Hausarzt 01/2022

Österreichische Post AG, MZ16Z040661M, 32. Jahrgang, RMA Gesundheit GmbH, Am Belvedere 10 / Top 5, 1100 Wien

Praxis-Magazin für Primärversorgung mit Sonderteil Pharmazie

WAS JUNGE WOLLEN

01/2022

DIE „ZUKUNFT DER ÄRZTESCHAFT“ IM WORD RAP XXX

WAS JUNGE WOLLEN

Die „Zukunft der Ärzteschaft“ im Word Rap

Praxiswissen: Erhöhte Leberwerte Wann ist eine weitreichende Abklärung notwendig?

Neujahrsvorsatz Abnehmen Kann Intervallfasten empfohlen werden?

© RegionalMedien Gesundheit

Hausärzt:in extra

Editorial Hoffnung und Sorgen 2022 Als ich dieses erste Editorial im neuen Jahr zu schreiben beginne, bricht Omikron gerade alle Rekorde bei den CoronaInfektionszahlen. Die Bundesregierung verschärft einzelne Vorsorgemaßnahmen. Gleichzeitig verspricht die neue Verordnung Erleichterungen für positiv Getestete in Isolation und Kontaktpersonen in Quarantäne, u. a. um Engpässe beim Personal im Gesundheitswesen und in anderen systemrelevanten Bereichen zu verhindern. Einige Experten verbreiten leicht optimistische Töne für 2022: Mit Omikron könnten wir in der milder verlaufenden – endemischen – Phase angekommen sein.

Denn die neue Sars-CoV-2-Variante breitet sich schnell aus, ist aber vermutlich weniger aggressiv als frühere Varianten.

dungs- und Arbeitsbedingungen negativ beeinflusst werden: Von den ursprünglichen Stationen auf Corona-Stationen abgezogen, kommen die Jungärztinnen und -ärzte in puncto Lehrinhalte zu kurz. Vieles muss selbständig erlernt werden, neben dem Fulltimejob. Bei der Praxisgründung bringt die Pandemie Zusatzbelastungen für die Teams, die Abläufe müssen ständig angepasst werden. Unter „Meine Wünsche für 2022“ führt eine junge Ärztin an: „Ein lang ersehntes Aufatmen in der CoronaPandemie – aller ,guten‘ Dinge sind fünf Wellen? Träumen wird man wohl noch dürfen!“ Ja, unbedingt. Eine spannende Lektüre!

Ihre

Impfpflicht vs. Nutzen-Risiko-Analyse Einerseits scheint es, als würde die Regierung nur mit halber Kraft gegen Omikron vorgehen und damit eine Durchseuchung der Bevölkerung in Kauf nehmen.Andererseits fragen sich immer mehr seriöse Kritiker, darunter auch Hausärztinnen und -ärzte, ob die ab Februar 2022 geplante allgemeine Impfpflicht unter diesen Bedingungen durchsetzbar und sinnvoll sei. Zumal die neue Virusvariante einer – durch Impfung oder frühere CoronaInfektion erworbenen – Immunität teils ausweichen kann. Dass es mehr asymptomatische oder mild verlaufende Infektionen gibt, liegt natürlich auch an den Impfungen. Menschen ohne Immunschutz können weiterhin schwer erkranken. Allerdings ist der Nutzen der Vakzine individuell sehr unterschiedlich. Es sei Mobbing, wenn angesehenen Vertretern der Allgemeinmedizin wie Prof. Andreas Sönnichsen keine Meinung in der Öffentlichkeit zugestanden und damit der wissenschaftliche Diskurs verunmöglicht werde, schreibt uns ein Leser: „Das Argument, Allgemeinmediziner seien nicht befähigt, eine Viruserkrankung zu diagnostizieren, ist lächerlich und geht viel zu weit.“

Mag.a Karin Martin Redaktionsleiterin RegionalMedien Gesundheit karin.martin@regionalmedien.at

Jungmediziner:innen am Limit Rigoros abzulehnen ist, dass Corona-Leugner vor Gesundheitseinrichtungen demonstrieren und das Personal bedrohen.

Diese Menschen in versorgungsrelevanten Berufen verdienen vielmehr unseren höchsten Respekt. Natürlich ersehnen sie sich mehr denn alle ein Ende der Pandemie.

Darüber, wie es Jungmedizinerinnen und -medizinern in Ausbildung oder im Job geht, hört und liest man nur wenig. In unserer Coverstory ab Seite 16 kommen sie umfassend zu Wort. Dabei zeigt sich im Zusammenhang mit Corona, wie sehr die Ausbil-

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Hausärzt:in Inhaltsverzeichnis

medizinisch

Hausärzt:innen sind bei Zwangsstörungen oft wichtige Ansprechpersonen

09 Diabetes und psychische Erkrankungen Koinzidenzen und Ursachen

12 Verhaltensstörungen bei Demenz Zielsymptome medikamentös behandeln, den Menschen verstehen und wertschätzen

22 Praxiswissen: Erhöhte Leberwerte Nicht jede zufällig entdeckte Leberwerterhöhung muss weitreichend abgeklärt werden

28 Essensverzicht auf Zeit Gesundheitsfördernde Effekte des Intervallfastens sind vielversprechend

32 Notwendigkeit der Tripeltherapie?

COPD: Fallbeispiele aus dem klinischen Alltag

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40 „Mangel erhöht die Anfälligkeit“ Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente sind wertvolle I­nstru­mente in der Erkältung­ssaison

42 Up to date bei Hauterkrankungen Ein Resümee vom APOkongress 2021

38 Der alte Mensch und Krebs

extra

Neurologische Störungen sowie Arzneimittelnebenwirkungen

44 Lizenz zum Lindern Beitrag der Pflege in der multidisziplinären Schmerztherapie – Pain Nurse als neue Weiterbildung

politisch 16 Was Jungmediziner:innen wollen Die „Zukunft der Ärzteschaft“ im Word Rap

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06 „Krankhafte Kontrollrituale“

pharmazeutisch

46 Leben mit paranoider Schizophrenie Ein Betroffenenbericht

47 Arzt Sicht Sache „ÖGK steht bei OpiatSubstitutionstherapie auf der Bremse“

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Hausärzt:in medizinisch

Haus Ärzt:in

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Veranstalter:

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Änderungen vorbehalten.

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Hausärzt:in medizinisch

„Krankhafte Kontrollrituale“

Hausärzt:innen sind bei Zwangsstörungen oft wichtige Ansprechpersonen und können eine State-of-the-Art-Behandlung initiieren PS

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Foto: © Bettina_Hortence

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Dr.in Elisabeth Wagner, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin in Wien und Lehrtherapeutin für Systemische Familientherapie, im Gespräch

Zwangsstörungen nehmen in der öffentlichen Aufmerksamkeit keinen großen Raum ein. Hausärztinnen und -ärzte stellen oft als Erste die (Verdachts-)Diagnose. Psychiaterin und Autorin Dr.in Elisabeth Wagner über Ursachen, Therapien und das Zusammenspiel von Zwangsstörungen, Ängsten und depressiver Symptomatik.

HAUSÄRZT:IN: Worum geht es eigentlich bei einer Zwangsstörung und können sich Betroffene den Kontrollhandlungen widersetzen?

Dr.in WAGNER: Das Wesen einer Zwangsstörung besteht darin, dass die Unsicherheiten des Lebens nicht ertragen werden. Man könnte sich anstecken, man könnte vergessen, die Türe zuzusperren oder die Herdplatte abzudrehen, man könnte jemanden überfahren. Die meisten Menschen können mit diesen allgegenwärtigen Risiken leben, indem sie z. B. versuchen, sie durch aufmerksames und vorsichtiges Verhalten gering zu halten.

Andere entwickeln Zwangssymptome.

Sie vollführen zeitaufwändige Kontrollrituale, bevor sie die Wohnung verlassen. Sie waschen sich stundenlang die Hände oder fahren wiederholt die

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Strecke ab, die sie gefahren sind, um zu kontrollieren, ob sie Schäden o­jder Verletzte hinterlassen haben. Wenn sie versuchen, sich diesen Kontrollhandlungen zu widersetzen, erleiden sie unerträgliche Ängste, während ihnen die Durchführung derselben zumindest kurzfristig Beruhigung schenkt.

Allerdings werden diese Kontrollhandlungen immer aufwändiger und beeinträchtigen in zunehmendem Maße das Leben.

Welche Formen von Zwangsstörungen kommen am häufigsten vor?

Wasch- und Kontrollzwänge. Während ein gesundes Kontrollverhalten zu ausreichender und nachhaltiger Beruhigung führt, kommt es bei Wasch- und Kontrollzwängen zu stereotypen und ritualisierten Handlungsabfolgen, die viel Zeit in Anspruch nehmen und damit selbst zur Belastung werden. Viele Betroffene wenden mehrere Stunden pro Tag für ihre Zwangshandlungen auf. Etwa 40 Prozent sind aufgrund ihrer Zwangssymptome nicht mehr arbeitsfähig.

Häufig entwickelt sich bei einer chronischen Zwangsstörung auch eine depressive Symptomatik.

Sind die Zusammenhänge zwischen Ängsten und Zwangshandlungen meist rational nachvollziehbar?

Meistens treten Zwangshandlungen als Folge von Zwangsgedanken auf, aber der Zusammenhang ist nicht immer rational nachvollziehbar. Wenn jemand von dem Gedanken geplagt wird, dass er durch Hautkontakt mit einem Krankheitserreger in Berührung gekommen ist, scheint Waschen eine sinnvolle Lösung. Wenn jemand hingegen unter dem Zwangsgedanken leidet, dass er sein Kind mit einem Messer verletzen könnte und dann ein „Gegenritual“ aus Zählen, Kopfrechnungen oder Gebeten entwickelt, gibt es diesen Zusammenhang nicht mehr.

Die meisten Zwangspatientinnen und -patienten sind sich der Irrationalität ihrer Symptome bewusst und leiden darunter. Häufig schämen sie sich dafür und versuchen, sie geheim zu halten.

Daher nehmen Zwangsstörungen in der öffentlichen Aufmerksamkeit keinen großen Raum ein. Sie sind aber mit einer Lebenszeitprävalenz von zwei bis drei Prozent und mit einer hohen Chronifizierungsrate durchaus ernstzunehmende psychische Störungen.

Ab wann spricht man von einer Zwangsstörung?

Für die Diagnose einer Zwangsstörung müssen mindestens zwei Wochen lang Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen auftreten, die als belastend erlebt werden und die normalen Aktivitäten des Lebens beeinträchtigen.

Wenn Zwangsgedanken nur im Rahmen depressiver Episoden auftreten, wird keine Zwangsstörung diagnostiziert. Je bizarrer die Zwangsgedanken sind und je mehr Elemente von magischem Denken darin enthalten sind („Worte mit K bringen Unglück, die darf ich nicht aussprechen …“), desto mehr muss auch an eine psychotische Grunderkrankung gedacht werden. In diesen Fällen ist eine psychiatrische Abklärung indiziert.

Hausärzt:in medizinisch Was weiß man über die Ursachen von Zwangsstörungen?

Bis in die 1990er-Jahre vermutete man, dass Zwangsstörungen auf unbewusste psychische Konflikte zurückzuführen seien. Das häufige Vorkommen von Zwangssymptomen bei neurologischen Erkrankungen, welche die Basalganglien betreffen, legt allerdings nahe, dass ebenso neurobiologische Prozesse daran beteiligt sind. Dafür spricht auch, dass Zwangsstörungen in allen Kulturen dieser Welt ungefähr gleich häufig auftreten, wenn auch mit unterschiedlichen kulturellen Färbungen.

Mithilfe bildgebender Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass mit Zwangsstörungen typische Aktivierungsmuster im Gehirn verbunden sind: Eine Vielzahl funktionell-bildgebender Studien weist auf eine Funktionsstörung frontostriataler Netzwerke hin. Durch ein Ungleichgewicht zwischen direkten und indirekten Rückkopplungsschleifen dürfte es zu einer Disinhibition thalamokortikaler Aktivität kommen.

Dadurch wird die Durchführung von beabsichtigten Handlungen erschwert und das Auftreten unwillkürlicher, automatisierter, stereotyper Verhaltensmuster gefördert. Für eine nicht unerhebliche genetische Komponente spricht der Befund, dass die Konkordanzrate bei monozygoten Zwillingen deutlich höher liegt als bei dizygoten Zwillingen (0,57 vs. 0,22).

Wie werden Zwangsstörungen behandelt?

Neurochemische Studien haben gezeigt, dass die Zwangsstörungen mit Veränderungen des Serotonin- und Dopaminsystems einhergehen. Pharmakologisch kommen daher vor allem SerotoninWiederaufnahmehemmer (SSRI) zum Einsatz. Circa zwei Drittel der Betroffenen sprechen auf die Behandlung mit SSRI an, allerdings oft erst nach mehreren Wochen und bei höheren Dosierungen. Die Medikation sollte zumindest ein bis zwei Jahre fortgeführt und dann nur ganz langsam ausgeschlichen werden, da es sonst zu einem Wiederauftreten der Symptome kommen kann.

Medikamente der ersten Wahl sind Sertralin, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin und Escitalopram. Da alle SSRI klinisch vergleichbar gut wirksam sind, sollte die Auswahl anhand des Neben- bzw.

Wechselwirkungsprofils erfolgen. Dies ist nicht zuletzt deshalb wichtig, weil für die Behandlung der Zwangsstörung oft die maximal zugelassene therapeutische Dosierung nötig ist. Die First-LineTherapie mit einem der genannten SSRI kann auch in der hausärztlichen Praxis durchgeführt werden. Wenn nach acht bis zehn Wochen nicht die gewünschte Wirkung eingetreten ist, sollte die Dosis gesteigert werden. Die weiteren Steigerungsschritte bis zur Maximaldosierung (Sertralin 200 mg, Fluoxetin und Paroxetin 80 mg, Fluvoxamin 300 mg und Escitalopram 40 mg) sollten eher in fachärztlicher Hand liegen.

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Reicht die medikamentöse Behandlung in der Regel aus?

Nein. Da durch die medikamentöse Therapie zumeist nur eine Abschwächung, aber kein völliges Verschwinden der Zwangssymptomatik erreicht wird, empfiehlt sich eine zusätzliche psychotherapeutische Behandlung. Am besten untersucht ist bei dieser Störung die Wirkung der kognitiven Verhaltenstherapie. Hier begibt sich der Patient unter Anleitung der Therapeutin in die Situation, die das Zwangsverhalten auslöst, und unterdrückt dann mit Hilfe der Therapeutin die Ausführung der Zwangshandlung (Exposition und

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Hausärzt:in medizinisch

Reaktionsverhinderung). Bei schweren Zwangsstörungen ist dies allerdings mit großen Ängsten verbunden und muss gut vorbereitet werden. Nicht alle Betroffenen tolerieren diese Form der Behandlung.

Was kann man in diesem Fall tun?

Oft muss ein schonenderes Vorgehen gewählt werden. So kann die Psychotherapie z. B. dabei unterstützen, durch Selbstberuhigungs- und Selbststeuerungsmaßnahmen Einfluss auf das Ausmaß der Zwangsgedanken und -handlungen zu gewinnen. Wichtig ist darüber hinaus, dass Aktivitäten gefördert werden, die durch die Zwangsstörung in den Hintergrund getreten sind. Ausbildung, altersadäquates Sozialverhalten, Hobbys und Interessen müssen wieder aufgegriffen werden, um der Fokussierung auf Zwangsgedanken und Zwangshandlungen entgegenzuwirken. Vielfach ist eine auf Zwangsstörungen spezialisierte stationäre Behandlung an einer psychotherapeutischen Abteilung nötig, um chronifizierte ausgedehnte Zwangshandlungen zu unterbrechen.

Welche Rolle spielen Hausärztinnen und -ärzte in der Behandlung der Zwangsstörung?

Die First-Line-Therapie mit einem SSRI habe ich schon erwähnt. Außerdem sind es häufig praktische Ärztinnen und Ärzte, die als Erste die (Verdachts-)Diagnose einer Zwangsstörung stellen – evtl. auch nach einem Gespräch mit Angehörigen. Ähnlich den Angsterkrankungen haben nämlich auch Zwangsstörungen die Tendenz, sich auszubreiten und die nahen Angehörigen zu vereinnahmen. Die Betroffenen belegen stundenlang das Badezimmer, weil sie ihre Wasch- und Reinigungszwänge vollziehen müssen, oder sie verlangen bestimmte Säuberungsrituale auch von ihren Angehörigen. Häufig besteht ein massives Vermeidungsverhalten: Um beispielsweise die beim Verlassen der Wohnung nötigen Kontrollzwänge nicht durchführen zu müssen, werden alle Aktivitäten außer Haus vermieden und an die Angehörigen delegiert.

Was ist Angehörigen in solchen Fällen zu raten?

Das Wichtigste in Kürze Die Zwangsstörung ist die vierthäufigste psychische Störung und führt meist zu massiven Belastungen sowohl der Betroffenen als auch der Angehörigen.

Zwangsstörungen sollten besser früher als später behandelt werden, da sie sonst chronifizieren und immer weitere Bereiche des Lebens umfassen.

Sowohl medikamentöse als auch psychotherapeutische Angebote bieten Hilfe. Oft ist eine Kombination beider Behandlungsmaßnahmen zu empfehlen.

Nahe Bezugspersonen sollten Betroffene zur Behandlung motivieren und sich nicht in die Zwangsrituale einbeziehen lassen.

Angehörige müssen dazu ermutigt werden, sich nicht der Logik der Zwangsstörung zu unterwerfen und sich nicht in die Zwangsrituale einbinden zu lassen, da dies zur Aufrechterhaltung der Störung beiträgt. Das ist allerdings bei Personen, die in einem Haushalt leben, sehr schwierig und erfordert meist professionelle Unterstützung durch Angehörigeneinrichtungen oder Selbsthilfegruppen. Angehörigen muss versichert werden, dass sie den Betroffenen nicht helfen, indem auch sie sich dem Zwang unterwerfen. Sie brauchen professionelle Hilfe, damit die Zwangsstörung das Familienleben nicht zu sehr belastet.

Gerade wenn Hausärztinnen und -ärzte für mehrere Familienmitglieder eine Vertrauensperson darstellen, ist ihr Rat in solchen Situationen wertvoll.

Und was kann man den Betroffenen selbst raten?

Neben der Ermutigung zur Behandlung ist die Förderung von Tätigkeiten, die Konzentration und Aufmerksamkeit jenseits der Zwangssymptome erfordern, hilfreich, um der Zwangsstörung entgegenzuwirken. Fragen Sie den Betroffenen, in welchen Situationen und bei welchen Tätigkeiten am seltesten Zwangssymptome auftreten. Beim Radfahren, Wandern oder Heimwerken, bei der Gartenarbeit oder bei Gesellschaftsspielen erleben die Betroffenen oft eine symptomfreie Zeit.

Menschen mit einer Zwangsstörung leiden unter ihren Symptomen, dennoch ist damit zu rechnen, dass sie sie bei Infragestellung durch andere verteidigen.

Der Versuch, sich gegen den Zwang zur Wehr zu setzen, erfordert viel Kraft und verdient Anerkennung. Diskussionen über Sinn und Notwendigkeit der Zwänge sollten hingegen vermieden werden. Wenn eine Zwangsstörung lange besteht und weite Bereiche des Privatlebens bestimmt, erfordert der „Weg hinaus“ viel Zeit und Geduld – und die Kooperation aller Beteiligten. Wenn es noch keine vertrauensvolle Beziehung zu einem Facharzt für Psychiatrie gibt, sind Hausärztinnen und -ärzte in Hinblick auf diese Störung oft wichtige Ansprechpersonen und können eine Stateof-the-Art-Behandlung initiieren.

