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Geschäftsführer: Dipl.-Kfm. Wilhelm Mermagen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
Petra Heider
Rechtsanwältin und Steuerberaterin
Liebe Leserinnen und Leser, der DRAUSSENSEITER feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum – wir gratulieren! 30 Jahre Engagement mit und für Menschen, die auf der Straße leben – und dieses außerordentliche Magazin schaffen. Dagegen ist die Literaturszene Köln e.V. noch ein junger Verein, er wurde 2018 gegründet. Unsere Ziele: Vernetzen und Fördern der Kölner Literaturszene und aller Literaturschaffenden. Wir freuen uns, dass wir zusammen das langjährige Bestehen eines der wichtigsten Stadtmagazine Kölns feiern können und diese Literaturausgabe in Zusammenarbeit mit der Redaktion gestalten konnten.
Gemeinsam mit Chefredakteurin Christina Bacher und den ehrenamtlich tätigen Redakteurinnen und Redakteuren des DRAUSSENSEITER haben wir Kölner Autorinnen und Autoren gebeten, einen Beitrag zum Thema Hoffnung beizusteuern. Denn wir denken, dass Lesen Hoffnung ist. Lesen hilft zu verstehen. Lesen gibt uns die Möglichkeit, für Momente jemand anderes zu sein, anderswo zu sein.
Danke für Ihr und Euer Mitwirken, danke an die Redaktion und an alle DRAUSSENSEITERVerkäuferinnen und Verkäufer für den unermüdlichen Einsatz, das Engagement – und die vielen guten Ausgaben des Straßenmagazins DRAUSSENSEITER. Danke auch an Elke Heidenreich, Samy Challah, Seyda Kurt, Enno Stahl, Sabine Schiffner, Leo Leowald und Brigitte Glaser für eure Beiträge und die Gespräche.
Frohes Lesen – auch im Namen der DRAUSSENSEITERRedaktion und des Vereins OASE – Benedikt Labre e.V. – wünscht die Literaturszene e.V.
Der Cartoonist, Schauspieler, Autor und Puppenfilmer Samy
Für Elke Heidenreich bedeuteten Bücher schon immer eine wichtige Zuflucht, sie gaben ihr auch in schwierigen Zeiten Halt. Die in Essen geborene Literaturkritikerin hat sich nun mit DRAUSSENSEITER-Verkäufer Lothar Schmieding und Chefredakteurin Christina Bacher im Literaturhaus zum Gespräch getroffen. Seite 4–8
Challah wurde 1979 in Griechenland geboren, studierte an der Kunsthochschule für Medien in Köln und spielte in zahlreichen Filmen mit. Für unseren Literaturschwerpunkt hat er exklusiv eine Kurzgeschichte beigesteuert – genauso wie Brigitte Glaser, Elke Heidenreich, Seyda Kurt, Leo Leowald, Sabine Schiffner und Enno Stahl. Seite 10-17.
Themenschwerpunkt: Lesen ist Hoffnung Interview mit Elke Heidenreich „Wenn uns ein Buch nicht erreicht, müssen wir es nicht lesen“ 4-8
Literatur zum Fest: Lesen ist Hoffnung Elke Heidenreich, Enno Stahl, Seyda Kurt, Leo Leowald, Brigitte Glaser, Sabine Schiffner, Samy Challah 10-17
Neues Genre: Gay Romances 18 Empathiekonferenz in Heidelberg 19 Buchtipps 20 Cartoon 21 Aus den Einrichtungen | OASE-News 22-23 Abonnement | Impressum 24 Vorschau | Kulturtipp 25 Service: Adressen 26-27
Seit mehr als 30 Jahren bietet die OASE – Benedikt Labre e.V. Beratung, Informationen und weiterführende Hilfen rund um die Themen Wohnungslosigkeit und drohender Wohnungsverlust.
Die OASE – Benedikt Labre e.V. unterstützt Menschen ohne Wohnung oder in Wohnungsnot durch Förderung ihrer Fähigkeiten dabei, das Leben nach ihren Vorstellungen zu gestalten.
OASE – Benedikt Labre e.V. Alfred-Schütte-Allee 4, 50679 Köln, Tel.: 0221 - 98 93 530
Öffnungszeiten: Kontakt- und Beratungsstelle Montag und Freitag: 9.00 – 13.00 Uhr, Dienstag und Donnerstag: 9.00 – 16.00 Uhr Mittwoch: nach Terminvereinbarung
und zugreifen. Danke an die Macher*innen und die vielen Straßenverkäufer*innen.
In Elke Heidenreichs Buch „Alles kein Zufall“ geht es unter anderem um die Suche nach Glück. Darin stellt sich die bekannte Literaturkritikerin und Autorin die Frage, was es mit dieser Reihe von unterschiedlichen Momenten – schönen und nicht so schönen – auf sich hat, die manchmal wirken, als hätte irgendein Gott einfach nur gewürfelt.
Vielleicht, so die These, ist so ein Menschenleben mit all seinen Glücks- und Unglücksfällen alles andere als ein Zufall. Was aber, wenn das Glück dauerhaft verschwindet?
Dann, da ist sich die sozial engagierte Wahl-Kölnerin mit dem obdachlosen Straßenzeitungsverkäufer Lothar Schmieding einig, bleibt noch die Hoffnung. DRAUSSENSEITER-Chefredakteurin Christina Bacher hat die beiden sehr unterschiedlichen Literaturfans an einen Tisch gebeten und dann doch einige Gemeinsamkeiten feststellen können. Besonders schön: Dieses Gespräch auf selber Augenhöhe hat alle Beteiligten sehr glücklich gemacht.
DRAUSSENSEITER: Sie kommen gerade mit dem Zug aus Dessau. Haben Sie unterwegs ein Buch gelesen? Elke Heidenreich: Ja, diesmal hat sogar mal alles geklappt, ich hatte meine Ruhe und konnte lesen – schön. Aber ich gebe zu, dass ich damit eine der wenigen Ausnahmen bin. Es gibt lange nicht mehr so viele Leute, die in der Bahn lesen, wie früher. Und wenn, dann schauen sie auf ihr Handy und lesen Kurznachrichten. Aber ich fürchte, wer immer nur mit Kurznachrichten und in Social Media zugange ist, der verliert irgendwann die Fähigkeit, gute Sätze zu bilden, und vielleicht auch das Gespür für eine Art Dramaturgie in der Erzählung. Lothar Schmieding: Das ist mir auch aufgefallen. Ich war ja dieses Jahr viel mit dem 9-Euro-Ticket unterwegs und konnte das Reiseverhalten anderer Menschen gut beobachten. Da war kaum mal einer, der sich unterhalten wollte oder sich die Zeit für ein gutes Buch genommen hat. Und wenn ich an der Krebsgasse hinter der Oper stehe und den DRAUSSENSEITER verkaufe, beobachte ich dasselbe Phänomen: Die Leute gehen häufig einfach an mir vorbei, ohne mich überhaupt wahrzunehmen – haben immer den Blick auf ihr Handy gerichtet. Dabei könnte ich ihnen oft viel besser den Weg erklären als Google Maps.
DRAUSSENSEITER: Offenbar bildet sich da im Kleinen – im Zug, im Abteil, in der Gasse – ein Phänomen ab, das sich auch gesamtgesellschaftlich im Wandel befindet: Dass die Menschen weniger miteinander sprechen beziehungsweise grundsätzlich anders kommunizieren. Ich wage mich mal mit der Behauptung vor, dass das auch darin begründet ist, daß immer weniger gelesen wird?
Lothar Schmieding: Man kann ja an jeder Bushaltestelle hören, dass sich vor allem Jugendliche nur noch in gekürzten Sätzen unterhalten, wie „Ich geh‘ Schule“. Und wenn sich dann einer missverstanden fühlt, lässt er auch schon
mal ganz schnell die Fäuste sprechen. Das scheint für manche einfacher zu sein, als ein klärendes Gespräch zu führen. Elke Heidenreich: Um das zu verstehen, kann man mal ganz tief in die Anfänge der Menschheitsgeschichte gehen. Jeder Mensch, denke ich, hat Gut und Böse in sich und ist unter Umständen zu unglaublicher Brutalität fähig. Jede und jeder von uns hatte schon mal einen Wutanfall oder vielleicht sogar mal das Gefühl, jemanden ermorden zu wollen. Gott sei Dank tut man das dann aber nicht, weil uns etwas davor bewahrt, Barbaren zu werden. Und zwar nicht irgendwelche Gesetze, sondern es ist eben die Kultur, die uns schon seit Jahrhunderten prägt. Schon die ganz frühen Menschen haben Zeichnungen in Höhlen angefertigt, weil man schon immer das Bedürfnis nach Schönheit und Ästhetik hatte und dazu die Idee, sich anhand von Bildern auszutauschen. Kultur verhindert Barbarei.
»die gutenachtgeschichten, die man sich früher zum Einschlafen erzählt hat, hatten eben auch zur Folge, dass man sich mit Sprache und dramaturgie einer geschichte beschäftigte.«
DRAUSSENSEITER: Vielleicht zählten deshalb in der Coronazeit Buchläden zu den Geschäften des persönlichen Grundbedarfs. Sie hatten – zumindest zeitweise – geöffnet, als viele andere Geschäfte geschlossen waren. Manche Buchhandlungen haben für ihre Kund*innen sogar einen Bringservice durch Fahrradkuriere eingerichtet, so groß war der Bedarf an Lese-Nachschub. Es schien fast so, als erlebe das Lesen eine Renaissance.
Elke Heidenreich: Gut. Gleichzeitig ist uns durch die lange Durststrecke während der Coronazeit kulturell viel verloren gegangen. Und immer noch sind die Kinos und Theater halb leer. Dazu kommt jetzt noch der Krieg, und die Leute haben plötzlich Angst, dass sie ihre Heizkosten nicht
mehr bezahlen können. Da bleibt vielen kein Geld mehr für Kultur. Wenn uns das nun auch noch verloren geht, dann habe ich große Bedenken für die Zukunft. Bei den jungen Leuten kann man das schon beobachten: Denen geht die Kultur verloren, sie gehen nicht in die Oper, die halten das alles für überflüssigen Quatsch. Die lesen nicht, und das ist ganz gefährlich, finde ich. Und da muss man gegensteuern. Und mit allem, was ich kann, tue ich das auch – auch und gerade im Kinder- und Jugendliteratur-Bereich. Lothar Schmieding: (schmunzelnd) Manchmal kann man vielleicht auch von uns Obdachlosen lernen. Mal im Ernst: Seit ich mich 2016 aus vielen gesellschaftlichen Zwängen befreit und auf Wanderschaft begeben habe, nehme ich mir viel mehr Zeit für meine Mitmenschen und erlebe die Natur um mich herum jeden Tag aufs Neue wie ein Wunder. Jetzt habe ich das Glück – oder Pech, wie man es nimmt – in einem Zelt im Stadtwald zu schlafen. Da bekomme ich jede Jahreszeit und jedes Wetter sehr intensiv mit. Okay, manchmal kommt das Ordnungsamt und räumt alles ab. Und nicht nur ein Mal wurden meine gesamten Notizen geklaut. Alles, was ich auf der Reise geschrieben habe. Aber das nimmt man dann eben in Kauf.
