wortes – darstellt. So fordert er Abraham auf: „Ziehe weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, 20

Dieses Kapitel orientiert sich an: Fischer, Georg: 2020.

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das ich dir zeigen werde!“ (Gen 12,1) Entscheidend ist – trotz aller Vorbehalte – sein Vertrauen in Jahwes Führung. Ähnlich ergeht es Mose, der Jahwe im brennenden Dornbusch begegnet (Ex 3,1–15): Er wird von ihm auf den Weg geschickt, um das Volk Israel aus der Knechtschaft herauszuführen. Trotz mehrerer Einwände lässt er sich auf diesen Ruf ein und vertraut auf das Mitgehen Gottes (siehe zweite Tafel) und auf seinen Beistand.

Stets ergreift Jahwe die Initiative und gibt einen konkreten Auftrag. Der Mensch ist nun aufgefordert, auf diesen Ruf zu antworten. Auch wenn er seine Antwort verweigert, erweist ihm Gott immer neu seine unverbrüchliche Treue.

Diese uralten Erfahrungen glaubender Menschen können rückgebunden werden an eigene Erfahrungen der Zuwendung Gottes in verschiedenen Lebenssituationen. Die biblischen Berufungsgeschichten zeigen zugleich, dass die Antwort auf den Ruf Gottes kein „geradliniger Weg“ ist, sondern meist viele Höhen und Tiefen kennt. Glaube und Glaubenszweifel, Glaubens- und Unglaubensgeschichten stehen nebeneinander. Schließlich ist und bleibt der Glaube an Gott und sein Wirken im eigenen Leben immer ein Geschenk bzw. Gnade.

33

Du Gott des Aufbruchs, segne uns, wenn wir dein Rufen vernehmen, wenn deine Stimme lockt, wenn dein Geist uns bewegt zum Aufbrechen und Weitergehen.

Du Gott des Aufbruchs, begleite und behüte uns, wenn wir aus Abhängigkeiten entfliehen, wenn wir uns von Gewohnheiten verabschieden, wenn wir festgetretene Wege verlassen, wenn wir dankbar zurückschauen und doch neue Wege wagen.

Du Gott des Aufbruchs, wende uns dein Angesicht zu, wenn wir Irrwege nicht erkennen, wenn uns Angst befällt, wenn Umwege uns ermüden, wenn wir Orientierung suchen in den Stürmen der Unsicherheit.

Du Gott des Aufbruchs, sei mit uns unterwegs zu uns selbst, zu den Menschen, zu dir.

So segne uns mit deiner Güte, und zeige uns dein freundliches Angesicht.

Begegne uns mit deinem Erbarmen, und leuchte uns mit dem Licht deines Friedens auf allen unseren Wegen.

Michael Kessler21

21

Kessler, Michael, in: GOTTESLOB. Kath. Gebet- und Gesangbuch, Stuttgart 2013, 69f. (Nr. 13/5).

34

3.2. „Gott geht mit uns“ Wie bereits erläutert wurde, beschreibt das Alte Testament verschiedene Wege, auf denen Jahwe mit seinem auserwählten Volk Israel mitgeht. Allerdings zeigt sich immer wieder, dass Gottes Wege völlig anders sind als die der Menschen. Programmatisch heißt es beim Propheten Jesaja: „Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege nicht meine Wege, Spruch Jahwes. Denn (wie) der Himmel höher als die Erde ist, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“ (Jesaja 55,8–9) Aber bei allen Unterschieden zwischen den Wegen Gottes und denen der Menschen gibt es doch eine bleibende Zusage, die gleichsam auf einer zweiten Tafel zu finden ist: „Gott geht mit uns!“ Seine Wege sind zwar grundlegend anders – und doch geht er alle Wege unseres Lebens mit.

Ein entscheidender Aspekt kommt für den Glaubenden noch hinzu: Gott geht alle Wege mit – auch in Leid und Not, auch wenn Menschen schuldig werden, wenn sie Gewalt und die Macht des Bösen erfahren. So bezeugte Alfred Delp SJ, der im Widerstand gegen den Nationalsozialismus am 2.2.1945 in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurde, trotz der Erfahrung menschlicher Abgründe: „Gottes Kraft geht alle Wege mit.“ 35

„Geh mit uns“22

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1. Geh 2. Bleib 3. Gib F

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4. Segne uns auf unserm Weg.

3.3. „Unterwegs zur Freiheit” – Die Weisungen Gottes Auf die beiden vorhergehenden Weg-Weiser folgt eine weitere Tafel: „Unterwegs zur Freiheit“. Gott, der sich als „ein Freund des Lebens“ zeigt, schenkt auch Freiheit und Befreiung. Diese Orientierungstafel befindet sich sozusagen an einer „Schlüsselstelle“. Denn am Beginn der Freiheitserfahrung des Volkes Israel steht nämlich die Präambel: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägypten herausgeführt hat, aus dem Sklavenhaus!“ (Ex 3,14) Im Neuen Testament ist es dann analog dazu die Befreiung durch Christus, die auf den Weg der Freiheit führt.

Die Menschen können zwischen Wegen wählen, die ins Unheil oder die zum Heil und zum Leben führen. Am Berg Sinai gibt Jahwe seinem Volk Israel, mit dem er einen Bund geschlossen hat, Weisungen mit auf den Weg. Diese Weisungen Gottes zeigen einen Weg in Freiheit und Gerechtigkeit. Sie wollen den Menschen vor neuen Formen der Knechtschaft und Unterdrückung bewahren und einen Weg aufzeigen, der zum Heil führt. Die Zehn Worte – der Dekalog – sind wie eine 22

GOTTESLOB. Kath. Gebet- und Gesangbuch, Stuttgart 2013, 1287 (Nr. 994).

36

Richtschnur für die Beziehung zwischen Gott und den Menschen (1. – 3. Gebot) und für die Beziehung der Menschen untereinander (4. – 10. Gebot), damit sie eben in Freiheit, Gerechtigkeit und mitmenschlicher Solidarität leben können.

Gottes Wege sind staunenswert. Das Alte Testament berichtet von verschiedenen Begebenheiten und Wegen, die die Menschen oft staunen lassen. „Ein Zahlenspruch im Buch der Sprichwörter nennt als vier wunderbare, schwer einsehbare Wege: ,der Weg des Adlers am Himmel, der Weg einer Schlange auf Fels, der Weg eines Schiffes im Herzen des Meeres und der Weg eines Mannes bei einem Mädchen‘ (Spr 30,18– 19). Noch staunenswerter freilich sind die Wege des biblischen Gottes, und vollends unbegreiflich ist schließlich, dass er, obwohl so anders, uns einlädt, sie nachzugehen, indem wir ihn nachahmen in Heiligkeit (Levitikus 11,44–45), in Liebe zu Fremden (Deuteronomium 10,18–19), in Barmherzigkeit (Lukas 6,36) und Vollkommenheit (Matthäus 5,48).“23 Im Neuen Testament gilt schließlich das Hauptgebot der Liebe als Grundlage für ein Handeln in Freiheit: Die Liebe zu Gott, zum Nächsten und zu sich selbst ist das größte Gebot, das alle anderen umfasst (vgl. Mt 22,37–39).

23

Fischer, Georg: 2020, 7.

37

3.4. „Staunen lernen über Gottes Schöpfung“ Angesichts der Schönheit und Einzigartigkeit der Schöpfung und des gesamten Kosmos kann eine weitere Weg-Tafel einladen: „Staunen lernen über Gottes Schöpfung“. Bemerkenswert ist zunächst: „Im Unterschied zur Hl. Schrift ist die Natur ein universales Medium für die Gotteserfahrung. Die ursprünglichsten Religionsformen sind Naturreligionen. Schönheit und Schrecken – in beidem zeigt uns die Natur ein sakrales Gesicht. Welch unglaubliche Aufklärung es war, als diese numinose Natur vor 2500 Jahren von jüdischen Gelehrten als ,Schöpfung Gottes‘ bezeichnet worden war, können wir uns heute nicht mehr vorstellen. In der Achsenzeit der Menschheit wurde die Natur in einem bislang unbekannten Ausmaß entzaubert: sie war ,nur mehr‘ Schöpfung, nicht mehr selbst göttlich. Aber erst dadurch war es möglich, dass der Mensch sich aus der bannenden Macht der Natur ein Stück lösen konnte.“24 Aus der numinosen Naturverehrung wurde ein Schöpfungsglaube, in dem Glaubende nun Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde bekennen. Wie die beiden biblischen Schöpfungserzählungen im Buch Genesis – die ja keine naturwissenschaftlichen Berichte sind, sondern Loblieder auf Gott und seine Schöpfung – zeugen auch die Psalmen und die Weisheitsliteratur von einer tiefen Liebe zur Schöpfung und zum Schöpfer. Der Psalmendichter preist Jahwe: „Herr, unser Herrscher, wie gewaltig ist auf der ganzen Erde dein Name“ (Ps 8,2a), um dann die zentrale Frage zu stellen, die den Menschen bis heute bewegt: „Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?“ (Ps 8,5) Was ist der Mensch – in einem riesigen Universum, das ihn vor immer neue Fragen stellt?

In der jüdisch-christlichen Tradition versteht sich auch der Mensch selbst als Geschöpf Gottes; er ist „Abbild und Ebenbild“ Gottes.25 Damit wird er in eine besondere Beziehung zu Gott gesetzt bzw. Gott stellt diese besondere Beziehung zum Menschen her. Diese Gottesebenbildlichkeit gilt für alle Menschen – und nicht nur für Herrscher oder Könige, wie es in der Umwelt Israels üblich war.

24

Gruber, Franz: „Seh‘ ich deine Himmel, die Werke deiner Finger…“ (Ps 8,4) Zugänge zur Schöpfung heute, in: Unsere Brücke, hg. vom Priesterseminar der Diözese Linz, Linz 12/2020, 9–11, hier: 10.

25 Der Mensch ist allerdings nicht „die Krone der Schöpfung“ – diese ist nach biblischem Verständnis der Sabbat bzw. die Sabbatruhe. Unter diesem Aspekt kann auf die grundlegende Bedeutung der Sabbatruhe bzw. des Sonntags und entsprechender kreativer Ruhephasen hingewiesen werden.

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Daraus können eine prinzipielle Gleichheit aller Menschen und ihre unbedingte Würde gefolgert werden. Dieses unbedingte Angenommen-Sein des Menschen von Gott her kann als Ausgangspunkt einer christlichen Ethik und einer damit verbundenen Theologie des Weges gesehen werden. Er ist Mitgestalter der Schöpfung und trägt für den Erhalt und die Gestaltung der Schöpfung Verantwortung und Sorge. Dieser Aspekt ist zentral für eine gelebte Schöpfungsspiritualität, die heute – nicht zuletzt aufgrund zahlreicher ökologischer Bewegungen – neu im Bewusstsein ist.26 26

Als Best Practice sei hier das Projekt PILGRIM genannt: „Internationales Bildungsnetzwerk PILGRIM. Spiritualität und Bildung für Nachhaltige Entwicklung“.