Das Interview führte Mag.a Karin Martin.

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Hausärzt:in medizinisch

Diabetes und psychische Erkrankungen Koinzidenzen und Ursachen: Ein lohnender Blick hinter die Kulissen

Foto: © shutterstock.com/ Novikov Alex

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Menschen mit Diabetes mellitus leiden häufiger an einer psychischen Erkrankung als Menschen ohne Diabetes. Darüber hinaus finden sich bei Menschen mit psychischer Erkrankung häufiger Diabeteserkrankungen im Vergleich zu Menschen ohne psychische Erkrankung.

Bei Menschen mit Schizophrenie liegt das Diabetesrisiko dreifach höher als in der mental gesunden Population.

Gewichtsreduktion ein ganz wesentlicher Baustein. Wenn bestehende Risikofaktoren wie z. B. Hypertonie oder Hyperlipidämie die regelmäßige Einnahme von Medikamenten erfordern, gilt es, die Betroffenen von dieser Notwendigkeit zu überzeugen und damit eine hohe Therapieadhärenz zu erreichen. Nachfolgend nun die Beantwortung der vorhin gestellten Fragen:

Aus diesen Fakten ergeben sich zwei wichtige Fragen:

Perspektive 1

Perspektive 1: Ist es notwendig, bei Menschen mit Diabetes mellitus ein Screening auf psychische Erkrankungen durchzuführen, und wenn ja – zu welchem Zweck?

Foto: © Albert Abrahamian

Perspektive 2: Ist es notwendig, bei Menschen mit psychischen Erkrankungen ein Screening auf Diabetes mellitus durchzuführen, und wenn ja – warum ist das sinnvoll?

Gerade im niedergelassenen Bereich werden Ärztinnen und Ärzte bei der Behandlung von Diabetes mellitus mit vielerlei Problemen konfrontiert. Es geht nicht nur um die Senkung eines erhöhten Blutzuckers, sondern auch darum, Risikofaktoren für Spätfolgen zu erfassen und zu behandeln. Dabei ist auch die Aufklärung über einen gesunden Lebensstil wie ausgewogene Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität und

Psychische Erkrankungen bei Menschen mit Diabetes Bei Menschen mit Diabetes mellitus kommen Depressionen doppelt so häufig vor wie in der nicht diabetischen Population. Jeder fünfte an Diabetes Erkrankte leidet somit an einer depressiven Störung. Die Bedeutung der Koinzidenz von Diabetes und Depression ist umfassend. Menschen, die davon betroffen sind, fallen häufig durch mangelhafte Therapieadhärenz auf und Autorin: Dr.in Heidemarie Abrahamian FÄ f. Innere Medizin, Endokrinologie, Stoffwechselerkrankungen, Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin, Wiss. Leitung Privates Institut für Medizin & NLP, Wien

laufen Gefahr, vordergründig als „nicht compliant“ eingestuft zu werden. Daher ist es enorm wichtig, bei mangelhafter Therapieadhärenz hinter die Kulissen zu schauen sowie mit einfachen Fragen die Problematik einzugrenzen und zu konkretisieren (Zwei-Fragen-Test zum Screening auf Depression). Die Symptome der Depression erlauben je nach Schweregrad keinen normalen Alltag und die Umsetzung des erforderlichen Diabetesselbstmanagements bleibt zumeist auf der Strecke (siehe Tabelle, S. 10). Der betroffene Patient hat häufig keinerlei Ressourcen zur Verfügung, insbesondere wenn mehrere ungünstige Lebensereignisse gleichzeitig auftreten.

Für den Patienten heißt die Wahrheit nicht „Ich will nicht“, sondern „Ich kann nicht“. Daraus folgen eine schlechte Diabeteskontrolle, eine ungenügende Behandlung der Risikofaktoren und ein progredienter Verlauf von Spätschäden des Diabetes.

Daher ist das Screening auf Depression bei Personen mit Diabetes und reduzierter Therapieadhärenz oder anderen möglichen Manifestationen einer Depression zur Demaskierung notwendig.

Das Verstehen des Krankheitsbildes Depression ist wichtig, insbesondere die Tatsache, dass die Ausprägung der Symptome der psychischen Erkrankung den weiteren Verlauf der Stoffwechselerkrankung mitbestimmt. Dabei steht nicht selten ein einseitiges Engagement des Arztes im Vordergrund, eine Motivation des Patienten ist aufgrund der Depression häufig nicht möglich. Das bedeutet: einfache Therapiestrategien etablieren, um akzeptable und an die Situation adaptierte Behandlungsziele zu erreichen (z. B.: HbA1c-Wert < 8 %).

Perspektive 2

Diabetes bei Menschen mit psychischen Erkrankungen Aus wissenschaftlichen Studien ist bekannt, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen eine kürzere Le-

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Hausärzt:in medizinisch benserwartung haben und häufiger an X Abbildung: Psychische Erkrankungen als Ursache für Diabetes – eine Hypothese Erkrankungen des Stoffwechsels und Psychose – akute Episode des Herzkreislaufsystems leiden als Menschen ohne psychische ErkranAktivierung der HHN-Achse* kung. Das liegt einerseits an typischen sympathikoadrenale Aktivierung Vermehrung und Vergrößerung Merkmalen der psychischen Erkrankortikotropher Zellen kung selbst, andererseits an den klassischen Nebenwirkungen von bestimmten Antipsychotika. exzessiver Stress Um die psychische Erkrankung per exzessiver Stress klinische Zeichen: Tachykardie, Hypertonie, Schwitzen etc. se als Ursache zu verifizieren, wurde in mehreren Studien untersucht, Auswirkungen auf das Stoffwechselsystem – ob bereits bei Auftreten der ersten Insulinresistenz, erhöhter Blutzucker psychotischen Episode (also vor der Auswirkungen auf das Immunsystem Therapie mit Psychopharmaka) MarAuswirkungen auf das kardiovaskuläre System ker einer Glukosestoffwechselstörung *Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse wie oraler Glukosetoleranztest, Nüchternblutzucker und Insulinresistenz Nebenwirkungen der Psychopharmaauf den Stoffwechsel wie einer Zupositiv waren. In Metaanalysen beka, insbesondere der Antipsychotika, nahme der Insulinresistenz und einer stätigte sich die frühe Glukosestoffsind ohne Zweifel ebenso an der höheErhöhung des wechselstörung. ren Prävalenz von GlukosestoffwechB l u t z u c ke r s.

Die zugrunde„Die Bedeutung der selstörungen beteiligt: Die Prävalenz Darüber hinaus liegende HypoKoinzidenz von Diabetes und von Diabetes ist bei Menschen, die kommt es im these lautet: In Depression ist umfassend.

Antipsychotika einnehmen, zwei- bis Rahmen einer der psychotischen Menschen, die davon dreifach höher als in der allgemeinen psychotischen Episode führt betroffen sind, fallen häufig Bevölkerung. Darüber hinaus maniEpisode zu eidie stressbezodurch mangelhafte festieren Menschen mit Psychose und ner sympathikogene hormonelle Therapieadhärenz auf.“ Antipsychotika-Therapie Diabetes in adrenalen AktiDysregulation zu Dr.in Heidemarie Abrahamian einem jüngeren Lebensalter. vierung.

Die einer starken AkAntipsychotische Medikamente sind genannten Austivierung der Hypofür die Behandlung der Schizophrenie wirkungen von Stress erklären die thalamus-Hypophysen-Nebennierenund der bipolaren Störung zugelassen, Koinzidenz von neuroendokrinen und Achse mit einer Erhöhung der Anzahl jedoch ist der Off-Label-Einsatz bei metabolischen Dysfunktionen besonund Größe von kortikotrophen Zellen.

Krankheitsbildern wie psychischen Erders in akuten Phasen der Psychose Dies führt zum Stresshormonexzess krankungen mit Impulsdurchbrüchen, (siehe Abbildung). mit entsprechenden Auswirkungen Persönlichkeitsstörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen, TouX Tabelle: MISMATCH – Erkrankungen und Anforderungen rette-Syndrom und schweren Angststörungen hoch. Somit sind auch die Psychische Erkrankung Anforderungen bei Diabetes Nebenwirkungen entsprechend dem Gleichgültigkeit, Resignation Aktive Mitarbeit, Motivation Einsatz dieser Medikamentengruppe (Abstumpfung durch Med.) Tagesstruktur verbreitet. Besonders bei den Zweit Wenig Krankheitseinsicht generationsantipsychotika Olanzapin Blutzucker testen und korrigieren Fehlende Motivation und Clozapin sowie in etwas geringe Dosierung der Medikation rem Ausmaß bei Quetiapin und Rispe Fehlende Tagesstruktur Mahlzeitenplanung, gesunde Ernährung ridon zeigt sich ein erhöhtes Diabetes Gewichtskontrolle Keine Mahlzeitenplanung, ungesunde risiko. Nach verbreiteter Anwendung Bewegungsplanung Ernährung dieser Antipsychotika häuften sich vor Einschätzung (Hypos?)

NW Psychopharmaka: Erschöpfung, ca. 18 Jahren Berichte von erhöhter Übersicht (ermöglicht rasche Tagesmüdigkeit, Bewegungsmangel, Gewichtszunahme, vermehrtem AufEntscheidungen) Appetitsteigerung treten von Adipositas und Diabetes Zugang zu medizinischen Einrichtungen Krankheitsbezogene Charakteristika mellitus sowie Dyslipidämie. Heute, viele Jahre später, besteht der Kon Lebensumstände, sozioökonomischer Status sens, dass bestimmte Antipsychotika das Risiko eines Diabetes Typ 2 erhöQuelle: Munshi M et al; Diabetes Care 2006. hen, allerdings ist der genaue Mecha-

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Hausärzt:in medizinisch nismus nicht gänzlich geklärt. Bekannt ist mittlerweile, dass Antipsychotika nicht nur das Körpergewicht erhöhen (Appetitsteigerung, vermehrte Nahrungszufuhr, Tagesmüdigkeit mit reduzierter Bewegung), sondern auch die Insulinsensitivität sowie die sekretorische Kapazität der Betazelle reduzieren. Sie haben also einen direkten Effekt auf die Betazelle. Zuletzt sei noch die bei psychisch kranken Menschen häufig eingeschränkte Kritikfähigkeit genannt, welche die Akzeptanz von therapeutischen Maßnahmen beeinträchtigt. Aus oben genannten Gründen ist ein Screening auf Diabetes mellitus bei Menschen mit psychischer Erkrankung sinnvoll und notwendig. Vor Beginn und spätestens sechs Monate nach Beginn einer Therapie mit Antipsychotika sollte ein „metabolischer Check“ durchgeführt werden – mit Bestimmung von Gewicht, Glukose, HbA1c, OGTT und Serumlipiden.

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Sehr gut bewährt hat sich bei der Diabetestherapie in den genannten Patientinnen- und Patientengruppen der Einsatz von GLP-1 Analoga mit Fokus auf den adipösen und „schlecht eingestellten“ psychisch kranken Menschen. Die tägliche oder einmal wöchentliche Verabreichung einer subkutanen Injektion zeigt eine gute Wirkung und insbesondere die einmal wöchentliche Dosis erzielt eine hohe Therapieadhärenz. Ich habe in den letzten Monaten bei mehreren Patienten mit psychischer Erkrankung und schlechter Stoffwechselkontrolle erfolgreich das Therapieschema GLP-1 Analogon einmal wöchentlich in Kombination mit 2 g Metformin täglich eingesetzt. Von den oralen Antidiabetika sind neben Metformin solche ohne Hypoglykämiepotential wie DPP4-Hemmer und SGLT2-Hemmer vorzugsweise einzusetzen. Wir wissen, dass die psychosozialen Auswirkungen von schweren Hypoglykämien bei Menschen mit psychischer Erkrankung schwerwiegender sind als bei Menschen ohne psychische Erkrankung.

Einfache und verständliche Instruktionen in Bezug auf Ernährung und Bewegung werden von den Betroffenen in der Regel gut angenommen und großteils auch umgesetzt, bei mehr als der Hälfte kann eine nachhaltige Verbesserung des Lebensstils gelingen. Bei der Empfehlung regelmäßiger körperlicher Aktivität arbeiten wir vorzugsweise mit der wöchentlichen Bewegungszeit.

Der Patient bekommt eine Karte mit Vorgabe der individuell geplanten wöchentlichen Bewegungsdauer. Auf dieser ist zum Beispiel einzutragen: zehn Minuten am Heimfahrrad, zehn Minuten um den Häuserblock gehen etc. Die individuell vorgegebene wöchentliche Bewegungszeit von 100-150 Minuten wird häufig erreicht.

Bei der Empfehlung gesunder Ernährung arbeiten wir mit einfach verständlichen „Formeln“ wie Portionsgrößen und mit einem Schwerpunkt auf nährstoffreichen Lebensmitteln, ein weiterer plakativer Fokus liegt auf reduzierter Zucker- und Fettzufuhr.

1. Accu-Chek Instant System Evaluation. Roche Diabetes Care. 2020.

ACCU-CHEK, ACCU-CHEK INSTANT und MYSUGR sind Marken von Roche.

Alle weiteren Produktnamen und Marken2022 gehören den entsprechenden Jänner 11 Eigentümern. © 2021 Roche Diabetes Care | www.accu-chek.at | Roche Diabetes Care Austria GmbH | 1210 Wien | Engelhorngasse 3

Hausärzt:in medizinisch

Verhaltensstörungen bei Demenz

Zielsymptome medikamentös behandeln, den Menschen verstehen und wertschätzen*

Foto: © shutterstock.com/LightField Studios

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Bewusstsein für Biografie und Trigger Im Rahmen der Abklärung ist eine Fremdanamnese durch das Pflegeper-

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sonal und die Angehörigen, die vor Ort sind, laut Dr.in Fuchs-Nieder unabdingbar. Es gilt, die Zielsymptome zu identifizieren, und dafür müssen genügend Informationen über die Verhaltensauffälligkeiten eingeholt werden.

Das beinhaltet zu erfragen, wann, wie oft und wo das Symptom auftritt, und zu beobachten, ob auslösende Faktoren bestehen. So können strukturelle Bedingungen zur Überforderung der Menschen mit Demenz führen – etwa Hektik, Reizüberflutung sowie fehlende Regelmäßigkeit, Routine und Rituale.

Außerdem, betont Dr.in Fuchs-Nieder, „haben alle Patienten eine Biografie, die wir teilweise nicht kennen. Diese würde aber vieles erklären: Beispielsweise wirken sich der frühere berufliche TagNacht-Rhythmus, Traumata und diverse Lebensereignisse auf das Verhalten aus.

Jeder ist auch vor dem Hintergrund seiner Biografie im historischen Kontext zu sehen: wo die Person aufgewachsen ist, erlebte Kriege, Vertreibung, Gewaltund Missbrauchserfahrungen.“ So kann

es etwa sein, dass das Aussehen oder der Akzent einer Pflegeperson alte Erlebnisse „reaktiviert“ und als Trigger eines problematischen Verhaltens fungiert. Sich dieser Umstände bewusst zu sein, kann zu mehr Verständnis führen und dadurch weniger Belastung für die betreuenden Personen bedeuten. Und davon profitiert wiederum der Patient.

Darüber hinaus sollte man bei Verhaltensstörungen beachten, dass oft organische Störungen im Hintergrund bestehen. „Gegen Paranoia hilft häufig ein Hörapparat. Denn Hypakusis ist ein großes Problem, das zu den drei ‚D‘ in der Alterspsychiatrie beiträgt: Demenz, Depression, Delir. Auch auf das vierte ‚D‘ – die Delusion, also Wahnhaftigkeit Expertin zum Thema: Dr.in Brigitte Fuchs-Nieder FÄ für Psychiatrie, Neurologie und Psychotherapeutische Medizin mit Kassenpraxis in Graz, Konsiliarärztin in Pflegeheimen

Foto: © Karl Steinegger

Zumeist handelt es sich um Menschen mit Demenz, wenn von Patientinnen und Patienten mit herausforderndem Verhalten in der Alterspsychiatrie die Rede ist. „Verhaltensstörungen stellen einen viel größeren Prädiktor für die ‚Caregiver Burden‘ dar als kognitive oder funktionelle Einschränkungen des Patienten“, weiß Dr.in Brigitte Fuchs-Nieder, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie sowie Psychotherapeutische Medizin, die ihre Erfahrungen aus etwa dreißigjähriger Tätigkeit in der Alterspsychiatrie teilt. Die Demenz sei nie eine Erkrankung, die nur eine Person betreffe, sondern ebenso das Umfeld, die Pflegenden und Angehörigen. „Auch uns als ärztliche Behandler fordert der Umgang mit schwierigen Verhaltensweisen heraus. Wir müssen allen betroffenen Personen gerecht werden.“

Hausärzt:in medizinisch – kann das Hörvermögen Einfluss nehmen. Wir müssen uns im Klaren sein, dass alles Neue, auch grelles Licht oder laute Geräusche, negative Auswirkungen auf die Verhaltensstörungen haben kann“, erläutert die Psychiaterin.

Antidementiva als Basis Von der medikamentösen Therapie gegen Verhaltensstörungen bei Demenz (BPSD – Behavioural and Psychiatric Symptoms of Dementia) könne man nicht erwarten, dass sie den gesamten Menschen verändere. Jedoch sei es möglich, die Zielsymptome zu behandeln, macht Dr.in Fuchs-Nieder aufmerksam. Die MMSE (Mini Mental Status Examination) wird als Screening-Instrument für die Einstufung der Demenz, die Verlaufsbeurteilung sowie für die Verordnung von Antidementiva (siehe Tabelle) eingesetzt. „Diese sind Medikamente zur Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit und zur Verlangsamung der Erkrankungsprogredienz. Sie können bei frühzeitigem und kontinuierlichem Einsatz deutlich mehr Lebensqualität für die zu Betreuenden und die Betreuer bringen und sind in meinen Augen die Basis der Behandlung von Menschen mit Demenz“, führt Dr.in Fuchs-Nieder aus. Auch Verhaltensstörungen bei Demenz könnten mit Antidementiva deutlich verringert werden – oft sogar bei schwerer Demenz.

Psychopharmaka in der Alterspsychiatrie Bezüglich der Antipsychotika merkt die Expertin an, dass diese den menschlichen Kontakt manchmal erst möglich machen könnten. Sie sollten jedoch keine unreflektierte Dauermedikation sein und ein Ausschleichversuch unter Observanz der Entwicklung sollte immer wieder gewagt werden. Jede Verordnung setze ein sorgfältiges geriatrisches Assessment voraus und in der Alterspsychiatrie gelte das Grundprinzip „Start low, go slow.“ Dr.in Fuchs-Nieder betont zudem:

„Es ist wesentlich, dass jede Medikation regelmäßig darauf geprüft wird, ob sie noch passt. Mir erscheint es gerade im Pflegeheim besonders wichtig, bei neuen Symptomen an eine ungewollte Arzneimittelwirkung zu denken. Ein Absetzen ist hier oftmals erforderlich. Nämlich nicht nur von Psychopharmaka, sondern auch von anderen teilweise nicht mehr notwendigen Medikamenten – etwa einem Blutdruckmittel, einer Schmerzmedikation oder Opiaten, die zur Verwirrung beitragen können.“ Hinsichtlich der Medikamentengruppen, die bei BPSD zur Anwendung kommen, unterscheidet die Psychiaterin zwischen jenen, die im nicht akuten Fall einzusetzen sind, und denen für den akuten Fall. Zu ersteren gehören – neben den Antidementiva – Antidepressiva und Phasenprophylaktika, zu letzteren Atypika und Benzodiazepine.

