Fotos: Privat
Ab aufs Rad
Zweirad-Fan ohne Obdach Von Linda Rennings
Ein Fahrrad ist für Obdachlose weniger Statussymbol als eine optimale Transportmöglichkeit oder gar ein kleiner Ersatz für das fehlende Zuhause. Es kann – gerade mit einem Anhänger oder zwei Fahrradtaschen – eine Menge Lasten schleppen. Man kommt schnell von A nach B, ohne ein Ticket lösen zu müssen. Es ermöglicht sogar Abstand zu halten, wo man das möchte. Und es garantiert Unabhängigkeit. Wir haben mit Dieter H. gesprochen, der zeitweise auf der Straße lebt und ihn gefragt, wie seine Beziehung zum Rad aussieht. Und haben festgestellt, dass die Drahtesel-Liebe genauso groß ist wie bei allen anderen Bürgern auch.
D
er 55-jährige Dieter H. kommt ursprünglich aus Bayern, gilt aber fast schon als ein waschechter Köl
ner. Zusammen mit seiner Mutter und seinen sechs Geschwistern kam er vor 53 Jahren nach Köln und wurde, wie auch die anderen, ins Heim gegeben. Seinen Vater kennt er nicht. Als seine Mutter etwas später ihren zweiten Mann ken nenlernte, durften alle Kinder aus dem Heim wieder nach Hause. Zunächst war die Familie wieder komplett, doch als die Kinder älter wurden, setzte der Stiefvater sie auf die Straße. So kam Dieter mit 15 Jahren erneut ins Heim, wo er zumindest regelmäßige Versorgung hatte, die er von zu Hause nicht kannte: Dort hat es ihm zufolge mehr Prügel als Essen gegeben.
Maßnahme: Fahrradwerkstatt Mit 16 Jahren fing er dann eine Ausbil dung zum Zimmermann an, die er jedoch zwei Jahre später abbrach. Als er volljährig wurde, ging er erst mal seinen eigenen Weg und lernte so die verschie densten Szenen der Großstadt kennen. So kam er auch irgendwann an Drogen. Dieter war zu dieser Zeit schon obdach los und schlug sich mit verschiedenen
8