Aus dem Leitbild von PILGRIM: „Menschen stellen sich die Frage nach dem Woher, dem Wohin und dem Wozu. Aus der jeweils gelebten, gelehrten und reflektierten Religion entspringt eine tiefe Sicht der Welt, erwächst Spiritualität. Eine spirituelle Sichtweise gibt im Leben als ,Vierte Dimension‘ Orientierung im Spannungsfeld von Ökonomie, Ökologie und Sozialem.“ www.pilgrim.at 39

Staune

dass du da bist erlebe die welt als wunder jedes blatt hat sein geheimnis jeder grashalm bleibt ein rätsel verlerne das staunen nicht wenn man dir eintrichtert wie normal und einfach alles ist Günter Ullmann27

27

Ullman, Günter, in: Halbfas, Hubertus: 2019, 23.

40

Gott hat aber nicht nur diese wunderbare Welt geschaffen, sondern wird sie auch vollenden: Schöpfung und Vollendung bilden gleichsam eine Klammer. Hinter aller Vergänglichkeit des Menschen und der Welt steht die Zusage der endgültigen Gottesherrschaft und eines ewigen Heils. Die Wege des Lebens sind endlich.

Im Blick auf diese Begrenztheit rät schon der Psalmist eindrucksvoll: „Herr, lehre uns, unsere Tage zu zählen. Dann gewinnen wir ein weises Herz.“ (Psalm 90,12) Weil wir als Geschöpfe Gottes endlich sind, sollen wir lernen, „unsere Tage zu zählen“ und auf unserem Lebensweg die Zeit zu nutzen.

3.5. „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!“ (Joh 14,6) In Jesus wendet sich Gott dem Menschen unwiderruflich zu: Er ist der Immanuel, der „Gott-mit-uns“ (Jes 7,14 und Mt 1,23), der sich mit allen Menschen identifiziert. Er zeigt seinen Jüngern den Weg zum Vater, ja mehr noch: Er selbst ist „der Weg zum Vater“, der die Wahrheit offenbart und der den Weg in die Freiheit der Kinder Gottes führt.

Jesu Anspruch: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!“ (Joh 14,6) bildet wohl den Kern und Höhepunkt einer neutestamentlichen Wegtheologie.28 Eine solche Tafel mit dieser markanten Aufschrift steht an einer ent-scheidenden Wegkreuzung: Für alle, die auf diesem Weg weitergehen, führt sie auf den Weg der Nachfolge Jesu. Auf diesen Weg sind alle eingeladen, die an Jesus, den Christus, glauben und die auf ihn ihre Hoffnung setzen. Sie sind miteinander als Gemeinschaft der Glaubenden unterwegs. Wie das im Leben so ist, wird es wohl einige geben, die schneller vorangehen, andere, die im Mittelfeld bleiben und wieder andere, die etwas „nachhinken“. Und einige wählen einen gänzlich anderen Weg, der ihren Überzeugungen entspricht.

Von Clemens von Alexandrien (ca. 140/150–215), der als „erster christlicher Lehrmeister“ gilt, stammt ein ausdrucksstarkes Gebet, in dem er Christus – das Ewige Wort – als göttlichen Lehrmeister anspricht. Er bittet ihn um eine Weisheit, die auf das letzte Ziel des Lebensweges ausgerichtet ist:

28

Siehe dazu auch: Deselaers, Paul: 2000.

41

Ehre dir, göttlicher Meister, Mögen wir alle in dem Frieden leben, der von dir ausfließt.

Sei uns gnädiger Lehrer, geduldig mit unserer Schwäche.

Gib uns die Erkenntnis, zu tun, was Du willst, damit wir zum Gleichnis des göttlichen Bildes werden und an Deinem göttlichen Leben teilhaben.

Führe uns, wenn wir auf stürmischen Wassern zu Dir fahren, in der Kraft des Geistes, Deiner ewigen Weisheit.

Fürst der Weisheit, Quelle der Freude, Heiland der Menschen, gütiger Hirte, Deine sichere Hand führt uns zum Himmel.

Ewiges Wort, nie erlöschendes Licht, Quelle der Liebe, erhabenes Leben, Deine Fußspuren leiten uns zum Himmel.

Clemens von Alexandrien29

29

Clemens von Alexandrien, zitiert nach: Painadath, Sebastian: 2010, 85.

42

3.6. „Immer nach Hause…“ – in Richtung „ewige Heimat“ Jesus hat das Reich Gottes verkündet, das mit ihm angebrochen ist und das zugleich noch aussteht. Er ist den Weg in Gottes Herrlichkeit vorausgegangen.

Sein Tod und seine Auferstehung schenken den Glaubenden eine Hoffnung – in diesem Leben und darüber hinaus. Auf dem Weg seiner Nachfolge dürfen Christinnen und Christen auf „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ (Offb 21,1– 6) hoffen. Sie haben hier keine bleibende Heimat: „Denn wir haben hier keine Stadt, die bestehen bleibt, sondern wir suchen die künftige.“ (Hebr 13,14) Sie spüren eine Spannung zwischen dieser und der künftigen Welt. Sie leben unter dem (eschatologischen) Vorbehalt, dass sie in dieser Welt noch nicht „zu Hause“ sind, sondern „auf dem Weg nach Hause“. „Wo gehen wir denn hin?“ – „Immer nach Hause!“ (Novalis)“30 In diesem Sinn könnte 30

„Wo gehen wir denn hin?“ – „Immer nach Hause“: Georg Philipp Friedrich von Hardenberg (= Novalis), in: Heinrich von Ofterdingen. Zweiter Teil. Die Erfüllung; 1802 posthum veröffentlicht von Friedrich Schlegel.

43

eine weitere Tafel in aller gebotenen Kürze und in Anlehnung an das bekannte Zitat von Novalis lauten: „Immer nach Hause…“ Damit kann eine tiefe menschliche Sehnsucht nach Heimat und letzter Geborgenheit ihren Ausdruck finden.

In einem bekannten Kirchenlied heißt es: „Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh´, mit mancherlei Beschwerden der ewigen Heimat zu.“31 Im Blick auf die Ewigkeit – die schon im Hier und Jetzt beginnt32 – kann sich manches relativieren, anderes aber eine neue Wertigkeit erhalten. Der Mensch „wird dort nur ankommen, wenn er aus sich selbst auszieht und sich auf den Weg zu Gott macht, der ihn anzieht und solange auf den Weg schickt, bis er sich nicht mehr bei Vorläufigem aufhält, sondern bei Gott selbst ankommt und bei ihm für ewig daheim ist. Im Wandern übt er sich in die Bestimmung seiner Existenz ein.“33 Entscheidend für eine Theologie des Weges ist dieses letzte Ziel, an dem sich gläubige Menschen orientieren.

Menschen sind mit Endlichkeit und Vergänglichkeit konfrontiert. Umso wichtiger ist eine Haltung der Zuversicht und christlicher Hoffnung, dass mit dem Tod nicht einfach „alles aus ist“. In diesem Zusammenhang betont Eugen Drewermann: „Vertrauen kann sich nur ergeben, wenn wir unser ganzes Leben aus der Endlichkeit hinüber ins Unendliche öffnen.“34 Unter der Perspektive eines „Vertrauens in Gottes Ewigkeit“ ist er überzeugt: „Man muss und darf mit Jesus lernen, sich ganz und gar in Gottes Hand zu geben, hoffend, dass jenseits der Schranke des Todes sein Himmel sich öffnet für uns alle und bestätigt, was Jesus von Gott als seinem Vater her in die Welt hat bringen wollen: eine Güte, die den Tod überwindet, die alle Schuld abträgt durch Verstehen und Vergeben und die uns zusammenführt in der Gemeinschaft aller.“35 Somit weist diese letzte Orientierungstafel auf unserem Lebens- und Glaubensweg über die Grenzen menschlicher Existenz hinaus und zeigt in eine unermessliche Weite. Sie führt zu einem christlichen Heilsoptimismus, dass Gott einmal alle und alles zur Vollendung führen wird.

31

In: GOTTESLOB. Kath. Gebet- und Gesangbuch, Stuttgart 2013, 548 (Nr. 505).

Vgl. dazu folgende Ausführungen: Steindl-Rast, David: 2021, 81ff.; dort lautet ein eigenes Kapitel: „Das Jetzt – ­ im Schnittpunkt von Zeit und Ewigkeit“.

33 Grün, Anselm: 2002, 76.

34 Drewermann, Eugen: 2020, 47.

35 Ebd., 77f.

32

44

GOTT HOLT HEIM Die Fesseln von Raum und Zeit werden durchbrochen.

Gott holt heim.

Alles, was schwer und mühsam war, bleibt zurück.

Die Grenze ist überschritten.

Ein neues Land – und doch irgendwie Altbekannt und vertraut.

Heimkommen Andrea Schwarz36

Die Philosophin und Karmelitin Edith Stein (1891–1942) – eine große Mystikerin mit einer denkerischen Weite und spirituellen Tiefe – hat im Laufe ihres bewegten Lebens- und Glaubensweges eine wichtige Einsicht gewonnen: Erst die Grenze des Todes gibt dem Leben seine besondere Be-Deutung und seine Ernsthaftigkeit. „Zum vollen Menschenleben gehört ein Seinsverständnis, das vor den Letzten Dingen nicht die Augen schließt. Die Erwägung des Todes sollte uns zum Verständnis des eigentlichen Seins helfen. Eigentlich leben heißt, die eigensten Möglichkeiten verwirklichen und den Forderungen des Augenblicks, den jeweils gegebenen Lebensbedingungen entsprechen.“37 Es gilt also, hier und heute das Mögliche zu tun.

Damit lässt sich ein weiterer bedeutsamer Gedanke von ihr verknüpfen: „Uns bleibt die Sehnsucht nach der Fülle des Lebens, bis wir durch das Tor des Todes eingehen dürfen in das schattenlose Licht.“38 36

Schwarz, Andrea: 2008, 41.

Edith Stein – Öffne dein Herz für das Licht. Worte geistlichen Lebens. Ausgewählt von Reinhard Abeln, Kevelaer (Butzon & Bercker) 2007, 57.

38 Edith Stein Gesamtausgabe, Bd. 18: Kreuzeswissenschaft. Studie über Johannes vom Kreuz, Freiburg (Herder) 4. Aufl. 2013, 175. Im Kapitel „Brautsymbol und Kreuz (Mystische Vermählung, Schöpfung, Menschwerdung und Erlösung)“ heißt es dort: „Und es bleibt ihm der Schmerz der Sehnsucht nach der Fülle des Lebens, bis er durch das Tor des wirklichen leiblichen Todes eingehen darf in das schattenlose Licht.“ 37

45

Diese geniale Formulierung bringt gleichsam unsere eschatologische Hoffnung auf den Punkt. „Ein Eingehen in das schattenlose Licht“: Das ist und bleibt ein trostvolles Bild für das Ziel tiefer Sehnsucht. Früher oder später wird sie wohl einmal einmünden – so hoffen wir – in dieses „schattenlose Licht“. Bis dahin bleibt aber auf den Wegen des Lebens noch vieles offen und wohl auch viel zu tun.