Medikamentenwahl Zur medikamentösen Therapie von BPSD hat Dr.in FuchsNieder einen „Stufenplan“ erstellt, nach welchem sie aus ihrer Erfahrung gerne behandelt. Meist verordnet sie zuerst Antidepressiva, dann die Schlafmittel Zolpidem oder Eszopiclon.

Es folgen atypische Neuroleptika, schließlich Tranquilizer. Die letzte Stufe stellen Anxiolytika dar. Stehen zudem bestimmte Aspekte wie eine Schlafstörung im Vordergrund, ist es sinnvoll, die Medikamentenwahl anzupassen.

Depressionen Bei der MMSE sind viele „Ich weiß nicht“-Antworten auffällig, sie deuten laut Dr.in Fuchs-Nieder stark auf eine Depression

X Tabelle: Verordnung von Antidementiva Schweregrad

Wirkstoff(e)

Anmerkung

leichte Demenz

Ginkgo biloba

hochdosiert, z. B. Verordnung von 3 x 80 mg; auch bei Mischdemenz

leichte bis mittelschwere Demenz

AcetylcholinesteraseHemmer, z. B.: Donepezil, Galantamin, Rivastigmin**

** als transdermales Pflaster oder oral als Kapseln

Memantin

früherer Einsatz, wenn eine Bradykardie besteht oder AcetylcholinesteraseHemmer magenunverträglich sind

schwere Demenz

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Hausärzt:in medizinisch X Infobox: Nicht medikamentöse Formen der Therapie Validation psychosoziale Maßnahmen Foto: © shutterstock.com/LightField Studios

deeskalierende Strategien Zeit und Ruhe geschultes Personal Wissen um die Demenz und Verstehen der Verhaltensstörungen Hausverstand

hin. Eine Demenz kann gleichzeitig mit einer Depression auftreten, oder aber es kann sich um eine Pseudodemenz handeln.

Medikamentös lasse sich eine Depression „ganz klassisch mit Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRI) behandeln“, so die Psychiaterin. Zum Beispiel habe sich Citalopram bei Verhaltensänderungen im Rahmen von Demenz bewährt – auch Sertralin, das kardial meist gut verträglich sei. Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) würden bei Schmerzen und Depressionen eingesetzt. Außerdem eigne sich Bupropion bei starker Antriebslosigkeit und verursache weniger Hyponatriämien.

Aggressivität und Abwehr Physische Aggression stellt für Pflegepersonen und Angehörige ein besonders belastendes Verhalten dar. „Im Akutfall kann Risperidon verordnet werden. Die Darreichung als Lösung ist oft von Vorteil, da man die Dosis leichter anpassen bzw. reduzieren kann“, schildert Dr.in Fuchs-Nieder. Auf Zeichen eines extrapyramidalen Syndroms (EPS) muss geachtet werden, des Weiteren auf zunehmende Apathie. Ein Absetzversuch sollte nach Stabilisierung und vier Wochen später erfolgen.

In niedriger Dosierung wirkt Trazodon (retardiert) entängstigend sowie beruhigend und wird oft zur Behandlung von BPSD eingesetzt. „Auch Quetiapin kann häufig sehr niedrig dosiert Aggressionen mildern“, unterstreicht die Expertin.

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Schlafstörungen „Bei Schlafstörungen ist mir wichtig, zunächst alle pflanzlichen Präparate auszuschöpfen – auch Kombinationen mit Melatonin, die hier gut wirksam sind“, merkt Dr.in Fuchs-Nieder an.

Der Einsatz von Trazodon habe sich zudem oftmals bewährt, da es drei Funktionen erfüllt: Es reguliert den Schlaf, wirkt entängstigend und antidepressiv. Auch Mirtazapin wirkt nicht nur antidepressiv, sondern ebenso schlaffördernd und beruhigend, jedoch sei auf eine Hyponatriämie zu achten. „Erst danach empfehle ich die Neuroleptika und Benzodiazepine“, so die Psychiaterin. Als Schlafmittel eignen sich der Expertin zufolge Zolpidem mit geringem „Overhang“ oder Eszopiclon mit längerer HWZ sowie das Benzodiazepin Lorazepam, das gleichzeitig stark entängstigend wirkt.

Angst Bezüglich der medikamentösen Behandlung von Ängsten gibt Dr.in Fuchs-Nieder zu bedenken, dass alle SSRI und SNRI auch gegen sie wirkten. „Natürlich nicht sofort, aber als Basismedikation.“ Im Akutfall seien Lorazepam und Alprazolam – das weniger müde macht – geeignet. „Bei generalisierten Ängsten empfiehlt sich der Versuch mit Pregabalin.“

Angehörigenarbeit Für (pflegende) Angehörige und Pflegepersonal ist es wesentlich, dass sie Informationen über die Erkrankung

erhalten, um Verständnis dafür zu entwickeln. „Besonders überzeugt hat mich die Integrative Validation nach Nicole Richards. Sie hat die Methode von Naomi Feil weiterentwickelt und legt den Fokus auf die Wertschätzung aller Verhaltensweisen“, erzählt Dr.in Fuchs-Nieder. In ihrer Praxis versucht die Psychiaterin, den Angehörigen diesen Ansatz manchmal kurz zu erklären. Denn die teils massive Abwehrhaltung, die Angehörige in Hinblick auf das Verhalten der Menschen mit Demenz haben, kostet viel Kraft. „Hausärztinnen und Hausärzten versuche ich mitzugeben: Es ist wichtig, zu wissen, welche Angebote es für Angehörige von Menschen mit Demenz in der Umgebung gibt, und sie zu ermutigen, diese in Anspruch zu nehmen – beispielsweise Validationskurse, Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen“, unterstreicht die Expertin.

Wenn der Patient zuhause betreut wird, besteht zusätzlich die Möglichkeit ambulanter Hilfen, einer Tagesklinik etc. Die abschließende Botschaft von Dr.in Fuchs-Nieder: Auch die Entscheidung für ein Heim kann gut sein. „Der Einblick, den ich durch meine Tätigkeit als Konsiliarärztin in die Pflegeheime bekommen habe, ist sehr bereichernd. Meiner Wahrnehmung zufolge ist das Personal dort zum größten Teil sehr engagiert. Ein Pflegeheim kann einen sehr sinnvollen Schritt für alle Betroffenen darstellen. Auch Bewohner haben zu mir im Rahmen der MMSE gesagt, sie seien hier zufrieden und glücklich.“ Anna Schuster, BSc

* Die Expertin war als Vortragende beim 51. Kongress für Allgemeinmedizin der STAFAM (25.–27.11.2021) vorgesehen, der leider coronabedingt abgesagt wurde.

Hausärzt:in politisch

Was Jungmediziner:innen wollen Die „Zukunft der Ärzteschaft“ im Word Rap

Etwa die Hälfte der Kassenärztinnen und -ärzte Österreichs werden in den kommenden zehn Jahren ihren wohlverdienten Ruhestand antreten. Das Problem dabei: Der Nachwuchs fehlt. Anfang 2021 waren etwa 200 Kassenstellen zu besetzen. Zum Teil werden diese heute mehrfach erfolglos ausgeschrieben.

Knappheit besteht vor allem in der Allgemeinmedizin, in der Kinder- und Jugendheilkunde sowie in der Frauenheil-

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kunde. Der Ärztemangel mit all seinen Facetten und Hintergründen wird schon lange breit diskutiert. Vorwiegend kommen diesbezüglich allerdings die „alten Hasen“ zu Wort. Doch was haben die „Betroffenen“, also die Jungmedizinerinnen und -mediziner selbst zu sagen?

Die Med Uni Graz etwa hat im Jahr 2017 im Auftrag der Österreichischen Ärztekammer eine Erhebung der Berufsmotivation zur Allgemeinmedizin

von Studierenden und jungen Ärztinnen und Ärzten in Österreich und Deutschland durchgeführt. Lediglich 16 Prozent der 636 befragten Turnusärztinnen und -ärzte hatten vor, später ausschließlich in der Allgemeinmedizin tätig zu sein. Als wesentliche Faktoren, welche den Hausarztberuf unattraktiv machen, wurden genannt: • mit einer Kassenarztstelle zu wenig Zeit für die Patienten,

Hausärzt:in politisch

Anna Schuster, BSc und Mag.a Ines Riegler, BA Referenzen: Österreichische Ärztekammer, 2021.

Med Uni Graz.

Foto: © Martin Wiesner

Foto: © shutterstock.com/ Asier Romero

„Neujahrswunsch: Facharzt für Allgemein- und Familienmedizin“ Dr. Richard Brodnig, BSc Seit 2021 in Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin, Klinik Landstraße, Wien, sowie Turnusärztevertreter, seit 2020 Obmann der Jungen Allgemeinmedizin Österreich, jamoe.at

Einzelpraxis/Einzelkämpfer: Ich freue mich auf meine Tätigkeit in einer Einzelpraxis. Die Arbeit als Hausarzt in einer Einzelordination bietet mir die Möglichkeit, als Chef meinen Arbeitsalltag eigenverantwortlich zu gestalten. Ich kann die Prozesse so definieren, wie ich sie in Abstimmung mit meinen Angestellten für sinnvoll erachte. Weiters kann man den Ordinationsalltag und die Abläufe so legen, dass sie mit dem Privatleben gut harmonieren. Diese unternehmerische

Meine Wünsche für 2022: Ich würde mir einen Facharzttitel für Allgemein- und Familienmedizin wünschen.

Selbstständigkeit wünsche ich mir für meine Zukunft.

Corona-Pandemie: Die Corona-Pandemie ist für alle eine riesige Herausforderung. Bei Ärztinnen und Ärzten in Ausbildung hat die Pandemie sowohl die Arbeits- als auch die Ausbildungsbedingungen negativ beeinflusst. Wir wurden auf Corona-Stationen abgezogen und konnten die Ausbildungsinhalte auf unseren ursprünglichen Stationen nicht wie geplant erfahren.

In Kinderabteilungen waren zeitweise viel weniger Kinder, wodurch der Lerneffekt natürlich geringer war. Fortbildungsveranstaltungen mussten abgesagt werden. Es gibt vieles, was wir jetzt selbstständig nachholen müssen, und das neben einem Fulltimejob.

Erwartungen an den Beruf Hausarzt: Als Hausarzt möchte ich Wegbegleiter meiner Patientinnen und Patienten sein und ihnen in allen medizinischen Fragestellungen zur Seite stehen.

Wo stehe ich in zehn Jahren? In der Steiermark als Landarzt, wo ich die Gesundheit meiner Patienten sicherstelle.

Foto: © Romana Wernhart, privat

• zu viele Vorgaben von der Krankenkasse, • im Vergleich zu Fachärzten zu wenige Leistungen abrechenbar, • zu niedriges Einkommen im Vergleich zu Fachärzten.

Auch nach der Einschätzung des Ansehens von Hausärzten wurde gefragt.

85 Prozent der Turnusärzte gaben an, dass Hausärzte bei Patienten ein hohes Ansehen genießen würden. Hingegen waren nur acht bis neun Prozent der Überzeugung, dass dies bei politischen Entscheidungsträgern und Kollegen anderer Fachrichtungen ebenso der Fall sei.

Die genannten Schwachstellen im System gilt es nach wie vor zu beheben, um den Beruf von Vertragsärzten für die nachfolgende Generation zu attraktiveren. So hat die HAUSÄRZT:IN Jungärztinnen und -ärzte dazu eingeladen, in Form eines „Word Raps“ Stellung zu beziehen. Sie konnten aus verschiedenen Stichwörtern wählen und ausdrücken, was ihnen in Bezug auf die Zukunft ihrer Profession am Herzen liegt.

„Ärztenotstand und Pflegenotstand gehen Hand in Hand” Dr.in Romana Wernhart Ärztin für Allgemeinmedizin, seit Ende 2021 im niedergelassenen Bereich tätig, ab 2022 eine von drei Gesellschafterinnen im PVZ Schwarzatal in Gloggnitz, pvz-schwarzatal.at

Einzelpraxis/Einzelkämpferin: Für viele Jungärztinnen und -ärzte ist dieses Konzept in der heutigen Zeit aus vielerlei Gründen nicht mehr erstrebenswert.

Ein Modell der Gruppenpraxis, Job sharing-Praxis etc. ist aber mit Sicherheit eine attraktive Variante. Ärztenotstand: Nicht wegzudiskutieren.

Er wird nur durch Maßnahmen zu lösen sein, die gleichzeitig auch den Pflegenotstand berücksichtigen.

Erwartungen an den Beruf als Kassenärztin: Abwechslungsreicher und sehr umfangreicher Tätigkeitsbereich, gute

X Tabelle: Österreichs Mediziner:innen in Zahlen Ärzteschaft in Österreich insgesamt (Kopf-Anzahl), Stand: 20201 Vollzeitäquivalente, Stand: 20201

47.674 40.354

Gesamtanzahl der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, Stand: 20202

21.372

Anzahl der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte von 55 bis einschließlich 59 Jahre2

4.124

Anzahl der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte von 35 bis einschließlich 39 Jahre2

1.518

Anzahl der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte von 30 bis einschließlich 34 Jahre2

434

Anzahl der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ab einem Alter von 70 Jahren2

1.189

Anzahl aller Ärztinnen und Ärzte, die in den nächsten zehn Jahren das Pensionsalter von 65 Jahren überschreiten werden1

15.362

Jährlicher Nachbesetzungsbedarf zur Aufrechterhaltung des Status quo der Kopfzahl allein aufgrund der Pensionierungen1 Unbesetzte Kassenstellen (Stand: Ende Q1/2021)1

1.536 AM: 121,5 FÄ: 79

1 ÖÄK, 2021.

2 Statista 2022.

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Foto: © shutterstock.com/ Rembolle

Hausärzt:in politisch

Vereinbarkeit von Beruf und Familie, finanzielle Sicherheit.

Corona-Pandemie: Die größte gesellschaftliche, medizinische und ökonomische Herausforderung dieses Jahrhunderts. Sie ist nur GEMEINSAM bewältigbar.

Erwartungen an die Politik: Alles zu unternehmen, um eine weitere Zunahme der Spaltung der Gesellschaft zu verhindern.

Foto: © Salvida/BMMR GmbH

„Wirtschaftliche Kenntnisse in Ausbildung implementieren“ Dr. Dominik Bammer, MA Ärztlich tätig seit 2015, Gesellschafter einer Gruppenpraxis für Allgemeinmedizin in Kirchham seit 2019, Geschäftsführer Salvida GmbH, salvida.at

Work-Life-Balance: Wichtig! Man betreut und versorgt täglich enorm viele Patientinnen und Patienten. Das fordert einen und man kann diese Mammutaufgabe nur stemmen, wenn man selbst gesund und ausgeglichen ist. Ausgleich finde ich am besten im Sport und in meiner Familie. Auch gibt es ein Leben außerhalb des Berufes. Die Kinderbetreuung und die Berufstätigkeit beider Elternteile sind Themen, bei denen sich die Zeit zum Glück weiterdreht – und so sollte auch ein Arzt seine Rolle als Vater mit dem Beruf vereinbaren können.

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Einzelpraxis/Einzelkämpfer: Ich sehe es als meine Verpflichtung an, meine Patienten vollumfänglich zu betreuen. Das beinhaltet: Öffnungszeiten an Lebensrealitäten anpassen und für die Menschen da sein. Unfälle oder medizinische Fragen treten nicht immer nur am Vormittag auf. Diese Versorgungsqualität kann ich nicht allein ermöglichen, zumindest nicht auf Dauer. Daher finde ich die Option einer Gruppenpraxis grandios, sowohl für Patienten als auch für uns Ärztinnen und Ärzte, vorausgesetzt, wir behalten die Entscheidungshoheit und unsere Freiberuflichkeit.

Erwartungen an den Beruf Hausarzt: Wir bieten vielen jungen Menschen im Rahmen der Famulatur, des Lehrpraktikums, sowie KPJ-Studierenden die Möglichkeit, einen tiefen Einblick in unseren Alltag zu bekommen, und erhalten immer dieselbe Rückmeldung: „Wir haben nicht gewusst, wie großartig dieser Beruf ist – medizinisch, menschlich und auch monetär.“ Leider ist unsere Außendarstellung noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen, es ist uns noch nicht gelungen, die Vorzüge entsprechend zu präsentieren und somit viele Jungmedizinerinnen und -mediziner dafür zu begeistern. Denn nur eine gute Primärversorgung kann unser Gesundheitssystem langfristig in dieser Qualität am Leben erhalten. Wichtig dabei ist, dass diese Leistung auch angemessen honoriert wird. Einerseits monetär, andererseits in Form der Wertschätzung seitens der Kollegenschaft und allen Beteiligten im Gesundheitssystem.

Ärztenotstand: Hausgemacht. Wir kennen die Ursachen nicht erst seit dem letzten Rechnungshofbericht. Leider ist es bisher nicht möglich, dass alle Stakeholder an einem Strang ziehen.

Erwartungen an die Politik: Ich würde die Politikerinnen und Politiker sowie die Entscheidungsträger aller Stakeholder unseres Gesundheitssystems (Versicherungen, Krankenhausträgerorganisationen, Ärztekammern, Universitäten) sehr herzlich einladen, mich einen Tag lang in meinem Alltag zu begleiten, um zu sehen, was wir jeden Tag leisten. Dann würde uns die notwendige Wertschätzung entgegengebracht werden, davon bin ich überzeugt.

Dringenden Handlungsbedarf sehe ich bei ... der Ausbildung von uns Ärztinnen und Ärzten. Nur wer gut ausgebildet wurde, fühlt sich sicher und kann die Versorgung übernehmen. Hierbei darf nicht gespart werden, und vor allem kann niemand Krankenhäuser besser entlasten als gut ausgebildete Allgemeinmediziner.

Ein besonderes Anliegen ist mir außerdem, dass wirtschaftliche Kenntnisse in der Ärzteausbildungsordnung implementiert werden. Denn im niedergelassenen Bereich führt man ein Unternehmen, hat dafür aber keine Ausbildung. Das sollte dringend geändert werden. Auch hier habe ich den Krankenkassen und der Ärztekammer bereits ein Konzept vorgelegt.

Hausärzt:in politisch Erwartungen an den Beruf als Kassenarzt: Eine langfristig hohe berufliche Sicherheit. Ein sehr großes Patientenaufkommen. Eine flächendeckende medizinische Versorgung der Bevölkerung.

Wo stehe ich in zehn Jahren? Ich bin im privaten und beruflichen Leben erfüllt und glücklich und führe erfolgreich eine HNO-Facharztpraxis mit vielen zufriedenen Patientinnen und Patienten. Ich bleibe stets motiviert, um ihnen ein umfassendes medizinisches Leistungsspektrum anbieten zu können.

Wo stehe ich in zehn Jahren? In meinem neuen ganzheitlichen Gesundheitszentrum Salvida, das ich zurzeit errichte und das meine Vision von Gesundheitsversorgung der Zukunft bereits jetzt umsetzt.

Meine Wünsche für 2022: Das Leistungsangebot der Praxis stets erweitern.