Elke Heidenreich: Sie leben in einem Zelt? Und fühlen sich trotzdem sicher? Das ist beachtlich. Was ist, wenn Sie mal krank werden? Oder älter? Was, wenn tatsächlich mal alles gestohlen wird, das Sie besitzen?
Lothar Schmieding: Darüber denke ich gar nicht nach. Ich lebe für den Moment. Mir ist Materielles eigentlich ziemlich egal. Und eine Kopie meines Personalausweises habe ich in Sicherheit gebracht.
Elke Heidenreich: Es gibt eine Geschichte von einem griechischen Philosophen, der auf einem Schiff übersetzte, von Griechenland nach Ägypten – im Gepäck sein Gesamtwerk. Und dann ging das Schiff unter. Er aber wurde gerettet und hatte alles verloren. Jetzt ist Ihr Lebenswerk weg, sagten andere zu ihm. Aber der zeigte auf seinen Kopf, da, wo das
Hirn sitzt, und antwortete: Nein, das habe ich doch alles hier. Ich trage das in meinem Kopf. Omnia mea mecum porto – all meinen Besitz trage ich bei mir. Dennoch mutig, welchen Lebensweg Sie eingeschlagen haben.
DRAUSSENSEITER: Frau Heidenreich, auf Ihre Art und Weise sind Sie auch unerschrocken und furchtlos, scheint mir. Jedenfalls nehmen Sie kein Blatt vor den Mund, wenn Ihnen etwas nicht passt, und scheinen zu vielem eine Haltung zu haben, wo andere sich lieber wegducken. Ist das der Grund für Ihre Popularität?
Elke Heidenreich: Ich habe tatsächlich vor nichts Angst, außer vielleicht vor Krokodilen. Was kann mir denn passieren? Wir hatten mal einen Intendanten beim ZDF, den habe ich „kulturlos“ genannt und war meinen Job los. Klar, das war nicht sehr diplomatisch und ich hätte mir das verkneifen können. Aber Anpassen gibt es für mich nicht. Mein Respekt gilt jedenfalls keinen Ämtern und Posten, sondern den Menschen selbst. Und ja, das stimmt: Es kommen immer wieder Leute auf mich zu – egal welchen Alters –, die mich auf meine Haltung ansprechen oder auf irgendetwas, das ich mal in einer Talkshow gesagt habe und das sie beeindruckt hat. Genauso handhabe ich das eben auch mit dem Rezensieren von Büchern. Da halte ich mit meiner Meinung nicht hinterm Berg.
»Manchmal falle ich auch auf einen Klappentext oder ein Cover rein – da bin ich eben auch wie jede andere ganz normale Leserin. Aber wenn es mich dann packt und ich merke, dass das ein tolles buch ist, dann tue ich alles dafür und freue mich, wenn es mir gelingt, es auf die bestsellerlisten zu schießen.«
ELKE HEIdENREICHDRAUSSENSEITER: Wann handelt es sich, Ihrer Meinung nach, um ein gutes Buch?
Elke Heidenreich: Wenn jemand eine gute Geschichte zu erzählen hat und ihm die Sprache fehlt, wird das nichts. Und umgekehrt
genauso: Da kann jemand noch so schön erzählen, es braucht eben immer auch eine gute Geschichte. Diese beiden einfachen Dinge müssen zusammenkommen. Eine gute Geschichte verlangt dann auch, dass man sich auf sie einlässt. Ich persönlich begegne erst einmal jedem Buch mit einem gewissen Interesse. Und wenn es einen dann reinzieht, ist es gut. Und wenn nicht, finde ich, darf man ein Buch auch weglegen. Wir müssen ja nicht lesen, wir sind ja nicht mehr in der Schule.
DRAUSSENSEITER: Können Sie sich beim Lesen davon freimachen, dass viele auf Ihre Meinung zum Buch Wert legen?
Elke Heidenreich: Da ich ja keine Vorgesetzten habe und mich niemandem – außer natürlich dem Literaturclub des Schweizer Fernsehens, in dem wir zu viert über Literatur sprechen – verpflichtet fühle, habe ich keinerlei Zwang beim Lesen. Zur Zeit empfehle ich ja samstags für den Kölner Stadt-Anzeiger jeweils ein Buch und sonntags auf WDR 4. Da kriege ich nichts vorgeschrieben und lasse mich oft auch ein bisschen treiben, bis ich mich für ein bestimmtes Buch entscheide. Inzwischen habe ich auch gemerkt, dass ich viel lieber nur noch loben will – Verrisse verkneife ich mir: Ich will die Leute ja ans Lesen bringen.
DRAUSSENSEITER: Es ist bekannt, dass Sie keine Krimis mögen. Das haben Sie ja häufig betont. Gibt es denn etwas, das Sie besonders interessiert?
Elke Heidenreich: Ja, mich interessieren Erstlinge, da kann man noch richtige Funde machen. Wenn der Erstling sehr gut war, will ich natürlich auch das zweite Buch des Autors oder der Autorin lesen. Allein schon, um zu überprüfen, ob das gute Debüt nur ein Zufall gewesen ist. Dann lese ich natürlich auch die Neuerscheinungen von berühmten Autorinnen und Autoren. Manchmal falle ich auch auf einen Klappentext oder ein Cover rein – da bin ich eben auch wie jede andere ganz normale Leserin. Aber wenn es
mich dann packt und ich merke, dass das ein tolles Buch ist, dann tue ich alles dafür und freue mich, wenn es mir gelingt, es auf die Bestsellerlisten zu schießen. Das ist im Grunde ja Leseförderung. Ich sehe mich da als Vermittlerin.
DRAUSSENSEITER: Genau genommen rede ich ja mit zwei Menschen, deren Lebenswege in der Stadt Essen den Anfang nahmen und die sich – nach vielen weiteren Stationen – freiwillig für Köln als Lebensmittelpunkt entschieden haben. Würden Sie das heute nochmal tun?
Elke Heidenreich: Ich fand Köln schon immer toll. Ich hatte schon früh ein möbliertes Zimmer hier, obwohl ich beim Südwestfunk arbeitete und in Baden-Baden wohnte. Und dann bin ich irgendwann ganz hierhergezogen. Aber ich muss sagen, dass ich die Stadt im Laufe der Jahre immer dreckiger, blöder, unfreundlicher fand. Anfangs habe ich mich noch sehr für die Kinderoper oder andere Projekte eingesetzt – inzwischen habe ich mich aus fast allem, außer der lit.Cologne, zurückgezogen. Mich machen einfach zu viele Dinge wütend. Ob das der ehemalige Biergarten Küppers an der Alteburger Straße ist, dessen Kastanien so wunderschön gewachsen waren und die man abgeholzt hat – heute ist da Brachland, wo früher für viele eine Art Wohnzimmer gewesen ist. Oder auch die Tatsache, dass so viele Immobilien überall leer stehen, die man doch den Menschen anbieten könnte, die den Wohnraum dringend bräuchten. Warum denn nicht eine leerstehende Villa in Marienburg einer Familie mit vielen Kindern geben? In der Parkstraße steht ein großes Haus seit fast 30 Jahren leer. Warum das nicht für diejenigen öffnen, die obdachlos sind? Lothar Schmieding: Gute Idee eigentlich. Nur: Eine Villa muss es für mich ja gar nicht sein. Aber ich gebe zu, dass ich sehr dankbar für das wiederholte Angebot der Helping Hands war, die während der Coronazeit dank Spendengelder das Hostel am Bahnhof angemietet hatten, um es uns zur Verfügung zu stellen. So wurden für uns Obdachlose
vierzig Einzelzimmer geschaffen und der nötige Abstand ermöglicht. Vor allem fand ich das gut, weil ich dann meine Schreibsachen in der Kälte direkt im Zimmer hatte und meine Bücher nicht klamm wurden. Solche Initiativen müsste es mehr geben.
DRAUSSENSEITER: Frau Heidenreich, Sie engagieren sich ja seit Jahren für den Verein „Kunst hilft geben“, der sich um ein neues Wohnprojekt für Obdachlose durch Kunstverkäufe und Benefizlesungen bemüht. Wie kommt es, dass Sie sich ausgerechnet für diese Zielgruppe engagieren? Es gibt ja sicher viele Anfragen für karitative Projekte.
Wenn man sich die Zeit nimmt, sich mit mir darüber auszutauschen – das ist für mich das Wichtigste. Und oft höre ich von anderen, dass sie das irgendwie auch verstehen können. Auch durch so ein Gespräch wie heute baue ich die Stärke auf, die ich auf der Straße brauche. Ich fühle mich gerade richtig wohl und das ist gut! Danke dafür. Elke Heidenreich: Den Dank gebe ich gerne zurück. Ich lerne immer wieder gerne dazu. Und da ich jetzt weiß, dass Sie den DRAUSSENSEITER an der Oper verkaufen, bin ich mir sicher, dass wir uns bald mal wieder über den Weg laufen. Bis dahin wünsche ich Ihnen weiterhin viel Kraft, Lothar.
DRAUSSENSEITER: Auch von unserer Seite herzlichen Dank für das Gespräch.
»wenn man sich die Zeit nimmt, sich mit mir darüber auszutauschen – das ist für mich das wichtigste. und oft höre ich von anderen, dass sie das irgendwie auch verstehen können.