Daher sei der Bogen nochmals zu ihrer vorigen Aussage gespannt, nämlich „den Forderungen des Augenblicks, den jeweils gegebenen Lebensbedingungen zu entsprechen“ und bewusst im JETZT zu leben und zu handeln.

3.7. Persönliche Reflexion

■ Welche Be-Deutung können diese Orientierungstafeln für mich haben?

■ Können sie mich auf meinen Lebens- und Glaubenswegen inspirieren?

■ Sind diese Orientierungspunkte hilfreich für (m)eine Theologie des Weges?

■ Welche Anliegen möchte ich noch verstärken / ergänzen?

■ Welche Aspekte vermisse ich?

46

4. Konkretionen in Geschichte und Gegenwart Manchmal stellt sich die Frage, ob es Unterschiede zwischen Pilgerwegen und Wallfahrtswegen gibt. Meist werden beim Pilgern eine längere Zeitdauer, das „Wandern in der Fremde“ und das Gehen des Weges selbst betont; beim Wallfahren hingegen stehen durchwegs das Ziel und ein bestimmter Ort – vielleicht auch bestimmte Gebetsanliegen – im Vordergrund. Beide sind jedoch keine Gegensätze und können ähnliche Merkmale aufweisen. Beide können das Individuum in seiner religiösen Identität stärken und / oder ein Gemeinschaftsgefühl vermitteln.

Auch wenn keine Trennung der Phänomene Pilgern und Wallfahren möglich ist, werden sie im Folgenden nacheinander dargestellt – im Wissen, dass hier bei allen aufgezeigten Wegen die Grenzen fließend sind.

4.1. Pilgerschaft in der Tradition der monastischen Theologie 4.1.1. Pilgern und das Ideal der Fremdlingsschaft In seinen Überlegungen zu einer Theologie des Weges verweist der bekannte Benediktiner Anselm Grün auf die Mönche der Antike und des frühen Mittelalters:39 Ihr Ideal ist das Umherwandern als peregrini – als Pilger bzw. Fremde in dieser Welt. Die peregrinatio gehört wesentlich zum Verständnis des alten Mönchtums.

Sie bedeutet ursprünglich eine Abwesenheit von Haus und Vaterland und meint sowohl das Reisen und Wandern wie auch den Aufenthalt in der Fremde.

Die peregrinatio in der monastischen Theologie weiß um die Heimatlosigkeit des Menschen. Sie kann als Auszug und als Loslassen von allen Abhängigkeiten und Bindungen gedeutet werden (vgl. die Abrahamserzählungen). Sie macht ein ständiges Unterwegssein bewusst, wie es etwa die irischen Wandermönche verwirklicht haben.

Ferner kann sie als Leben in der Fremde interpretiert werden, wobei das Ideal der Fremdlingsschaft im Lauf der Geschichte immer mehr verinnerlicht wurde. Im Gegensatz dazu verwirklichen einige alte Orden (beispielsweise die Benediktiner) mit dem Ideal einer „stabilitas loci“ – also eines Bleibens an einem bestimmten Ort – eine gewisse „Standfestigkeit“ und eine Beheimatung. Beide Zugänge kennen letztlich das gleiche Ziel, nämlich einen inneren Weg, der zu Gott hinführt, zum eigentlichen Ziel unseres Lebens.

39

Vgl. Grün, Anselm: 2002, 13ff.

47

Anselm Grün macht darauf aufmerksam, dass peregrinatio eigentlich Pilgerschaft bzw. Pilgerfahrt bedeutet, nicht aber Wallfahrt. Ursprünglich hat man bei einer Pilgerschaft nicht unbedingt eine Rückkehr in die Heimat beabsichtigt; verschiedene Angelegenheiten wurden oft so geregelt, als ob man nicht mehr zurückkehren würde. Dagegen hat man bei einer Wallfahrt eine bestimmte heilige Stätte besucht, um dann gestärkt wieder nach Hause zurückzukehren. In diesem Sinn waren also die alten Mönche Pilger, nicht Wallfahrer. Heute lässt sich jedoch nicht mehr so eindeutig zwischen Pilgerschaft und Wallfahrt unterscheiden.

4.1.2. Pilgerwege heute Im Unterschied zur monastischen Tradition der alten Mönche verbindet man mit dem heutigen Pilgern nicht mehr einen dauerhaften Abschied, sondern eher eine bewusste Unterbrechung, die einen Ortswechsel mit sich bringt und die sich meist über einen längeren Zeitraum erstreckt. So sind in neuerer Zeit zahlreiche Pilgerwege entstanden, die dem Bedürfnis des modernen Menschen entgegenkommen, sich eine „Auszeit“ zu nehmen und sich – allein oder mit Gleichgesinnten – auf den Weg zu machen. Oft kommen mehrere Motive zusammen: Freude an Bewegung bzw. sportliche Betätigung; bewusstes Erleben der Natur und der Schöpfung; manchmal eine gewisse Reise- und Abenteuerlust; Begegnungen und Gemeinschaftserlebnis; Abstand zum Alltag; Be-sinn-ung; Zeit für sich und für Gott.

Pilgern „boomt“ und erfreut sich großer Beliebtheit bei Wanderern wie auch bei Radfahrern. Als ein klassischer Pilgerweg gilt der Jakobsweg – der Camino de Santiago –, der mehrere Pilgerwege quer durch Europa umfasst, die schließlich das (angebliche) Grab des heiligen Jakobus zum Ziel haben. Dieser Heilige gilt als Patron der Pilger. Als sein Erkennungszeichen dient die sogenannte Jakobsmuschel, die in ihrer stilisierten Form als Wegsymbol auf den Jakobswegen zu finden ist.

Der Kyrill-und-Method-Weg ist 2021 vom Europarat in das Verzeichnis der Europäischen Kulturrouten aufgenommen worden.40 Der nach den beiden Slawenaposteln und Mitpatronen Europas benannte Weg erstreckt sich über 7.500 Kilometer und verbindet von Griechenland bis Slowenien (vorerst) sechs Länder, in denen sie 40

Vgl. KathPress-Tagesdienst Nr. 133, 31. Mai 2021, S.15.

48

im 9. Jahrhundert ihre Spuren hinterlassen haben.

Andere bekannte Pilgerwege sind der Franziskusweg bei Assisi, der Benediktweg (von Nursia nach Montecassino), der ErzengelMichael-Weg (nach Monte Sant‘ Angelo in Apulien) oder der Ignatius-Weg in Spanien. Aber auch in der engeren Heimat gibt es beeindruckende Angebote: Teilstrecken des Jakobsweges, Pilgerwege nach Mariazell, den Wolfgangweg (nach St. Wolfgang), den Bergpilgerweg „Hoch und Heilig“ oder sogar den steirischen „Pilgerweg der Weltreligionen“. Dazu kommt eine Vielzahl sogenannter Besinnungswege. Diesem Trend entsprechend hat sich eine eigene Infrastruktur entwickelt mit ausgeschilderten Pilger-, Wallfahrts- und Besinnungswegen, Herbergen, Begleitbroschüren usw.

Zahlreiche Pilgerführer im Buchhandel und im Internet geben wertvolle Informationen und liefern praktische Hinweise. Unterstützung gibt es da und dort von diözesanen Tourismusreferaten und von örtlichen Tourismusverbänden.41

41

www.pilgerwege.at – Auf dieser Homepage finden sich zahlreiche Informationen zu Pilgerwegen in Österreich.

Weitere Hinweise finden sich im Anhang!

49

Wohl den Menschen, die Pilgerwege in ihren Herzen tragen Psalm 84,6 (Übersetzung Erich Zenger)

Einen Augenblick lang erahnt was Ewigkeit ist einen Augenblick lang gespürt was Erfüllung ist einen Augenblick lang gefühlt wie Gott liebt und vorbei und doch gewesen und Sehnsucht nistet sich ein macht mich unruhig macht mich sehnen lässt mich suchen macht mich schreien vor Schmerz und so breche ich auf und lasse mich aufbrechen und lasse schmerzhaft los und verlass mich auf sein Wort und gehe los breche auf in mir breche auf zu mir gehe los um mich zu finden Andrea Schwarz42 42

Schwarz. Andrea: 2008, 86.

50

4.2. Die Bedeutung der Wallfahrt Die deutschen Begriffe „wallen“ und „Wallfahrt“ leiten sich etymologisch vom Verb „wandeln“ ab. Wer also auf einer Wallfahrt „wandelt“, soll(te) sich auch „selbst wandeln“.

Wandlung und Umkehr sind alte Kennzeichen einer Wallfahrt. In diesem Sinn nennt der Psalm 15 Wandlung und Läuterung als Eintrittsbedingungen für Wallfahrer (für die Wallenden) in das Heiligtum. Übrigens erinnert beispielsweise im Salzburger Gasteinertal der Name der Wallerhöhe (1400 m) und der dortigen „Drei-Waller-Kapelle“ an diesen alten Ausdruck. Einer Überlieferung nach kamen gegen Ende des 7. Jahrhunderts „drei Waller“ (Wallfahrer) über diesen Sattel vom Norden her in das Tal. Religionsgeschichtlich ist die Wallfahrt ein uraltes Phänomen, das sich in den meisten Kulturen und Religionen findet. „In Griechenland und Kleinasien pilgerten die Menschen in Scharen zu Orten, an denen sie die Heilkraft Gottes erleben und seine Weisung im Orakel erfahren konnten. Viele zogen zu den Heilstätten des Asklepios, um dort Heilung von ihren Krankheiten zu 51

erreichen. Und sie wallfahrten zu den Stätten des Apollo, um dort Auskunft über ihr Leben und ihre Zukunft und einen guten Rat für ihren Alltag zu bekommen. Man glaubte, die Götter würden an bestimmten Orten ihre besondere Wirkkraft entfalten.“43 Wie in anderen großen Religionen hat sich auch im Christentum eine lange Wallfahrtstradition entwickelt: Christinnen und Christen machen sich auf den Weg zu bestimmten Orten, an denen sie sich für ihren Alltag Bestärkung und Kraft, Heil und Heilung erhoffen. Dort sind sie in besonderer Weise offen für das Transzendente. Gerade in der katholischen Tradition sind dies oft Orte, an denen Heilige in besonderer Weise verehrt werden und wo sie sich durch deren Fürsprache Hilfe in bestimmten Anliegen und für ihren Alltag erwarten.

Interessant ist, dass sich die Wertigkeit von Pilgern und Wallfahren auch verändern kann. Martin Luther etwa hatte eine profunde Wallfahrtskritik entwickelt und das Ganze als „Geläuff “ und „Narrenwerk“ bezeichnet. Er war überzeugt: Der Mensch kann allein durch die Gnade Gottes („sola gratia“) das Heil erlangen – und nicht durch noch so lange Pilgerfahrten oder noch so viele Wallfahrten. Er hatte sich heftig gegen einen mit der Heiligenverehrung verbundenen Reliquienkult gewehrt. Im Blick auf Santiago de Compostela hatte er einmal gemeint, dass man „nicht dorthin laufen“ solle, weil man nicht wisse, ob dort der heilige Jakobus oder ein toter Hund begraben liege.