Auf dem neuesten fachlichen und technischen Stand bleiben (Fortbildungen, Kongresse etc.). Eine gute Zusammenarbeit mit meinen niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen sowie mit den Krankenhäusern.

„Praxisgründung schwierig in der Pandemie”

„Ärztekammer muss jünger, weiblicher, transparenter werden“

Dr. David-Alexandru Prejban Seit 2021 als Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde im niedergelassenen Bereich in Jenbach/ Tirol tätig, hnoheilkunde.at

Einzelpraxis/Einzelkämpfer: Vorteile der Einzelpraxis sind für mich die große Flexibilität und die maximale individuelle Entscheidungsfreiheit im medizinischen, organisatorischen und wirtschaftlichen Bereich. Man kann die Work-Life-Balance selbst bestimmen und muss sich nicht mit anderen Kollegen absprechen.

Corona-Pandemie: Es ist eine große Herausforderung eine Praxis in der Pandemie zu gründen. Die Abläufe in der Praxis – z. B. Terminplanung, Infektionsschutzmaßnahmen – müssen stets neu angepasst werden. Die Pandemie stellt eine Zusatzbelastung für Patientinnen und Patienten sowie Praxismitarbeiterinnen und -mitarbeiter dar. Ärztekammer und Krankenkassen bieten jedoch stets gute Unterstützung und Beratung.

Foto: © Johanna Schlosser

Foto: © D.-A. Prejban, privat

Meine Wünsche für 2022: Ich habe neben dem Medizin- auch ein Wirtschaftsstudium abgeschlossen. Dieses erweiterte meinen Horizont enorm und seither versuche ich, alle Fragen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Das ist wichtig, um Argumente, Fragen, Anliegen und Positionen von Menschen im beruflichen, aber auch im privaten Alltag zu verstehen. Ich glaube, das wäre nicht nur in der CoronaFrage ein guter Begleiter, um eine Spaltung zu vermeiden und Akzeptanz zu schaffen. Denn genau diese Spaltung ist meine größte Sorge, was die Zukunft betrifft.

Dr.in Marlene Sachs Ärztin in Ausbildung zur Allgemeinmedizinerin seit 2019 in der Klinik Donaustadt, Turnusärzt:innenVertreterin seit 2020

Ärztekammerwahl 2022: Da ich mich schon länger als Turnusärzt:innenVertreterin für die Ausbildungsärztinnen und -ärzte einsetze, weiß ich, dass viele Probleme des Arbeitsalltags nur über die Standespolitik gelöst werden können. Deswegen engagiere ich mich bei einer Fraktion und strebe ein Mandat in der Sektion Turnusärzt:innen an. Die Ärztekammer muss jünger, weiblicher und transparenter werden!

Corona-Pandemie: Wir befinden uns seit fast zwei Jahren in diesem zermürbenden Ausnahmezustand. Die Situation ist ohne Frage für alle Menschen unheimlich belastend und vor allem für jene, die im Gesundheitsbereich arbeiten. Gerade die Turnusärztinnen und -ärzte trifft es aber manchmal besonders hart, wenn bei jeder Rotation wieder eine neue COVID-Station auf-

gemacht und man ein Jahr lang nahezu durchwegs Erfahrungen mit einem Krankheitsbild gesammelt hat – und in der Zeit eigentlich alles über Gynäkologie, Urologie und Dermatologie hätte lernen sollen. Dieses Wissen fehlt einem dann im späteren Berufsleben.

Hier fände ich es spannend zu erfahren, was die Ausbildungsärztinnen und -ärzte von einer freiwilligen Verlängerung der Ausbildung halten, um verpasste Lehrinhalte nachzuholen.

Dringenden Handlungsbedarf sehe ich bei ... der Ausbildung für Allgemeinmedizin. Es braucht konkrete Ausbildungskonzepte, mehrere Ausbildungsbeauftragte, die sich auch wirklich zuständig fühlen, adäquate Einschulungen und fixe Ambulanzzeiten unter Supervision.

Erwartungen an die Politik: Ich erwarte mir, dass der Ernst der Klimakrise endlich von unseren Politikerinnen und Politikern erkannt und beherzigt wird!

Auf das Gesundheitssystem bezogen, erwarte ich mir eine bessere Bezahlung von Pflegekräften, welche essenziell für die Versorgung der Patientinnen und Patienten sind.

Wo stehe ich in zehn Jahren? Da es mir wichtig ist, mir immer neue Herausforderungen zu suchen, und meine Interessen sehr breit gefächert sind, könnte dies sehr unterschiedlich aussehen. Womöglich habe ich eine Gruppenordi mit zwei guten Freundinnen und arbeite nebenher als Psychotherapeutin. Vielleicht bin ich in einer Notfallambulanz angestellt und fahre als Notärztin mit dem NEF. Vielleicht bin ich gänzlich in der Politik angekommen oder vielleicht stehe ich ganz woanders.

Meine Wünsche für 2022: Frischer Wind in der Ärztekammer. Noch so viel Wissen wie möglich in meinen letzten Monaten als Turnusärztin aufzusaugen. Ein lang ersehntes Aufatmen in der Corona-Pandemie – aller „guten“ Dinge sind fünf Wellen?

Träumen wird man ja wohl noch dürfen!

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Hausärzt:in medizinisch

COVID-19 ist noch lange nicht vorbei, aber…

auf mein Fachmagazin kann ich mich verlassen.

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Die medizinisch-pharmazeutischen Fachverlage liefern Ihnen auch in schweren Zeiten wesentliche Informationen und Fortbildungen: verlässlich, pünktlich, ohne Ausfälle!

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Hausärzt:in politisch

Dr. Florian Mölzer, MBA Seit zwei Jahren Allgemeinmediziner und Notarzt in der zentralen Notaufnahme der Klinik Ottakring, Veranstalter der Praxisgründungstage, praxisgruendungstage.at

Wo stehe ich in zehn Jahren? Zusammen mit meinem Team in „meiner eigenen“ PVE oder in einem Gesundheitsnetzwerk.

Meine Wünsche für 2022: Zeit mit der Familie verbringen und Patienten, die es wertschätzen, dass wir für sie da sind.

„Mehr Geld fürs Gespräch“

Erwartungen an den Beruf Hausarzt: Mehr Lebensqualität durch freie Wochenenden und keine Nachtdienste.

Sein eigener Chef sein. Eine bessere Arzt-Patienten-Beziehung durch eine kontinuierliche medizinische Betreuung. Ärztenotstand: Anstatt immer mehr neue Studienplätze zu schaffen, sollten die Rahmenbedingungen für Ärzte in Österreich optimiert werden: Bessere Ausbildungsbedingungen und attraktive Angebote für den Abschluss eines Kassenvertrags sind notwendig, um auch in Zukunft eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung sicherzustellen.

Dringenden Handlungsbedarf sehe ich bei … dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Beispielsweise ist die Basissonographie schnell zu erlernen und bietet einen deutlichen Mehrwert für Patientinnen und Patienten. Gerade der Ultraschall als äußerst effizientes und kostengünstiges diagnostisches Tool sollte daher als Kassenleistung angeboten werden können. ... dem Image der Allgemeinmedizin unter der Ärzteschaft. Ein erster Schritt wäre die Einführung eines „Facharztes für Allgemeinmedizin“.

Dringenden Handlungsbedarf sehe ich bei ... den Tarifen der allgemeinmedizinischen und der kinderärztlichen Versorgung/Primärversorgung. Gute Versorgung darf nicht von der Größe des Geldbeutels abhängen. Auf dieser Ebene können viel unnötiges Patientenleid sowie hohe Kosten für die Gesellschaft verhindert werden.

Dr. Rainer Bernd Wolschner, MBA Allgemeinmediziner seit 2018, Wohnsitzarzt, Ärztefunkdienst Wien seit 2019, in Facharztausbildung für Kinder- und Jugendheilkunde im UK St. Pölten seit 2020

Ärztekammerwahl 2022: Mehr Flexibilität für individuelle Niederlassungsmodelle.

Einzelpraxis/Einzelkämpfer: Eines von vielen Modellen, hat auch weiterhin seine Berechtigung. Ärztenotstand: Von Verantwortlichen selbstverschuldet, durch schlechte Ausbildungsqualität und mangelnde finanzielle Anerkennung der Basisversorgung.

Erwartungen an den Beruf Hausarzt: Eine selbstständige Gestaltung des Arbeitsumfeldes, Teamwork, seine Patientinnen und Patienten kennen sowie mit ihnen einen Teil des Weges gehen.

Corona-Pandemie: Zeigt uns bestehende Lücken und Schwächen auf, etwa in Bezug auf die mangelnde Impfquote. Diese Hürden gibt es schon lange, beispielsweise bei den Kindern und der Masernimpfung, oder was das wachsende Misstrauen gegen die Medizin betrifft.

„Nicht ohne Team“ Foto: © Sebastian Huter, privat

Einzelpraxis/Einzelkämpfer: Sowohl am Land als auch in der Stadt wagen immer weniger engagierte Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner den Schritt in die Niederlassung. Vor allem in der Einzelpraxis fehlen den Jungärztinnen und -ärzten der Austausch mit Kollegen sowie die Arbeit in einem multiprofessionellen Team. Den Vorstoß, hier in Zukunft vermehrt auf Primärversorgungseinheiten zu setzen, sehe ich als wichtigen und sinnvollen Schritt, von dem sowohl Patienten als auch Ärzte profitieren können.

Foto: © BHS Wien

Foto: © DURL

Work-Life-Balance: Als junger Familienvater ist mir eine Work-Life-Balance besonders wichtig. Ich möchte als Arzt eine hervorragende Patientenversorgung garantieren können sowie gleichzeitig bewusst und so viel wie möglich Zeit mit meiner Familie verbringen.

Dr. Sebastian Huter, MPH Arzt für Allgemeinmedizin, seit 2021 niedergelassen als Hausarzt in der Primärversorgungseinheit Sonnwendviertel. pve-sonnwendviertel.at

Erwartungen an den Beruf Hausarzt: Ich erwarte mir, dass wir unsere Rolle als erste Anlaufstelle weiter ausbauen, professioneller werden und kontinuierliche Betreuung anbieten. So bleibt der Beruf immer abwechslungsreich und erfüllend.

Einzelpraxis/Einzelkämpfer: Ohne Team würde ich heute nicht mehr arbeiten wollen. Ärztenotstand: Wir müssen den Fokus stärker daraufsetzen, das öffentliche Gesundheitssystem attraktiver und effizienter zu gestalten. Mehr Ausbildungsplätze alleine werden das Problem nicht lösen.

Wohlfahrtsfonds: Hohe Kosten – und viele Zweifel, davon je etwas zurückzubekommen.

Erwartungen an die Politik: Eine bedarfsorientierte und gesamtsystemische Gesundheitsplanung.

Erwartungen an die Politik: Mehr Geld fürs Gespräch mit dem Patienten, das ist es was wirkt. Außerdem: kostendeckende Pauschalen statt zig kleiner Einzelleistungen.

Dringenden Handlungsbedarf sehe ich bei ... der Steuerung der Patientinnenund Patientenwege im Gesundheitswesen. Es braucht eine gut abgestufte Versorgung und klare Koordination.

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„Sein eigener Chef sein“

Hausärzt:in DFP

DFP-Punktesammler L I T E R AT U R

Praxiswissen: Erhöhte Leberwerte

Foto: © shutterstock.com/ Marko Aliaksandr

Nicht jede zufällig entdeckte Leberwerterhöhung muss umgehend weitreichend abgeklärt werden

Erhöhte Leberwerte kommen häufig als Zufallsbefund bei einer allgemeinen Blutuntersuchung zutage. Für die Interpretation erhöhter Laborwerte ist eine exakte Anamnese und körperliche Untersuchung unabdingbar, um eine effektive und kosteneffiziente Abklärung durchzuführen. Umfassende Untersuchungen sind somit nicht bei jedem Betroffenen nötig. Neben auffälligen Laborwerten liegen bei Patientinnen und Patienten mit Lebererkrankungen oft nur unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Abgeschla-

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genheit, Fieber sowie Gelenk- und Muskelschmerzen vor.

Die wichtigsten Parameter Unterschiedliche Studien fanden in den Vereinigten Staaten erhöhte Alanin-Aminotransferase (ALT; früher: GPT) und γ-Glutamyltransferase (γ-GT) bei 9–14 % in der Bevölkerung.

In deutschen hausärztlichen Praxen wurde eine Rate an ALT-Erhöhung von circa 16 % gemessen. Der Begriff „Leberfunktionsparameter“ (LFP) ist

ungenau und irreführend, da nicht direkt die Leberfunktion gemessen wird: Die üblicherweise verwendeten Laborparameter können auch bei Personen mit gesunder Leber erhöht sein. Ein evidenzbasierter Algorithmus zur Abklärung erhöhter LFP existiert bisher nicht.

Wichtige Parameter für die Basis-Blutuntersuchung sind neben der ALT und γ-GT auch die Aspartat-Aminotransferase (AST; früher: GOT) und die alkalische Phosphatase (AP). Grob unterscheidet man dann zwischen einem

Hausärzt:in DFP

Metabolische Ursachen Medikamente Virushepatitis (Herpes-Gruppe, Hepatitis A-E) Alkohol Gallengangsobstruktionen und -pathologien Hämochromatose Alpha-1-Antitrypsin-Defizienz Autoimmune Lebererkrankungen (Autoimmunhepatitis [AIH], primär biliäre Cholangitis [PBC], primär sklerosierende Cholangitis [PSC]) Schilddrüsenerkrankungen Morbus Wilson Maligne Infiltration Herzinsuffizienz/Rechtsherzbelastung Herzinfarkt Muskelerkrankungen Zöliakie Adrenale Insuffizienz

hepatitischen (ALT/AST > γ-GT/AP) und einem cholestatischen (γ-GT/AP > ALT/AST) Bild. Das Serum-Bilirubin kann bei beiden Schädigungsmustern erhöht sein und ist daher nicht hilfreich für die Differenzierung. Die isolierte indirekte Hyperbilirubinämie (Morbus Meulengracht) ist mit einer Prävalenz von circa 8 % weit verbreitet und völlig harmlos. Andere wesentliche Parameter, welche Hinweise auf die Leberfunktion darstellen können,

sind Albumin, Gerinnungsparameter und Cholinesterase.

Weitere Basisuntersuchungen Neben den Bluttests gehört auch ein Ultraschall des Abdomens zur Basisuntersuchung. Die Inzidenz von klassischen Lebererkrankungen (von viralen Hepatitiden, Autoimmunhepatitiden, Hämochromatose etc.) ist in der Allgemeinbevölkerung sehr niedrig, trotzdem sollte jeder Patient mit erhöhten Leberwerten zumindest einmal auf virale Hepatitiden getestet werden. Nicht nur ergibt sich daraus oft eine Therapieindikation für die positiv Getesteten, sondern auch das Transmissionsrisiko kann durch Testung/Immunisierung der Angehörigen reduziert werden. Laut dem RobertKoch-Institut wissen bis zu 90 % der Infizierten nichts von ihrer Erkrankung.

Differenzialdiagnosen Die Differenzialdiagnosen bei erhöhten LFP sind mannigfaltig (siehe Infobox 1), sodass eine Vielzahl von hepatischen und extrahepatischen Erkrankungen sowie Noxen bedacht werden muss. Seltenere Ursachen – wie Budd-Chiari-Syndrom, sinusoidales Obstruktionssyndrom, HELLP-Syndrom bei Schwangerschaft, ischämische Hepatitis, Intoxikationen (Paracetamol, Pilze etc.) – führen häufig zu einem fulminanten Leberversagen und gehen selten mit mild bzw. nur moderat erhöhten Leberwerten einher.

Autor: FA Dr. Michael Weitersberger Gastroenterologie & Hepatologie, Endokrinologie und Stoffwechsel, Ernährungsmedizin, Ordensklinikum Linz GmbH Barmherzige Schwestern

Foto: © Ordensklinikum Linz

X Infobox 1: Ausgewählte Differenzialdiagnosen bei moderat erhöhten Leberwerten

Vorgehen bei asymptomatischen Patienten Wird nun bei einem asymptomatischen Patienten eine milde bis moderate Leberwerterhöhung ohne anamnestisch klare Ursache gefunden, besteht kein Hinweis auf das Vorliegen einer höhergradigen Leberzellschädigung oder Leberinsuffizienz und ist der Ultraschall unauffällig, so kann eine Kontrolle in zwei bis drei Monaten erfolgen.

Häufig kommt es im Rahmen eines Infektes zu einer passageren Transaminasenauslenkung. Der De-Ritis-Quotient (AST/ALT) erlaubt die Einschätzung der Schwere einer Leberzellschädigung (siehe Infobox 2).

Das hepatitische Laborprofil (AST/ALT > γ-GT/AP) Metabolische Ursachen Heutzutage ist die Mehrzahl der inzidentellen Leberwerterhöhungen auf eine nicht alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) und eine alkoholische Hepatitis (ASH) zurückzuführen. Die beiden Erkrankungen gehen jedoch oft fließend ineinander über und werden

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X Infobox 2: Einschätzung der Schwere einer Leberzellschädigung mit dem De-Ritis-Quotienten (AST/ALT) < 0,7–1 = „Entzündungstyp“ Unkomplizierte Virushepatitis Leichte Fettleber Foto: © Ordensklinikum Linz

Extrahepatische Cholestase ≥ 1 = „Nekrosetyp“ Fulminante/nekrotisierende Hepatitis (Dekompensierte) Leberzirrhose Leberzellkarzinom Differenzialdiagnose Muskelschädigung Abbildung: Steatose im Ultraschall.

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Hausärzt:in DFP mittlerweile immer häufiger als metabolisch assoziierte Fettlebererkrankung (MAFLD) beschrieben. Sowohl in Europa als auch in den USA ist die (nicht) alkoholische Fettleber – nicht zuletzt auch bei zunehmendem Problembewusstsein – mittlerweile die am häufigsten diagnostizierte Ursache einer chronischen Lebererkrankung.

Hinsichtlich der vorwiegend auftretenden ASH ist die Anamnese am wichtigsten. Laborchemisch können ein erhöhtes Ethylglucuronid (EtG) im Harn sowie indirekte Marker wie MCV- und IgA-Erhöhung Hinweise darstellen. Der wichtigste Therapieansatz ist die strikte Alkoholkarenz.

Die NAFLD wird bei gleichzeitig vorliegendem Diabetes mellitus Typ 2, bei

X Tabelle 1: Häufige Ursachen moderater Transaminasenauslenkungen mit hepatitischem Bild Hepatische Erkrankungen ALT > AST

AST > ALT

Virushepatitis

Alkohol

Serologie

(Fremd-)Anamnese EtG aus Harn; CDT MCV; IgA 

NAFLD

Zirrhose durch NAFLD oder Virushepatitis

Metabolisches Syndrom, Steatose im US; FIB-4-Score Genetische Erkrankungen Hämochromatose Hyperferritinämie, Transferrinsättigung > 45 % Mb. Wilson Coeruloplasmin & Kupfer i. S. 24-Stunden-Kupfer im Sammelharn Alpha-1-Antitrypsin-Mangel Alpha-1-Antitrypsin i. S. Lungenbeteiligung!

ANA, SMA, LKM 1, SLA, IgG Simplified-Autoimmune-Hepatitis(AIH)-Score Medikamente

Grafik: © shutterstock.com/VectorV

Liver tox. Database Extrahepatische Erkrankungen

Myopathien

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Jänner 2022

Autoimmunhepatitis Insbesondere – aber nicht nur – bei Frauen in der zweiten Lebenshälfte sollte auch die Möglichkeit einer Autoimmunhepatitis in Betracht gezogen werden. Eine Gammaglobulin- bzw.

