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Hausärzt:in extra/informativ
Arzt Sicht Sache Seitenblicke auf die Medizin
Dr. Norbert Jachimowicz Leiter des ÖÄK-Referates für Substitutionsangelegenheiten
„ÖGK steht bei Opiat-Substitutionstherapie auf der Bremse“ Über 19.000 Menschen befanden sich 2020 in einer Opioiderhaltungstherapie. Einigen von ihnen könnte der Alltag durch ein 2018 von der EMA zugelassenes Medikament deutlich erleichtert und mehr Freiheit und weniger Stigmatisierung ermöglicht werden. Die Rede ist von Buvidal, das zur Behandlung der Abhängigkeit von Opioiden wie Heroin und Morphin verwendet wird. Statt der regelmäßigen Einnahme von Tabletten ist nur noch eine monatliche Depotspritze nötig. Das bringt eine große Zahl von Vorteilen für die Betroffenen mit sich: Der tägliche Gang in die Apotheke fällt weg. Berufstätige, die etwa in Schichtarbeit oder Berufen mit vermehrter Reisetätigkeit beschäftigt sind, würden von größerer Bewegungsfreiheit profitieren. Darüber hinaus gibt es ein großes Sicherheitsplus bei der Anwendung durch den Arzt oder die Ärztin und missbräuchliche Verwen-
dung und Handel sind ausgeschlossen. Auch der Kontakt zur Opiatszene, der sich durch den regelmäßigen Besuch der ausliefernden Apotheke zwangsläufig ergibt, fällt weg. Doch die Depotspritze wird weiterhin nicht von der Österreichischen Gesundheitskasse bezahlt – mit dem Hinweis auf die zu hohen Kosten. Wenn die Krankenkassen erst auf einen Antrag des Herstellers warten und den Therapienutzen prüfen möchten, wie es der Dachverbandschef in den Raum gestellt hat, dann negiert das zum einen die internationalen Erfahrungen und die entsprechend breite Anwendung, die schon jetzt stattfindet. Zum anderen geht dieses bürokratische Zuwarten zulasten von Menschen mit chronischen psychiatrischen Erkrankungen, die weiterhin Druck und Unannehmlichkeiten in ihrem Alltag ausgesetzt werden. Ab-
zulehnen ist auch, dass die Krankenkasse Ärztinnen und Ärzte anschreibt und sie auffordert, Depot-Buprenorphin aus Kosten- und Verhandlungsgründen nicht mehr neu zu verschreiben, obwohl die Patientinnen und Patienten auf das Mittel schon optimal eingestellt sind und es gut annehmen. Weiters konterkariert die Gesundheitskasse dadurch den Willen des Gesetzgebers, der sogar schon die Substitutionsverordnung dahingehend geändert hat, dass eine Drogenersatztherapie nicht mehr nur „oral" erfolgen muss, sondern eben auch die subkutan zu applizierende Depotzubereitung ermöglicht wird. Zudem gibt es für an Schizophrenie oder bipolarer Störung Erkrankte seit Längerem injizierbare Depotpräparate, die von der ÖGK anstandslos bewilligt werden. Warum dann nicht auch bei Patienten mit Substanzgebrauchsstörungen? <
Jänner 2022
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