Zudem erinnerte die mittelalterliche Praxis, eine Art „Berufspilger“ zu engagieren, um sich den Himmel zu verdienen, zu sehr an den Ablasshandel. Vor diesem Hintergrund ist eine negative Bewertung nur allzu verständlich. In der Gegenwart hingegen haben sich diese Motive wohl geändert. So hat sich auch in der evangelischen Kirche ein anderes Verständnis entwickelt, in dem Selbsterfahrung, 43

Grün, Anselm: 2002, 36. Vgl. dazu auch: Frisch, Hermann-Josef: 2017, 42-47.

Eine prägnante Beschreibung des Phänomens „Wallfahren“ findet sich auch in: GOTTESLOB. Kath.

Gebet- und Gesangbuch, Stuttgart 2013, 94f. (Nr. 22/4). Hingewiesen sei auch auf das „Segensgebet vor einer Wallfahrt“: Ebd., 95 (Nr. 22/5).

52

Gemeinschaftserlebnis und Gotteserfahrung im Vordergrund stehen. Schließlich kann man jetzt sogar auf einem „Lutherweg“44 den Spuren der Reformation nach-gehen.

Heute gibt es sowohl im evangelischen wie auch im katholischen Bereich zahlreiche Pilger- und Besinnungswege.

Sie werden auch von Jugendlichen und jungen Erwachsenen neu entdeckt. Viele, die auf der Suche sind, reizt eine gewisse Herausforderung, sich alleine oder in einer Gruppe auf einen Weg zu begeben. Oft verbinden sie damit eine Bitte in einer wichtigen Lebenssituation oder einen Dank für eine erfahrene Hilfe.

Ergänzend zur Wallfahrts- und Pilgertradition sei noch auf Labyrinthe hingewiesen, die an mehreren Orten neu entstanden sind oder entstehen.

Der Gang durch ein Labyrinth gilt als uraltes und wiederentdecktes Symbol für den Weg zur Mitte. Hier lassen sich Wegerfahrungen in verdichteter Form vermitteln.

44

www.lutherweg1521.de 53

4.3. Alltagswege Alle klassischen Wege sind modellhaft jeweils von einem Aufbrechen, einem Unterwegssein und einem Ankommen charakterisiert. Ob Wallfahrts- oder Pilgerwege, ob Besinnungswege oder ein Gang durch ein Labyrinth – entscheidend sind wohl die Alltagswege. Mögen auch die Ersteren eine Besonderheit sein, eine gewisse Abwechslung bringen und auf diese Weise „den Alltag unterbrechen“, so kommt es doch darauf an, die vielen kleinen und großen Wege des Alltags zu meistern. Denn der sogenannte Alltag mit seiner Kontinuität und mit seinem „alltäglichen“ Rhythmus hat seinen eigenen Wert.45 Das Eine soll nicht gegen das Andere ausgespielt werden, vielmehr braucht es diese wechselseitige Ergänzung. Damit soll zum Ausdruck kommen, dass es nicht immer etwas Außergewöhnliches und besondere Weg-Erfahrungen braucht. Dieser Aspekt soll in einer zeitgemäßen Theologie des Weges eigens betont werden: Viele kleine Schritte in der gebotenen Achtsamkeit und in einem angemessenen Tempo können auch zum Ziel führen und durchaus eine religiöse Dimension beinhalten.

45

Vgl. dazu auch die Ausführungen über Elija in Kap. 2.1.: Jahwe kommt ihm nicht im Sturm und Brausen entgegen, sondern im „leisen Säuseln des Windes“. Damit ist nicht das Außergewöhnliche entscheidend, sondern eben das Alltägliche.

Vgl. auch: Fuchs, Gotthard: Vom Göttlichen berührt. Mystik des Alltags, Freiburg i.Br. (Herder) 2017.

54

Dabei können bestimmte Alltagsrituale hilfreich sein: Sie tragen zu einer Kultur des Alltags bei und leiten dazu an, bestimmte Abläufe des Alltags und Übergänge im Leben zu strukturieren und somit das Leben zu erleichtern. Sinngebende Rituale mit sinnenhaft-leiblichen Elementen können einerseits Wege nach innen eröffnen; andererseits können alltagstaugliche Rituale aber auch für die Gestaltung konkreter Wegstrecken bedeutsam sein. Denn immer wieder brauchen Menschen – analog zu einem inneren Weg – auch ein äußeres Sich-auf-den-Weg-machen.

Ein spiritueller Wert des Gehens und des Unterwegsseins kann sich in unterschiedlichen Formen zeigen – seien es eben ausgedehnte Pilgerwege, Besinnungswege, Wallfahrten, Bergtouren, Spaziergänge in der Natur oder sonstige Wege. Das Gehen und Wandern können Formen einer „Meditation im Leib und mit dem Leib“46 sein, wobei der Begriff Meditation selbst schon auf ein „Gehen-in-die-Mitte“ hinweist. In bestimmten Situationen kann ein stilles Sitzen und Verweilen hilfreich sein, um zu einer inneren Ruhe zu gelangen, manchmal können hingegen das Gehen und das Sich-Bewegen angemessen sein. Möglicherweise ist das bewusste Gehen eine Hilfe beim Gebet; ja es kann – ähnlich wie etwa die Musik – selbst schon Gebet sein. Oft wird heute auch von „Beten mit den Füßen“ gesprochen.

Wichtig für jeden (Lebens-)Weg ist ein gutes und tragfähiges Beziehungsnetz.

Echte Begegnungen fördern die Lebensqualität und tragen entscheidend zu einem Wohlbefinden und zum eigenen Glück bei.

4.4. Persönliche Reflexion

■ Auf welchen Wegen kann ich den spirituellen Wert des Gehens und Unter-

wegsseins für mich entdecken?

■ Welche Besinnungswege, Pilger- und Wallfahrtswege sind mir vertraut und welche kann ich weiterempfehlen?

46

Grün, Anselm: 2002, 10.

55

5. Impulse auf dem Lebens- und Glaubensweg – Wegbegleitung auf drei Wegen Der jüdisch-christliche Glaube weist seit Abraham wesentlich eine Weg-Struktur auf. Vor dem Hintergrund einer bisher dargelegten Theologie des Weges lassen sich – einem klassischen Dreischritt entsprechend – Wege zum Ich, zum Du bzw. zum Nächsten und zu Gott skizzieren. Sie sind eng verflochten mit der dreifachen Grundhaltung einer Selbstliebe, einer Nächstenliebe und einer Gottesliebe. Selbstverständlich greifen alle drei Aspekte in der Praxis ineinander.

Eine geerdete Theologie des Weges will Lebenswege und Glaubenswege verbinden und reflektieren. Wie kann das, was jemanden in einer bestimmten Lebensphase be-wegt und was sie oder er an Er-fahrungen mitbringt, in eine wechselseitige Beziehung gesetzt werden zu Erfahrungen des christlichen Glaubens? Was kann dabei zu neuen Erkenntnissen anregen? Welche Impulse ergeben sich für die Gestaltung individueller und gemeinschaftlicher Lebenswege – im Blick auf sich selbst, auf den Nächsten und auf das Transzendente bzw. auf Gott? Welche Horizonte können diese drei Wege eröffnen?

56

5.1. Wege zum Ich – körperlich-seelische Dimension Beim Unterwegssein geht es darum, sich selbst wahrzunehmen und sich anzunehmen – mit allen Vorzügen und Schwächen – so wie man ist. Der bekannte Religionsphilosoph Romano Guardini hat „die Annahme seiner selbst“ als entscheidende Entwicklungsaufgabe bezeichnet, wobei das Leben Gabe und Aufgabe zugleich ist. Sie dauert wohl ein Leben lang und stellt sich in allen Lebensphasen.

Auch wenn der Begriff Achtsamkeit gegenwärtig schon etwas „inflationär“ verwendet wird, drückt er doch einen entscheidenden Habitus – eine Grundhaltung – aus, die in einer schnelllebigen Zeit Wert legt auf ein bewusstes Erleben und auf ein ganzheitliches Erfahren mit allen Sinnen. Im Fokus steht eine besondere Aufmerksamkeitslenkung, die die Wege zum Ich steuert. Im Hier und Jetzt werden körperlich-seelische Vorgänge wahr-genommen und ernst-genommen. Es ist ein Zu-sich-selbst-Kommen und führt zu einer Entschleunigung in einer Zeit der ständigen Reizüberflutung.

Zunächst gehören der Umgang mit dem eigenen Leib und mit Körperempfindungen dazu. Eine achtsame Körperwahrnehmung umfasst den Atem sowie alle Sinneseindrücke: das Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten. Für ein gutes Körpergefühl empfiehlt sich regelmäßige Bewegung: Sie ist nicht nur eine körperliche Betätigung, sondern kann auch zu einer inneren Bewegung führen – im besten Fall zu einer Harmonisierung von Körper und Psyche, zu innerer Ruhe und Ausgeglichenheit.

Zu einer Haltung der Achtsamkeit gehört weiters das bewusste Wahrnehmen der geistig-seelischen Verfasstheit, der Gedankenströme und Emotionen. Sich selbst zu verstehen, das bedeutet, die eigenen Emotionen zu verstehen – die eigenen Enttäuschungen, Verletzungen und Kränkungen ebenso wie die eigenen Gefühle eines Selbstwertes, von Selbstwirksamkeit, von Vertrauen und Liebe.

In unserem Leben erfahren wir seine Fragmentarität. Brüche und Scheitern gehören zum Leben. Entscheidend ist, Grenzen und Schwächen zu akzeptieren, mit Grenzen im eigenen Leben umgehen zu lernen und mit Hindernissen, die sich einem in den (Lebens-)Weg stellen. Die Devise heißt nicht, keine Fehler zu machen – das wäre ja unmenschlich – , sondern zu überlegen, wie man damit umgeht und welche Wege eingeschlagen werden, daraus zu lernen. Weil niemand vollkommen sein muss, soll ein Perfektionszwang vermieden werden. Es braucht 57

keine perfekten Menschen, sondern authentische. Das betont auch der spirituelle Autor Ermes Ronchi: Jesus „will uns nicht vollkommen, sondern authentisch.

Plagen wir uns nicht ab, um perfekt zu sein, sondern mühen wir uns, wahrhaftig zu sein und auf alle Heuchelei zu verzichten. Wir sind nicht auf Erden, um unbefleckt und ganz rein zu sein, sondern um uns auf den Weg zu machen und weiterzugehen.“47 Ähnlich sieht es auch Eugen Drewermann als unverzichtbar an, dass wir zu uns selbst finden und wesen-tlich werden: „Es ist das Wichtigste, was wir im Leben lernen können: das eigene Wesen zu finden und ihm treu zu bleiben. Allein darauf kommt es an, und nur auf diese Weise dienen wir Gott ganz: dass wir begreifen, wer wir selber sind, und den Mut gewinnen, uns selber zu leben. … und keine andere Aufgabe ist wichtiger, als herauszufinden, welch ein Reichtum in uns liegt. … Und erst mit allen Kräften, die in uns angelegt sind, dienen und preisen wir unseren Schöpfer, wie er es verdient.“48 Dieser innere Reichtum kann eine Resilienz – eine psychische Widerstandskraft – sein, wenn es darum geht, da oder dort not-wendigen Widerstand zu leisten und Krisen zu bewältigen. Sie kann eine gute Voraussetzung bilden, wenn es hin und wieder heißt, vorgegebene Bahnen und Wege zu verlassen, Sicherheiten aufzugeben, sich auf Neues einzulassen und einen Aufbruch zu wagen. Es ist ein beständiges Ziel, seinen eigenen Weg zu finden in Richtung Selbständigkeit und Freiheit, um ein möglichst selbstbestimmtes und eigenständiges Leben zu führen.