IgG-Erhöhung sowie spezifische Antikörper (ANA, SMA, SLA und LKM) können darauf hinweisen. Für die Diagnosebestätigung ist jedoch eine histologische Sicherung notwendig. Die Therapie erfolgt mittels einer Immunsuppression (Cortison, Azathioprin).

Die Erkrankung kann auch in Kombination mit einer PBC oder PSC bzw. anderen extrahepatischen Autoimmunerkrankungen auftreten (Overlap-Syndrom).

Genetische Erkrankungen

Autoimmunhepatitis

Zöliakie

Adipositas und Steatose im Ultraschall (siehe Abbildung, S. 23) hochwahrscheinlich. Ein einfacher Test ist – bei suszipierter NAFLD – der sogenannte FIB-4-Score. Dieser errechnet sich aus Alter, ALT, AST und Thrombozyten. Bei einem Wert < 1,3 besteht ein niedriges Risiko einer fortgeschrittenen Fibrose.

Es sollten eine Lebensstilmodifikation sowie eine erneute Risikoabschätzung nach einem Jahr durchgeführt werden.

Bei einem Wert ≥ 1,3 sollte eine Überweisung zu einem Hepatologen oder einer Fachambulanz erfolgen.

Sowohl für die ASH als auch für die NAFLD gibt es aktuell noch keine etablierte medikamentöse Therapie, wobei v. a. bezüglich der medikamentösen Therapie der NAFLD zahlreiche klinische Studien laufen.

Myokardinfarkt Herzinsuffizienz Stoffwechselerkrankungen wie adrenale Insuffizienz, SD-Erkrankungen

Bei der Hämochromatose handelt es sich um die häufigste autosomal rezessiv vererbte Erkrankung in Europa.

Ein Hinweis dafür kann eine Hyperferritinämie mit erhöhter Transferrinsättigung sein. Es ist jedoch zu beachten, dass Ferritin ein Akutphaseprotein ist und bei anderen Lebererkrankungen (z. B. Fettleberhepatitis), aber auch bei ganz anderen Erkrankungen (Tumoren, Morbus Still etc.) erhöht sein kann. Die häufigste Mutation liegt im HFE-Gen vor. Bei nachgewiesener HFE-Mutation ist die Therapie der Wahl der Aderlass.

Eine konsequente Reduktion des Ferritins auf < 50 mg/dl sollte angestrebt

Hausärzt:in DFP

Virushepatitis & medikamenteninduzierte Leberschädigung Wie bereits erwähnt, sollte bei allen unklar erhöhten Leberwerten eine einmalige Abklärung einer Virushepatitis erfolgen. Hepatitis A und Hepatitis E verlaufen meistens anikterisch und asymptomatisch und bedürfen keiner Therapie. Auch Hepatitis B verläuft in circa 60 % der Fälle asymptomatisch.

Etwa 5 % (bei perinataler Übertragung 90 %) entwickeln jedoch eine chronische Hepatitis B. Viele dieser chronischen Verlaufsformen erfordern keine Behandlung, da der Körper das Virus gut unter Kontrolle hält. Bei hoher Viruslast, erhöhten Transaminasen oder Vorliegen einer Zirrhose gibt es eine potente virustatische Therapie. Für die Hepatitis C, die zu 90 % chronisch verläuft, stehen mittlerweile nahezu nebenwirkungsfreie Medikamente mit einer Heilungsrate von > 99 % zur Verfügung. Heutzutage sollte jeder Pati-

X Tabelle 2: Ursachen von Transaminasenauslenkungen mit cholestatischem Bild Gallenwege sonographisch unauffällig

Gallenwege sonographisch dilatiert

Primär biliäre Cholangitis (PBC)

Choledocholithiasis

Antikörper: AMA; M2; gp210; sp100;

ERCP oder bei unklaren Fällen MRCP/EUS

IgM-Erhöhung Primär sklerosierende Cholangitis

Tumor

pANCA; ASMA MRCP oder ERCP Diverse Medikamente Liver tox. Database

ent mit einer chronischen Hepatitis C (> 6 Monate) damit behandelt werden.

Extrahepatische Erkrankungen An extrahepatische Erkrankungen (siehe Tabelle 1), welche zu erhöhten Leberwerten führen können (u. a. die Zöliakie, der Myokardinfarkt und Schilddrüsenerkrankungen), sollte bei entsprechender Klinik gedacht werden.

Das cholestatische Laborprofil (γ-GT/AP > AST/ALT) Liegt ein primär cholestatisches Muster vor, spielt die Bildgebung eine noch wesentlichere Rolle in der Abklärung.

Hier ist es wichtig, zu unterscheiden, ob die Gallenwege dilatiert sind oder nicht (siehe Tabelle 2).

Unauffällige Gallenwege Wenn sich sonographisch unauffällige Gallenwege zeigen, ist die Bestimmung von AMA-AK, M2-AK, gp210, sp100 AK und IgM-Erhöhung sinnvoll. Diese Werte können die Diagnose einer primären biliären Cholangitis (PBC) bereits bestätigen. In circa 10 % der Fälle tritt die PBC mit einer AI-Hepatitis auf.

Die Therapie ist eine lebenslange Einnahme von Ursodesoxycholsäure.

Eine Positivität auf pANCA oder ASMA kann ein Hinweis auf eine primär sklerosierende Cholangitis (PSC) sein. Für die Diagnosesicherung ist hier jedoch eine MRCP oder eine ERCP erforderlich. Eine medikamentöse Therapie ist derzeit nicht zugelassen. Häufig schreitet die Erkrankung fort und eine Lebertransplantation ist notwendig.

Seltene Ursachen (Papillensklerose, chronische Pankreatitis, Caroli-Syndrom etc.)

Weitere Gründe für ein cholestatisches Lebermuster können auch wieder Medikamente, vor allem Antibiotika, und bestimmte Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel sein.

Dilatierte Gallenwege Die häufigste Ursache hierfür ist eine Choledocholithiasis. Die Patienten präsentieren sich meistens mit heftigen kolikartigen Schmerzen. Eine ERCP mit Steinbergung sollte rasch erfolgen.

Anschließend sollte, wenn noch Steine vorhanden sind, eine Cholezystektomie durchgeführt werden.

Ein schmerzloser Ikterus tritt zumeist bei tumorösen Veränderungen – vor allem des Pankreas und der Gallenwege – auf. Aber ebenso können eine Papillensklerose oder eine chronische Pankreatitis dies verursachen. Eine rasche Abklärung ist auch hier notwendig.

DFP-Pflichtinformation Fortbildungsanbieter: Österreichische Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM) Lecture Board: Dr.in Johanna Holzhaider 2. Vizepräsidentin der OBGAM Gruppenpraxis Sandl, Oberösterreich Prim. Prof. Dr. Arnulf Ferlitsch Leiter der Abteilung für Innere Medizin I, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien

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werden, soweit das Blutbild dies erlaubt.

Die Leberwerte als Verlaufsparameter sind allein nicht ausreichend. Auf extrahepatische Manifestationen (Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus, Arthropathie, endokrine Störungen) ist zu achten.

Der Gendefekt des Morbus Wilson führt dazu, dass es durch eine verminderte biliäre Kupferausscheidung zu einer Kupferakkumulation in Leber, Augen und Hirn (v. a. Stammganglien) kommen kann. Die Diagnose ist oft schwierig. Die bekannten Kayser-Fleischer-Ringe müssen nicht bei jedem Patienten vorhanden sein. Vermindertes Kupfer und Coeruloplasmin im Serum können ein erster Hinweis auf einen Mb. Wilson sein – ebenso wie eine erhöhte Kupferausscheidung im 24-Stunden-Harn. Die Diagnose erfolgt üblicherweise immer noch mithilfe der Kupfertrockengewichtsbestimmung aus der Leberbiopsie. Mittlerweile gibt es jedoch die weniger invasiven Methoden der Kupfer-REC(Relative Exchangeable Copper)-Bestimmung aus dem Blut sowie der genetischen Testung. Die Therapie erfolgt mit D-Penicilinamin oder Trientinen, diese Medikamente müssen ein Leben lang eingenommen werden.

Auf eine Vitamin-B6-Substitution muss geachtet werden.

Hausärzt:in DFP

Hausärzt:in DFP – Das Wichtigste in Kürze Erhöhte Leberwerte stellen ein häufiges Problem in der Hausarztpraxis dar. Jedoch muss nicht jede zufällig entdeckte Leberwerterhöhung umgehend weitreichend abgeklärt werden.

Es gibt keinen klaren diagnostischen Algorithmus für die Abklärung. Aber das „Bild“ der Leberwerterhöhung (hepatitisch vs. cholestatisch) kann auf die Ursache der Leberzellschädigung hinweisen.

Häufigste Ursache für erhöhte Leberwerte in Europa ist mittlerweile die MAFLD. Klassische Ursachen wie Autoimmun- oder Virushepatitis sind selten.

Für Hepatitis C steht eine potente Therapie, die in mehr als 99 % zur Heilung führt, zur Verfügung. Jeder Patient mit einer chronischen Hepatitis C sollte therapiert werden.

Auch extrahepatische Erkrankungen können erhöhte Leberwerte verursachen.

Patienten mit Hepatitis B sollten in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden. Falls eine Therapie notwendig erscheint, gibt es gut verträgliche Medikamente, welche die Virusreplikation stark unterdrücken.

Der Ultraschall ist ein wichtiges diagnostisches Mittel.

DFP-Literaturstudium HAUSÄRZT:IN

L I T E R AT U R

So machen Sie mit: Entsprechend den Richtlinien der ÖÄK finden Sie im Anschluss an den Fortbildungsartikel Multiple-Choice-Fragen.

Eine Frage gilt dann als richtig beantwortet, wenn Sie von den vorgegebenen Antworten alle richtigen angekreuzt haben. Für eine positive Bewertung ist erforderlich, dass Sie 2 der 3 Fragen richtig beantworten. In diesem Fall wird 1 DFP-Fachpunkt angerechnet.

Online lesen und beantworten: Dieser Fortbildungsartikel inkl. Test steht online auf meindfp.at noch 2 Jahre zur Verfügung. Wenn Sie dieses elektronische Angebot nutzen, erhalten Sie auch die Teilnahmebestätigung elektronisch.

Per E-Mail oder Post: Schicken Sie den beantworteten Fragebogen bitte per Mail als Scan-Dokument an office@gesund.at oder per Post an Redaktion HAUSÄRZT:IN/RMA Gesundheit GmbH, Am Belvedere 10 / Top 5, 1100 Wien. Einsendeschluss: 31. Juli 2022.

DFP-Fragen zu „Praxiswissen: Erhöhte Leberwerte“

Die Anzahl der richtigen Antworten ist nach jeder Frage in Klammern ange­geben.

1

Der häufigste Grund für erhöhte Leberwerte in Europa ist/sind: (1 richtige Antwort)

Sie haben ein Fortbildungskonto?

Eine chronische Hepatitis B.

JA – dann buchen wir Ihre DFP-Punkte automatisch!

Metabolische Ursachen.

Dazu brauchen wir Ihre ÖÄK-Ärztenummer und E-Mail-Adresse:

Eine chronische Hepatitis C. Ein Tumor.

2

Welche Aussage ist richtig? (1 richtige Antwort) NEIN – ich möchte meine Teilnahmebestätigung

Jede unklare Leberwerterhöhung bedarf einer sofortigen Abklärung.

per Post erhalten

Zufällig erhöhte Leberwerte sind selten und bei < 1 % der Patienten in der Hausarztpraxis zu finden.

Eine chronische Hepatitis B muss medikamentös behandelt werden und kann in 99 % der Fälle geheilt werden.

Neben der Blutabnahme stellt der Ultraschall eine wichtige basisdiagnostische Maßnahme dar.

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Die häufigste erbliche Lebererkrankung in Österreich ist: (1 richtige Antwort)

per E-Mail erhalten Bitte gut leserlich ausfüllen und E-Mail-Adresse angeben:

Name

Anschrift

Mb. Wilson.

Die Hämochromatose.

PLZ/Ort

Ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel.

Porpyhrie.

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Jänner 2022

E-Mail

Hausärzt:in DFP

INNOVATION BEWEGT Innovation ist unser Antrieb in allem, was wir tun. Als Spezialisten für Verdauungs- und Stoffwechselmedizin bringen wir Ärzte, Wissenschaftler und Patienten zusammen, um neue und wirkungsvolle Ansätze der Patientenversorgung zu entwickeln. Unsere Aufmerksamkeit gilt den Anforderungen Ihrer therapeutischen Praxis und neuen Lösungen, die zu Verbesserungen der Gesundheit Ihrer Patienten beitragen. So investieren wir in Studien zur Erforschung neuer Wirkstoffe bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn/Colitis ulcerosa), PSC (primär sklerosierende Cholangitis), NASH (nicht-alkoholische Steatohepatitis) und Zöliakie. Als global vernetztes Familienunternehmen mit einem Fokus auf Forschung ist es unser Ziel, die klinische Praxis und das Leben der Patienten zu verändern.

Mit unserer Herkunft im Hintergrund, mit neuen Zielen vor Augen.

Gemeinsam mehr wissen. Gemeinsam mehr bewegen.

Dr. Falk Pharma GmbH | Wolfgang-Pauli-Gasse 5 | 1140 Wien | Austria www.drfalkpharma.at

Jänner 2022

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(IM)AL04/01/04-2021

Dr. Falk Pharma – Spezialist für Verdauungs- und Stoffwechselmedizin

Hausärzt:in medizinisch

Essensverzicht auf Zeit

Foto: © shutterstock.com/getideaka

Gesundheitsfördernde Effekte des Intervallfastens sind vielversprechend – allerdings fehlen Langzeitstudien

Formen des Intervallfastens • Alternierendes Fasten (AlternateDay-Fasting – ADF): Beim alternierenden Fasten wird jeden zweiten Foto: © Kurt Widhalm, privat

Autor: Univ.-Prof.

Dr. Kurt Widhalm Präsident des Österreichischen Akademischen Institutes für Ernährungsmedizin, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien

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Tag gefastet. An den Fasttagen sollen nur etwa 25 % der sonst üblichen Energiemenge aufgenommen werden (ca. 500 kcal bei Frauen und ca. 600 kcal bei Männern). An den anderen Tagen gibt es keinerlei Einschränkungen bei der Lebensmittelauswahl bzw. Energiezufuhr.

• 2-Tage-Diät (2-Day-Diet): Dabei werden innerhalb einer Woche an zwei aufeinanderfolgenden Tagen jeweils maximal 650 kcal aufgenommen, vorzugsweise in Form von kohlenhydratarmen und proteinreichen Lebensmitteln.

• 5 : 2-Diät (The Fast Diet): An fünf Tagen die Woche wird ganz normal gegessen, ohne Einschränkungen.

Die anderen beiden Tage der Woche gelten als Fasttage, an denen vor allem Gemüse, Vollkornprodukte sowie proteinreiche Lebensmittel und ausreichend Flüssigkeit konsumiert werden. Frauen sollten an Fasttagen ca. 500 kcal und Männer ca. 600 kcal aufnehmen. Die beiden Fasttage müssen nicht aufeinander folgen, aber wenn möglich ist ein fixer Rhythmus einzuhalten (also z. B. immer dienstags und freitags).

• 16 : 8-Diät: Bei dieser Form des Intervallfastens wird 16 Stunden am Stück nichts gegessen. In den restlichen acht Stunden des Tages kann wie gewohnt konsumiert werden. Ob an den Fasttagen das Frühstück oder das Abendessen weggelassen wird, kann individuell entschieden werden.

• Dinner-Cancelling: Dabei wird an zwei bis drei Tagen die Woche auf das Abendessen verzichtet: Nur Wasser, ungesüßte Kräutertees oder sonstige kalorienfreie Getränke sind erlaubt.

Im Zuge dessen sollte eine Essenspause von mindestens vierzehn Stunden bis zum Frühstück entstehen.

Die Entlastung des Insulinstoffwechsels fördert die Gewichtsabnahme und verbessert die Schlafqualität.

Für alle Formen des Intervallfastens gilt: In der Fastenphase sollte auf LeAutorin: Mag.a Karin Fallmann Ernährungswissenschaftlerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Österreichischen Akademischen Institut für Ernährungsmedizin, Wien

Foto: © Karin Fallmann, privat

„Intervallfasten“ ist derzeit stark im Trend und der Begriff in aller Munde.

Diese Form des Fastens wurde bereits vom griechischen Arzt Hippokrates (460 – 370 v. Chr.) empfohlen und erforscht. Allgemein bezeichnet „Fasten“ den Verzicht auf gewisse Speisen, Getränke und andere Genussmittel.

Bei „Intervallfasten“ (intermittierendes Fasten, IF) handelt es sich um eine Form des Fastens, bei der tage- oder stundenweise auf Nahrung verzichtet wird. Je nach Zeitpunkt und Häufigkeit der Nahrungsaufnahme werden diverse Formen des Intervallfastens unterschieden.

Tipps für Patient:innen für die Umsetzung

Grafik: © shutterstock.com/Nikolamirejovska

Legen Sie die ersten Fasttage auf freie Tage bzw. ein Wochenende, damit Sie genug Zeit haben, die Umstellung optimal zu planen.

Wählen Sie die individuell für Sie passende Methode, die sich möglichst gut in Ihren Alltag integrieren lässt.

Achten Sie auf eine hohe Ballaststoffzufuhr in der fastenfreien Zeit: Ballaststoffe sorgen für eine längere Sättigung und lassen den Blutzuckerspiegel nicht so leicht ansteigen.

Trinken Sie möglichst viel – vor allem warme Getränke erzeugen das Gefühl, dass der Magen gefüllt wird.

bensmittel und Getränke, die Kalorien liefern und mit einer Stoffwechselantwort einhergehen – somit die Wirkung des Fastens stören können –, verzichtet werden. Dazu zählen auch Kleinigkeiten wie ein Schluck Milch oder ein Stück Süßstoff im Tee/Kaffee. Kalorienfreie Getränke wie Wasser oder ungesüßter Tee sind natürlich jederzeit erlaubt. Grundsätzlich darf in den Essensphasen alles konsumiert werden.

Dennoch empfiehlt es sich, auf eine möglichst gesunde und abwechslungsreiche Ernährung zu achten.

Gesundheitsfördernde Wirkungen Dem Fasten auf Zeit werden verschiedene gesundheitsfördernde Wirkungen auf den Stoffwechsel zugeschrieben.

Neben einer erwünschten Gewichtsreduktion kommt es häufig zu einem besseren Körpergefühl sowie zur sogenannten Autophagie – Körperzellen reinigen sich selbst und kranke Zellen werden abgebaut. Diese Effekte werden derzeit aber noch erforscht. Fasten wirkt sich auch günstig auf die Psyche aus: Fastende fühlen sich häufig fitter und aktiver.

Grundsätzlich kann Intervallfasten jedem gesunden Erwachsenen angeraten werden. Nicht empfehlenswert ist die Maßnahme allerdings während der Schwangerschaft und Stillzeit, bei Untergewicht sowie bei einer Leber- oder Niereninsuffizienz.

