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7 Fragen zum Arbeitszeugnis

ZEUGNIS Endet ein Arbeitsverhältnis, haben Beschäftigte Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Doch wie sieht ein richtiges Zeugnis aus? Was muss drinstehen, was darf rein?

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1. Ist es in Deutschland erlaubt, ein Arbeitszeugnis digital auszustellen?

Nein. „Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist unzulässig“, heißt es in § 109 Absatz 3 der Gewerbeordnung (GewO). Üblich ist es, Geschäftspapier und Briefkopf des Arbeitgebers zu nutzen. Die Zeugnisse müssen auf Papier ausgefertigt und vom Arbeitgeber handschriftlich unterschrieben sein. Ein digitales Zeugnis ist daher vor allem Zukunftsmusik. Das Bundesarbeitsgericht hat sogar schon einmal darüber entschieden, ob Arbeitszeugnisse gefaltet werden dürfen oder nicht. Ergebnis: Falten ist zulässig, solange der Knick auf einer Kopie unerkennbar bleibt.

Hinweis: Dennoch kann man sich selbstverständlich mit einem digitalen Zeugnis bewerben!

2. Welche Arten des Arbeitszeugnisses gibt es?

Zu unterscheiden sind das „einfache“ und das „qualifizierte“ Zeugnis. Ein einfaches Zeugnis enthält Angaben zur Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses und den ausgeübten Tätigkeiten. Ein qualifiziertes Zeugnis, auf das jeder und jede Beschäftigte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Anrecht hat, muss auch Angaben zur Leistung und Führung der Beschäftigten enthalten. Das qualifizierte Endzeugnis ist in § 109 Absatz 1 Satz 3 GewO geregelt und wird erst auf Verlangen des oder der Beschäftigten erstellt.

Der Arbeitgeber bewertet für das qualifizierte Zeugnis vor allem die fachliche Qualifikation, sonstige Fähigkeiten, die Arbeitsweise, die Belastbarkeit und das Durchsetzungsvermögen (Leistung). Außerdem bewertet der Arbeitgeber den Umgang des oder der Beschäftigten mit Vorgesetzten, Kolleg*innen und Kund*innen (Führung). Hierzu gehören auch die allgemeine Arbeitseinstellung, also Eigenschaften wie Pünktlichkeit und Verantwortungsbewusstsein. Das einfache Zeugnis muss der Arbeitgeber ohne Aufforderung ausstellen, das qualifizierte Arbeitszeugnis nur auf Verlangen der Beschäftigten.

Beschäftigte sollten ihr Arbeitszeugnis genau prüfen. Tücken stecken oft im Detail.

3. Wann hat man Anspruch auf ein Zwischenzeugnis?

Ein gesetzlicher Anspruch auf ein Zwischenzeugnis besteht zwar nicht. Beschäftigte können ein Zwischenzeugnis aber dann verlangen, wenn sie ein berechtigtes Interesse daran haben. Das wird von der Rechtsprechung unter anderem in folgenden Fällen anerkannt: • Wechsel des/der Vorgesetzten • Absolvierte Weiterbildung • Inanspruchnahme von Eltern oder

Pflegezeit • Fusion oder Betriebsübergang • Geplanter Stellenwechsel

Hat der Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis erteilt, ist er bei Ausstellung eines Endzeugnisses in der Regel an den Inhalt des Zwischenzeugnisses gebunden. Das gilt zumindest dann, wenn die Zeugnisse denselben Zeitraum betreffen. Umfasst die Beurteilung noch eine an das Zwischenzeugnis anschließende Arbeitsperiode, darf der Arbeitgeber von dessen Inhalt auch nur abweichen, sofern die Leistung und das Verhalten des oder der Beschäftigten eine andere Bewertung rechtfertigen.

4. Muss das Zeugnis immer „wohlwollend“ sein?

Ja. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, ein wohlwollendes Zeugnis auszustellen. Das meint in erster Linie, dass keine negativen Bewertungen und Tatsachen im Zeugnis stehen dürfen, etwa welche Aufgaben der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nicht erledigt hat, es sei denn diese waren für das gesamte Arbeitsverhältnis prägend.

Das Zeugnis ist klar und verständlich zu formulieren. Es darf keine widersprüchlichen Aussagen enthalten. Dem oder der Beschäftigten soll das berufliche Fortkommen nicht erschwert werden. Mit der Zeit haben sich typische Formulierungen entwickelt, die in Zeugnissen verwendet werden. Doch hier ist Vorsicht geboten!

Aufgrund des „Wohlwollensgebots“ klingen manche Floskeln vielversprechender als sie es wirklich sind. So mag sich der Satz „Der Arbeitnehmer hat alle Aufgaben mit großem Fleiß und Interesse erledigt“ zunächst positiv anhören. Tatsächlich bedeutet es aber, dass er dabei nicht besonders erfolgreich war. Beschäftigte sollten ihr Zeugnis nach Erhalt daher sorgfältig darauf überprüfen, ob die verwendeten Formulierungen ihren Qualifikationen gerecht werden.

5. Was gehört hinein, was nicht?

Das Zeugnis soll den Beschäftigten dazu dienen, bei künftigen Bewerbungen ihre Qualifikation und Berufserfahrung belegen zu können. Daher muss jedes Arbeitszeugnis eine Beschreibung der Aufgabenbereiche des oder der Beschäftigten enthalten. Wichtig ist zudem eine Leistungsbeurteilung. Der Grund für das Ende der Tätigkeit kann auf Wunsch des oder der Beschäftigten genannt werden – üblich ist das, wenn Beschäftigte selbst gekündigt haben oder eine betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers vorliegt.

