Mittendrin in V
„Ich bin nicht unsichtbar“ Wie schwierig oder wie leicht ist es, vor einem Geschäft zu stehen und die marie zu verkaufen? Was erlebt man alles und mit wie vielen Menschen kommt man in Kontakt? Zwei Leser und eine Leserin unserer Straßenzeitung haben sich auf ein Experiment eingelassen und verkauften drei Stunden lang die marie. Text und Fotos: Daniel Furxer
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Peter Windhager in Götzis
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Uhr vormittags, es regnet, es ist kalt. Alles andere als sommerliche Temperaturen. Peter Windhager steht vor dem Spar-Markt in Götzis und hält ein paar marie-Zeitungen in der Hand. Die Menschen huschen an ihm vorbei. Viele schauen, dass sie so trocken wie möglich ins Geschäft kommen. „Die Menschen waren sehr kurz angebunden, habe ich gemerkt. Wenn jemand mit mir gesprochen hat, dann waren es vor allem Frauen. Eine Frau hat mir ein Gebäck gekauft, weil sie das immer für den marie-Verkäufer mache, wie sie mir danach mitteilte.“ So schildert Peter rückblickend seine Erfahrungen. Viele haben die Zeitung am 15. Juli, am Tag, an dem Peter verkaufte, bereits erworben. „Einige haben mir dann ein kleines Trinkgeld zugesteckt.“ Zu seiner Motivation, warum er das gemacht hat, meint er: „Ich wollte einfach einmal die Erfahrung machen, wie es ist, auf der anderen Seite der Wohlstandsgesellschaft zu stehen. Für mich sind die drei Stunden trotz allem schnell vergangen. Aber natürlich weiß ich nicht, wie es sich anfüllt, jeden Tag hier zu stehen.“ Peter verkaufte in drei Stunden drei Zeitungen und bekam sieben Euro Trinkgeld. Das Geld für die verkauften Zeitungen und das Trinkgeld bekommt der Verkäufer, der normalerweise an diesem Standort steht. Standortwechsel: Hofer in Alberschwende. Es ist 7.30 Uhr und ein sehr sonniger Tag kündigt sich an. Werner Fuchsberger steht mit seinen Zeitungen bereit. Doch niemand will ihm eine abkaufen. „Ich habe die Menschen sehr freundlich gegrüßt und sie haben freundlich zurückgegrüßt. Aufgrund meiner Freundlichkeit habe ich nur positive Erfahrungen mit den Leuten gemacht. Auf meine Frage, ob sie eine marie kaufen wollen, hat ein Drittel gesagt, dass sie diese schon haben, ein Drittel hatte kein Interesse und die anderen haben sich dazu nicht geäußert.“ Nach zweieinhalb Stunden hat Werner noch keine Zeitung verkauft. In der letzten halben Stunde kaufte ihm jemand eine Zeitung ab. „Ich habe zusätzlich 90 Cent Trinkgeld bekommen.“ Natürlich, Zweck des Rollentausches war es nicht, so viele Zeitungen wie möglich zu verkaufen oder viel Trinkgeld zu bekommen. Es ging vor allem um die Begegnung und wie man sich in der Haut eines/r marie-Verkäufers/in fühlt. Letze Station: Spar-Markt in Rankweil. Cornelia Giesinger hat sich, wie Werner Fuchsberger und Peter Windhager, spontan auf die Anzeige in der marie gemeldet, die Straßenzeitung für drei Stunden zu verkaufen. „Meine Vorstellung war, dass ich mit der marie in der Hand für die Menschen ‚unsichtba-