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„Jesus, der Wanderer“ – Lukas und seine Weg-Theologie
„Jesus, der Wanderer“ – Lukas und seine Weg-Theologie
Lukas hat eine besondere Weg-Theologie verfasst, in der sich die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes zeigen. Er schildert ausführlich den Weg Jesu – des Heilands der Armen und Benachteiligten – nach Jerusalem. Für ihn ist er ein Wanderer: „Ich muss heute und morgen und am kommenden Tag weiterwandern.“ (Lk 13,33) „Jesus ist Wanderer, aber zugleich auch Gast, der bei den Menschen einkehrt. Im wandernden Jesus kommt Gott selbst zu den Menschen und lässt sich von ihnen aufnehmen. Dieses Motiv findet sich ähnlich in zahlreichen griechischen Göttersagen, etwa in der Erzählung von Philemon und Baucis oder in der Odyssee. Lukas verwendet dieses in der Antike weit verbreitete Motiv christologisch, das heißt: Jesus ist für ihn der Beauftragte und der Bote Gottes. In ihm und durch ihn besucht Gott selbst die Menschen, verborgen in der Gestalt des Wanderers, der dann als Gast bei ihnen einkehrt, mit ihnen isst und trinkt und ihnen so Gottes Menschenfreundlichkeit nahebringt.“16 Dieses Motiv wird in verschiedenen bekannten Perikopen herausgearbeitet, z.B. in der Zachäusgeschichte (vgl. Lk 19,1–10) oder in der Geschichte vom barmherzigen Samariter (vgl. Lk 10,25-37). Diese Erzählungen machen deutlich, dass der Weg Jesu immer zum Menschen führt und ihm so besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Auch die Emmausgeschichte erschließt das in besonderer Weise.
Die Emmausperikope – eine klassische Weg-Geschichte des Neuen Testaments Die Erzählung von den Emmausjüngern (vgl. Lk 24,13–50), die miteinander unterwegs sind und die dabei Jesus begegnen, ist eine Hoffnungsgeschichte. Nachdem sie erlebt haben, dass er gekreuzigt wurde und auferstanden ist, wollen sie nicht resignieren und zu Hause bleiben. Vielmehr brechen sie auf. Auf dem Weg reden sie miteinander „über all das, was sich ereignet hat“. Sie erkennen Jesus nicht gleich, als sich ihnen unterwegs ein fremder Mann anschließt. Aber sie sind offen für einen Fremden – für einen Unbekannten und wohl auch für Unbekanntes, auch wenn ihnen das nicht leicht fallen mag. „Die drei deuten die Schrift“ – so heißt es weiter. Sie wollen sich vom „lebendigen Wort Gottes“ treffen und betreffen lassen und es auf ihre Situation hin deuten. Aber sie reden nicht nur miteinander, „die drei brechen miteinander das Brot“: Als Jesus im gemeinsamen Mahl das Brot bricht, erkennen sie ihn als den auferstandenen Christus,
16 Grün, Anselm: 2002, 59.