Elke Heidenreich: Wir alle verdrängen das ja auch manchmal gerne, dass es Obdachlose gibt. Vermutlich, weil es für eine reiche Gesellschaft wie die unsere schon peinlich ist, dass Menschen unter der Brücke schlafen müssen. Wenn ich sonntagmorgens in den WDR fahre, komme ich immer an der Südbrücke vorbei. Da liegt ein Mann in seinem Schlafsack, der Verkehr braust um ihn herum, manchmal regnet es, es zieht und der liegt einfach da. Und jeden Sonntag bricht es mir das Herz, wenn ich das sehe. Und dann fühle ich mich hilflos und weiß nicht, wie ich ihm helfen kann. Deshalb mache ich Benefizlesungen, unter anderem für „Kunst hilft geben“ oder andere Projekte, die sich in der Obdachlosenhilfe engagieren, oder spende Geld – es ist das Einzige, was ich tun kann. Denn bei mir aufnehmen kann ich ihn nun mal nicht. In solchen Momenten bin ich ratlos, dass es eine Stadt wie Köln nicht schafft, obdachlosen Menschen zu einem Dach über dem Kopf zu verhelfen.
Auch durch so ein gespräch wie heute baue ich die Stärke auf, die ich auf der Straße brauche.«
DRAUSSENSEITER: Lothar, wie wäre dir am besten geholfen? Was wäre dein Wunsch für die nächsten Monate oder Jahre?
Lothar Schmieding: Ich freue mich einfach, wenn sich jemand mit mir auf Augenhöhe unterhält und nicht einfach an mir vorbeiläuft. Ich lebe ja nun seit fünf Jahren in einem Zelt im Wald. Im Jahr 2016 habe ich meinen Beruf – ich bin gelernter Bauingenieur – an den Nagel gehängt und mich auf Wanderschaft begeben. Mir wuchs alles über den Kopf und ich hatte das Gefühl, nur noch für die Versicherungen zu arbeiten, die ich mal abgeschlossen hatte. So gesehen bin ich am System gescheitert.
Das kennen wir aus der Bibel:
„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei. Aber die Liebe ist die größte unter ihnen.“
Im ersten Brief an die Korinther steht das, in Kapitel 13. Die Bibel hat ja nicht Gott geschrieben, das haben Menschen getan. Die Briefe an die Korinther schrieb der Apostel Paulus, und der kann sich auch schon mal irren. „Die Liebe ist die größte unter ihnen“?
Ich bin mir da nicht so sicher… die Liebe, so wunderschön und gewiss wichtig sie im Leben ist, ist schon eine sehr unzuverlässige Angelegenheit, oft genau so schnell wieder verschwunden wie aufgetaucht, nicht festzuhalten, und mit viel zu vielen Erwartungen behaftet. Der Glaube? Das muss jeder für sich selbst entscheiden, ich denke, es ist auch eine Gnade, wenn man glauben kann, eine Gnade und gewiss ein Trost. Als Kinder konnten wir alle noch die Hände falten und beten: „Lieber Gott, mach, dass…“ Und wir haben daran geglaubt, dass er es schon richten wird. Im Verlauf des Lebens geht den meisten von uns dieser Glaube aber verloren.
Bleibt die Hoffnung. In der Schule lernten wir Gedichte: „So oft die Sonne aufersteht, erneuert sich mein Hoffen Und bleibet, bis sie untergeht, Wie eine Blume offen.“
Das ist ein Gedichtanfang von Gottfried Keller, und Emanuel Geibel dichtete: „Und dräut der Winter noch so sehr Mit trotzigen Gebärden, Und streut er Eis und Schnee umher, Es muss doch Frühling werden.“
Es muss doch. Es muss doch besser werden. Alles: das Wetter, das Leben, der Zustand der Welt, mein eigener. Kranke hoffen auf Gesundheit, Arme auf Hilfe, Einsame auf Liebe. Wir hoffen auf Lottogewinne, Glückslose, einen Platz an der Sonne oder einfach nur, wie Sven Regener augenzwinkernd singt, darauf, „dass einer das Klo repariert.“
Ohne Hoffnung geht es nicht, ohne Hoffnung würden wir verzagen, aufgeben. Und aufgeben gilt nicht, weil wir nur dieses eine einzige Leben haben, ein zweites kommt nicht um die Ecke, also, wenn es zurzeit versemmelt ist – durch eigene Schuld oder durch Unglück: Hoffnung auf eine Lösung, eine Verbesserung hält uns auf Trab. Das bedeutet: Hoffnung sollte uns nicht die Hände in den Schoß legen und auf ein Wunder hoffen lassen, sondern sie sollte leuchten wie das Licht am Ende des Tunnels, auf das wir
zugehen. Gehen müssen wir aber schon selber, von allein kommt das Licht nicht in den Tunnel.
Einem Hoffnungslosen das zu sagen, klingt ja fast zynisch. Aber wie sollte man denn sonst überleben, wenn nicht mit tätiger Hoffnung? Die Suche nach irgendeiner Art von Glück ist immer von Hoffnung begleitet.
Die Hoffnung verlieren, die Hoffnung aufgeben – das kann keine Lösung sein, das ist ein trauriger Zustand, aber es sollte möglich sein, aus diesem schwarzen Loch wieder herauszufinden. Man muss es wollen. Das heißt nicht, alle Probleme lassen sich lösen. Aber man kann einiges doch wenigstens versuchen. Kann man „Hoffnung“ durch „Zuversicht“ ersetzen?
„Wenn die Hoffnung nicht wär, so lebt‘ ich nicht mehr“ heißt es im Volksmund. Und schwangere Frauen sind „guter Hoffnung“. Hoffnung auf ein neues Leben. Man sollte, denke ich, irgendwie immer „guter Hoffnung“ sein, das geht auch ohne Schwangerschaft. Es braucht dieses Quäntchen Zuversicht, dass es – es, nicht alles! – schon gut wird, mit meiner Anstrengung, mit der Hilfe von Freunden, Helfern, Unterstützern.
Wie mache ich jemandem, der auf der Straße lebt, Hoffnung? Einige – ich glaube, allzu viele sind es sicher nicht – wollen diesen Zustand. Sie fühlen sich nur dann frei und unabhängig, bei allen Gefahren, Risiken, Anstrengungen, die so ein Leben mit sich bringt. Sie haben sich ausgeklinkt aus dem sogenannten normalen Leben mit seinen oft unzumutbaren Anforderungen. Die meisten aber wollen sicher aus dieser als hoffnungslos empfundenen Lage wieder heraus, so schnell wie möglich, gerade jetzt, im Winter. Es gibt Hilfe, die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. (Wir 68er haben damals gewitzelt: „Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst“ und haben Häuser besetzt, weil wir bei unsern Eltern nicht mehr wohnen wollten.)
Ich sehe die Bilder vom Krieg in so vielen Ländern und denke: wie halten die das aus? Ohne Hoffnung ginge es wahrscheinlich nicht, Hoffnung auf Frieden, Aufbau, ein neues, besseres Leben. Die Liebe hat mich schon oft genarrt, der Glaube hat mich irgendwann verlassen, aber ohne Hoffnung war und bin ich nie.
Ein Gedicht von Rainer Maria Rilke beginnt so: „Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn.“
Hoffnung bis zuletzt. Das ist eigentlich ein Geschenk, oder? Nehmen wir es an.
AQuAREllE: EdGAR lAnGEIn seinem 30. Jubiläumsjahr möchte Deutschlands ältestes Straßenmagazin seiner Leserschaft in Kooperation mit dem Verein Literaturszene e.V. etwas ganz Besonderes als Dank für die jahrelange Treue zurückgeben: Eine Literaturausgabe zum Thema Hoffnung.
ENNO STAHL, geboren 1962, Studium der Germanistik, Philosophie und Italianistik (1997 Dr. phil.), lebt in Neuss. Er veröffentlichte Prosa, Lyrik, Essays, Glossen und Kritiken in Zeitungen und Rundfunk sowie in Zeitschriften und Anthologien. Zahlreiche Stipendien und Preise. Herausgeber von u. a. »Popliteraturgeschichte(n)« (2007) und »Karl Otten Lesebuch« (2007). 2019 erschien sein Buch »Die Sprache der Neuen Rechten: Populistische Rhetorik und Strategien« im Alfred Kröner Verlag. Im Verbrecher Verlag erschienen die Romane: »Winkler, Werber« (2012), »Spätkirmes« (2017) und »Sanierungsgebiete« (2019) sowie die kritischen Essaybände »Diskurspogo. Über Literatur und Gesellschaft« (2013) und »Diskursdisko. Über Literatur und Gesellschaft« (2019).
d ass du und ich wieder besser miteinander auskommen … dass wir und ihr wieder besser miteinander auskommen … dass er, sie und es wieder besser miteinander auskommen … dass die Menschheit wieder besser miteinander auskomme … dass niemand einem Anderen Gewalt oder sonstige Gemeinheiten zufüge … dass Mobbing aus der Welt verschwinde … dass die Würde des Einzelnen respektiert werde … dass es egal sei, woher jemand kommt … dass es egal sei, welche Hautfarbe, Religion oder sexuelle Ausrichtung sie oder er habe … dass Religionen, Ethnien, Geschlechter und Identitäten gleichberechtigt nebeneinander existieren mögen … dass der oder die Einzelne nicht mehr allein unter Verwertungsmaßstäben gesehen werde … dass die Konkurrenzgesellschaft, die alle ihre Subjekte unter Wettbewerbsbedingungen setzt, sich einfach so in Luft auflöse … dass die soziale Ungleichheit beseitigt werde … dass alle gleiche Chancen haben … dass wirklich alle ihres eigenen Glückes Schmiede sein können … dass die Vernunft über die Profitgier siege … dass die Menschheit noch einmal die Kurve kriege … dass sie Kriege endlich abschaffe … dass sie der Klimakrise Herr werde … dass die Erderwärmung gestoppt werde … die Verschmutzung der Meere … die Verunreinigung der Luft … dass viel mehr Menschen Rad fahren und viel weniger Autos und Flugzeuge kursieren … dass die Artenvielfalt erhalten bleibe … die Wälder gerettet werden … der Wassernotstand reguliert werde … dass die Erde überall und in allen Ländern lebenswert bleibe … dass niemand seine Heimat aus Angst vor Hunger, Krieg oder Armut verlassen müsse … dass nie mehr Menschen auf der Flucht in ein besseres Leben umkommen … dass Krankheiten aussterben … dass Krebs sich heilen lasse und auch sonst jede Seuche … dass die Menschheit ein harmonisch-gemeinschaftliches Miteinander verwirkliche … dass alle Menschen frei nach ihrer Fasson leben … dass niemand zur Arbeit gezwungen sei … sondern alle tun könnten, was ihnen am meisten liegt … und nach ihren jeweiligen Bedürfnissen versorgt werden … dass es kein Oben und kein Unten mehr gebe … dass keiner mehr unermessliche Reichtümer für sich anhäufe … sondern die Produktivkräfte und deren Erzeugnisse der gesamten Menschheit gleichmäßig zugutekommen … dass tatsächlich einmal mehr in Bildung investiert werde … dass endlich das reale Wissen zähle und nicht, wer sich am besten verkauft … dass statt einer Forschung in Konkurrenz ein kollektiver Wettstreit um die besten Lösungen grassiere … dass überall frei zugängliche Sportstätten geschaffen werden … Schwimmbäder, Turnhallen, Tennis-, Fußball- und Basketballplätze … dass es vielleicht noch Profisport gebe, er aber vom Kommerzdruck befreit werde … dass die Seriensiege der finanzstärksten Fußballclubs ihr Ende haben (insbesondere die Bayern Münchens) … dass die gesamte Wirtschaft umgebaut werde … sich nicht mehr nach Profitmaximierung ausrichte, sondern im Hinblick auf Nachhaltigkeit … dass sowohl die natürlichen als auch die sozialen Ressourcen dabei stets im Blick bleiben und geschont werden … dass Hierarchien einer freien Assoziation der Kräfte weichen … dass flexible Vereinbarungen zwischen den verschiedenen Kräften im Produktionszusammenhang geschlossen werden … dass jede Vereinbarung beständig überprüft werden könne … dass es immer um das Wohl der gesamten Menschheit gehe, nicht um das einer Nation, eines Stammes oder sonst irgendeiner Klientel … dass neue Werte anstelle der alten treten … zum Beispiel das Bruttosozialglück … eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft, bei der materielle, soziale, kulturelle und psychologische Aspekte zählen … dass die Menschheit einer glorreichen Zukunft entgegengehe … dass die Geschichte der Menschheit sich runde und zu ihrer Vollendung führe … dass auf Erden bereits ein Paradies entstehe … aber vor allem – dass man noch hoffen kann …
… dass nie mehr Menschen auf der Flucht in ein besseres Leben umkommen … dass … dass die Menschheit ein harmonisch-gemeinschaftliches Miteinander verwirkligezwungen sei … sondern alle tun könnten, was ihnen am meisten liegt … und Blick bleiben und geschont werden … dass Hierarchien einer freien Assoziation der
Ich habe mir über diesen Text den Kopf zerbrochen. Und auch fast meine Nägel.
