LEADER Februar 2020

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Wirtschaft

«‹Auto› konnte ich vor ‹Mama› sagen» Im Sommer 2019 verkaufte die Ostschweizer Unternehmerfamilie Lienhard ihre alteingesessene Firma Lista an einen chinesischen Investor. Franziska Lienhard Nava (*1978) und ihr Vater Fredy Lienhard (*1947) standen mit verschiedenen Unternehmern aus Europa, den USA und aus Asien in Kontakt, bevor sie sich für die Unternehmerfamilie Wang entschieden haben. Der St.Galler BüromöbelHersteller mit 330 Mitarbeitern wird künftig aus der Provinzstadt Anji in Ostchina geführt. Im Gespräch mit dem LEADER erläutert Fredy Lienhard die Hintergründe und verrät, was er jetzt macht.

Fredy Lienhard, Mitte 2019 haben Sie die Lista Office Group an den chinesischen Büromöbelhersteller Henglin verkauft. Was war der Grund für den Verkauf? Hauptsächlich strategische Gründe – ein Alleingang nur mit dem Standort Schweiz wäre mit Blick auf die Zukunft nicht mehr erfolgversprechend und ein weiteres Wachstum aus eigener Kraft schwierig gewesen. Der Markt Schweiz ist seit zehn Jahren rückläufig, ausländische Rivalen drängten verstärkt ein, und die Margen stehen unter Druck.

«Wir haben viel Erfolg und Glück gehabt in unserem Leben. Das möchten Regula und ich teilen.» Und was gab den Ausschlag für Henglin aus Anji? Wir haben viele potenzielle Käufer geprüft. Henglin hat als Familienunternehmen am besten unseren Vorstellungen entsprochen. Sie bauen auf unsere Mitarbeiter und den Standort Schweiz, und sie haben ähnliche Werte wie wir. Die Zhejiang Henglin Chair Industry Co. Ltd. wurde 1998 von Wang Jianglin gegründet und stieg seither zum grössten chinesischen Exporteur von Bürostühlen auf. Henglin ist wie die Lista ein Familienunternehmen. Wie gut haben Sie die Familie Wang im Vorfeld kennengelernt? Sie haben mehrmals uns und wir sie in China besucht, wir haben einen sehr guten Eindruck bekommen und uns sofort gut verstanden. LEADER | Jan. / Feb. 2020

Lista ist die Nr. 1 im hiesigen Büromöbelmarkt. Wie sieht es nun international mit dem neuen Eigentümer aus? Henglin ist eine dynamische Familienunternehmung und wird neue Impulse setzen. Sie planen sogar, der Werkplatz Schweiz auszubauen. Mit über 3000 Mitarbeitern und mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Entwicklung und Herstellung von Bürostühlen generiert Henglin ein jährliches Umsatzvolumen von über 300 Millionen Franken. Die Schweizer Angestellten von Lista müssen sich also keine Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen? Nein, im Gegenteil, sie bekommen neue Chancen und eine klare Vorwärtsstrategie. Bereits 2018 haben Sie die St.Galler Papeterie Markwalder an die Gossauer Pius Schäfler AG verkauft. Erfolgte diese Übergabe im Hinblick darauf, dass Markwalder nicht auch an die Chinesen gehen sollte? Nein, das war nicht der Grund. Markwalder war eine gute Tochtergesellschaft, aber sie hat zu wenig zu unserem Kerngeschäft gepasst. Mit der starken Firma Pius Schäfler bekommen sie den passenden Eigentümer. Wechseln wir nach Romanshorn: In der dortigen Eventlocation «Autobau» steht Ihre private Autosammlung, Sie waren ja nicht nur Unternehmer, sondern auch aktiver Rennfahrer. Warum haben Sie Ihre Sammlung 2007 öffentlich zugänglich gemacht? Den Ausschlag gab der Besuch einer Primarschulklasse: Als ich die leuchtenden Augen der Kinder sah, wurde mir klar, dass ich diese Faszination teilen sollte. Ich muss diese Sammlung ja loslassen, und es macht Spass, wenn man Freude teilen kann. Es wäre schade, die Autos hinter verschlossenen Türen zu halten!


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