CLOUD Mai 2022: Barrieren abbauen - Wie Hindernisse überwunden werden

Page 26

08 – Forschung

EINE PROFESSUR, DIE VIEL BEWEGT INTERVIEW: NATASCHA RITZ

Dr. Sonja Kahlmeier wurde kürzlich zur Professorin für Gesundheitsförderung unter besonderer Berücksichtigung der Alltagsbewegung ernannt. Was ihr Forschungs­ gebiet beinhaltet und wie sie sich persönlich bewegt, erzählt sie im Interview.

26

Frau Kahlmeier, was erforschen Sie?

Ein sperriger Begriff, Verhältnisprävention…

Ich untersuche die unterschiedlichen Aspekte der Bewegung. Sport ist das Naheliegendste, aber ich erforsche auch Alltagsbewegung. Mich beschäftigt die Frage, wie man Städte und Gemeinden so gestalten kann, dass Bewegung gefördert wird.

Er meint ganz einfach, dass man das Umfeld so gestaltet, dass man gar nicht mehr darüber nachdenkt, sich den Verhältnissen angepasst zu bewegen. Amsterdam ist ein gutes Beispiel; in der Innenstadt mit dem Auto unterwegs zu sein, ist extrem mühsam, es ist ausgerichtet auf Velofahrer. Das war in den 70er-Jahren ein bewusster politischer Entscheid.

Warum ist es wichtig, auch Alltagsbewegung zu untersuchen? Sport ist nicht für alle attraktiv, sei es aus finanziellen Gründen, da Abos oder Sportgeräte teuer sind, oder weil man Vorbehalte hat. Daher ist die Bewegung im Alltag für viele die bessere Option. Sie ist nicht zeitintensiv, denn man bewegt sich ja ohnehin von A nach B und kann dies oft einfach zu Fuss oder mit dem Velo tun anstatt mit Auto oder öV. Das heisst die Förderung von Bewegung, die eher unbewusst geschieht? Genau. Die Bewegungsförderung hat zwei Ansätze, die Gruppenebene und die persönliche Ebene. Auf der persönlichen Ebene sind Kampagnen ein guter Weg. Wir kennen zum Beispiel die Anti-Raucher-Kampagnen oder die HIV-Kampagne des Bundes. Wenn ein Thema neu auf der Agenda ist, funktioniert das gut. Bei der Bewegung ist es anders. Wir alle wissen, dass es gut wäre. Da ist die Verhältnisprävention der wichtigere Weg.

CLOUD – Das Magazin der Fernfachhochschule Schweiz

Wie sieht es diesbezüglich in der Schweiz aus? In der Schweiz hat man 2020 das Veloweggesetz verabschiedet, das war überfällig. Wir haben eines der grössten Wanderwegnetze in Europa, das wird auf Bundesebene gefördert. Bei Velowegen bisher noch nicht. Die Kantone sind nun in der Pflicht, für ein zusammenhängendes und sicheres Velowegnetz zu sorgen. Kurz zusammengefasst beschäftigen Sie sich mit der Frage, wie man Menschen zu mehr Bewegung motiviert, sei es zu Fuss gehen oder Velofahren? Oder eben Sport. Das ist aber nicht alles. Es geht auch um Bewegung am Arbeitsplatz im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM). Langes Sitzen über viele Stunden ist nicht gut. Die negativen Gesundheitseffekte müssen kompensiert werden. Höhenverstellbare Pulte sind z. B. sehr hilfreich, oder Drucker zentral in den Stockwerken zu platzieren. Auch Mitarbeitende zum Sport zu motivieren, etwa über eine Jogginggruppe. Aber man muss Massnahmen so umsetzen, dass sie nicht nur jene erreichen, die sich ohnehin schon viel bewegen. Sonst wird die Lücke zu denjenigen, die sich nicht gerne bewegen, noch grösser.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
CLOUD Mai 2022: Barrieren abbauen - Wie Hindernisse überwunden werden by Fernfachhochschule Schweiz (FFHS) - Issuu