Ich habe die Sätze so energisch in die Laptoptasten gehauen, dass mein*e Sitznachbar*in im ICE irgendwann den Kopf geschüttelt hat. Dann habe ich jedes einzelne Wort gelöscht, und sie hat geseufzt. Ich schreibe etwas Lustiges, habe ich mir zuerst gedacht. Dann war ich doch kurz davor, wieder über Jesus zu schreiben, oder noch schlimmer: über meine Mutter. Ich könnte auch von enttäuschten Hoffnungen auf einer Zugfahrt mit der Deutschen Bahn erzählen, schoss mir dann durch den Kopf, damit könnte ich ganze Bücher füllen. Ich habe alle Ideen verworfen.
ist Essayistin, Journalistin und Moderatorin. Sie schreibt und spricht über Philosophie, Kultur, Politik und linken Feminismus. Als Redakteurin arbeitete sie an dem Spotify Original Podcast „190220 - Ein Jahr nach Hanau“, der mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet wurde. Sie ist Autorin des Sachbuch-Bestsellers „Radikale Zärtlichkeit – Warum Liebe politisch ist“.
Ich habe mich gegen das Schreiben gewehrt und mit jedem zurückgelegten Meter auf der Bahnstrecke bereut, die Anfrage zu diesem Text angenommen zu haben. Ich habe die Hoffnung verloren, bei Ankunft einen vorzeigbaren Text aufzuweisen. Und sowieso, ich halte doch gar nichts von der Hoffnung! Viele Menschen überrascht das. Sie denken: Ein*e junge*r Autor*in, die*der sich dem Kampf gegen die Ungerechtigkeiten der Welt verschrieben hat, über Armut, rechten Terror und Kriege berichtet, queerfeministische, kommunistische Utopien der Zärtlichkeit zeichnet! Die muss doch hoffen!
Doch die Hoffnung ist nicht der Antrieb meiner Arbeit, weder meines Schreibens noch meiner Fürsorge für andere Menschen. Die Hoffnung ist mir zu vage, zu inkonsequent, zu leicht zu erschüttern. Hätte ich mich auf die Hoffnung verlassen, hätte ich nicht nur gebrochene Nägel, sondern ein zerbröseltes Herz. Ich schreibe stattdessen oftmals der Hoffnungslosigkeit zum Trotz.
„Die Hoffnung ist eine Krankheit, mit der uns diese Zivilisation immerhin nicht angesteckt hat. Deshalb sind wir noch lange nicht verzweifelt“, schreibt das Unsichtbare Komitee, ein anonymes politisches Kollektiv aus Frankreich, in seiner Streitschrift Jetzt. „Niemand hat je aus Hoffnung gehandelt. Die Hoffnung steckt mit der abwartenden Haltung unter einer Decke, mit der Weigerung zu sehen, was ist, mit der Angst, in die Gegenwart einzubrechen, kurzum mit der Angst zu leben.“
Mit der Angst leben. Wer kann es Menschen verübeln, die sich angesichts der Klimakatastrophe, die sich auch in diesem Sommer mit Dürre, Hitzewellen und Überschwemmungen in ihrer ganzen Gewalt offenbart hat, fürchten? Keine große Hoffnung in die Zukunft legen? Ich fürchte mich ständig.
Das muss jedoch nicht das Eingeständnis der eigenen Machtlosigkeit bedeuten, diese Einsicht kann eine Aufforderung sein: die Wurzeln der Angst freizuschaufeln, sich in diesem verworrenen Dickicht des Chaos zu verorten. Es kann etwa bedeuten, die Zusammenhänge von Klimakatastrophe, sozialer Ungleichheit, Profittreiben von Energiekonzernen, der Privatisierung von nachhaltigen Verkehrsmitteln wie der Deutschen Bahn verstehen zu wollen – und zu handeln. Die Angst und die Ohnmacht lassen sich am besten gemeinsam zähmen. Nicht das Hoffen und Bangen verändern die Welt, sondern die solidarische, organisierte Macht vieler Menschen, die sich füreinander verantwortlich machen.
Mit der Angst zu leben statt mit der Hoffnung bedeutet, der Sehnsucht völliger Harmonie abzuschwören, die es nun mal in einer Gegenwart der Kriege und Krisen nicht geben kann – und daraus die Notwendigkeit abzuleiten, ihr Visionen einer gerechten Zukunft entgegenzusetzen.
Ich verlasse mich nicht auf die Hoffnung, ich setze auf eine andere Haltung zur Welt: die Erwartung. Ich hoffe nicht, ich erwarte. Ich hoffe nicht, dass Menschen Teil jener solidarischen, organisierten Macht werden. Ich erwarte es. Und genauso reagiere ich auf die Erwartungen anderer Menschen. Die Erwartung unterscheidet sich darin von der Hoffnung, dass sie Menschen füreinander verantwortlich macht und in eine persönliche Beziehung zueinander setzt. Die Erwartung, die eine Antwort erfordert, zeigt in ihrer Verbindlichkeit ihre verändernde Kraft. Die Erwartung erwartet auch dann, wenn jede Hoffnung verloren und die Zugfahrt vorbei ist.
LEO LEOwALd
wurde 1967 in Gummersbach geboren. Stubenhockerei ist für angehende Zeichner der Goldstandard, entsprechend war er in seiner Kindheit mehr drinnen als draußen. In Köln wohnt er seit 25 Jahren, zeichnet Comics und Illustrationen, gibt Workshops, liest aus seinen Geschichten und unterrichtet an der ecosign/Akademie für Gestaltung. Sein Comicprojekt „Zwarwald“ umfasst über 2.500 Comicstrips und -geschichten, die online und in linken Nischenmedien erscheinen. 2021 hat er die Anthologie „Mit Comics durch Köln“ herausgegeben und webt mit der monatlichen Veranstaltung „Am Laberfeuer“ im Cöln Comic Haus zart an der Vernetzung der Kölner Comicschaffenden.
I
m Gegensatz zu Dante war es mir nicht in die Wiege gelegt, hoch über allem zu stehen. Mir war gar nichts in die Wiege gelegt. Ich war der Fünfte von Sechsen, im Suff gezeugt, ein kümmerliches Würmchen, keinen hätt’es gestört, wenn mir schnell die Puste ausgegangen wäre. Aber ich schaffte es aus den Windeln auf die Beine, mit den Beinen auf die Straße und von der Straße auf die schiefe Bahn. Schiefe Bahn, ich sag, wie es ist. Jetzt rümpfen Sie mal da unten im Publikum nicht Ihre feinen Näschen! Selbst nie in Not geraten, aber auf andere runtergucken, das habe ich gern! Dabei guck ich ja grade auf Sie herunter. Verdammich, ist das hoch, merke ich mal wieder. „Niemals nach unten blicken, Dustin!“, sagt Dante immer. Dante, der war meine Rettung …
Aber weiter im Text, bevor mir noch mulmig wird. Ein Dieb war ich, Portemonnaies, Uhren, Armbänder. Die Straße war mein Revier. Flink und wendig war ich, weil das wirste, wenn immer mal wieder eine Flasche nach dir fliegt oder du einer Faust ausweichen musst. Hab’s zum Meisterdieb gebracht und fette Kohle gemacht. Das schafft Neider. Ein Hehler hat mich verpfiffen. Jugendknast, falsche Freunde, Alkohol, das ganze Programm. Irgendwann war ich wieder draußen, wieder auf der Straße, aber nicht mehr als Meisterdieb, sondern als Schnorrer. Hab nur von einer Flasche zur nächsten gedacht, und wenn ich dazwischen
ein bisschen klar im Kopf war, hat es mich angekotzt, dass ich so geworden bin wie meine Alten. Um nicht daran zu denken, musste ich weitersaufen. Ein verfluchter Kreislauf. Hab gehofft, dass ich mal im Total-Knockout des Suffs bleiben kann, wo mich nichts mehr plagt, und hab gleichzeitig Schiss gehabt, dass nach dem Ende alles so weitergeht, vielleicht noch schlimmer wird. Woher soll man‘s wissen?
Ist ja noch keiner von der anderen Seite zurückgekehrt.
Ist oft vorgekommen, dass ich am Morgen irgendwo aufwachte und nicht wusste, wie ich dahingekommen war. Trostlose Orte meist. Mal lag ich unter einer Brücke, aber eher am Straßenrand oder auf einem betonierten Parkplatz am Rande der Stadt. Auf so einem hat mich Dante gefunden.