Wissenschaftlicher Hintergrund Es gibt einige wissenschaftliche Studien1,2, die sich mit den gesundheitsfördernden Wirkungen verschiedener Formen des Intervallfastens auseinandersetzen. Ihre Aussagen sind nicht immer eindeutig. Trotzdem scheinen die gesundheitsfördernden Effekte des Intervallfastens vielversprechend zu sein.

Aktuelle Untersuchungen weisen darauf hin, dass intermittierendes Fasten vor allem die kardiovaskuläre Gesundheit günstig beeinflusst – durch Körpergewichtsreduktion sowie eine Reduktion des Risikos von Bluthochdruck, Dyslipidämie und Diabetes. Die kardioprotektiven Wirkungen werden vor allem auf eine Verminderung von oxidativem Stress sowie auf eine Optimierung des kardialen Rhythmus und auf die gesteigerte Ketogenese wegen der längeren Fastenperiode zurückgeführt.3 Eine Wiener Studie aus dem Jahr 2017 hatte zum Ziel, zu untersuchen, ob ADF eine sichere und effektive Methode der Gewichtsreduktion darstellt, die auch über einen längeren Zeitraum beibehalten werden kann. Es handelt

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sich um eine deskriptive, prospektive Pilotstudie mit fünfzehn übergewichtigen oder adipösen, aber ansonsten gesunden Personen über 18 Jahre. Die Teilnehmer verloren während der Studiendauer von zwölf Wochen im Durchschnitt 7,19 kg (± 4,38 kg). Das Körperfett ließ sich durchschnittlich um 11,68 % (± 15,79 %) reduzieren. Im Schnitt wurden Triglyceride um 31,29 % (± 54,48 %) gesenkt, Gesamtcholesterin und LDL um 9,20 % (± 40,32 %). Die Ergebnisse dieser Untersuchung (siehe Tabelle, S. 31) zeigen, dass ADF durchaus ein erfolgreiches Diätregime zur Gewichtsreduktion über eine längere Zeit sein könnte.4 Ebenso kam eine ältere Studie aus Kalifornien (2005) zu dem Ergebnis, dass ADF bei nicht adipösen Erwachsenen durchaus eine erfolgreiche Methode zur Gewichtsreduktion darstellt. Die Probanden verloren nach 22 Tagen durchschnittlich 2,5 kg (± 0,5 kg) ihres Ausgangsgewichts und 4 % (± 1 %) ihrer Fettmasse. Es zeigte sich allerdings, dass das Hungergefühl an den Fasttagen während der Studiendauer unverändert stark blieb.5 Ein Review aus 2019 ergab: Intervallfasten 16 : 8 – mit 16 Stunden fasten und acht Stunden essen – wird am häufigsten erfolgreich umgesetzt. So kann es

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Wann führt Intervallfasten nicht zum Erfolg?

Wahl der falschen Methoden: Die gewählte Form des Intervallfastens muss sich gut in den Alltag integrieren lassen, dann kann sie auch über einen längeren Zeitraum erfolgreich umgesetzt werden.

Ungeduld und falsche Erwartungshaltung: Die Erwartungen sind meistens sehr hoch, es dauert aber oft länger, bis sich Körper und Stoffwechsel an die neuen Bedingungen gewöhnen und erste Erfolge beobachtet werden können. „Fressattacken“: Auch in den fastenfreien Phasen sollte nicht ungehemmt gegessen, sondern auf eine möglichst gesunde und abwechslungsreiche Ernährung geachtet werden.

Zu wenig essen: Zu wenig ist ebenfalls nicht gut, der Stoffwechsel wird dabei komplett heruntergefahren und der Energieumsatz gesenkt. Es droht ein Jo-Jo-Effekt.

Fehlende Bewegung: Intervallfasten ist in Kombination mit körperlicher Bewegung am effektivsten.

Stress: In Stresssituationen steigt der Blutzuckerspiegel durch die Produktion des Stresshormons Cortisol an. Dadurch wird die Einlagerung von aufgenommener Energie in Fettdepots begünstigt.

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Grafik: © shutterstock.com/Nikolamirejovska

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Foto: © shutterstock.com/TanyaJoy

Hausärzt:in medizinisch

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Wartezimmer TV

Hausärzt:in medizinisch X Tabelle: Effekte der Intervention auf die Blutlipide Blutlipidparameter

Beginn der Intervention

Nach 6 Wochen

Nach 12 Wochen

Gesamtreduktion

Cholesterin mg/dl

186,17 (± 36,84)

175,5 (± 31,08)

168 (± 26,86)

18,17 (± 17,54)

LDL mg/dl

97,83 (± 24,01)

96,83 (± 25,33)

88,83 (± 23,05)

9 (± 14,33)

Triglyceride mg/dl

217,33 (± 232,34)

143,33 (± 82,66)

149,33 (± 105,76)

68 (± 139,08)

Quelle: Widhalm K et al., Aktuel. Ernährungsmed. 2017, 42: 188-192.

nicht nur als Mittel zur langfristigen Gewichtsreduktion, sondern auch als pharmakologische Behandlung gesehen werden und Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin sowie Triglyceride effektiv senken.6 Ein weiterer Review aus 2019 weist darauf hin, dass Intervallfasten zahlreiche günstige gesundheitliche Effekte mit sich bringt – unter anderem hinsichtlich der Prävention von Adipositas, Diabetes, kardiovaskulären Erkrankungen, Krebs und neurologischen Störungen. Allerdings handelt es sich bei den meisten klinischen Studien nur um Kurzzeitstudien. Demnach fehlen größtenteils Daten aus Langzeitstudien, um Intervallfasten auch langfristig empfehlen zu können.7 In einer britischen Studie aus 2016 wurde der Einfluss des alternierenden Fastens auf Körpergewicht und Appetitregulierung untersucht. Es zeigte sich, dass durch alternierendes Fasten die Energieaufnahme reduziert und das Körpergewicht dadurch besser reguliert werden kann. Der Appetit ist durch das 24-Stunden-Fasten geringfügig angestiegen.8

Conclusio

Quellen: 1 Stockman M-C et al., Cur Obes Rep. 2018; 7: 172-185.

2 Patterson RE et al., J Acad Nutr Diet. 2015; 115(8): 1203-1212.

3 Dong TA et al., Am J Med. 2020; 133: 901-907.

4 Widhalm K et al., Aktuel Ernährungsmed 2017; 42: 188-192.

5 Heilbronn LK et al., American Journal of Clinical Nutrition 2005; 81: 69-73.

6 Malinowski B et al., Nutrients 2019; 11(3): 673.

7 De Cabo R et al., The New England Journal of Medicine 2019; 381: 2541-2551.

8 Clayton DJ et al., Am J Clin Nutr 2016; 104: 1545-1553.

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Intervallfasten stellt durchaus eine empfehlenswerte Form des Fastens dar, die vor allem temporär ohne Bedenken realisierbar ist. Es kann ein guter Impuls für eine dauerhafte Ernährungsumstellung sein. Im Vergleich zu anderen Diäten oder Fastenformen hat der Essensverzicht auf Zeit den Vorteil, dass er sich relativ gut in den Alltag integrieren lässt. Die Wirkungen des Intervallfastens, vor allem auf die kardiovaskuläre Gesundheit, sind sehr vielversprechend. Derzeit fehlen aber noch Daten aus Langzeitstudien, um Intervallfasten auch uneingeschränkt langfristig empfehlen zu können.

Hausärzt:in medizinisch

Notwendigkeit der Tripeltherapie?

Foto: © shutterstock.com/AlteredR

COPD: Fallbeispiele aus dem klinischen Alltag

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(modified Medical Research Council). Je nach Häufigkeit von Exazerbationen im letzten Jahr werden die Patienten wiederum wie folgt eingeteilt: in Gruppe A und B bei keiner bis einer Exazerbation, in Gruppe C und D ab zwei moderaten Exazerbationen oder ab einer schweren Exazerbation.

Der Grund dafür ist, dass vor allem die Exazerbationshäufigkeit ein probates Prognosekriterium darstellt – viele Exazerbationen, schlechtere Prognose. Folglich besteht das Therapieziel darin, möglichst viele von ihnen zu vermeiden. Dass die Symptomlast der Patienten eine Rolle spielt, ist verständlich, denn je mehr Symptome ein Patient hat, desto weniger bewegt er sich. Körperliche Betätigung ist aber ein ganz wesentliches prognostisches Krite-

rium für den weiteren Verlauf der COPD. Jene Patienten, die sich mehr bewegen, haben eine deutlich bessere Prognose.

Review – Assess – Adjust Somit können in der COPD-Behandlung zwei Ziele definiert werden: so wenige Symptome und Exazerbationen wie möglich. Tabellen des GOLD-Konsortiums1

Autorin: Dr.in Michaela Popp Fachärztin für Pneumologie, Lungenzentrum Wien 19, lungenzentrumwien.at

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Foto: © Navigamus

In der Therapie der COPD hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan.

Als ich 2008 in der Lungenheilkunde begonnen habe, gab es nicht viel Auswahl an COPD-Behandlungsmöglichkeiten. Von GOLD I bis IV nach der Lungenfunktion war das Angebot von Inhalatoren limitiert, und je schlechter es dem Patienten ging, desto mehr bekam er. Erst später wurde eine neue, zusätzliche Risikoeinschätzung etabliert: die Gruppen A bis D, je nach Häufigkeit von Exazerbationen und Symptomen (siehe Abbildung 1, S. 34). Patientinnen und Patienten mit wenigen Symptomen sind der Gruppe A oder C zugeordnet, diejenigen mit vielen Symptomen der Gruppe B oder D. Gemessen wird mit dem CAT (COPD Assessment Test) oder dem mMRC

Hausärzt:in medizinisch helfen dabei, die richtige Therapieentscheidung zu treffen. Bei Patienten mit häufigen Exazerbationen ODER mit Hinweis auf Allergie ODER mit erhöhten Eosinophilen im peripheren Blut wird eine additive Behandlung mit ICS empfohlen – zusätzlich zu der ab Stufe B/C empfohlenen Kombinationstherapie aus LAMA und LABA. Treffen diese Kriterien nicht zu, sollte davon abgesehen werden. Denn unter einer inhalativen Kortikosteroidtherapie steigt die Wahrscheinlichkeit, eine Pneumonie zu entwickeln. Bei hoher Symptomlast kann eine zusätzliche Gabe eines kurzwirksamen Betamimetikums hilfreich sein.

Wichtig ist, sich als Behandler bzw. die Therapie immer wieder zu hinterfragen: Review – Assess – Adjust. Denn auch das ist in der Behandlung der COPD ein ganz wesentlicher Punkt: Für uns Lungenärztinnen und -ärzte bedeutet es einen großen Vorteil, dass unsere Wirkstoffe durch die inhalative Therapiemöglichkeit in niedriger Dosis verabreicht werden können und jene damit weniger systemische Nebenwirkungen hervorrufen. Der Nachteil ist jedoch, dass der Patient ohne richtige Inhalationstechnik seine Therapie nicht (ausreichend) erhält. Zum Glück gibt es mittlerweile so viele verschiedene Devices, dass wir für fast jeden Patienten das richtige finden. Allerdings kann es manchmal nötig sein, mehrere Devices auszuprobieren.

X Abbildung 1: ABCD-Assessment-Tool der GOLD Lungenfunktionell bestätigte Diagnose

Häufigkeit moderater oder schwerer Exazerbationen Post-Bronchodilatator FEV 1/FVC < 0,7

Grade

FEV 1 (% vom Soll)

GOLD 1

≥ 80

GOLD 2

50–79

GOLD 3

30–49

GOLD 4

< 30

≥ 2 moderate COPDExazerbationen jährlich*

Patient Herr P. Um die Unterschiede in der Therapie noch etwas besser darzustellen, darf ich zwei Patienten vorstellen. Zunächst Herrn P., 1948 geboren, der erstmals 2016 in unsere Ordination kam. Er klagte über Dyspnoe sowie Auswurf bei Belastung und nachts.

In der Anamnese ließen sich keine Exazerbationen erheben, zu rauchen hatte er bereits aufgehört – nach 53 Packungsjahren. Bekannt war eine arterielle Hypertonie, die Lunge war bisher keiner Therapie unterzogen worden. Bei Sichtung der Befunde zeigten sich eine Hypoxämie in der Blutgasanalyse sowie eine hochgra-

EINSATZ ZU ERWÄGEN 1 moderate COPDExazerbation jährlich* Blut-Eosinophile ≥ 100 bis < 300 Zellen/µL

KEIN EINSATZ wiederholte Pneumonien Blut-Eosinophile < 100 Zellen/µL mykobakterielle Infektion in der Anamnese

Blut-Eosinophile ≥ 300 Zellen/µL begleitendes Asthma oder Asthma in der Anamnese * trotz adäquater Erhaltungstherapie mit langwirksamen Bronchodilatatoren; Hinweis: Blut-Eosinophile sollten als Kontinuum erachtet werden; die angeführten Werte repräsentieren ungefähre „cut-points“; es ist wahrscheinlich, dass die Eosinophilen-Anzahl fluktuiert.

Quelle: goldcopd.org, adaptiert aus ERS 2019: European Respiratory Journal 52 (6) 1801219; DOI: 10.1183/13993003.01219-2018.

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C

D

0 oder 1 (ohne Hospitalisierung)

A

B

mMRC 0–1 CAT < 10

mMRC ≥ 2 CAT ≥ 10

Symptome

Zu erwägende Faktoren bei Initiierung einer ICS-Therapie in Kombination mit einem oder zwei langwirksamen Bronchodilatatoren (Hinweis: Das Szenario unterscheidet sich, wenn ein Absetzen der ICS-Therapie erwogen wird):

Hospitalisierung(en) aufgrund von COPDExazerbationen in der Anamnese*

≥ 2 oder ≥ 1 mit Hospitalisierung

Quelle: goldcopd.org

X Abbildung 2: Initiierung einer ICS-Therapie

STARKE EMPFEHLUNG

Symptome und Exazerbationsrisiko

Grad der Obstruktion

dige Obstruktion in der Lungenfunktion (FEV1 26 %) und Überblähungszeichen.

Aufgrund der Beschwerden und der stark eingeschränkten Lungenfunktion wurde eine Therapie mit einer LABA/LAMAKombination eingeleitet.

Bei der ersten Kontrolle ging es Herrn P. subjektiv deutlich besser, auch die BGA ergab einen etwas besseren Befund, der FEV1 lag nun bei 39 %. Eine Polygraphie lieferte keinen Hinweis auf OSAS, bei allerdings deutlicher nächtlicher Hypoxämie, sodass eine nächtliche Sauerstofftherapie eingeleitet wurde. Unter diesem Therapieregime blieb Herr P. bis 2019 stabil. In dieser Zeit unternahm er mit seiner Frau viele Reisen – dann bekam er auf einer seiner Kreuzfahrten eine Pneumonie. Exazerbationen waren nach wie vor keine bekannt, auch im Laborbefund zeigte sich kein Hinweis auf Eosinophilie. Somit blieben wir bei der etablierten Therapie. Mit dieser war Herr P. bis Ende 2020 in Hinblick auf die Lunge stabil.

Leider verstarb er dann aufgrund eines N. vesicae.

Patientin Frau S. Die zweite Person ist Frau S., 1968 geboren. Sie kam erstmals 2015 in unsere Ordination, damals aufgrund eines lange andauernden Hustens, der auf das inzwischen dritte Antibiotikum nicht ansprach. Ein Nikotinabusus in Form von 30 Zigaretten pro Tag bestand seit dem 15. Lebensjahr. In den Untersuchungen trat eine eingeschränkte Lungenfunktion

Hausärzt:in medizinisch mit einem FEV1 von 46 % vom Soll zutage, die übrigen Befunde inklusive des CRP waren unauffällig. Eine Therapie mit einem LAMA wurde eingeleitet.

Unter jener zeigten sich bei den Kontrollen eine Verbesserung der Lungenfunktion (FEV1 62 %) und eine Verminderung des Hustens. Bis August 2018 war Frau S. unter

„Klare Kriterien für die Tripeltherapie sind: Exazerbationen, Eosinophilie, Asthma in der Vorgeschichte.“ Dr.in Michaela Popp

dieser Therapie stabil. Dann kam sie allerdings mit einem seit sechs Wochen bestehenden Husten, mit Dyspnoe und deutlich schlechterer Lungenfunktion (FEV1 38 %). Daher wurde die bestehende Therapie mit LAMA um eine LABA/ICS-Kombination erweitert, auch eine Antibiose angesichts eines deutlich erhöhten CRP ist erfolgt. Unter dieser Therapie besserte sich der Zustand von Frau S. wieder. Bei der darauffolgenden Visite wurde eine Blutabnahme durchgeführt, sie ergab normale Eosinophile, jedoch ein erhöhtes IgE bei negativem RAST und PRICK. Somit fanden sich nun zwei Kriterien für eine dauerhafte Therapie mit einem ICS, nämlich eine Exazerbation sowie ein Hinweis auf begleitendes Asthma aufgrund des erhöhten IgE. Daher wurde die Tripeltherapie fortgesetzt. Es erfolgte eine Umstellung auf eine fixe Kombination, also alle drei Substanzen in einem Device, weil dies die Compliance verbessert. Seitdem kommt Frau S. regelmäßig zur Kontrolle, die Lungenfunktion ist stabil, und es sind keine Exazerbationen mehr aufgetreten.

Schlussfolgerung Wesentlich ist also die Symptom- sowie Exazerbationskontrolle. Für die Tripeltherapie gibt es klare Kriterien: Exazerbationen, Eosinophilie, Asthma in der Vorgeschichte. Ohne diese sollte keine solche Behandlung vorgenommen werden.

Bei ausbleibendem Therapieerfolg ist die bestehende Therapie unbedingt zu hinterfragen, außerdem das Inhalationsdevice und die Inhalationstechnik. Natürlich darf auf nicht medikamentöse Maßnahmen wie Nikotinkarenz oder Rehabilitation nicht vergessen werden – ebenso wenig auf Komorbiditäten, denn auch sie können für einen fehlenden Therapieerfolg ursächlich sein.

> Quelle: 1 Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease – GOLD, goldcopd.org

Hausärzt:in medizinisch

Der alte Mensch und Krebs Foto: © shutterstock.com/ Tirachard Kumtanom

Neurologische Störungen sowie spezielle Arzneimittelnebenwirkungen als häufige Risiken

Im Herbst 2021 fand der Onlinekongress „Onkologie für die Praxis“ des Ordensklinikum Linz statt.* Der Fokus lag diesmal auf dem Thema „Der alte Mensch und Krebs“ und dessen „Patient-Journey“ von der Vorsorge bis zum Rezidiv. Wie in den vergangenen Jahren wurde darauf interprofessionell eingegangen – sowohl in den Vorträgen als auch in den Fachdiskussionen. Im Folgenden werden die Themen „Neurologische Störungen“ sowie „Spezielle Arzneimittelnebenwirkungen“ behandelt.

Neurologische Störungen Onkologische Patienten leiden häufig an neurologischen Problemen, allen voran an der chemotherapieinduzierten peripheren Neuropathie (CIPN), am Cancer-related Cognitive Impairment (CRCI) sowie an Beschwerden infolge struktureller und funktioneller Hirnveränderungen. „Die CIPN verursacht sensible Symptome der Finger, Hände und Füße. 50–75 % aller onkologischen Patienten sind davon betroffen, 30 % von ihnen länger als sechs Monate nach der Chemotherapie, etwa mit Taxanen oder Platinen“, schilderte Priv.-Doz. OA Dr. Markus Hutterer, stv. Ärztlicher Direktor sowie Leiter des Spezialbereiches Neuroonkologie und Neuropalliative Care, Barmherzige Brüder Linz. Bei CIPN ist eine klinische Untersuchung wichtig, da jenes Leiden – entgegen einem weitverbreitenden Irrglauben – behandelt werden kann. „Das CRCI wird nicht nur von neurotoxischen Therapien,

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sondern auch von Hormontherapien und einigen Immuntherapien ausgelöst. Dabei wirken die Botenstoffe, welche die Tumorzellen produzieren, im Gehirn und sorgen für kognitive Einschränkungen“, erklärte OA Hutterer. Risikofaktoren für das CRCI sind das Alter sowie Stress, Depression, Ängste etc.