Im Sinn der Achtsamkeit ist es wichtig, gut für sich selbst zu sorgen. Eine „Leibsorge“ ist dabei ebenso wichtig wie eine Seelsorge. Es gibt eine Verantwortung sich selbst gegenüber, die nichts mit einem falsch verstandenen Egoismus zu tun hat.

Dazu braucht es immer wieder Stärkungen auf dem Weg – körperliche wie seelische, die Leib und Seele nähren.

Wichtig sind Unterbrechungen aus der täglichen Routine und schöpferische Pausen, Rast- und Ruheplätze sowie Kraftorte. Vielleicht gelingt es, die Natur und die Schöpfung für sich als eine unerschöpfliche Kraftquelle zu entdecken, womöglich auch weitere persönliche Ressourcen zu finden. Wenn die nötige Offenheit da ist, findet man sicher Zeit für Schönes am Wegrand, für kulturell Wertvolles und für Ästhetisches.

47

Ronchi, Ermes: 2021, 161.

Drewermann, Eugen: 2015, 94.

48

58

5.2. Wege zum Nächsten – soziale Dimension Menschen sind Gemeinschaftswesen, die voneinander abhängig und aufeinander angewiesen sind. Unter dieser Perspektive geht es beim Unterwegssein stets auch darum, die eigene Umgebung wahr-zu-nehmen und den Blick auf den Nächsten zu richten. Daraus ergibt sich die gemeinschaftliche und gesellschaftliche Aufgabe, ein soziales Verantwortungsbewusstsein zu fördern und zu stärken.

In einer neoliberalen Gesellschaft, die in vielen Bereichen auf Wachstum setzt und die sich von einer Logik des Marktes und der Medien leiten lässt, lautet eine entscheidende Frage: Wie kann ein Zusammenleben mit den Mitmenschen – und mit der gesamten Schöpfung – in gegenseitiger Verantwortung, in Solidarität und sozialer Gerechtigkeit gelingen? Analog zur Selbstannahme sind die Annahme des anderen und eine grundlegende Bejahung seiner Menschenwürde und seiner Menschenrechte eine Grundvoraussetzung für ein gedeihliches Miteinander. Wenn man jemanden besser kennt oder kennen lernt, kommen im besten Fall eine Empathie und eine Wertschätzung anderer Personen hinzu. Gerade die Bedeutung gegenseitiger Achtung und Wertschätzung kann im zwischenmenschlichen Bereich nicht hoch genug eingeschätzt werden. In seinem Bestseller „Das Wunder der Wertschätzung“ beschreibt Reinhard Haller, „wie echte Wertschätzung wahre Wunder wirkt: Sie aktiviert unser Belohnungszentrum im Gehirn und hemmt das Angstzentrum – in kürzester Zeit 59

entfalten sich Kreativität, Motivation und Beziehungsfähigkeit. Wenn dies nachhaltig geschieht, kann dies sogar die Persönlichkeit positiv verändern.“49 In einer von Neid, Kränkungen, Rachegefühlen und von Konkurrenzdenken geprägten Leistungsgesellschaft kann der Wert solcher positiver Wegweiser nicht genug betont werden.

Das gemeinsame Unterwegssein gilt im Besonderen für Glaubende. Denn der Glaube vollzieht sich wesentlich im Miteinander und in Gemeinschaft, ja er fördert Beziehungen und Gemeinschaft. Dieses gemeinschaftsstiftende Phänomen verbindet alle Religionen.

Die jüdisch-christliche Tradition ist von der Glaubensüberzeugung geprägt, dass das Volk Gottes gemeinsam auf dem Weg ist und dass Gott mit ihm geht (vgl.

Kap. 2.). Jesus sammelt eine Jüngergemeinde und ruft in seine Weggemeinschaft.

Dieses Bild des „wandernden Gottesvolkes“ hat das II. Vatikanische Konzil erneut aufgegriffen. Darin wird deutlich, dass alle in der Nachfolge Jesu miteinander auf dem Weg des Glaubens sind und in einer personalen Weg-Gemeinschaft unterwegs sein sollen. Solche Weggemeinschaften können sich für eine kürzere oder längere Zeit bilden, je nach dem Anliegen, das sie verfolgen.

Wenn es um heutige Grundvollzüge der Kirche geht, dann gehören Gemeinschaft (= Koinonia) und der Dienst am Nächsten (= Diakonia) unbedingt dazu: Die Diakonia (Diakonie) als konkreter Dienst am Nächsten bildet gleichsam das Logo oder das Markenzeichen christlicher Gemeinschaften und Gemeinden.

Der Glaube an die Menschenfreundlichkeit Gottes soll hier in besonderer Weise bezeugt werden. Durch einen uneigennützigen Dienst werden Menschen unterstützt. So zeigt sich eine grundlegende Solidarität, die nur in Gemeinschaft zu erreichen ist. Eine Sensibilität für ein solidarisches Miteinander bleibt eine ständige Aufgabe und Herausforderung.

Die Koinonia will eine geschwisterliche Weggemeinschaft im Leben und im Glauben fördern, die eine Verbundenheit untereinander bewirkt. Echte Begegnungen sollen ermöglicht und erfahren werden. In einer lebendigen Gemeinschaft sollen Glaubende in einen Dialog treten und in einen offenen Meinungsaustausch kommen.

Wenn in der katholischen Kirche von einer Synode oder von einem sogenannten 49

Haller, Reinhard: 2019: Klappentext des Buches.

60

Synodalen Weg50 die Rede ist, klingt ausdrücklich das Wegmotiv an. In breit angelegten Dialogforen soll es einen Diskurs geben über notwendige Reformprozesse und künftige Wege im Blick auf die „Zeichen der Zeit“. Bei solchen Initiativen zeigen sich meist bald Differenzen und die Mühen solcher Wege: Für die einen geht es zu schnell, für andere zu langsam; die einen hoffen auf die Umsetzung längst fälliger Reformen, um endlich in das 21. Jahrhundert zu kommen; andere sind felsenfest davon überzeugt, dass sich nichts ändern darf. Die einen unterstellen den anderen, auf Abwege zu geraten; andere vermuten, dass man sich zu lange auf Nebenwegen bewege. In diesem Spannungsfeld, in dem sich oft unterschiedliche (Einzel-)Interessen „im Wege stehen“, bewegen sich die Diskussionen. Wichtig ist hier der Blick auf das Gesamtwohl einer Glaubensgemeinschaft, die möglichst viele mit auf den Weg nimmt und die nicht das eigentliche Ziel aus den Augen verliert, nämlich die Freude an der Frohen Botschaft. Wenn sich da oder dort mangelnde Kooperation und Enttäuschung auf dem gemeinsam eingeschlagenen Weg breit machen, kann eine Theologie des Weges mit ihren biblischen Wurzeln stets zu einem Neuaufbruch ermutigen.

50

Die griechische Vorsilbe „syn“ bedeutet „mit“; der griechische Ausdruck „syn-odos“ meint „gemeinsamer Weg“.

61

5.3. Wege zu Gott – spirituelle Dimension Die Suche nach Glück und Sinn, die Auseinandersetzung mit Leben und Tod, die Sehnsucht nach Transzendentem, nach Göttlichem und nach Gott haben Menschen zu allen Zeiten be-wegt. Für manche spielen solche oder ähnliche Fragen heute keine Rolle (mehr) oder nur eine geringe; für andere wiederum sind sie existentiell. Einige Zeitgenossen haben keinen oder einen verbauten Zugang zur Gottesfrage und zu Glaubensfragen; andere wollen das offen halten. Wie man persönlich nun dazu stehen mag: Spirituelle Zu-Gänge können eine innere Kraftquelle sein. So gesehen gehört eine gesunde Spiritualität – wie immer sie auch gestaltet ist – genauso zum Menschsein wie die körperlich-seelische und die soziale Dimension. Sie ist förderlich für ein positives Selbstkonzept.

In einer christlichen Spiritualität gilt zunächst, dass „das große Geheimnis“ (David SteindlRast) alle unsere Bilder und Vorstellungen übersteigt. Gott ist und bleibt der „Unverfügbare“ und der „ganz Andere“. Im Gebet- und Gesangbuch GOTTESLOB findet sich eine treffende Definition: „Glauben heißt, die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang aushalten. (Nach Karl Rahner)“51 Damit verbunden ist der Aspekt menschlicher Freiheit: Eine freie Glaubensentscheidung bleibt eine lebenslange Herausforderung. Gottseidank wird in unserer Gesellschaft heute kaum jemand (mehr) zum Glauben gezwungen. Sinnerschließung aus dem Glauben ist ein freies Angebot. Aber auch wenn man sich einmal frei und bewusst dafür entschieden hat, so können doch Glaube und Unglaube wie zwei Seiten einer Medaille gesehen werden: „Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ (Mk 9,24) Glaube kann nicht „gemacht“ oder „produziert“ 51

In: GOTTESLOB. Kath. Gebet- und Gesangbuch, Stuttgart 2013, 449 (Nr. 380).

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werden – er ist letztlich ein Geschenk, theologisch ausgedrückt: Gnade. Dazu kommt die Glaubensüberzeugung, dass Gott „immer schon da ist“, lange bevor wir ihn suchen. Leonardo Boff hat das einmal treffend ausgedrückt: „Gott kommt früher als der Missionar.“52 Christliche Spiritualität lässt sich von der Vision eines „Lebens in Fülle“ leiten – entsprechend dem Wort Jesu: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10). Dabei ist sie zutiefst vom Weg-Charakter geprägt: Jesus, der Christus, zeigt den an ihn Glaubenden den Weg zum Vater; er sendet seinen Geist, der auf den Weg der Nachfolge einlädt. Auf diesem Glaubensweg bekennen Christen Gott als den dreifaltigen bzw. dreieinen, der als Vater, Sohn und Heiliger Geist gleichsam in sich selbst Beziehung ist. Er ist seinem Wesen nach Gemeinschaft und dadurch Lebensquelle und Vorbild jeder menschlichen Gemeinschaft. Dieses trinitarische Gottesbild zeigt eine besondere Beziehungsdynamik, die in der johanneischen Aussage gipfelt: „Gott ist Liebe.“ (1 Joh 4,16) Christliche Spiritualität lebt von einem grundlegenden Vertrauen. Eugen Drewermann bekräftigt das treffend: „Vertrauen heißt zu glauben, dass alles, was wir sind, sich hineinlegt in die Hände Gottes, aus denen wir kommen. Im christlichen Sinne ist das der Beginn eines Sich-Festmachens im Absoluten mitten im Relativen, im Unendlichen mitten im Endlichen, im Ewigen mitten im Vergänglichen.“53 Er führt auf eine wichtige Spur zum „Vertrauen als Doppelbewegung des Unendlichen“: „Die ganze Kunst christlicher Zuversicht, christlichen Vertrauens, besteht in dem, was Sören Kierkegaard einmal nannte: die Doppelbewegung des Unendlichen. Er meinte, diese Welt in ihrer Fragwürdigkeit zu begreifen, sich festzumachen im Unendlichen, in Gott, und dann kraft des Unendlichen zurückzukehren in diese endliche Wirklichkeit – das eigentlich sei, christlich betrachtet, Vertrauen. …Vertrauen besteht darin, von Gott her den Zerbrechlichkeiten dieser Erde standzuhalten mit dem Wagemut zum Widerspruch und zum Einstehen für das menschlich Richtige im Ernst der Existenz, jetzt und heute.