„Hey, du versoffener Mistkerl, steh mal auf.“ So seine ersten Worte, und ich hab mich aufgerappelt. Dann standen wir uns gegenüber: zwei kleine Männer, fast gleich groß. Obwohl Dante mindestens zwanzig Jahre älter war als ich, wusste ich: Mit dem darfste dich nicht anlegen. Drahtig war er, jede Faser seines Körpers pure Energie. „Könnte passen“, meinte er, nachdem er mich von unten bis oben gemustert hatte. „Pack deinen Büggel und komm mit.“
Er deutete auf das Zirkuszelt, das mitten auf dem Parkplatz stand, führte mich zu einer kleinen Wohnwagenkolonie hinter dem Zelt und kletterte in den kleinsten hinein. „Ab unter die Dusche“, sagte er und warf mir ein Handtuch zu. „Solang du stinkst wie ein Tiger, kommste mir nicht nach drinnen.“
Am Abend sah ich ihn dann zum ersten Mal auf seinem Seil, ganz oben in der Zirkuskuppel. Er equilibrierte – das
schwierige Wort geht mir inzwischen leicht über die Lippen – zwischen Himmel und Erde. Als wäre er leicht wie ein Vogel, als wäre er ein Kind der Lüfte. „Ich brauche einen zweiten Mann dort oben“, sagte er, als wir später vor seinem Wohnwagen saßen, und musterte mich wieder. „Du warst mal flink und wendig, du bist gemacht für das Seil, das seh ich. Aber erstmal musst du den Suff loswerden. Du säufst noch nicht lang, oder? Das ist zu schaffen! Aber damit du es weißt: Beim ersten Schluck bist du weg vom Fenster.“
Klar würden Sie da unten jetzt gern glauben, dass ich nach dem Strohhalm gegriffen hab, weil einer wie ich ja nach jedem Strohhalm greifen sollte. Hab ich aber nicht. Dabei ist es nicht die Hoffnung, die einen umbringt, es ist das Wissen, dass es die Hoffnung ist, die einen umbringt. Hab mich umgedreht und bin gegangen. Da oben auf dem Seil stehen wie Dante? Heiliger Dünnschiss, eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr.
Ich hing also weiter an der Flasche und schleppte mich durchs Leben. Doch ich wurde das Bild nicht los, wie der alte Dante oben auf dem Seil stand, leicht wie ein Vogel, ein Kind der Lüfte. Warum nicht, habe ich mir gedacht, wenn Dante mir das wirklich zutraut.
wieder hinschmeißen wollte. „Du schaffst das schon.“ Und das stimmte. Und nun stehe ich in der Kuppel ohne Netz und doppelten Boden.
Wie Dante am anderen Ende des Seils greife auch ich nach der Balancierstange. Unsere Bewegungen sind synchron, so, als wäre einer der Spiegel des anderen. Dante schaut mich an und nickt. Und ich mache den ersten Schritt.
bRIgITTE gLASER, Jahrgang 1955, studierte Sozial- und Medienpädagogik, lebt als freie Autorin in Köln. Beginnend mit „Leichenschmaus“, hat sie acht Krimis mit ihrer Detektivin wider Willen, der Köchin Katharina Schweitzer, fünf Krimis für Jugendliche und unzählige Kurzgeschichten veröffentlicht. Ihr Roman „Bühlerhöhe“ stand 2016 wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste. Die literarische Erkundung der jungen Bundesrepublik setzte sie mit den Romanen „Rheinblick“, 2019, und „Kaiserstuhl“, 2022, fort. Seit 2018 ist sie die stellvertretende Vorsitzende des SYNDIKATS – des Vereins für deutschsprachige Kriminalliteratur. www.brigitteglaser.de
ich geh durch meine alte kalte stadt die schon am nachmittag ein ganz verschlossenes gesicht hat seit tagen soll es schneien aber der schnee schafft es nicht bis nach köln
alles ist dunkel alles verriegelt und versperrt ist zu und wird zu bleiben viele geschäfte sind gar leergeräumt und an die mauern hat wer graffiti aufgesprüht
der platz vor dem theater riecht stark nach urin ist noch viel deprimierender als sowieso 4711 hat heute seine blaugelbe leuchtreklame ganz ausgestellt nur im dm ist licht aber kaum leute
hab’s verflucht. Zwei Schritte vor und drei zurück trifft es
Ein halbes Jahr später war der Zirkus zurück, und ich klopfte bei Dante an. Der Entzug war die Hölle, trotzdem musste ich jeden Tag aufs Seil. Wenn nachts die Dämonen kamen, erzählte mir Dante Geschichten, wie die von Charles Blondin, der auf dem Seil über die Niagarafälle tanzte. Am Morgen wartete wieder das Seil auf mich. Ich hab’s verflucht. Zwei Schritte vor und drei zurück trifft es am besten. „Geht doch“, hat Dante gesagt, wenn ich mal
ich geh die hohe straße hoch am wdr vorbei und dann zum dom und trete ein und geh bis ganz nach hinten zu den heiligen gebeinen schädel mit kronen wenn ihr das bloß
sehen könntet caspar melchior balthasar steht auf aus eurem prächtigen schrein in dem ihr viel zu lange schon verrottet und tretet ein in unsere coronawelt
und seid uns hold bringt ganz viel gold und myrrhe damit wir alle wieder gesund werden vergesst den weihrauch nicht bringt licht wir brauchen dringend eure hilfe hier auf erden
die kerze brennt so lustig in dem roten plastikglas die hat er neben sich gestellt auf seine bank an der sonst mal rumänen und mal drogis sitzen die trinken viel und reden laut und rings um ist der boden voller kronkorken
jetzt schaut er ganz erleichtert zu mir hin und lacht sogar sein weißer bart ist ein stück länger als ich es erinnere und alle tüten in dem einkaufswagen neben der bank im park von st. pantaleon sehen leer aus ein schlafsack liegt auch da und eine ledertasche hat er neben sich gestellt dadrin die thermoskanne aus der er sich jetzt heißen kaffee in seinen becher schenkt er guckt so glücklich in die kerzenflamme alles erledigt alle geschenke gebracht mir mit seinem lächeln freude gemacht
wurde 1965 in Bremen geboren und hat Theaterwissenschaften und Germanistik in Köln studiert. Sie veröffentlicht Lyrik und Prosa und hat für ihre Gedichte viele Preise und Stipendien erhalten, zuletzt das Atelier Galatasaray-Stipendium der Stadt Köln in Istanbul. Sie ist auch als Herausgeberin und Übersetzerin tätig. Zuletzt erschien im Jahr 2022 der Gedichtband „Wundern“ im Quintus-Verlag in Berlin.
wurde 1979 in Griechenland geboren. Er studierte an der Kunsthochschule für Medien in Köln und arbeitet als Cartoonist, Schauspieler, Autor und Puppenfilmer. Seine Kurzgeschichte »Gespenster« belegte bei den Kölner Literaturtagen den ersten Platz. Er ist Vater von zwei Kindern und lebt mit seiner Familie im Rheinland.
er Schokoklecks hatte einen Durchmesser von acht Zentimetern. Er befand sich im Treppenhaus auf der zweieinhalbsten Etage, gleich hinter der Efeutute. Bei Hitze war er flüssig und blubberte wie eine Teergrube; bei Kälte war er hart und zerkratzt, als würden Mäuse da nachts Schlittschuh fahren. Lange hatte ich gehofft, dass er irgendwie von alleine verschwinden würde, aber eines Morgens, als ich die Treppenhauspflanze goss, sah der Klecks größer aus. Als würde er wachsen. Da konnte ich ihn nicht mehr ignorieren. Ich musste herausfinden, wer für den Klecks verantwortlich war.
Meine Hauptverdächtigen waren die Kinder aus der dritten Etage. Die polterten täglich die Treppen rauf und runter. Vielleicht war den Eltern nicht aufgefallen, dass ihre Bälger gekleckert hatten? Ich schrieb einen freundlichen Hinweis über das kindliche Missgeschick auf einen Zettel und warf ihn in ihren Briefkasten. Ich hoffte, die Angelegenheit wäre damit erledigt, aber der Fleck hinter der Efeutute verschwand nicht. Ganz im Gegenteil. Er wurde größer und dunkler und fing auch noch an, unangenehm zu riechen. Also schrieb ich eine weitere Nachricht - dieses Mal etwas auffordernder - und schob sie der Familie unter ihre Wohnungstür. Plötzlich öffnete sich die Tür, und da stand der Familienvater mit rotem Gesicht, als hätte er auf mich gewartet, und brüllte mich an, ob ich denn nichts Besseres zu tun hätte, als die Flecken im Treppenhaus zu zählen? Da brüllte ich natürlich zurück, doch was wir da genau brüllten, das weiß ich nicht mehr. Als ich aber wieder nach unten ging, war der Schokoklecks groß wie eine Pfütze und ich musste mich am Treppengeländer vorbeihangeln, um meine Pantoffeln nicht in Schokosoße zu tunken.
ich ihr in großen Gesten verständlich, dass der Ausbreitung des Schokosumpfes auf der zweieinhalbsten Etage unbedingt Einhalt geboten werden müsse! Ich dachte, sie hätte mich verstanden, weil sie recht häufig nickte, als ich ihr das Problem beschrieb. Aber als ich am nächsten Morgen meine Post aus dem Briefkasten holen wollte, konnte ich meine Wohnung schon nicht mehr verlassen, weil der Schokosumpf bis zu meiner Türschwelle reichte.
Da wurde ich mir meiner Verantwortung bewusst. Es lag an mir, das Haus und all die Bewohner vor einer Schokokalypse zu retten. Ich schnappte mir Gummihandschuhe und einen Eimer und wollte mich daranmachen, die Ordnung im Treppenhaus wiederherzustellen, aber ich konnte keinen Lappen finden. Das muss man sich mal vorstellen. In meiner ganzen Wohnung gab es keinen Lappen. Wie deprimierend! Ich wollte schon mein T-Shirt verwenden, um die Soße aufzuwischen, aber dazu konnte ich mich nicht durchringen. Immerhin war ja nicht ich für das Schoko-Fiasko verantwortlich, sondern, so vermutete ich mittlerweile, der Kindsvater aus der dritten Etage. Anders konnte ich mir seinen Wutausbruch nicht erklären. Und wieso sollte ich mein Hab und Gut beschädigen, um die Fehler der anderen zu korrigieren? Das wollte mir dann doch nicht in den Sinn.
