Titelthema
RECHT SO! #1 | 2022
7 Fragen zum Arbeitszeugnis Endet ein Arbeitsverhältnis, haben Beschäftigte Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Doch wie sieht ein richtiges Zeugnis aus? Was muss drinstehen, was darf rein?
ZEUGNIS
1. Ist es in Deutschland erlaubt, ein Arbeitszeugnis digital auszustellen? Nein. „Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist unzulässig“, heißt es in § 109 Absatz 3 der Gewerbeordnung (GewO). Üblich ist es, Geschäftspapier und Briefkopf des Arbeitgebers zu nutzen. Die Zeugnisse müssen auf Papier ausgefer tigt und vom Arbeitgeber handschriftlich unterschrieben sein. Ein digitales Zeugnis ist daher vor allem Zukunftsmusik. Das Bun desarbeitsgericht hat sogar schon einmal darüber entschieden, ob Arbeitszeugnisse gefaltet werden dürfen oder nicht. Ergebnis: Falten ist zulässig, solange der Knick auf einer Kopie unerkennbar bleibt. Hinweis: Dennoch kann man sich selbst verständlich mit einem digitalen Zeugnis bewerben!
2. Welche Arten des Arbeitszeugnisses gibt es? Zu unterscheiden sind das „einfache“ und das „qualifizierte“ Zeugnis. Ein einfaches Zeugnis enthält Angaben zur Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses und den ausgeübten Tätigkeiten. Ein qualifizier tes Zeugnis, auf das jeder und jede Beschäf tigte bei Beendigung des Arbeitsverhält nisses ein Anrecht hat, muss auch Angaben zur Leistung und Führung der Beschäftigten enthalten. Das qualifizierte Endzeugnis ist in § 109 Absatz 1 Satz 3 GewO geregelt und wird erst auf Verlangen des oder der Beschäftigten erstellt. Der Arbeitgeber bewertet für das qualifizierte Zeugnis vor allem die fachli che Qualifikation, sonstige Fähigkeiten, die Arbeitsweise, die Belastbarkeit und das Durchsetzungsvermögen (Leistung). Außerdem bewertet der Arbeitgeber den Umgang des oder der Beschäftigten mit Vorgesetzten, Kolleg*innen und Kund*in nen (Führung). Hierzu gehören auch die allgemeine Arbeitseinstellung, also Eigen schaften wie Pünktlichkeit und Verantwor
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Beschäftigte sollten ihr Arbeitszeugnis genau prüfen. Tücken stecken oft im Detail.
tungsbewusstsein. Das einfache Zeugnis muss der Arbeitgeber ohne Aufforderung ausstellen, das qualifizierte Arbeitszeugnis nur auf Verlangen der Beschäftigten.
3. Wann hat man Anspruch auf ein Zwischenzeugnis? Ein gesetzlicher Anspruch auf ein Zwischen zeugnis besteht zwar nicht. Beschäftigte können ein Zwischenzeugnis aber dann ver langen, wenn sie ein berechtigtes Interesse daran haben. Das wird von der Rechtspre chung unter anderem in folgenden Fällen anerkannt: • Wechsel des/der Vorgesetzten • Absolvierte Weiterbildung • Inanspruchnahme von Eltern- oder Pflegezeit • Fusion oder Betriebsübergang • Geplanter Stellenwechsel Hat der Arbeitgeber ein Zwischenzeug nis erteilt, ist er bei Ausstellung eines Endzeugnisses in der Regel an den Inhalt des Zwischenzeugnisses gebunden. Das gilt zumindest dann, wenn die Zeugnisse
denselben Zeitraum betreffen. Umfasst die Beurteilung noch eine an das Zwischen zeugnis anschließende Arbeitsperiode, darf der Arbeitgeber von dessen Inhalt auch nur abweichen, sofern die Leistung und das Verhalten des oder der Beschäftigten eine andere Bewertung rechtfertigen.
4. Muss das Zeugnis immer „wohlwollend“ sein? Ja. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, ein wohlwollendes Zeugnis auszustellen. Das meint in erster Linie, dass keine negativen Bewertungen und Tatsachen im Zeugnis stehen dürfen, etwa welche Aufgaben der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nicht erledigt hat, es sei denn diese waren für das gesamte Arbeitsverhältnis prägend. Das Zeugnis ist klar und verständlich zu formulieren. Es darf keine widersprüch lichen Aussagen enthalten. Dem oder der Beschäftigten soll das berufliche Fort kommen nicht erschwert werden. Mit der Zeit haben sich typische Formulierungen entwickelt, die in Zeugnissen verwendet werden. Doch hier ist Vorsicht geboten!
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