Vertrauen in diesem Sinne ist kein Wohlfühlkurs, keine Anleitung für bioenergetische Happyness oder genussvolle Selbstzufriedenheit; es ist eine Form der exis52

Vgl. Boff, Leonardo: Gott kommt früher als der Missionar. Neuevangelisierung für eine Kultur des Lebens und der Freiheit, Düsseldorf (Patmos) 1991.

53 Drewermann, Eugen: 2020, 26.

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tenziellen Identitätssuche und -findung.“54 Eine hoffnungsvolle Zuversicht in die eigene Existenz liegt nicht in uns selbst begründet, sondern darin, dass „wir uns umgeben fühlen von Händen, die es gut mit uns meinen; das bietet einen vertrauensvollen Unter- und Hintergrund für alles, was wir sind und tun.“55 Für manche kann es hilfreich sein, wenn sie sich auf ihrem Glaubensweg an Vorbildern im Glauben orientieren können, die dieses Gott-Vertrauen „gelebt“ haben. In der katholischen Tradition hat hier die Heiligenverehrung einen besonderen Stellenwert. Die Heiligen stehen meist für besondere Akzentuierungen einer christlichen Spiritualität, wodurch sie Impulse für den eigenen Lebens- und Glaubensweg beinhalten können.

Beispielsweise kann ein Leitmotiv von Ignatius von Loyola, dem Gründer des Jesuitenordens, bis heute inspirierend wirken: „Gott zu suchen und zu finden in allem“. In diesem Sinn ist es ein spirituelles Grundanliegen, immer neu Gottes Wirken in unserer Welt wahrzunehmen und anzunehmen und ihn „in allen Dingen zu finden“. Gerade die Erfahrungen des Alltags und die Alltagswege (vgl. Kap. 4.3.) können dazu beitragen, Gottes Spuren zu entdecken. „Gott in allem zu finden“ – diese Medaille kennt zugleich eine zweite Seite, nämlich sich „von Gott finden zu lassen“, von ihm so gefunden zu werden und geliebt zu sein, so wie man 54

Ebd., 30.

Ebd., 31.

55

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ist. Entscheidend ist letztlich nicht, dass ich ihn finde, sondern dass ich mich finden lasse; es kommt nicht so sehr darauf an, dass ich an ihn glaube, sondern dass er unbedingt (!) an mich glaubt. In diesem Bewusstsein kann sich jemand mit allem, was er besitzt und was seine Identität ausmacht, mit allen Fähigkeiten und Kräften, ganz in den Dienst am Reich Gottes mitten in dieser Welt stellen. So kann er offen sein für eine ganzheitliche Hingabe: Nimm, Herr, und empfange meine ganze Freiheit, mein Gedächtnis, meinen Verstand und meinen ganzen Willen, all mein Haben und Besitzen.

Du hast es mir gegeben; dir, Herr, gebe ich es zurück.

Alles ist dein, verfüge nach deinem ganzen Willen.

Gib mir deine Liebe und Gnade, denn diese genügt mir.

Ignatius von Loyola (1491–1556)56

Schließlich sei noch eigens betont, dass es in den verschiedenen Religionen und Konfessionen zahlreiche und unterschiedliche spirituelle Wege gibt. Aus einem interreligiösen Blickwinkel gibt es bemerkenswerte Neuaufbrüche, die für transkonfessionelle und transpersonale Wege plädieren. An den Schnittstellen von östlichen und westlichen Traditionen und Denkweisen soll ein „integraler Weg“ weiterführen, der in eine ungeahnte Weite führt und der darin einen neuen spirituellen Reichtum spürbar werden lässt.57 Im Grunde sind es immer dieselben Fragen, die sich Menschen in allen Religionen und Konfessionen stellen und auf die sie eine Antwort suchen: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Welchen Sinn hat mein und unser Dasein? Diese entscheidenden Lebensfragen werden im Folgenden noch weiter aufgefächert.

56

In: GOTTESLOB. Kath. Gebet- und Gesangbuch, Stuttgart 2013, 58 (Nr. 9/6).

Vgl. dazu: Steindl-Rast, David: 2021, bes. 65ff.: „Religionen – verschiedene Sprachen für das Unaussprechliche“.

In diesem Zusammenhang sei weiters verwiesen auf: Jäger, Willigis: 2010; Uhde, Bernhard: 2011; Grün, Anselm / Jäger, Willigis: 2013; Frisch, Hermann-Josef: 2017; Grün, Anselm / Boff, Leonardo: 2017; Brantschen, Niklaus: 2021.

57

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5.4. Persönliche Reflexion Wege zum Ich

■ Was macht meine Identität aus? Wo liegen meine Wurzeln; wer und was hat mich geprägt?

■ Wie ist mein heutiges Selbstverständnis? Wo stehe ich?

■ In welche Richtung leiten mich meine (bewussten und unbewussten) Sehnsüchte, Wünsche und Hoffnungen? Wohin möchte ich kommen?

■ Welche Werte sind mir wichtig?

■ Was lässt mich zufrieden und glücklich sein? Wie finde ich Wege zu einem erfüllten Leben?

■ Wie wichtig sind mir ein gutes Körpergefühl, ein Gesundheitsbewusstsein bzw. ein adäquater Umgang mit Erkrankung(en) oder Beeinträchtigung?

■ Was kann meine Seele nähren?

■ Wo finde ich Stärkung auf meinem Weg? Welche Rituale helfen mir?

■ Wie kann ich zu meiner inneren Mitte finden?

■ Wer oder was kann mir neue Lebensperspektiven eröffnen?

■ Wie reagiere ich, wenn Wege durchkreuzt werden?

Wege zum Nächsten

■ Wie kann ein Zusammenleben mit den Mitmenschen – und mit der gesam-

ten Schöpfung – in gegenseitiger Verantwortung, in Solidarität und sozialer Gerechtigkeit gelingen?

■ Was bedeutet für mich solidarisches Handeln?

■ Welche Wege einer Gemeinschaftsbildung (Koinonia) und eines Dienstes am Nächsten (Diakonie) sind hilfreich? Was kann ich beitragen?

Wege zu Gott

■ Welche Bedeutung hat der Glaube in meinem Leben?

■ Wie finde ich zu einem letzten und tiefsten Lebensgrund?

■ Was bestimmt mein Gottes- und Menschenbild?

■ Welche Spiritualität ist für mich leitend?

■ Wie und wo können Vertrauen und Liebe als Qualitätsmerkmale christlicher Spiritualität konkret erfahrbar sein und werden?

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6. Unterwegs mit dem Segen Gottes – gestärkt auf dem Weg 6.1. „Der Mensch wird des Weges geführt, den er wählt…“ Dieses erbauliche und trostvolle Wort aus dem Talmud hat der langjährige Spiritual und geistliche Schriftsteller Johannes Bours (1913–1988) mit seinem gleichlautenden Buch bekannt gemacht. Wie eine Grundmelodie hat dieses Motto viele Menschen begleitet – und tut es bis heute. „Wenn ich wahrhaftig den Weg wähle, den ich als den meinen zu erkennen glaube, dann geht die verborgene Kraft Gottes, mich leitend und bewahrend, mit mir.“58 Der Weg, den jemand wählt, kennt viele Wegstrecken und Abzweigungen, manche Krisen und Brüche, vielleicht so mache Strecken durch die Mühen der Wüste – und dann wieder Höhenwege und Gipfelerlebnisse, die neue Motivation und Begeisterung schenken. Manches mag wie ein Zufall erscheinen, seien es konkrete Begegnungen mit bestimmten Personen oder äußere Ereignisse. Die Be58

Bours, Johannes: 1986, Klappentext des Buches.

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Deutung so mancher Erfahrungen erschließt sich vielfach erst in einer Rückschau, bei der Zusammenhänge erkannt werden können.

Im besten Fall kann die eigene Lebensgeschichte als persönliche Heilsgeschichte gedeutet werden. Für manche kann es geradezu wie eine göttliche Fügung erscheinen, ähnlich wie beim Psalmisten: „Befiehl dem Herrn deinen Weg; und vertrau ihm; er wird es fügen.“ (Ps 37,5) (Vgl. die Ausführungen zu diesem Psalm in Kap. 2.2.!) In diesem Sinn ermuntert auch der alttestamentliche Schriftsteller im Buch Kohelet: „Iss freudig dein Brot und trinke vergnügt deinen Wein, denn das, was du tust, hat Gott längst so festgelegt, wie es ihm gefiel.“ (Kohelet 9,7) Dieses Vertrauen in Gottes Vorsehung bedeutet nicht, dass man einfach blind auf das wartet, was kommt. Es bedeutet nicht, dass man sozusagen die Hände in den Schoß legt und schaut, was passiert. Aber es ermutigt zu freudigem und kraftvollem Handeln; es kann viele Ressourcen frei legen und eine gewisse Gelassenheit schenken.

Denn bei allem Bemühen muss man nicht alles selbst leisten; man darf zuversichtlich auf Gottes begleitende Kraft und auf seine Gnade bauen.

Ein entscheidende Haltung ist dabei die Dankbarkeit. Denken und danken haben ja die gleiche Wortwurzel. Wer denkt, weiß um die befreiende Wirkung des Dankens, das den Blick für andere weitet. Ein dankbares Empfinden lässt sich zwar nicht verordnen; wohl aber kann man dafür aufmerksam werden und sich ein68

mal bewusst machen, wieviele persönliche Gründe für Dankbarkeit es gibt.