Foto: Steffen Roth
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Abends lag ich wach im Bett und lauschte dem Blubbern im Treppenhaus. Die Pfütze breitete sich aus. Da war ich mir sicher! Ich rief bei der Hausverwaltung an, um mich zu beschweren, aber weil es schon spät in der Nacht war, konnte ich meine Sorgen nur dem Anrufbeantworter anvertrauen. Am nächsten Morgen meldete sich niemand zurück, obwohl ich mehrere eindringliche Nachrichten hinterlassen hatte. Wie es aussah, musste ich die Dinge selbst in die Hand nehmen. Ich wandte mich an die Person, die für die Sauberkeit im Treppenhaus direkt verantwortlich war: unsere Reinigungskraft. Ich weiß nicht genau, wie sie heißt oder woher sie kommt. Sie spricht nicht so gut Deutsch und normalerweise störe ich niemanden gerne bei der Arbeit. Da es sich aber um einen Notfall handelte, machte
Aufgeben wollte ich aber auch nicht. Da war ich nicht der Typ für. Voller Tatendrang entfernte ich die Fußleisten in meinem Schlafzimmer und nagelte sie ganz unten an meine Wohnungstür, damit der Schokoladensee auch wirklich draußen bliebe. Dann setzte ich mich an meinen Küchentisch und hoffte, dass alles nicht so schlimm werden würde. Gut - die Efeutute würde eingehen. Das war schade. Aber sonst bliebe ja alles beim Alten. Ich hatte sogar noch genug Geld, um mir für die nächsten Monate mein Essen im Internet zu bestellen. Ich würde bei der Bestellung einfach angeben, dass das Treppenhaus zurzeit unbegehbar sei. Dann würde ich ein Seil an eine Tüte binden und sie vom Balkon runter zur Straße lassen, damit der Lieferant mir mein Essen in die Tüte legen und ich es zu mir hoch in die Wohnung ziehen könnte. Da war ich plötzlich ziemlich stolz auf mich und meinen Erfindungsreichtum. Und ich malte mir aus, wie dankbar mir die anderen Hausbewohner sein würden, wenn ich ihnen meine Überlebenstricks bei einer morgendlichen Balkonplauderei verriet. Nur der Familie aus der dritten Etage würde ich nichts verraten. Da bin ich dann doch ein bisschen nachtragend.
Lange Wege mit nachhaltigen Impressionen stehen bei Stephan Martin Meyer auf der Tagesordnung. Per Rad pendelt der 48-Jährige jeden Morgen aus dem Kölner Westen in sein Südstadt-Büro, um einem durchstrukturierten Job nachzugehen, der zugleich Fantasie und Realitätsbewusstsein erfordert. Meyer ist Schriftsteller und gelangte in den vergangenen Jahren mit seinem Partner, dem Illustrator Thorwald Spangenberg, durch Kindersachbücher zu literarischer Aufmerksamkeit. Im renommierten Gerstenberg Verlag veröffentlichte man Erzählungen über historische Zeppelin-Flüge, das Renaissance-Genie Leonardo da Vinci, den Orient-Express sowie ein abenteuerliches Autorennen von Peking nach Paris. Seit letztem Jahr konzentriert sich der gebürtige Niedersachse auf eine neue Projektreihe, die sich an ein älteres Zielpublikum richtet: Gay Romances. In seinen Erzählungen aus dem Genre „Homosexuelle Erotik“ möchte Meyer seine Figuren mit authentischen Gefühlen beleben. Zwar erscheinen die Werke unter dem Pseudonym „Stephano“, doch die Identität des Autors ist kein Geheimnis. „Das mache ich bewusst, um eine klare Trennung zwischen dem Kinderbuchbereich und den Gay Romances zu verdeutlichen. Außerdem gehört ‚Stephano‘ zu meiner Identität“, erklärt der Wahlkölner. Zwar beginne er mit dem Stil-Wechsel quasi einen beruflichen Neuanfang, doch langfristig glaube er damit an Erfolg auf dem
Markt. Dafür setzt Meyer alias Stephano auf ein nachhaltiges Konzept, das Wiedererkennungswerte im Bereich der Buchgestaltung sowie die inhaltliche Komposition der Storys als Einheit erscheinen lassen. Neben dem disziplinierten täglichen Schreiben im Büro des Gemeinschaftsateliers „Kunstraum K5“ gehören dazu unterschiedliche Vertriebspartner seiner Werke. Während die Erzählungen als Printerzeugnis im Sortiment des Selfpublishers „Book on Demand“ (BoD) erscheinen, erfolgen die digitalen Publikationen ausnahmslos via „Kindle Unlimited“ auf dem Online-Riesen „Amazon“. Letztere Adresse sei zugänglicher für E-Book-Interessierte, doch das dortige Druckverfahren lasse zu wünschen übrig, berichtet der Schriftsteller. Dass er von seinen Tantiemen noch nicht alle Rechnungen bezahlen kann, sorgt Meyer nicht. Als freier Graphiker bietet er die Erstellung eines professionellen Layouts für andere Künstlerinnen und Künstler an. Zudem ergeben sich Einnahmen aus Stipendien und der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort). Zukünftig könnten darüber hinaus Lesungs-Honorare fließen. Doch Veranstaltungen sind derzeit noch nicht in Planung.
Das aktuelle Buch „Vorurteile“ erschien als vierter Band der„GayStorys“ im Book On Demand-Verlag, ISBN 978-375-621-827-1. www.stephanmartinmeyer.de
Den Einstieg in die miteinander verbundenen Erzählstränge um Protagonist Tom bildet die Geschichte „Wellenreiten“, in der es zum erotischen Abenteuer unter besten Freunden kommt.
Trotz der Verflechtungen könne man die Bücher unabhängig voneinander lesen, verweist Meyer auf eine Dynamik der Erlebnisse, die auch im wahren Leben nicht strikt linear verlaufen. Besonders viel Auftrieb geben dem Autor Nachrichten seiner Leserschaft, die ihn in seiner Arbeit bekräftigen: „Vor einigen Monaten schrieb mir ein junger Mann, er hätte meine Bücher förmlich eingesogen und infolgedessen den Mut gehabt, sich als homosexuell zu outen. Da bekomme ich heute noch eine Gänsehaut“, so der Braunsfelder, dessen sexuelle Offenbarung als 19-Jähriger erfolgte. Doch auch viele heterosexuelle Leser*innen heben in ihren Mails die einfühlsame schwule Romantik hervor. Im Idealfall wolle er alle drei Monate ein neues Werk veröffentlichen. Doch das hänge von seiner Gemütsverfassung ab. „Manchmal komme ich ins Büro und kriege keinen Satz in den PC, aber dann kann ich mich immer noch meiner Steuer oder den Autor*innen-Aufträgen widmen“, sagt Stephan Martin Meyer und wendet sich wieder der Ausdehnung seines persönlichen Parallel-Universums zu.
Die Empathie wird umgangssprachlich vorzugsweise als eine Art Weichspüler verstanden. Mit der wissenschaftlichen Definition des Begriffs hat das nur wenig zu tun. Empathie ist nicht angeboren, angeboren ist die Fähigkeit, sie zu erwerben.
Ihr Erwerb setzt aber voraus, dass der Mensch postnatal und in seinen jungen Jahren selbst Empathie erlebt. Um diesem Phänomen nachzuspüren, veranstaltet das Deutsch-Amerikanische Institut in Heidelberg jährlich eine Empathie-Konferenz mit interessanten Vorträgen und Diskussionsrun-
den. Neben dem Neurowissenschaftler Prof. Dr. Joachim Bauer, Pater Klaus Mertes, Jana Lutz (Pflegedirektorin am Universitätsklinikum Dresden) und Journalist Deniz Yücel wurde auch DRAUSSENSEITER-Chefredakteurin Christina Bacher zum Vortrag geladen.
Als „Höhepunkt“ und auch gelungenen Abschluss der zweitägigen Tagung bezeichnete DAI-Programmchef Jakob Köllhofer den Impulsvortrag über den Sozialen Stadtrundgang „Der doppelte Stadtplan“, der Teilnehmenden in Köln abseits der touristischen Pfade eine ganz neue Einsicht auf die Stadt
bieten soll. Denn wer denkt schon im Strom der Touristen an Suppenküchen und Kleiderkammern? Und wo können Menschen ohne Budget täglich satt werden? Was ist der Unterschied von wohnungslos und obdachlos? Und wo kann man sich mitten in der Stadt am besten zur Ruhe legen, wenn man kein eigenes Bett hat? Auf den bebilderten Vortrag folgten eine Fragerunde und eine angeregte Diskussion. Es muss mehr getan werden für Leute, die gerade in der Pandemie durchs Raster fielen – da waren sich alle einig
„Ich war zwölf, als die Mädchen verschwanden. Mädchen, die kaum älter waren als ich. Das war im Juli 1999, und anfangs zeichnete sich nur ein weiterer heißer, schwüler Sommer in Louisiana ab.“ Auf den Tag 20 Jahre ist es her, dass sich das Leben der damals 12-jährigen Chloe von jetzt auf gleich ändert. In jenem Sommer verschwinden in ihrem Heimatort Breaux Bridge nach und nach sechs Mädchen. Chloe kennt sie fast alle, manche flüchtig, manche näher, so wie das nun mal ist in einem beschaulichen kleinen Ort. Alle Welt sucht damals nach ihnen. Ihre Leichen werden nicht gefunden. Doch der Mörder kann bald schon dingfest gemacht werden. Wozu Chloe als Hauptbelastungszeugin beiträgt. Denn eines Tages entdeckt sie, bei der Suche nach einem Halstuch im Kleiderschrank ihrer Eltern, ein Kästchen mit Schmuck.
Ohrringe, Armbänder, Halsketten, die die Mädchen noch kurz vor ihrem Verschwinden getragen haben. Als Chloe damit zu ihrer Mutter geht, als beide das Schmuckkästchen der Polizei präsentieren, wird kurz darauf ihr Vater verhaftet. Er sei der Serienmörder, gibt dieser bis dahin liebevolle, fürsorgliche Mann in einem Geständnis zu.
„Warum haben Sie es getan Mr. Davis? Warum haben Sie diese Mädchen getötet?“ Ich beobachtete, wie mein Vater dem Blick des Richters auswich und auf seinen Schoß sah. Es war völlig still im Gerichtssaal, der kollektiv angehaltene Atem hing schwer in der Luft.
