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3.5. „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!“ (Joh 14,6
Gott hat aber nicht nur diese wunderbare Welt geschaffen, sondern wird sie auch vollenden: Schöpfung und Vollendung bilden gleichsam eine Klammer. Hinter aller Vergänglichkeit des Menschen und der Welt steht die Zusage der endgültigen Gottesherrschaft und eines ewigen Heils. Die Wege des Lebens sind endlich. Im Blick auf diese Begrenztheit rät schon der Psalmist eindrucksvoll: „Herr, lehre uns, unsere Tage zu zählen. Dann gewinnen wir ein weises Herz.“ (Psalm 90,12) Weil wir als Geschöpfe Gottes endlich sind, sollen wir lernen, „unsere Tage zu zählen“ und auf unserem Lebensweg die Zeit zu nutzen.
In Jesus wendet sich Gott dem Menschen unwiderruflich zu: Er ist der Immanuel, der „Gott-mit-uns“ (Jes 7,14 und Mt 1,23), der sich mit allen Menschen identifiziert. Er zeigt seinen Jüngern den Weg zum Vater, ja mehr noch: Er selbst ist „der Weg zum Vater“, der die Wahrheit offenbart und der den Weg in die Freiheit der Kinder Gottes führt.
Jesu Anspruch: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!“ (Joh 14,6) bildet wohl den Kern und Höhepunkt einer neutestamentlichen Wegtheologie.28 Eine solche Tafel mit dieser markanten Aufschrift steht an einer ent-scheidenden Wegkreuzung: Für alle, die auf diesem Weg weitergehen, führt sie auf den Weg der Nachfolge Jesu. Auf diesen Weg sind alle eingeladen, die an Jesus, den Christus, glauben und die auf ihn ihre Hoffnung setzen. Sie sind miteinander als Gemeinschaft der Glaubenden unterwegs. Wie das im Leben so ist, wird es wohl einige geben, die schneller vorangehen, andere, die im Mittelfeld bleiben und wieder andere, die etwas „nachhinken“. Und einige wählen einen gänzlich anderen Weg, der ihren Überzeugungen entspricht.
Von Clemens von Alexandrien (ca. 140/150–215), der als „erster christlicher Lehrmeister“ gilt, stammt ein ausdrucksstarkes Gebet, in dem er Christus – das Ewige Wort – als göttlichen Lehrmeister anspricht. Er bittet ihn um eine Weisheit, die auf das letzte Ziel des Lebensweges ausgerichtet ist:
28 Siehe dazu auch: Deselaers, Paul: 2000.
Ehre dir, göttlicher Meister, Mögen wir alle in dem Frieden leben, der von dir ausfließt.
Sei uns gnädiger Lehrer, geduldig mit unserer Schwäche. Gib uns die Erkenntnis, zu tun, was Du willst, damit wir zum Gleichnis des göttlichen Bildes werden und an Deinem göttlichen Leben teilhaben.
Führe uns, wenn wir auf stürmischen Wassern zu Dir fahren, in der Kraft des Geistes, Deiner ewigen Weisheit.
Fürst der Weisheit, Quelle der Freude, Heiland der Menschen, gütiger Hirte, Deine sichere Hand führt uns zum Himmel.
Ewiges Wort, nie erlöschendes Licht, Quelle der Liebe, erhabenes Leben, Deine Fußspuren leiten uns zum Himmel.
Clemens von Alexandrien29
29 Clemens von Alexandrien, zitiert nach: Painadath, Sebastian: 2010, 85.