David Steindl-Rast hat übrigens die Dankbarkeit einmal als „die kürzeste Formel des Christentums“ bezeichnet: „Die Feier des Dankes steht mit der Feier der Eucharistie (griech. für Danksagung) im Zentrum unserer christlichen Gemeinschaft. Dank fasst in ,kompaktester Form‘ zusammen, was christliches Leben heißt.“59 Er betont: „Wer Dankbarkeit als Herzstück christlichen Lebens versteht, begegnet in ihr auch dem dreifaltigen Gott: Die Stille und das Schweigen sind ein Sich-Hinablassen in die Tiefe des Geheimnisses, das wir Vater nennen. Aus dieser abgrundtiefen Stille kommt das Wort, Gottes fleischgewordener Sohn, und wenn wir Ihm mit unserem Handeln antworten, so ist es der Heilige Geist, der uns treibt und uns die Kraft dazu gibt.“60 Dankbarkeit ist so gesehen ein „Schlüssel zur Freude“, dass wir auf dem Weg, den wir gewählt haben, von ihm geführt und begleitet werden. Dazu ermuntert schon der Psalmist: „Meine Seele, vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ (Ps 103,2) In diese Dankbarkeit, die das Leitmotiv einer Theologie des Weges darstellt, dürfen wir immer neu einstimmen.

Dankbar für meinen Weg ­– Zeit zum Danken Die meisten von uns haben wohl genug Gründe zum Danken: für Menschen, die es gut mit mir und mit uns meinen, für Freundschaft und Liebe, für unerwartete Begegnungen und anregende Gespräche, für die wunder-volle Schöpfung und den faszinierenden Kosmos, für die Früchte der Erde und für die Nahrung, die uns sättigt, für die Worte und Taten, die wir „säen dürfen“ und für jede Wert-schätzung, die wir selbst erfahren, für solidarische Hilfe, für die Kraft, sich gegenseitig zu verzeihen und sich zu versöhnen, für Froh-sinn und Humor, für meinen bisherigen Weg, …

59

David Steindl-Rast in einem Vortrag beim Österreichischen Ordenstag 2019 am 26.11.2019 im Kardinal König-Haus in Wien-Lainz. Vgl. dazu auch die KathPress-Meldung vom 27.11.2019.

60 Ebd.; vgl. auch: Steindl-Rast, David: 2021, bes. 116ff. Verwiesen sei auf die Websites www.gratefulness.org und www.dankbar-leben.org, die er mitbegründet hat.

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6.2. Not-wendige Stärkungen – Mut zum Aufbruch und zu neuen Wegen In der bereits genannten alttestamentlichen Elija-Erzählung (vgl. Kap. 2.1.) sind Speise und Trank not-wendig für den weiten Weg. Ebenso braucht es für einen spirituellen Weg eine entsprechende Stärkung, sei es nun das Wort Gottes, das Gebet oder seien es die Sakramente. Brot und Wein verweisen insbesondere auf die Eucharistie, aus der jemand Kraft für seinen Alltag schöpfen kann. „Steh auf und iss, sonst ist der Weg zu weit für dich!“ (1 Kön 19,7) Diese zurecht oft zitierte Ermunterung will Mut machen auf dem langen und oft mühevollen spirituellen Weg zu Gott und zur eigenen Wirklichkeit.

Hilfreich ist in jedem Fall eine gute Begleitung. Das wissen nicht nur Bergsteiger in exponierten Lagen zu schätzen; das nützen auch Sportlerinnen und Sportler, die sich einen Coach leisten. Auf einem spirituellen Weg begleiten und stärken geistliche Begleiterinnen und Begleiter; sie helfen bei notwendigen Klärungsprozessen. Wege zu einer kraftvollen, lebendigen und ganzheitlichen Spiritualität erschließen sich meist nicht von selbst – sie werden in erster Linie durch die Erfahrungen und Anregungen bedeutender „Vor-Gänger“ vermittelt. Dabei ist es wichtig, sich auf diese Personen verlassen zu können, um dann schließlich zu einer eigenen Authentizität zu finden.

Eine Gefahr besteht manchmal darin, dass man sich – im eigentlichen wie im übertragenen Sinn – an einem Ort gemütlich einrichtet und nicht mehr gewillt ist, aufzubrechen und weiterzugehen. Ein solcher Aufbruch wird dann als neues Wagnis empfunden. In diesem Zusammenhang darf übrigens auch darauf verwiesen werden, dass Weg und Wagnis die gleiche Wortwurzel haben. Die Herausforderung liegt jedenfalls darin, in verschiedenen Lebensphasen einen Aufbruch zu wagen und neue Wege zu beschreiten. Damit signalisiert man eine gewisse Offenheit für Neues und Ungeahntes.

Vor einem größeren Aufbruch zu einer Pilgerreise hat es früher meist einen eigenen Pilgersegen gegeben. In analoger Form gibt es auch heute hin und wieder einen besonderen Reisesegen. Damit will man alles, was kommt, getrost und vertrauensvoll dem Schutz Gottes anvertrauen und gleichsam in seine Hände legen, wie es auch im Folgenden zum Ausdruck kommt.

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6.3. „Du wirst ein Segen sein!“ (Genesis 12,2b) – einander zum Segen werden Die bisherigen Ausführungen zu einer Theologie des Weges zeigen: Gott geht mit uns Menschen und begleitet uns mit seinem Segen. Christinnen und Christen glauben, dass der „mitgehende Gott“ in der Geschichte des Volkes Israel und der gesamten Menschheit wirkt. Er wirkt in unserer je persönlichen Lebensgeschichte und in unserem Alltag – lange schon, bevor wir das mit dem Verstand erfassen können und bevor uns das bewusst ist.

Bereits im Alten Testament verheißt Jahwe seinen Segen. Die Textstelle Gen 12,1–3 bringt die Verheißung und die Zusage, dass er Abraham segnen und ihn zu einem großen Volk machen wird. Seit Abraham und seiner Frau Sarah zeigt sich: Wenn Gott Menschen beruft und erwählt, dann geschieht das, weil sie für andere zum Segen werden sollen. „Du wirst ein Segen sein!“: Das ist zugleich ein Zuspruch und ein Anspruch, einander zum Segen zu werden: Einander Gutes zu sagen (bene-dicere), gut übereinander zu reden und einander mit Wohlwollen und Wertschätzung (vgl. Kap. 5.2.) zu begegnen. In diesem Sinn ist der Segen ist die Bitte, dass Gott uns auf unserem Weg zum Segen wird und wir einander zum Segen werden. Darin drückt sich die gläubige Hoffnung aus, dass er uns bei unserem Aufbruch, bei unserem Unterwegssein und bei unserem Ankommen begleitet und uns mit seiner zuvorkommenden Gnade stärkt.

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DU GOTT DES WEGES SEGNE UNS sei du der Traum der Sehnsucht zeugt sei du die Kraft die die Entscheidung trifft sei du das Vertrauen das sich stellt segne den Aufbruch behüte was ich zurücklasse schütze das Neue das ich wage begleite mich beim ersten Schritt segne den Weg gib meinen Füßen Halt sei mir Grund stärke Geist und Leib segne das Ankommen sei du mein Ziel richte meine Schritte auf dich hin aus schenk mir den Mut zur Heimkehr in dir Du Gott des Weges segne uns umgib uns mit deinem Segen damit wir uns auf den Weg machen können auf den Weg zu dir und den Menschen Andrea Schwarz61 61

Schwarz, Andrea: 2008, 69.

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6.4. Persönliche Reflexion

■ Vertrauen wir auch heute der Zusage Gottes: „Du wirst ein Segen sein!“?

■ Mit welchen Zeichen der Wertschätzung und mit welchen Segensgesten können wir andere auf ihrem Weg ermutigen?

■ Gott geht mit uns – gehen wir auch für ihn?

■ „Für wen gehst du?“ Diese Frage aus der eingangs zitierten chassidischen Geschichte bleibt aufrecht. Diese Frage gilt es unbedingt wach zu halten.

■ Was bedeutet Dankbarkeit für mich? Wofür bin ich auf meinem bisherigen Weg besonders dankbar?

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7. Statt eines Nachwortes Wohin dich deine Wege auch führen, ich wünsche dir – – – – – –

Zu-frieden-heit mit dir selbst und mit deiner Mit- und Umwelt.

Offenheit und Mut, dich auch auf unbekannte Wege einzulassen und neue Ziele zu erreichen.

Gelassenheit und Ausdauer, wenn Unerwartetes kommt und Steine im Weg liegen.

Dankbarkeit für deine Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter.

Hoffnungsfrohe Zuversicht, dass du „des Weges geführt wirst, den du wählst“ (Talmud). vertrauensvollen Glauben an den, der will, dass wir „das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10,10).

Wohin dich deine Wege auch führen, folge deinem Herzen – Tag für Tag!

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8. LITERATUR Bader, Günther: Be-weg-ter Glaube. Zugänge zu einer Theologie des Weges in der religionspädagogischen Praxis, in: Ders.: rückblicken_wahrnehmen_inspirieren. Religionspädagogische Perspektiven im Wandel der Zeit. Wien (LIT-Verlag) 2019, 109–117.

Bordt, Michael: Die Kunst, sich selbst zu verstehen. Den Weg ins eigene Leben finden. Ein philosophisches Plädoyer, München (Elisabeth Sandmann Verlag) 2015.

Bours, Johannes: Der Mensch wird des Weges geführt, den er wählt. Geistliches Lesebuch, Freiburg i.Br. (Herder) 1986.

Brandscheidt, Renate: Weg. Biblisch-theologisch, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 10, Freiburg (Herder) ³2001, Sp. 997–998.

Brantschen, Niklaus: Gottlos beten. Eine spirituelle Wegsuche. Ostfildern (Patmos) 2021.

Bürkle, Horst: Weg. Religionswissenschaftlich, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 10, Freiburg (Herder) ³2001, Sp. 996–997.

Deselaers, Paul: Christus – ein Weg oder der Weg? Umkehr zur christlichen Mitte, in: Geist und Leben 73 (2000), 401–404.

Drewermann, Eugen: Das Wichtigste im Leben. Worte mit Herz und Verstand.

Ausgewählt und herausgegeben von Ulrich Peters, Ostfildern (Patmos) 2015.

Drewermann, Eugen: Vertrauen kann man nur auf Gott, Oberursel (PublikForum Verlagsgesellschaft) 2020.

Egger, Wilhelm: Kleine Bibelkunde zum Neuen Testament, Innsbruck (Tyrolia) ³1984.

Elbs, Benno: Werft eure Zuversicht nicht weg, Innsbruck (Tyrolia) 2020, bes. 163ff.

Ferstl, Franz: Ermutigung für das Unterwegssein. Pilgergebete, Innsbruck (Tyrolia) 2015.

Fischer, Georg: Theologien des Alten Testaments (Neuer Stuttgarter Kommentar AT 31), Stuttgart (Katholisches Bibelwerk) 2012.

Fischer Georg: Gott und sein Wort. Studien zu Hermeneutik und biblischer Theologie (Stuttgarter Biblische Aufsatzbände 70. Altes Testament), Stuttgart (Katholisches Bibelwerk) 2019.

Fischer, Georg: Gottes Wege – zum Staunen, in: ÖKUM (hg. vom Bischöflichen Schulamt de Diözese Innsbruck und von der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Edith Stein) 32 (2020), H. 2, 4–7.

75

Frisch, Hermann-Josef: Dem Unendlichen begegnen. Gelebter Glaube in den Religionen der Welt, Düsseldorf (Patmos) 2017, bes. 42–47; 52–53; 80–83; 132–133.

