FORSCHUNG
SPANNEND WIE EIN KRIMI Forschungsarbeiten brauchen zumeist einen langen Atem. Dass das Arbeiten an einem Projekt jedoch äußerst spannend sein kann und fast ein wenig kriminalistischem Spürsinn ähnelt, beweist die Forschungstätigkeit von Dozentin Dr. Ingrid Sitte. Sie erforscht die degenerative Bandscheibe und ist dabei auf Zellen gestoßen, die dort noch nie jemand zuvor entdeckt hat.
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UNIVERSITÄTSKLINIK FÜR ORTHOPÄDIE UND TRAUMATOLOGIE
ie ursprüngliche Frage der wissenschaftlichen Tätigkeit war es, was nach Unfällen und bei degenerativen Erkrankungen im Bereich der Bandscheiben passiert. „Ziel unserer Arbeit ist die Beschreibung posttraumatischer, posttraumatisch degenerativer und degenerativer Bandscheibenveränderungen auf histologischer und ultrastruktureller Ebene im Transmissions-Elektronenmikroskop“, erläutert Doz. Dr. med. Ingrid Sitte. Mitarbeiterin im Forschungsprojekt BMA Miranda Klosterhuber war es dann, die auf eine Zelle aufmerksam wurde, die zuvor noch nie beschrieben worden ist. Es waren Zellen, die alle einen homogenen Kern hatten, was ein Hinweis für Aktivität der Zelle ist. Grund genug für Sitte, diese Zellen genauer unter die Lupe zu nehmen und sich näher anzusehen, wie sich diese Zellen verhalten. Die erste Publikation der erstmalig beschriebenen „Ballonzelle“ erfolgte 2009.
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Auch wenn Sitte bereits um die Jahrtausendwende mit ihrer Forschung begonnen hat, so hat ihr Interesse bis heute nicht nachgelassen. „Es ist sehr spannend, wir entdecken immer wieder was Neues, was wir vorher noch nie gesehen haben.“ Und so stecken Sitte und Klosterhuber mittendrin in einer Forschungstätigkeit, die immer wieder neue und interessante Einsichten zu Tage bringt. Nicht alles wurde bis dato publiziert, denn der wissenschaftliche Beweis dauert und bedarf zahlreicher Faktoren. Eines lässt sich für Sitte jedoch schon jetzt ableiten: „Grundsätzlich scheint sich die Neigung zu degenerativen Veränderungen der Bandscheiben wie Bandscheibenvorfälle auf eine genetische Veränderung zurückführen zu lassen, jedoch dürften auch noch weitere
Faktoren Einfluss auf dieses Geschehen haben. Hier zeichnet sich ab, dass sowohl die Belastung als möglicherweise auch die Ernährung einen Einfluss auf degenerative Veränderungen haben können“, zeigt sich Sitte zuversichtlich. Zudem lässt sich erahnen, dass sich ihre Ergebnisse auch auf Knorpel übertragen lassen. Als spannend erwies sich eine Forschungskooperation mit dem Biomechanik-Labor von Prof. Schmölz, bei dem ein Unfall nachgestellt wurde. Dabei war die Frage, was Kompression durch einen Schlag auf die Bandscheibe und ihre Zellen bewirkt.
„Interessanterweise zeigte sich, dass es auch nach Kompression zur Ausbildung dieser sogenannten Ballonzellen kommen kann. Zumindest sehen sie gleich aus, aber ist auch das Verhalten gleich? Das ist nun wieder Gegenstand weiterer Forschungen“, schmunzelt Sitte. Internationale Verbindungen vor allem nach England und der Austausch mit anderen Wissenschaftlern spornen Sitte ebenso an wie die Freude an der wissenschaftlichen Arbeit. Dennoch möchte sie auch ihre klinische Tätigkeit mit den Patienten nicht missen. |
Doz. Dr. Ingrid Sitte und ihre Mitarbeiterin BMA Miranda Klosterhuber im Labor