„In mir ist eine Finsternis“, sagte er schließlich. „Eine Finsternis, die nachts hervorkommt… Es ist sehr stark, ich kam nicht dagegen an.“
Chloes Vater wird zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Familie zerbricht. Ihre Mutter überlebt schwer verletzt einen Selbstmordversuch.
Chloe und ihr Bruder Cooper werden von Verwandten großgezogen. Damit könnte die Geschichte zu Ende sein. Es ist alles gesagt, der Mörder abgeurteilt worden. Doch Stacy Willingham, die Autorin des Krimis „Das siebte Mädchen“, hat längst noch nicht ihr kriminalistisch-literarisches Pulver verschossen. Denn jetzt erst beginnt das eigentliche Geschehen. Chloe ist inzwischen eine erfolg-
reiche Psychologin, wenn auch im Inneren schwer beschädigt durch das Erlebte, voller Hass auf ihren Vater. Seit seinem Geständnis hat sie ihn nie mehr wiedergesehen, nicht im Gefängnis besucht. Ihre Hochzeit mit dem gut aussehenden, liebevollen Daniel steht bevor. Doch dann verschwindet plötzlich wieder ein Mädchen, eines, das kurz zuvor noch als Patientin in ihre Praxis kam. Sie hat es sozusagen als letzte lebend gesehen. Die Polizei rückt an. Und Chloe muss sich der Tatsache stellen, dass sich in ihrem unmittelbaren Umfeld ein Nachahmungstäter aufhält. Ein Journalist, der sich Chloe aufgedrängt hat, ist davon überzeugt: „Ich wäre nicht überrascht, wenn Sie diesen Kerl schon mal hier in der Gegend gesehen hätten, Cloe. Nachahmungstäter – sie tun das aus einem bestimmten Grund. Vielleicht verehrt er den Mann, dem er nachzueifern versucht, vielleicht will er ihn auch herabsetzen, aber so oder so, er ahmt seinen Stil nach.“
Die beklemmende Atmosphäre im Debüt der US-amerikanischen Werbetexterin und Journalistin Stacy Willingham steigert sich zur angstbesetzten Verfolgungsjagd. Beschädigte Seelen, kaputte Beziehungen, Rückzüge und emotionale Verweigerungen, Albträume und Schreckensnächte – dies alles sind die Folgen der damaligen Ereignisse. Eine gelungene Dramaturgie, die sich zu guter Letzt in ein Crescendo steigert, dessen ohrenbetäubender Lärm kaum auszuhalten ist.
„Das siebte Mädchen“ erscheint derzeit in 27 Ländern und wird von der Produktionsfirma der Oscar-Preisträgerin Emma Stone verfilmt. Für ein Debüt ein starkes Stück.
Ingrid Müller-MünchStacy Willingham: Das siebte Mädchen. Rororo 2022, 13 Euro.
ISBN 978-3-49900-660-9
achtender Chef sorgt für eine nicht ganz so trostlose Atmosphäre. Die jungen Frauen arbeiten hart, untereinander herrscht eine Art kumpelhaftes gegenseitiges Akzeptieren. Dies alles wird abrupt beendet an dem Tag, an dem zwei der Nackttänzerinnen spurlos verschwinden und wenig später die Leiche einer der beiden Frauen gefunden wird. Ruby, eineerfahrene, bildschöne Clubtänzerin, hatte eine an jenem Abend völlig zugedröhnte, noch unerfahrene Kollegin nach Hause begleitet, als ihr PKW von einem anderen Fahrzeug gezielt von der Fahrbahn gedrängt wurde. Die Polizei findet am Unfallort zwar die Leiche der von Ruby begleiteten Tänzerin, doch von Ruby selbst fehlt jede Spur. Schnell gerät ihr Lebensgefährte in Verdacht. Doch so richtig glaubhaft als Täter erscheint er den beiden mit dem Fall betrauten Detectives Holly Meylin und Victor Amador nicht. Sie befürchten, dass hier ein Serienmörder der Täter sein könnte, recherchieren ältere Tötungen junger Frauen und sind nach und nach davon überzeugt: Der Mörder war entweder eng verbunden mit dem Stripclub „Lovely Lady“, oder er war ein Polizist. Denn das gezielte Manöver, mit dem Rubys Auto von der Straße gedrängt wurde, lernt man beim Militär oder bei der Polizei. Als dann noch ein Kollege am Tatort selbst das Geld unterschlägt, dass in der Tasche der verschwundenen Ruby steckte, erhärtet sich der Verdacht, der Mörder könne ein Kollege sein.
1999. Illinois. Irgendwie hat der Stripclub „Lovely Lady“ etwas anheimelnd Gemütliches an sich. Ein strenger, aber im Rahmen der Nacktdarbietungen seiner Mädels auf Anstand und Sitte
Ein hartnäckiges Suchen nach einem Täter, der sich unter der Maske von Wohlanständigkeit versteckt. Das alles spielt sich ab vor dem Hintergrund eines Milieus, in das junge Frauen geraten, die aus Geldnot weder ein noch aus wissen. Die ihre Familie, ihre Kinder, sich selbst gerade mal so durchbringen können. Und froh sind, dass im Stripclub „Lovely Lady“ zwar getanzt wird, ohne Tabus und nackt bis auf die blanke Haut. Aber bis zum Letzten darf es nicht gehen. Davor schützt sie der Chef, dafür sorgen schon die Wachleute. Ruhig erzählt, ohne die sonst üblichen Schreckensszenarien dieses Milieus. Dennoch nur konsumierbar mit angehaltenem Atem. Ein besonnener Abstieg auf eine mörderisch glitzernde Bühne.
Ingrid Müller-MünchMarie Rutkoski: Real Easy.
Suhrkamp 2022, 14,95 Euro. ISBN 978-3-51847-143-2
Wie erleben Obdachlose die Corona-Pandemie in Köln? Wie geht eine Großstadt mit dem Lockdown um, wenn nicht alle zu Hause bleiben können? Was, wenn Armut in einer Stadt plötzlich deutlich sichtbarer wird? Haben sich Strukturen des Hilfesystems verändert? Und: Hat sich durch die Krise vielleicht sogar etwas zum Guten gewandt für diejenigen, die sonst durchs Raster fallen? Mit eben diesen Fragen hat sich Deutschlands ältestes Straßenmagazin DRAUSSENSEITER beschäftigt und nun eine Auswahl an Texten und Fotos zusammengestellt, teilweise von Betroffenen selbst.
Daedalus Verlag
144 Seiten (mit zahlreichen Abbildungen) 12,- Euro, ISBN 978-3-89126-267-2
Erhältlich im Straßenverkauf oder im Buchhandel
Am 21. Januar 2023 findet wieder die brauhaussitzung im Akazienhof zugunsten der OASE statt –organisiert und veranstaltet von dem Verein Grengeler Draumdänzer e.V.
Die OASE sucht dringend Schlafsäcke, große Taschen, Rucksäcke und GUT erhaltene warme Winterkleidung und Schuhe NUR für Herren. Abgabe gerne während der Öffnungszeiten in der OASE (siehe S. 27), idealerweise nach vorheriger Absprache: Tel.: 0221–98 93 530
https://www.oase-koeln.de
Entstanden ist der Verein aus einer Gruppe engagierter Karnevalistinnen und Karnevalisten in der Grengeler Pfarrjugend, die schon 1987 als Gruppe aktiv war. Heute zählt der Verein mehr als 45 aktive Mitglieder und ist fester Bestandteil des Porzer Karnevals.
In diesem Jahr feiert der Verein seinen 30. Geburtstag – genau wie das Straßenmagazin DRAUSSENSEITER. Wir bedanken uns schon jetzt bei dem rührigen Verein und speziell Jürgen „Linus“ Becker, dem die künstlerische Leitung des Abends obliegt, und natürlich allen Bands, die zugunsten der guten Sache auftreten.
Wir gratulieren der OASE seit Jahren verbundenen Buchhandlung Neusser Straße in Köln-Nippes zum diesjährigen Deutschen Buchhandlungspreis 2022, der zum achten Mal verliehen wurde. „Buchhandlungen machen den Zugang zu und die Begegnung mit Literatur vor Ort möglich“, sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Nicht nur, dass es unsere Bücher „Die Letzten hier. Köln im sozialen Lockdown“ und „Köln trotz(t) Armut“ (beide Daedalus Verlag) und die die aktuelle Ausgabe vom DRAUSSENSEITER immer in der Buchhandlung vorrätig ist – bereits im dritten Jahr wurde 2022 das sogenannte „Tütengeld“ gesammelt und an die OASE gespendet. Wir bedanken uns auf diesem Weg ganz herzlich! (cb) https://www.buchladen-nippes.de
Am 22. Januar 2023 um 15 uhr ist in der OASE wieder die Kult-Mitsing-Initiative „Loss mer singe“ zu Gast. Beim (alkoholfreien) Einsingen werden die besten neuen Lieder der Session vorgestellt – unter Anleitung von Harald van Bonn und einem gut geübten Team wird das sicher ein wunderbarer Nachmittag für alle Anwesenden werden – versprochen. Einlasskarten gibt es bei Ingo Leis in der OASE.
https://www.lossmersinge.de
für die Unterstützung!
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ein Straßen-Abo zu 42,– Euro pro Jahr ein Sponsoren-Abo zu 85,– Euro pro Jahr ein Förder-Abo zu 150,– Euro pro Jahr (Als Dankeschön für das Förder-Abo gibt es zudem das Buch „Die Letzten hier. Köln im sozialen Lockdown.“)
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Herzlichen Dank allen freien Mitarbeiter*innen dieser Ausgabe.
Lektorat Barbara Feltes
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DRAUSSENSEITER ist das Sprachrohr für alle Obdachlosen, deren Freunde, ehemals Obdachlose und andere Betroffene. Leserbriefe sind immer herzlich willkommen. Für namentlich gekennzeichnete Artikel und Leserbriefe sind die jeweiligen Autoren verantwortlich. Bedürftigen wird für veröffentlichte selbstgeschriebene Artikel, Interviews und Fotos ein kleines Honorar gezahlt, wenn dies der Autor ausdrücklich wünscht. Nachträgliche Forderungen werden nicht akzeptiert.
Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 1.1.2009.
DRAUSSENSEITER ist Mitglied des
„Dunkelziffer“ und „The Unknown Cases“ waren nur zwei der Bands, die der 2014 verstorbene Stefan Krachten und Helmut Zerlett gemeinsam mit anderen gegründet haben. Krachten war Schlagzeuger und Musikproduzent, der Keyborder Zerlett ist ein bekannter Filmmusik-Komponist geworden. Die 1980 gegründete Groove-Rockband „Dunkelziffer“ war so etwas wie die Hausband der besetzten Kölner Stollwerck–Fabrik.