Grün, Anselm: Auf dem Wege. Zu einer Theologie des Wanderns, Münsterschwarzach (Münsterschwarzacher Kleinschriften Bd. 22) 92002.

Grün, Anselm: Jesus – Wege zum Leben. Die Evangelien des Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, Stuttgart (Kreuz Verlag) ³2007.

Grün, Anselm / Boff, Leonardo: Neu denken – Eins werden. Gott erfahren im Menschen und in der Welt, Münsterschwarzach (Vier-Türme-Verlag) 2017.

Grün, Anselm / Jäger, Willigis: Das Geheimnis jenseits aller Wege. Was uns eint, was uns trennt, Münsterschwarzach (Vier-Türme-Verlag) 2013.

Grün, Anselm / Steindl-Rast, David: Das glauben wir. Spiritualität für unsere Zeit, Münsterschwarzach (Vier-Türme-Verlag) 2015.

Halbfas, Hubertus: Die Bibel für kluge Kinder und ihre Eltern, Ostfildern (Patmos) 42019.

Haller, Reinhard: Das Wunder der Wertschätzung. Wie wir andere stark machen und dabei selbst stärker werden, München (Gräfe und Unzer Verlag) 2019.

Jäger, Willigis: Ewige Weisheit. Das Geheimnis hinter allen Wegen, München (Kösel) 2010.

Jäger, Willigis: Kontemplation – ein spiritueller Weg. Mit Beiträgen von Franz Nikolaus Müller und Beatrice Grimm, Freiburg i.Br. (Herder) 2015.

Painadath, Sebastian: Einschwingen in das Göttliche. 100 Meditationen, Münsterschwarzach (Vier-Türme-Verlag) 2021.

Ronchi, Ermes: Die nackten Fragen des Evangeliums, München (Verlag Neue Stadt) 72021.

Rosenberger Michael: Wege, die bewegen. Eine kleine Theologie der Wallfahrt, Würzburg (Echter) 2008.

Schlegel, Helmut: Glaubensgeschichten sind Weggeschichten. Die Emmauserzählung als Modell christlicher Existenz, Würzburg (Echter) 2016.

Schwarz, Andrea: Du Gott des Weges segne uns. Gebete und Meditationen, Freiburg i.Br. (Herder) 2008.

Steindl-Rast, David: Dankbar leben. Ein inspirierendes Praxisbuch, Münsterschwarzach (Vier Türme Verlag) 2018.

Steindl-Rast, David: Orientierung finden. Schlüsselworte für ein erfülltes Leben, Innsbruck (Tyrolia) 2021.

Stiksel, Reinhard: Pilgern mit der Bibel, Innsbruck (Tyrolia) 2021.

76

Sudbrack, Josef: Weg. Spirituell, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 10, Freiburg (Herder) ³2001, Sp. 998–999.

Uhde, Bernhard: West-östliche Spiritualität – Die inneren Wege der Weltreligionen. Eine Orientierung in 24 Grundbegriffen, Freiburg i.Br. (Kreuz Verlag) 2011. www.gratefulness.org und dankbar-leben.org www.WiBiLex.de

BIBLISCHE ABKÜRZUNGEN Gen Genesis Ex Exodus Lev Levitikus Mich Micha Num Numeri Dt Deuteronomium 1 Kön 1. Buch der Könige Jes Jesaja Ps Psalm Mt Mk Lk Joh 1 Joh Apg Röm Hebr Offb

Matthäus Markus Lukas Johannes 1. Johannesbrief Apostelgeschichte Römerbrief Hebräerbrief Offenbarung

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ANHANG Besinnungswege – Pilgerwege – Wallfahrtswege (in Auswahl) Elsner, Susanne / Elsner, Walter: Pilgern in Tirol. 50 Wallfahrtsziele und Besinnungswege in Nordund Osttirol, Innsbruck (Tyrolia) 2021.

Hutter, Clemens M.: Pilgerwege im Salzburger Land. Kultstätten – spirituelle Orte – Jakobswege – Wallfahrtsziele – Brauchtumsplätze, Innsbruck (Tyrolia) 2007.

Pfarl, Peter: Der Wolfgangweg. Von Regensburg über Altötting nach St. Wolfgang am Wolfgangsee, Innsbruck (Tyrolia) 2013.

Stadler, Roland: Pilgerwege in Österreich, Salzburg (Pustet) 2019.

Stimpfl, Oswald: Pilgerwege in Südtirol. Wanderungen zu Wallfahrtsorten und Höhenkirchen, Wien (Folio) 2019.

Treml, Ferdinand: Der Pilgerweg nach Rom, Innsbruck (Tyrolia) 2018.

PILGERWEGE (in Auswahl) –– Pilgerwege nach Mariazell: „Wallfahrerwegenetz 06“

www.mariazell.at > Wallfahrt > Pilgerwege –– Bergpilgerweg Hoch und Heilig (Osttirol, Südtirol und Oberkärnten)

www.hochundheilig.eu –– Pilgerweg der Weltreligionen (Rottenmann / Steiermark)

(Projektgruppe Pilgerweg des Österr. Alpenvereins / Sektion Rottenmann)

www.alpenverein.at/rottenmann –– Jakobsweg Tirol

www.jakobsweg-tirol.net –– Besinnungs- und Themenwege in der Diözese Innsbruck

www.dibk.at >> Themen >> Kirche und Tourismus

>> Besinnungs- und Themenwege in Tirol –– Weitere Angebote auf den Homepages der verschiedenen Diözesen!

• www.pilgern.at (Pilgerportal der Diözese Linz >> Pilgerwege in Österreich) • www.pilgerwege.at (Arbeitskreis Freizeit- und Tourismuspastoral Österreich) • www.pilgerwege-kaernten.at Pilgern Diözese Gurk-Klagenfurt • https://pilgern.dsp.at/ Pilgern Diözese St. Pölten • www.pilgern.de (deutschlandweites, „evangelisches“ Portal zum Thema Pilgern) • www.katholisch.de/pilgern • www.bergspiritualitaet.com •

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www.jakobus-info.de

Bildmotive / Bildnachweis Die von Bruno Moriggl (Innsbruck) dankenswerter Weise zur Verfügung gestellten Bilder sind jeweils explizit ausgewiesen; alle anderen Bilder stammen vom Autor.

Titelbild: © Bruno Moriggl.

S. 8: Wandbild – gestaltet von Studierenden des Instituts für Sozialpädagogik in Stams/Tirol.

S. 9: Links: Am Gasteiner Höhenweg; rechts: Weg im Gschnitztal/Tirol; rechts unten: Julius auf dem Weg zum Rangger Köpfl/Tirol.

S. 10: Links: Am Gasteiner Höhenweg; rechts oben: Auf der Öresundbrücke (zwischen Schweden und Dänemark); rechts unten: Am Luzerner Bahnhof.

S. 11: Oben: Station „Wind-spiel-t mit“ am Besinnungsweg Absam – Gnadenwald/Tirol; unten: Ausstellung im Bildungszentrum St. Virgil/Salzburg.

S. 14: Schrifttafel am Besinnungsweg in Neustift/Stubaital.

S. 17: Kunstinstallation „Himmelsleiter“ am Wiener Stephansdom.

S. 18: Wanderung am Mieminger Plateau/Tirol.

S. 23: Schrifttafeln am Besinnungsweg in Neustift/Tirol; rechts oben: Ruheplatz am Lottensee bei Seefeld in Tirol.

S. 25: Auf Gran Canaria.

S. 32: Orientierungstafeln am Schweizer Teil des Bodensee-Radweges.

S. 33: „Miteinander aufbrechen“ – Foto: © Bruno Moriggl.

S. 35: „Gott geht mit uns – in Gemeinschaft auf dem Weg“ – Foto: © Bruno Moriggl.

S. 37: Links: Wegmotiv – Foto: © Bruno Moriggl; rechts: Unterwegs im Gasteinertal.

S. 39: Links oben: Heuernte (unter erschwerten Bedingungen) im Schmirntal/Tirol; links unten: Unterwegs im Venedigergebiet/Osttirol; rechts: Bildmotiv bei der Basilika Birnau am Bodensee (D).

S. 40: Oben: Traubenernte am Bodensee; unten: „Erntedank“ in der Pfarrkirche Hötting in Innsbruck.

S. 42: „Wach-Kreuz“ auf der Innsbrucker Innbrücke.

S. 43: Wandtafel in der Liechtensteinklamm bei St. Johann im Pongau/Salzburg.

S. 45: Abendstimmung beim Defreggerhaus am Fuß des Großvenedigers/Osttirol.

S. 49: Wegschild „Jakobsweg“ (hier beim Bildungshaus St. Michael in Matrei am Brenner).

S. 51: Oben: „Kapelle des weißen Lichts“ am Pitztaler Gletscher / Tirol; unten: Auf dem Weg nach St. Michael in Gnadenwald / Tirol – Foto: © Bruno Moriggl.

S. 52: Wegtafeln am Besinnungsweg Absam – Gnadenwald/Tirol.

S. 53: Oben: Pilgermotiv – Foto: © Bruno Moriggl; unten: Dominik im Labyrinth beim Bildungshaus St. Michael in Matrei am Brenner.

S. 54: Links: Blick in eine Auslage einer Buchhandlung in Murnau/Bayern; rechts: Wandtafel in der Pädagogischen Hochschule Luzern/Schweiz.

S. 55: Innsbrucker Orientierungstafel.

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S. 56: Motiv vor der Palliativstation St. Raphael im Krankenhaus Göttlicher Heiland in Wien.

S. 59: Bergmesse („Friedensgottesdienst“) am Großen Kinigat bei Kartitsch/Osttirol.

S. 61: „Weg-Gemeinschaft“ – Foto: © Bruno Moriggl.

S. 62: Station auf dem Besinnungsweg Neustift im Stubaital.

S. 64: „Wegenetz“ – Foto: © Bruno Moriggl.

S. 67: Unterwegs zum Ortler/Südtirol – mit Bergführer Stefan.

S. 68: Auf dem Weg zum Ortler/Südtirol.

S. 69: „Dankpostkasten“ in der Spitalskirche in der Innsbrucker Maria-Theresien-Straße.

S. 71: Oben: Mosaik in der Peregrinkapelle auf Maria Waldrast/Tirol; unten: „Miteinander im Gebet“ – Foto: © Bruno Moriggl.

S. 74: „Bahngeleise“ – Foto: © Bruno Moriggl.

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Alltägliche Erfahrungen des Gehens und des Unterwegsseins können ein Sinnbild sein für unser ganzes Leben als Weg. Diese Weg-Metapher findet sich in vielen Religionen. Auf unserem eigenen Lebens- und Glaubensweg sind wir eingeladen, uns mit biblischen Weg-Geschichten auseinander zu setzen und uns von einer Theologie des Weges inspirieren zu lassen.

Welche Orientierungstafeln weisen uns Wege einer lebendigen und kraftvollen Spiritualität?

Was stärkt uns und gibt uns Mut zu neuem Aufbruch?

Zum Autor: Günther Bader, Prof. Dr., Innsbruck.

War vor seiner Pensionierung Lehrer und Vizerektor an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Edith Stein.

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