In vielen Arbeitszeugnissen finden sich Schlussformeln, mit denen der Arbeitgeber sein Bedauern über das Ende der Zusammenarbeit ausdrückt und dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin alles Gute für die Zukunft wünscht. Auf diese sogenannte Bedauernsformel hat allerdings der oder die Beschäftigte keinen echten Anspruch, da subjektive Empfindungen nach Meinung der Rechtsprechung nicht vom gesetzlichen Zeugnisanspruch umfasst sind (LAG München 15.7.2021 – 3 Sa 188/21).

Nicht in das Zeugnis gehören alle Angaben, die nicht unmittelbar etwas mit der ausgeübten Tätigkeit zu tun haben. Hierzu zählen unter anderem eine bestehende Schwangerschaft, die Krankheitszeiten des oder der Beschäftigten oder eine Mitgliedschaft im Betriebsrat. Der Arbeitgeber darf auch Zeiträume, in denen der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin überwiegend für den Betriebsrat tätig war, nicht von der Bewertung ausnehmen (LAG Nürnberg 11.10.2018 – 5 Sa 100/18). Neue Arbeitgeber könnten dann vermuten, dass in dieser Zeit aufgrund einer Betriebsratstätigkeit keine zu beurteilende Arbeitsleistung stattgefunden hat. Eine ehrenamtliche Tätigkeit darf der Arbeitgeber aber nur im Arbeitszeugnis erwähnen, wenn der oder die Beschäftigte dies ausdrücklich wünscht.

GUT ZU WISSEN

Was nicht in ein Zeugnis gehört:

• Betriebsratstätigkeit • Gewerkschaftszugehörigkeit • Gesundheitszustand des oder der Beschäftigten • Einmaliges Fehlverhalten • Unbewiesener Verdacht einer strafbaren Handlung • Erwiesene Straftaten, die nichts mit der Arbeit zu tun haben • Schwangerschaft • Krankheitszeiten

6. Darf das Zeugnis auch in Tabellenform erstellt werden?

Nein. Ein Arbeitszeugnis in Form einer Tabelle mit Schulnotenvergabe entspricht nach Meinung des Bundesarbeitsgerichts nicht dem Zweck eines Arbeitszeugnisses als aussagekräftige Bewerbungsunterlage (BAG 27.4.2021 – 9 AZR 262/20). Es fehlt bei der tabellarischen Form die individuelle Bewertung. Gerade die Gewichtung der Leistungen und Eigenschaften ist nach Meinung des obersten Gerichts für künftige Arbeitgeber wichtig, um herauszufinden, ob der Bewerber oder die Bewerberin für die ausgeschriebene Stelle hinreichend qualifiziert ist. Das ist aber nur möglich, wenn das Zeugnis in Form eines Fließtextes ausgestellt wird. Nur so können einzelne Merkmale hervorgehoben und in den Vordergrund gestellt werden.

7. Was kann man machen, wenn das Zeugnis nicht passt?

Wer als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin mit der Zeugnisnote nicht einverstanden ist, kann im äußersten Fall den ExArbeitgeber vor Gericht auf eine Verbesserung der Note (etwa von „befriedigend“ auf „gut“ oder sogar „sehr gut“) verklagen. Bei einer solchen Zeugnisberichtigungsklage kommt es vor allem auf die Beweislast an. Und da gilt folgendes: • Will der oder die Beschäftigte ein überdurchschnittliches Zeugnis („gut“ oder „sehr gut“) vor Gericht erwirken,

so muss er oder sie selbst darlegen und beweisen, dass er oder sie entsprechende Leistungen erbracht hat. • Hat der Arbeitgeber ein unterdurchschnittliches Zeugnis, d.h. ein

Zeugnis mit der Note „ausreichend“ oder „mangelhaft“ erteilt, so muss er darlegen und beweisen, dass der

Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin unterdurchschnittliche Leistungen erbracht hat.

Daraus folgt: Für ein überdurchschnittliches Zeugnis trägt der oder die Beschäftigte die Beweislast. Daher ist er oder sie in den meisten Fällen besser beraten, – eventuell mit Unterstützung der Jurist*innen der DGB Rechtsschutz GmbH – eine außergerichtliche Einigung mit dem Arbeitgeber zu finden. Im Gespräch lässt sich häufig eine bessere Bewertung erwirken. v Bund-Verlag

GUT ZU WISSEN

StandardFormulierungen in Bezug auf die Beurteilung der Führung:

• „Sein/Ihr Verhalten zu Vorgesetzten, Mitarbeiter*innen und

Kund*innen war stets vorbildlich“ (= „sehr gut“). • „Sein/Ihr Verhalten zu Vorgesetzten, Mitarbeiter*innen und

Kund*innen war vorbildlich“ (= nur „gut“, weil das Wort „stets“ fehlt). • „Sein/Ihr Verhalten zu Mitarbeiter*innen, Vorgesetzten und

Kund*innen war vorbildlich“ (= nur „befriedigend“, weil die

Vorgesetzten erst nach den Mitarbeiter*innen genannt werden). • „Sein/Ihr Verhalten zu Vorgesetzten war vorbildlich“ (= nur „ausreichend“, weil Mitarbeiter*innen und Kund*innen nicht aufgeführt werden). • „Sein/Ihr Verhalten war insgesamt einwandfrei“ (= „mangelhaft bis ungenügend“, weil überhaupt keine Bezugsperson genannt wird, weder Vorgesetzte noch Mitarbeiter*innen noch

Kund*innen).

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