Von den strukturellen und funktionellen Hirnveränderungen im Alter sind die Alzheimerkrankheit und vaskuläre Demenzen am weitesten verbreitet. Ab dem 75. Lebensjahr steigt das Demenzrisiko.

Psychische Erkrankungen wie Angst- und Anpassungsstörungen sowie Depression treten bei 25–40 % der onkologischen Patienten auf. „Bei Krebspatienten nicht zu unterschätzen ist das Chronic-FatigueSyndrom. Etwa 69 % sind davon betroffen, weswegen es nach Schmerzen die häufigste Beschwerde darstellt“, machte OA Hutterer aufmerksam. Die neuroimmunologische Erkrankung äußert sich nicht nur körperlich, sondern auch kognitiv („Brain-Fog“) und emotional, u. a. durch Schlafstörungen. In der Klinik findet deshalb ein Fatigue-Assessment statt.

Sinnhaftigkeit der Medikation „Geriatrische Patienten haben – unabhängig von ihrem Fitnessgrad – ein höheres Risiko, arzneimittelbezogene Probleme zu entwickeln. Das liegt u. a. an den eingeschränkten Funktionsreserven von Gehirn, Nieren, Herz-Kreislauf-System, dem endokrinen System, dem Immunsystem sowie der Skelettmuskulatur. Ein wich-

tiger Faktor ist auch die Ernährung“, so Mag.a Elisabeth Steiner, aHPh, Klinische Pharmazeutin am Ordensklinikum Linz.

Als Stressoren treten die Krebstherapie an sich, aber auch der Aufenthalt im Krankenhaus auf. „Nimmt ein Krebspatient mehrere Medikamente ein, so sollten die Indikationen und die Sinnhaftigkeit derselben geprüft und ein ,Deprescribing‘ nicht gescheut werden“, machte Mag.a Steiner aufmerksam. Überdies sind kognitive Einschränkungen, welche die selbständige Einnahme der Medikation schwierig bis unmöglich machen, sowie motorische Probleme bei der Einnahme, Immobilität und Dysphagie zu bedenken.

Altersrisiken bei Verschreibung Bei der Verschreibung von Medikamenten gilt es auf Risiken zu achten, die besonders im Alter auftreten. Unter anderem erhöhen Opiate, Benzodiazepine, Antipsychotika und Antidepressiva das Sturzrisiko. Selbigen Effekt bewirkt auch eine mögliche orthostatische Dysregulation aufgrund der Einnahme von Antihypertensiva, Diuretika und Antidepressiva. Antipsychotika, Antidepressiva, Methadon und Makrolidantibiotika können wiederum eine QT-Zeit-Verlängerung verursachen. Opioide, Antibiotika, Antidepressiva und Zytostatika können Übelkeit induzieren sowie den Appetit reduzieren. Motorisch oder kognitiv bedingte Dosierfehler von Insulin, eine unregelmäßige Nahrungszufuhr und Sulfonylharnstoffe können zu einer Hypoglykämie führen. Zu bedenken sei auch die anticholinerge Last durch trizyklische Antidepressiva, H1-Antihistaminika, Spasmolytika etc. Mag.a Steiner wies deshalb auf die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit und insbesondere der klinischpharmazeutischen Visite hin, um derartige Nebenwirkungen zu vermeiden.

Mag. Gregor Matheis, Emanuel Munkhambwa * Onlinekongress „Onkologie für die Praxis“ des Ordensklinikum Linz, 15.–16. Oktober 2021, gesamter Nachbericht: ordensklinikum.at/onkologie-praxis-2021

Hausärzt:in informativ

OP-Vorbereitung wichtiger denn je!

Grafik: © Hersteller

Prävention von postoperativen Wundinfektionen mittels Patientenbeteiligung

Laut Schätzung der ÖGKH (Österr. Ges. f.

Krankenhaushygiene) sterben jährlich – auch vor Corona – rund 5.000 Menschen in Österreich an Gesundheitssystem-assoziierten Infektionen. Postoperative WundX Infobox Informieren Sie Ihre Patienten zur OPVorbereitung mit dem octenisan® Set Bis zu fünf Tage vor der OP täglich mit der octenisan® Waschlotion duschen und Haare waschen; Sowie zwei- bis dreimal täglich octenisan® md Nasengel anwenden.

infektionen stehen in Österreich dabei an erster Stelle und sind trotz aller Fortschritte in der modernen Chirurgie immer noch gefürchtete Komplikationen. Die möglichen Folgen: lange und wiederholte Krankenhausaufenthalte, mehrfach notwendige Revisionseingriffe, Invalidität und Arbeitsunfähigkeit bis hin zu tödlichen Verläufen.

Durch vermiedene Infektionen werden Intensivbetten früher wieder frei oder im besten Fall erst gar nicht benötigt. Der Platz steht damit Patienten mit schweren COVID-19-Verläufen oder anderen medizinischen Notfällen zur Verfügung.

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Mehr Infos auf: www.octenisan.at Quellen: 1 Tschelaut et al., 2018 2 Lescat et al., 2019 3 Malanovic et al., 2020

Der Patient als Erregerquelle Etwa 90 Prozent der postoperativen Wundinfektionen sind auf die eigene Keimflora (Staph. aureus) des Patienten zurückzuführen. Die gute Nachricht: Mit optimierten Hygienemaßnahmen können postoperative Wundinfektionen halbiert werden.

Mittels dekontaminierender Körperwaschung und Nasenbehandlung (z. B. mit octenisan®) können Keime vor oder während eines stationären Aufenthaltes weitgehend reduziert werden. Da potenzielle Erreger auch die Nase besiedeln können, ist die Nasenbehandlung ein wichtiger Bestandteil der Dekontamination. Aktuelle Studien belegen den Erfolg dieser Maßnahme vor Operationen: signifikant weniger Wundinfektionen und kürzere Krankenhausaufenthalte.

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Aufgrund der Corona-Pandemie wurden elektive Eingriffe österreichweit immer wieder ausgesetzt mit dem Ziel, Kapazitäten auf Intensivstationen möglichst zu schonen. Diese Operationen müssen in den kommenden Wochen und Monaten nachgeholt werden. Komplikationen aufgrund von Infektionen sind natürlich generell nicht erwünscht. Doch mit Blick auf die Resistenz-Entwicklung von Antibiotika ist die Rolle der Infektionsprävention so unbestritten wie einfach: weniger Infektionen, geringere Zuweisungen auf ICUs, verringerter Antibiotika-Einsatz, weniger Resistenzen. Für eine erhöhte Sicherheit Ihrer Patienten!

Die Nr. 1 für Österreichs Chirurgen Laut einer Umfrage unter Chirurgen ist Octenidin der meistverwendete an tiseptische Wirkstoff für die präoperative Patientendekontamination in Österreich. Mit dem octenisan® Set kann diese Maßnahme von Patienten einfach zuhause selbst durchgeführt werden. Im Unterschied zu dem – vor allem im amerikanischen Raum – häufig eingesetzten antiseptischen Wirkstoff Chlorhexidin begünstigt Octenidin keine Kreuzresistenzen gegenüber Reserveantibiotika wie Colistin – ein essentieller Punkt der Infektionsprävention, um die Wirksamkeit dieser so bedeutenden Reserveantibiotika nicht zu schwächen2, 3. Octenidin wirkt gleichzeitig gegen alle Bakterien und Pilze, inkl. antibiotikaresistenter Bakterien wie MRSA oder 4MRGN sowie therapieresistenter Candida-Spezies. Aufgrund des herausragenden Sicherheitsprofils ist Octenidin u. a. der Wirkstoff der Wahl zur Infektionsprävention in der Neonatologie.

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Hausärzt:in pharmazeutisch

„Mangel erhöht die Anfälligkeit“

Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente sind wertvolle Instrumente in der Erkältungssaison

Foto: © shutterstock.com/ Pormezz

das aktive T3, sondern auch für das Immunsystem, da es die Aktivität der natürlichen Killerzellen positiv beeinflussen soll.

Worauf müssen Menschen mit Diabetes bei der Nährstoffaufnahme achten?

Sie haben meist stoffwechselbedingt einen erhöhten Bedarf an Vitamin C, Zink, Vitamin B12, Vitamin B1, Folsäure und Magnesium. Das antidiabetische Medikament Metformin kann den Vitamin-B12-Spiegel absenken.

Der Neujahrswunsch „Viel Gesundheit!“ stand auch beim vergangenen Jahreswechsel wieder hoch im Kurs.

Wesentliche Bausteine für dessen Erfüllung sind unter anderem Mikronährstoffe. Über die Funktionen von Vitamin D & Co berichtete Pharmazeutin Mag.a Marlene Pribyl-Kranewitter im Gespräch mit der HAUSÄRZT:IN.

Foto: © H. Kranewitter

HAUSÄRZT:IN: Welche Rolle spielt Vitamin D bei Infekten?

Mag.a PRIBYL-KRANEWITTER: Untersuchungen haben gezeigt, dass Vitamin D die Bildung des Signalstoffs TNF-alpha hemmen kann, dieser ist an vielen Entzündungsreaktionen beteiligt. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass das Vitamin das C-reaktive Protein sowie das Interleukin-6 und die Bildung der natürlichen Killerzellen beeinflusst. Aufgrund dieser Effekte führt ein Mangel meist zu einer erhöhten Infektanfälligkeit. Speziell in den Wintermonaten kommt es häufig zu einem Mangel und es ist ratsam, nach einer labordiagnostischen Untersuchung entsprechend zu supplementieren.

Expertin zum Thema: Mag.a Marlene PribylKranewitter Pharmazeutin, Apotheke im Stadion Center, Wien

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Welche Mikronährstoffe sind außerdem für die Immunabwehr von großer Bedeutung?

Vitamin C unterstützt das Immunsystem. Die Ursache dafür ist mit hoher Wahrscheinlichkeit seine antioxidative Wirkung. Sie verringert Schäden an Abwehrzellen, welche durch reaktive Sauerstoffspezies verursacht werden. Außerdem kommt es offenbar zu einer vermehrten Bildung von natürlichen Killerzellen, Lymphozyten, Zytokinen und Immunglobulinen.

Vitamin C wird vom menschlichen Körper nicht selbst synthetisiert und muss daher über die Nahrung zugeführt werden. In gepufferter Form ist das Vitamin besser verträglich – im Gegensatz zur natürlich vorkommenden L-Ascorbinsäure.

Zink fungiert für über 300 Enzyme als Cofaktor und ist somit ein wichtiges Spurenelement. Studien deuten auf eine antivirale Wirkung von Zink hin, welche mit der Beeinflussung des angeborenen sowie des erworbenen Immunsystems begründet wird. Organische Zinksalze sind in der Regel besser verträglich und haben eine erhöhte Bioverfügbarkeit im Vergleich zu anorganischen. Bei Zinkgaben von über 30 mg pro Tag ist die Cu2+-Resorption vermindert. Daher sollte bei einer längeren Einnahme dieser Menge die Supplementierung von Kupfer in Betracht gezogen werden.

Selen ist nicht nur wichtig für die selenabhängige Konversion von T4 in

Wodurch kann die Aufnahme noch verschlechtert werden?

Die Einnahme bestimmter Medikamente und Genussmittel sowie erhöhter Stress können dem Körper Nährstoffe entziehen. Es wird daher beispielsweise empfohlen, dass Raucher größere Mengen an Vitamin C zu sich nehmen. Bei einer Einnahme von oralen Kontrazeptiva ist der Bedarf an Zink, B-Vitaminen, Vitamin C und Magnesium ebenfalls meistens erhöht. Eine Langzeitbehandlung mit Protonenpumpenhemmern führt zu einer Verringerung der säureabhängigen Vitamin-B12-Aufnahme aus Lebensmitteln und senkt potenziell den Magnesium- und Eisenspiegel. Weiters beeinflusst ein Magenbypass die Aufnahme von Vitamin B12 negativ.

Eine längerfristige Glukokortikoidtherapie führt mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einem AntiVitamin-D-Effekt; darüber hinaus gibt es Hinweise, dass der Transport von Vitamin C beeinflusst wird sowie eine mögliche Steigerung der Oxidation von Vitamin C auftritt.

Umgekehrt führt Zink zu einer verminderten Aufnahme von Antibiotika der Gruppe Tetracycline, wodurch deren Wirksamkeit gegen bakterielle Infektionen eingeschränkt sein kann. Deshalb sollte man auf einen Abstand von vier Stunden zwischen den jeweiligen Einnahmen achten.

Das Interview führte Mag.a Ines Riegler, BA.

Hausärzt:in pharmazeutisch

Up to date bei Hauterkrankungen Ein Resümee vom APOkongress 2021

Foto: © shutterstock.com/ LightField Studios

KONGRESS & FORTBILDUNG

Der APOkongress im November vergangenen Jahres* widmete sich schwerpunktmäßig der Dermatologie. Nachfolgend ein Überblick über wichtige Neuerungen – mit dem Fokus auf jenen Indikationen, mit welchen Allgemeinmediziner und Tara-Apotheker besonders häufig konfrontiert werden.

Psoriasis Univ.-Prof. Dr. Adrian Tanew, Wien und Assoc.-Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in Constanze Jonak, Wien Die Therapie der Psoriasis basiert im Allgemeinen auf vier Säulen: auf der topischen Therapie, der Lichttherapie, auf oralen Therapeutika sowie zielgerichteten Biologika zur Injektion. Eine hervorragende Übersicht bietet die erst kürzlich aktualisierte AWMF-Leitlinie.1 Die Basis der Psoriasis-Therapie bilden topische Glucocorticoide (GC). Neuere Wirkstoffe wie Mometason und Methyl-

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prednisolon sind zu bevorzugen, da diese kaum mehr atrophogen wirken. Mit Effekten ist innerhalb von zwei bis vier Wochen zu rechnen, danach muss ausschleichend reduziert werden. Unklar ist, ob eine einmalige oder zweimalige Anwendung pro Tag zu bevorzugen ist.

Für die Anwendung auf der Kopfhaut stehen heute verbesserte galenische Formulierungen wie Schäume oder Shampoos zur Verfügung.

Vitamin-D-Analoga wie Calcipotriol und Tacalcitol sind bereits seit Anfang der 1990er-Jahre bekannt. Sie können auch im Gesichtsbereich eingesetzt werden und sind in der Langzeitanwendung sehr sicher. In Kombination mit GC sind sie deutlich effektiver als in Form der Monotherapie.

Calcineurin-Inhibitoren sind für die Psoriasis nicht zugelassen, eignen sich aber sehr gut zur Behandlung im Gesicht. Am Stamm und an den Extremitäten sind sie hingegen wirkungslos.

Unter den „alten“ oralen Therapeutika ist Cyclosporin mit Abstand am wirksamsten, das Arzneimittel sollte allerdings nicht länger als ein Jahr gegeben werden. Methotrexat ist sehr einfach in der Anwendung und vor allem kostengünstig. In der Regel wird mit 10–25 mg pro Woche therapiert, eine Folsäuresubstitution verbessert die Verträglichkeit.

Fumarsäureester können ausschließlich magistral rezeptiert werden, es gibt allerdings keine Kostenerstattung.

Bei mittleren bis schweren Verlaufsformen reicht eine topische Behandlung meist nicht aus. Hier konnten die Behandlungserfolge in den vergangenen Jahren dank neuer Biologika-Therapien (siehe Tabelle) deutlich gesteigert werden. Ein PASI-90- bzw. PASI-100-Ansprechen – also eine Reduzierung der Hauterscheinungen um 90 bzw. 100 % – stellt heute keine Seltenheit mehr dar.

Alle Biologika sind zwar als First-LineTherapie zugelassen, jedoch werden sie

Hausärzt:in pharmazeutisch erst bei Therapieversagen bzw. Unverträglichkeiten erstattet.

Atopische Dermatitis OÄ Dr.in Christine Bangert, Wien Die Therapie der atopischen Dermatitis orientiert sich am Stufenschema der europäischen Leitlinie aus dem Jahr 2018. Zur Objektivierung des Schweregrads wird im klinischen Alltag meist der IGA-Score (Investigator’s Global Assessment) herangezogen (0–5 Punkte). Basierend auf dem IGA-Score, erfolgt die Therapiewahl.2, 3 In der topischen Therapie gab es seit Einführung der Calcineurin-Inhibitoren (Tacrolimus, Pimecrolimus) im Jahr 2003 keine Neuerungen mehr. Für die nahe Zukunft werden aber einige neue Wirkstoffe erwartet. Der JAK1/2-Inhibitor Ruxolitinib wurde im September 2021 von der FDA zur Lokaltherapie der atopischen Dermatitis zugelassen.

Ob und wann mit einer EU-Zulassung zu rechnen ist, ist unklar. In den Zulassungsstudien erwies sich der Wirkstoff als sehr effektiv (vergleichbar mit GC). Insbesondere der Juckreiz wurde innerhalb weniger Stunden reduziert.

Weitere neue Lokaltherapeutika in der Pipeline sind Delgocitinib, Tapinarof und Omiganan. Der PDE4-Inhibitor Crisaborol wurde von der EMA zwar im Jahr 2020 zugelassen, jedoch wird er vom Hersteller in Europa nicht vermarktet.

Systemische Therapien sind bei moderaten bis schweren Formen indiziert. Diesbezüglich hat sich mit der Einführung der neuen Antikörper einiges getan. Dupilumab (anti-IL-4/ IL-13) wurde als erstes Biologikum bei der atopischen Dermatitis bereits

2017 von der EMA zugelassen und ist seit 2018 im EKO gelistet. Mittlerweile ist das Präparat auch für Jugendliche und Kinder ab sechs Jahren zugelassen.

Studien konnten eine über 50-prozentige Reduktion des Krankheitsscores nach zwölf Wochen nachweisen. Als zweites Biologikum kam im Juni 2021 Tralokinumab hinzu. In den drei Zulassungsstudien (ECZTRA 1–3) war der monoklonale anti-IL-13-Antikörper einer Placebo-Behandlung deutlich überlegen und zeigte eine anhaltende Wirksamkeit. Die tatsächliche Bedeutung wird sich nun im Real-Life-Setting zeigen. Zahlreiche weitere Biologika befinden sich in klinischen Studien: Am weitesten fortgeschritten sind Lebrikizumab, Nemolizumab und Abrocitinib.

JAK-Inhibitoren haben gegenüber den Antikörpern den großen Vorteil, dass sie oral eingenommen werden können.

Zudem bekämpfen sie den Juckreiz wie kein anderes Medikament. Baricitinib (JAK-1/2) und Upadacitib (JAK-1) waren in der Vergangenheit bereits für die rheumatoide Arthritis zugelassen und haben seit kurzem eine Indikationserweiterung für die atopische Dermatitis erhalten. Die Tabletten werden einmal täglich eingenommen, der Einnahmezeitpunkt ist irrelevant. Wichtige Gegenanzeigen stellen eine schwere Leberinsuffizienz, eine Schwangerschaft, eine aktive Tuberkulose oder andere schwerwiegende Infektionen dar.

