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Mehrarbeitszuschlag in der Zeitarbeit . Seite
Mehrarbeitszuschlag in der Zeitarbeit
MEHRARBEIT Angelika Kapeller und Rudolf Buschmann vom Gewerkschaftlichen Centrum für Revision und Europäisches Recht hatten allen Grund zur Freude. Sie überzeugten die obersten Gerichte und setzten damit eine günstigere Berechnung der Mehrarbeit durch.
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RUDOLF BUSCHMANN Experte für europäisches Recht sagt zu der Entscheidung:
„Es kommt jetzt darauf an, dass nicht nur ein einzelner Kläger sein Recht erhält, sondern dass alle Regelungen überprüft und angepasst werden, die mit diesem höchstrichterlichen europäischen Urteil nicht im Einklang stehen.“
Im Streit stand der Manteltarifvertrag für die Zeitarbeit in Deutschland. Ab einer geleisteten Arbeitszeit von mehr als 184 Stunden im Monat sieht dieser die Zahlung eines Zuschlages vor. Zeiten des Urlaubes sollen dabei keine Berücksichtigung finden.
Der vom gewerkschaftlichen Rechtsschutz vertretene Leiharbeitnehmer hatte im August 2017 nur einige Tage gearbeitet und danach Urlaub genommen. Der Arbeitgeber zahlte ihm unter Hinweis auf den Tarifvertrag keinen Mehrarbeitszuschlag. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gaben dem Unternehmen recht.
EuGH sieht Verstoß gegen Recht auf bezahlten Jahresurlaub
„Der bezahlte Jahresurlaub ist ganz wesentlich für die Erhaltung der Gesundheit der Beschäftigten. Deswegen darf derjenige, der dieses europäische Grundrecht in Anspruch nimmt, nicht schlechter gestellt werden, als wenn er gearbeitet hätte“, kommentiert Buschmann das Verfahren. Er vertrat den Kläger in Luxemburg und bekam dort recht. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellt fest, dass die Tarifvorschrift der Zeitarbeit Arbeitnehmer*innen davon abhalten könnte in einem Monat, in welchem Überstunden angefallen seien, bezahlten Urlaub zu nehmen. Das verstoße gegen das Ziel des Rechts auf bezahlten Jahresurlaub, welches alle Mitgliedsstaaten beachten müssten.
Rudolf Buschmann erläutert, dass Arbeitnehmer*innen gerade im Arbeitszeit und Urlaubsrecht immer wieder von europäischen Regelungen und Entscheidungen profitieren. Das betreffe nicht nur die Länge des Mindesturlaubs, sondern auch die Modalitäten seiner Umsetzung. Nun haben die Richter*innen des Bundesarbeitsgerichts die Akten wieder auf dem Tisch und müssen abschließend entscheiden. v
Susanne Theobald, Rechtsschutzsekretärin und Redakteurin, DGB Rechtsschutz GmbH, Büro Saarbrücken
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 13.1.2022 – C-514/20
Revision beim Bundesarbeitsgericht
Angelika Kapeller gelang die Zulassung der Revision beim Bundesarbeitsgericht, die das Landesarbeitsgericht zuvor versagt hatte. Die Richter*innen folgten ihren Argumenten und brachten ein sogenanntes Vorabentscheidungsersuchen beim Europäischen Gerichtshof auf den Weg. Es gingt um die Frage, ob ein Tarifvertrag gegen Unionsrecht verstößt, der für die Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen nur die tatsächlich gearbeiteten Stunden berücksichtigt und nicht auch die Stunden, in denen Arbeitnehmer*innen ihren bezahlten Mindesturlaub in Anspruch nehmen.
ANGELIKA KAPELLER Spezialistin für Arbeitsrecht freut sich:
„Großer Dank gebührt dem Kläger, der seit 2017 durchgehalten und diesen Erfolg möglich gemacht hat.“ Sie meint, die Entscheidung müsse auch auf Zeiten von Arbeitsunfähigkeit gelten. Es könne nicht sein, dass Überstundenzuschläge entfallen, wenn Arbeitnehmer*innen krank würden.