Infektionskrankheiten der Haut Prim. Univ.-Doz. Dr. Robert Müllegger, Wr. Neustadt Die Inzidenz von Skabies-Infektionen verzeichnete in den letzten fünf Jahren einen starken Anstieg.

� Tabelle: Neue Biologika-Therapien bei Psoriasis Wirkstoffklasse

Wirkstoffe (Präparate)

IL-17A-Ligandenfänger

Secukinumab, Ixekizumab, Bimekizumab

IL-17-Rezeptor-Antagonisten

Brodalumab

IL-23-Inhibitoren

Guselkumab, Risankizumab, Tildrakizumab

IL-12/23-Inhibitor

Ustekinumab

TNF-α-Inhibitoren

Adalimumab, Certolizumab pegol, Etanercept, Infliximab

Bei der topischen Behandlung mit einer permithrinhaltigen Creme ist eine flächendeckende und lückenlose Applikation entscheidend: Von der Kinnkieferlinie abwärts darf kein Bereich ausgespart werden. Zu erwähnen sind insbesondere der Genitalbereich sowie der Bereich unter den Fingernägeln.

Durch Kratzen finden sich dort vermehrt Parasiten. Empfohlen wird mittlerweile eine verlängerte Einwirkzeit von zwölf Stunden (früher: von acht bis zehn Stunden). Die Behandlung ist nach einer Woche unbedingt zu wiederholen. Da es innerhalb von 14 Stunden zur Lyse der Milbe kommt, kann bereits am Folgetag die Schule bzw. der Arbeitsplatz wieder besucht werden.

Neben der Lokaltherapie kommt heute zunehmend eine systemische Therapie mit Ivermectin zum Einsatz. Der Grund: Es besteht der Verdacht auf eine Resistenzentwicklung der Krätzmilbe. Die aktuelle Österreichische Leitlinie empfiehlt daher immer eine Kombinationsbehandlung,4 denn ein Therapieversagen von beiden Wirkstoffen (von Permithrin und Ivermectin) gilt als unwahrscheinlich. Zudem ist die orale Therapie mit Ivermectin praktikabler und weniger fehleranfällig. Der immer wieder medial diskutierte Einsatz von Ivermectin bei COVID-19 ist akademisch nicht untermauert.

Ein ausbleibender Therapieerfolg lässt sich fast immer auf einen Anwendungsfehler zurückführen. Bei fraglicher Compliance kann eine Wiederholung der Behandlung erwogen werden, ansonsten stellt eine Therapie mit topischem Benzylbenzoat eine mögliche Alternative dar. Die Substanz wirkt allerdings stark irritierend, muss an drei aufeinanderfolgenden Tagen appliziert werden und ist nur in Deutschland erhältlich.

Mag.a Dr.in Irene Senn * Der Artikel bezieht sich auf den APOkongress der Apothekerkammer-Zentrale im November 2021, Messe Wien.

Quellen: 1 Nast A et al., J Dtsch Dermatol Ges 2021;19(6):934-951.

2 Wollenberg A et al., J Eur Acad Dermatol Venereol 2018;32(5):657-682.

3 Wollenberg A et al., J Eur Acad Dermatol Venereol 2018;32(6):850-878.

4 Skabies Therapiemanagement, 2019: oegdv.at

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Hausärzt:in extra

Lizenz zum Lindern

Beitrag der Pflege in der multidisziplinären Schmerztherapie – Pain Nurse als neue Weiterbildung

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einer tatsächlichen oder drohenden Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird“.2 Schmerz kann auf mehrere Dimensionen eines Menschen Einfluss nehmen und wird aufgrunddessen als biopsychosoziales Gesamtphänomen betrachtet. An der Entstehung und Aufrechterhaltung von Schmerz sind neben der biologisch-psychologischen (sensorischen) Dimension auch affektiv-emotionale Faktoren beteiligt, welche wiederum durch soziokulturelle Faktoren beeinflusst werden. Diese sind besonders bei Schmerzerleben und -ausdruck im Chronifizierungsprozess ausschlaggebend.3 Das Biopsychosoziale Modell bietet den Schmerzpatientinnen und -patienten und dem Behandlungsteam ein Konzept, das den Schmerz mit seinen komplexen Wechselwirkungen und verschiedenen Komponenten begreifbar macht. Zudem stellt das Modell die Betroffenen mit ihren erlebten physischen, psychischen und sozialen Beeinträchtigungen in den Mittelpunkt der Begleitung und Behandlung. 4

Ganzheitlich ausgerichtete Pflegepraxis

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im Dschungel der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten zu finden. Denn eine erfolgreiche Schmerztherapie kennzeichnet sich durch interdisziplinäre und multiprofessionelle Ansätze in der Diagnostik und Behandlung.

Biopsychosoziales Gesamtphänomen Der Begriff Schmerz bezeichnet laut Internationaler Schmerzgesellschaft (ISAP = International Association for the Study of Pain) „ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit

Autorin: Tamara Archan MSc, BScN Advanced Practice Nurse für Geriatrie, Palliative Care und Schmerzmanagement in Wien, zertifizierte Pain Nurse, DGKP

Foto: © Tamara Archan, privat

Alle kennen ihn – den Schmerz. Er ist ein sehr präsentes Thema in unserem Leben.

Jeder hatte schon einmal Schmerzen – sei es durch eine Verletzung, eine Operation, eine Erkrankung oder wegen eines einschneidenden Erlebnisses, um nur wenige Gründe zu nennen. Laut einer Studie treten bei 19 Prozent der erwachsenen Europäerinnen und Europäer chronische Schmerzen von mittlerer bis starker Intensität auf und beeinträchtigen nachweislich die Qualität ihres sozialen und beruflichen Lebens.1 Für Patientinnen und Patienten ist es jedoch oft schwer, das passende Angebot

Die professionelle Pflege ist maßgeblich an der Therapie von Schmerzen beteiligt.

Besonders in stationären Gesundheitseinrichtungen – wie in Langzeitpflegeeinrichtungen, im Krankenhaus – oder bei ambulanten Gesundheitsleistungen nimmt die professionelle Pflege eine Schlüsselrolle ein. Diese ergibt sich aus der kontinuierlichen Begleitung der Patientinnen und Patienten wie auch aus der ganzheitlich ausgerichteten professionellen Pflegepraxis. Kernaufgaben des

gehobenen Dienstes der Gesundheits- und Krankenpflege beinhalten neben der Gesamtverantwortung für den Pflegeprozess die eigenverantwortliche Planung und Durchführung von Pflegeinterventionen. Letzterer Bereich umfasst Folgendes: Unterstützung bei und Förderung von Aktivitäten des täglichen Lebens, psychosoziale Betreuung, Beobachtung und Überwachung des Gesundheitszustandes, Beratung und Schulung sowie Förderung der Gesundheitskompetenzen von Patientinnen und Patienten.5

Lebensqualität und Selbstwirksamkeit steigern

Literatur: 1 Breivik H et al., (2006). Survey of chronic pain in Europe: Prevalence, impact on daily life, and treatment. Eur J Pain 10: 287-333.

2 ISAP (2021): iasp-pain.org/publications/iasp-news/iasp-announces-reviseddefinition-of-pain/ (abgerufen am 27.09.2021).

3 Wuchse D. & Bach M. (2011) Chronischer Schmerz, klinische Neuropsychologie, Springer Verlag, Wien.

4 Neustadt, K. Sabatowski, R. & Kaiser, U. (2017), Das biopsychosoziale Schmerzmodell: Leidfaden Heft 4. DOI: 10.13109/9783666402906.49.

5 Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), Fassung 2021.

PARTNER:IN

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In der multiprofessionellen Zusammenarbeit sind besonders die Beobachtung und die Einschätzung von Schmerzen oder Symptomveränderungen zentrale Aufgaben der professionellen Pflege. Pflegetherapeutische Maßnahmen können in Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen – wie der Medizin und Therapie – durchgeführt werden, aber auch im Rahmen der Prävention und Gesundheitsförderung. Diese Maßnahmen verfolgen einen personenzentrierten Ansatz und können je nach Ursache sehr unterschiedlich sein. Neben den klassischen nicht medikamentösen Schmerztherapien – etwa Schmerzschulungen, Bewegungstherapien, Entspannungstechniken oder Wärme- und Kälteanwendungen – haben komplementäre Pflegemethoden wie die Basale Stimulation® oder die Aromapflege und Bewegungskonzepte wie die Kinästhetik® eine wesentliche Bedeutung für die Schmerztherapie. Neue Weiterbildungsmöglichkeiten für Pflegepersonen zur Pain Nurse können ebenfalls eine große Bereicherung für das interdisziplinäre Team darstellen, da Pflegekräfte mit dieser Spezialisierung besonders bei der Edukation und Begleitung von Patientinnen und Patienten mitwirken können.

Durch eine abgestimmte und angepasste multiprofessionelle Schmerztherapie können Betroffene eine dimensionenübergreifende und zielführende Begleitung und Behandlung erfahren. So erlangen sie mehr Lebensqualität und Selbstwirksamkeit.

Hausärzt:in extra

Leben mit paranoider Schizophrenie

Eine generische Behandlung über alle Erkrankten hinweg schadet mehr, als sie hilft – ein Betroffenenbericht

Foto: © Maria Stratmann (mar_aiki)

Paranoide Schizophrenie ist eine facettenreiche Krankheit mit sehr unterschiedlichen Phasen und Symptomen. Das am meisten verbreitete Bild der Schizophrenie ist von psychotischen Episoden geprägt, in denen Wahnvorstellungen und Halluzinationen auftreten – sogenannte Positivsymptome. Die Prognose für Betroffene ist umso günstiger, je früher die Schizophrenie behandelt wird. Typische Vorläufersymptome sind Schlafstörungen, Reizbarkeit, Geräusch- und Lärmempfindlichkeit sowie sozialer Rückzug.

Sobald Beziehungsideen dazukommen – also Betroffene äußere Sinneseindrücke aus der Umwelt auf sich beziehen, als würden andere Menschen das eigene Leben verfolgen oder belächeln –, steht eventuell eine Psychose bevor. Die Beziehungsideen können, wenn die Psychose unbehandelt bleibt, in einen verfestigten Beziehungswahn übergehen. Ich war irgendwann der Überzeugung, dass in meiner Wohnung Kameras und Mikrofone installiert sind und dass alles, was ich tue, im Internet für ein Millionenpublikum übertragen wird.

Um die Halluzinationen und Wahnvorstellungen so schnell wie möglich zu reduzieren, sollte das Ziel darin bestehen, dass sich der Patient dauerhaft in psychi-

Autor: Jens Jüttner Von paranoider Schizophrenie Betroffener und Buchautor

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atrische Behandlung begibt – am besten in eine Klinik, um dort die Psychosen medikamentös mit Antipsychotika therapieren zu lassen. Dies erreicht man am ehesten, indem man in der Kommunikation an seinen Leidensdruck anknüpft.

Individuelle medikamentöse Therapie Die richtige medikamentöse Einstellung ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und benötigt viel Zeit. Es gibt eine ganze Reihe moderner Antipsychotika, die alle ein anderes Wirkprofil in Bezug auf den Hirnstoffwechsel haben.

Da die Medikamente auch langfristig eingenommen werden sollten, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Patienten und seinem Arzt notwendig, sodass die optimale Medikation mit der besten Wirkung und mit möglichst wenigen Nebenwirkungen gefunden werden kann. Ärzte müssen sich auf jeden Patienten individuell einlassen, eine generische Behandlung über alle Erkrankten hinweg schadet mehr, als sie hilft. Auch nach dem Abklingen der Positivsymptome ist es ratsam, Antipsychotika für einen längeren Zeitraum zu verschreiben, weil ein abruptes Absetzen zu einer Reboundpsychose führen könnte.

Neben den Positivsymptomen können Negativsymptome auftreten – wie bei einer Depression. Diese lassen sich medikamentös wesentlich schwerer behandeln. Antipsychotika oder Antidepressiva können einen positiven Effekt auf die Negativsymptomatik haben, jedoch besteht

Zurück in den Alltag Nach einem Klinikaufenthalt ist eine gute ambulante Weiterversorgung des Patienten wichtig. Eine weiterführende Betreuung durch einen Psychiater, einen Psychotherapeuten oder ein Sozialpsychiatrisches Zentrum kann ebenfalls sinnvoll sein. Vielen Betroffenen hilft ein geregelter Tagesablauf, um wieder in den Alltag zu finden. Bei mir war es genau das Gegenteil. Nach der erfolgreichen medikamentösen Behandlung war für mich der komplette Verzicht auf jegliche Verpflichtungen der Schlüssel zum Erfolg. Ich war lange allein in meiner Wohnung und habe diese erst wieder verlassen, als ich eigenständig das Verlangen entwickelte, mich gesellschaftlich, beruflich und sozial zu engagieren. Ein weiterer Beweis dafür, dass die Behandlung von Schizophrenie individuell an jeden Menschen und dessen Bedürfnisse angepasst werden sollte.

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Foto: © shutterstock.com/ IR Stone

bei Antidepressiva immer die Gefahr, dass diese eine erneute Psychose triggern.

Mir persönlich hat ein Antiepileptikum als Moodstabilisator sehr geholfen. Diese Behandlung wird zwar eher bei einer schizoaffektiven Störung angewandt. Da die Grenzen zwischen klassischer Schizophrenie und einer schizoaffektiven Störung jedoch fließend sind, kann der Einsatz durchaus einen Versuch wert sein.

X HAUSÄRZT:IN-Buchtipp Als ich aus der Zeit fiel Von Jens Jüttner Pinguletta Verlag 2020

Foto: © OeAeK Bernhard Noll

Hausärzt:in extra/informativ

Arzt Sicht Sache Seitenblicke auf die Medizin

Dr. Norbert Jachimowicz Leiter des ÖÄK-Referates für Substitutionsangelegenheiten

„ÖGK steht bei Opiat-Substitutionstherapie auf der Bremse“ Über 19.000 Menschen befanden sich 2020 in einer Opioiderhaltungstherapie.

Einigen von ihnen könnte der Alltag durch ein 2018 von der EMA zugelassenes Medikament deutlich erleichtert und mehr Freiheit und weniger Stigmatisierung ermöglicht werden. Die Rede ist von Buvidal, das zur Behandlung der Abhängigkeit von Opioiden wie Heroin und Morphin verwendet wird. Statt der regelmäßigen Einnahme von Tabletten ist nur noch eine monatliche Depotspritze nötig.

Das bringt eine große Zahl von Vorteilen für die Betroffenen mit sich: Der tägliche Gang in die Apotheke fällt weg. Berufstätige, die etwa in Schichtarbeit oder Berufen mit vermehrter Reisetätigkeit beschäftigt sind, würden von größerer Bewegungsfreiheit profitieren. Darüber hinaus gibt es ein großes Sicherheitsplus bei der Anwendung durch den Arzt oder die Ärztin und missbräuchliche Verwen-

dung und Handel sind ausgeschlossen.

Auch der Kontakt zur Opiatszene, der sich durch den regelmäßigen Besuch der ausliefernden Apotheke zwangsläufig ergibt, fällt weg.

Doch die Depotspritze wird weiterhin nicht von der Österreichischen Gesundheitskasse bezahlt – mit dem Hinweis auf die zu hohen Kosten. Wenn die Krankenkassen erst auf einen Antrag des Herstellers warten und den Therapienutzen prüfen möchten, wie es der Dachverbandschef in den Raum gestellt hat, dann negiert das zum einen die internationalen Erfahrungen und die entsprechend breite Anwendung, die schon jetzt stattfindet. Zum anderen geht dieses bürokratische Zuwarten zulasten von Menschen mit chronischen psychiatrischen Erkrankungen, die weiterhin Druck und Unannehmlichkeiten in ihrem Alltag ausgesetzt werden. Ab-

zulehnen ist auch, dass die Krankenkasse Ärztinnen und Ärzte anschreibt und sie auffordert, Depot-Buprenorphin aus Kosten- und Verhandlungsgründen nicht mehr neu zu verschreiben, obwohl die Patientinnen und Patienten auf das Mittel schon optimal eingestellt sind und es gut annehmen. Weiters konterkariert die Gesundheitskasse dadurch den Willen des Gesetzgebers, der sogar schon die Substitutionsverordnung dahingehend geändert hat, dass eine Drogenersatztherapie nicht mehr nur „oral" erfolgen muss, sondern eben auch die subkutan zu applizierende Depotzubereitung ermöglicht wird. Zudem gibt es für an Schizophrenie oder bipolarer Störung Erkrankte seit Längerem injizierbare Depotpräparate, die von der ÖGK anstandslos bewilligt werden. Warum dann nicht auch bei Patienten mit Substanzgebrauchsstörungen? <

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Hausärzt:in informativ

Adipositas überwinden: Welt-Adipositastag am 4. März Starkes Übergewicht beeinträchtigt nicht nur das Wohlbefinden, sondern ist auch ein enormes Gesundheitsrisiko.

Bereits 2,1 Milliarden Menschen weltweit sind übergewichtig, 671 Millionen davon haben Adipositas – gemessen anhand eines Body-Mass-Index (BMI) von über 30 kg/m². Von Adipositas Betroffene leben kürzer und haben häufig mit Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauferkrankungen oder Diabetes zu kämpfen. ExpertInnen der MedUni Wien sowie Betroffene bieten anlässlich des Welt-Adipositastags am 4. März 2022 sachkundige Informationen aus erster Hand und schlagen Lösungen vor.

Ein bariatrischer Eingriff ist eine dieser Lösungen: Er dient der nachhaltigen Gewichtsreduktion und ist in vielen Fällen die beste Wahl, um

den Betroffenen langfristig zu helfen, das betont auch Univ.-Prof. Dr. Gerhard Prager, Leiter der Spezialambulanz Speiseröhre – Magen – Adipositas von MedUni Wien und AKH Wien: „Unsere Studien zeigen, dass der Magenbypass die effektivste Behandlung der höhergradigen Adipositas ist. Auch zehn Jahre nach dem Eingriff sind die meisten Patientinnen und Patienten deutlich leichter als vor der Operation“.

Beim Online-Event geht es aber nicht nur um chirurgische Möglichkeiten der Gewichtsreduktion. SpezialistInnen gehen dem Zusammenspiel von Adipositas und Hormonen auf den Grund und es werden neue Therapieoptionen und Diäten diskutiert. Aktuelle Studien zeigen, dass Adipositas auch immer mehr Jugendliche betrifft, sodass sich zwei Vorträge intensiv diesem Thema widmen.

Foto: © Bianca Itariu

Online-Event von MedUni Wien/AKH Wien

Menschen mit Adipositas haben ein höheres Risiko, einen schweren Krankheitsverlauf von COVID-19 zu entwickeln. Die Erkenntnisse aus der COVID-19-Pandemie im Zusammenhang mit Adipositas werden deshalb an diesem Tag ebenso thematisiert.

Online-Event zum Adipositastag am 4. März 2022 (17–19:00 Uhr): Übergewicht erfolgreich behandeln – Folgeerkrankungen vermeiden. ExpertInnen informieren und beantworten Ihre Fragen. Den Link zum Stream finden Sie hier: www.meduniwien.ac.at/ adipositastag

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Die HAUSÄRZT:IN – Praxis-Magazin für Primärversorgung – ist ein interdisziplinäres Informations- und Fortbildungsmedium.

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