Sie galt als einzigartig: zum einen weil Reggae und afrikanische Rhythmen mit Elementen der damals gerade zur Moderne zählenden „Neuen Deutschen Welle“ verbunden wurden. Und weil sich bei den Konzerten erstmals eine Groove-Rockband von der 3:30-MinutenSongstruktur löste, um experimentierfreudig und offen für ethnische Musikeinflüsse zu improvisieren. Kein Konzert glich dem anderen. Dunkelziffer veröffentlichte drei Studioalben sowie ein Livealbum.
In der Folge kuratierte Krachten u.a. die Veranstaltungsreihe „Trance Club“, spielte bei der „Fred Banana Combo“ und gründete mit anderen die Bands „Walk of the Elephants“, „Trance Groove” und „Goldmann“.
Im Gespräch mit der Moderatorin Gabi Gillen werden neben Helmut Zerlett u.a. Olek Gelba (Percussion), Dominik von Senger (Gitarre, Keybord), Irene Lorenz (Gesang) und Reiner Linke (Percussion) aus ihrer Zeit mit Dunkelziffer und danach berichten und sich an Stefan Krachten und andere ehemalige Mitglieder seiner Bands erinnern.
Abgerundet wird die Matinee mit Filmmaterial von Dunkelziffer und einer Live-Musik-Session. Idee/Organisation: Rosemarie Schatter. Dank an Videokünstler Rudi Frings, Josef Stöhr Films, Erhard Wesser Fotografie, Michael Weber Blueline Studio Cologne, WDR und „Köln im Film“.
Kann man zu viel Geld haben? Für viele klingt die Frage sicher zynisch. Gerade angesichts der steigenden Energiepreise und der galoppierenden Inflation. Aber genau das findet Marlene Engelhorn. Die 28-jährige Germanistikstudentin ist Nachfahrin des Mannes, der den großen Chemiekonzern BASF gegründet hat. Sie wird einmal sehr viel Geld erben. Wie viele Millionen genau, weiß sie noch nicht. Aber sie weiß schon, dass sie mindestens 90 Prozent davon wieder loswerden will. Im Interview spricht sie über ihr Buch „Geld“, in dem es um die Fragen geht: „Was ist Geld, wenn man so viel hat, dass man es nicht mehr braucht? Und was macht es mit mir als Mensch?“
Widerrufsbelehrung: Die Bestellung wird erst wirksam, wenn sie nicht binnen einer Frist von 10 Tagen schriftlich widerrufen wird. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Das Abo kann jederzeit gekündigt werden.
So., 11. Dezember 2022, 11.00 – 14.00 Uhr Kölner Filmhaus, Maybachstr. 111, 50670 Köln Eintritt: 12 Euro Tickets: 0221 - 33 77 05 15 oder kino@filmhaus-koeln.de https://filmhaus-koeln.de
Der nächste DRAUSSENSEITER erscheint zum 2. Januar 2023. Mehr dazu unter www.draussenseiter-koeln.de und auf www.facebook.com/Draussenseiter-Das-Kölner-Strassenmagazin-106192356124749
n Diakoniehaus Salierring Fachdienst für Wohnungslosenhilfe des Diakonischen Werkes Köln und Region gGmbH, Salierring 19, 50677 Köln, Tel.: 27 69 70-0, verwaltung.salierring@diakonie-koeln.de, www.diakonie-koeln.de
Beratung: Mo bis Fr 9-12 Uhr, Mo u. Mi 14-16 Uhr (u. a. Postadressen u. Treuhandkonten)
Tagestreff: Mo bis Do 8.30-12.30 Uhr, Frühstück, Duschen, Wäschekeller, Aufbewahrung, Internetzugang
Kleiderkammer: Di u. Do 10-12 Uhr
Krankenwohnung, Betreutes Wohnen gem. § 67 SGB XII, Ambulantes Betreutes Wohnen gem. § 67 SGB XII in Außenwohnprojekten, Clearingstelle Claro im Trägerverbund, VIADUKT, mietfest im Trägerbund
n Emmaus
Geestemünder Str. 42, 50725 Köln, Tel.: 971 17 31, www.emmaus-koeln.de. Leben und Arbeiten in Gemeinschaft, günstige Secondhand-Artikel, Hilfslieferungen an Bedürftige in anderen Ländern. Appellhofplatz: Essensausgabe Mo, Mi und Fr ab 21 Uhr und medizinische Versorgung Mo und Mi ab 21 Uhr durch Gesundheit für Wohnungslose e.V., Trakehner Straße 18, 50735 Köln, http://gesundheitfürwohnungslose.de
n Gulliver – Überlebensstation für Obdachlose
Trankgasse 20, Nähe Hauptbahnhof, 50667 Köln, Tel.: 120 60 91
Duschen, Toiletten, Waschmaschinen, Trockner, Tagesschlafraum, Postadressen, Caféteria mit Frühstück und Snacks, Beratungsangebote, Internetzugang, Kunstausstellungen, Handyladestation, Gepäckaufbewahrung
Öffnungszeiten: Mo bis So, auch an Feiertagen: 8:00-15:00 Uhr
Kleiderkammer: Notfallkleiderkammer nach Bedarf
n Lobby-Restaurant LoRe des KALZ für Berber und Banker Domstr. 81, Nähe Hauptbahnhof, 50668 Köln, info@koelnerarbeitslosenzentrum.de, www.koelnerarbeitslosenzentrum.de
Mittagessen: Mo, Di 12-16 Uhr, Mi, Do, Fr 12-15.30 Uhr
n Kölner Obdachlosenfrühstück, Peter-Deubner-Stiftung Tel.: 430 39 83
Angebote: Kostenloses sonntägliches Frühstück 9-11 Uhr: Jeden 2. Sonntag im Monat Alte Feuerwache, Agnesviertel. Jeden 3. Sonntag im BÜZE Bürgerzentrum Köln-Ehrenfeld, Venloer Str. 429. Jeden 4. Sonntag im Liebfrauenhaus, KölnMülheim, Adamstr. 21.
n GUBBIO Obdachlosenseelsorge Ulrichgasse 27-29, 50577 Köln, www.gubbio.de Öffnungszeiten: Di, Mi 14–17 Uhr
Angebote: Raum zum Gespräch, Bibelstunde, Meditation, thematische Gesprächskreise, religiöse Filme
n Kontakt- u. Beratungsstelle Rochus (SKM) Bartholomäus-Schinkstr. 6, 50825 Köln, Tel.: 3377063-4, rochus@skm-koeln.de, http://www.skm-koeln.de
Öffnungszeiten: Mo-Fr 11.00-15.00 Uhr, Sa 10.00-13.00 Uhr
Angebote: Mo bis Fr warmes Essen von 12.0014.00 Uhr, kalte u. warme Getränke, Duschmöglichkeit (Behindertendusche u. -toilette), Wäsche waschen Mo-Do von 11.00-14.30 Uhr, Beratung tägl. von 11.00-15.00 Uhr oder nach Vereinbarung. Medizinische Sprechstunde Di und Do von 12.30-13.30 Uhr, Postadresse, ambulantes betreutes Wohnen, PC-Nutzung mit Internet-Zugang. Sa geöffnet – es gibt Frühstück. Kleiderkammer: täglich geöffnet, Mo zwischen 9.15 und 10.30 Uhr auch für Menschen aus dem Bezirk Ehrenfeld mit Köln Pass.
n Kontakt- und Beratungsstelle am Hbf (SKM Köln)
Bahnhofsvorplatz 2a (1. Etage), 50667 Köln-Innenstadt, Tel.: 13 49 19, kontaktstelle@skm-koeln.de, www.skm-koeln.de
Angebot: Aufenthaltsmöglichkeit, Begegnung, täglich Fachberatung, Freizeitangebote, (Spieleangebot, Kaffee), Essen, Duschen, Wäschepflege, Schreibhilfe, Telefonmöglichkeit, Postadresse, mediz. Versorgung, PC-Nutzung mit Internetzugang
Kontaktstellenbereich/Tagestreff: Mo. bis Fr.: 12.00 bis 15.30 Uhr (Essensangebot: 12.00 bis 14.00 Uhr) So. und Feiertage: 12.00 bis 13.00 Uhr
Samstags geschlossen Beratung (auch anonym): Mo, Mi, Do, Fr 9-11.30 Uhr, Mo bis Fr 14-15.30 Uhr
n Vringstreff e.V.
Für Menschen mit und ohne Wohnung Im Ferkulum 42, 50678 Köln, Tel.: 278 56 56, info@vringstreff.de, www.vringstreff.de Öffnungszeiten: Mo bis Do 11.30-17 Uhr, Fr 9-12 Uhr Jeden 2. und 3. Sonntag Obdachlosenfrühstück 9-11 Uhr, Café, Freizeitangebote, Veranstaltungen, Beratung
n Bürger für Obdachlose e.V.
Basislager Gebrauchtwarenkaufhaus Bürger für Obdachlose e.V. Basislager: Silcherstr. 11, 50827 Köln Tel.: 640 22 68, info@bfoev.de
Kleiderkammer, Gebrauchtwaren-Kaufhaus für Jedermann, Arbeitsprojekt und Suppenküche. Obdachlose können gerne auch Kleidung, Schlafsäcke etc. in unserem Gebrauchtwaren-Kaufhaus kostenlos bei uns beziehen. Gemeinsam mit Emmaus betreibt der Verein die Suppenküche am Appelhofplatz.
n Initiative Bauen Wohnen Arbeiten e.V. Peter-Michels-Str. 1-9, 50827 Köln Tel.: 0221/ 9535301, Fax: 0221/ 5948789 ibwa@netcologne.de www.bauenwohnenarbeiten.de
Angebot: Arbeitsgelegenheiten, Beschäftigung, Wohnen, Betreutes Wohnen
n OASE – Benedikt Labre e.V. Alfred–Schütte–Allee 4, 50679 Köln, Tel. 0221/9893530 kontakt@oase-koeln.de www.oase-koeln.de
Kontakt- und Beratungsstelle: Montag und Freitag 9–13 Uhr, Dienstag und Donnerstag 9–16 Uhr, Mittwoch nach Terminvereinbarung
Offener Treff: Montag 10.30–13 Uhr, Dienstag 13–16 Uhr, Donnerstag 13–16 Uhr, Freitag 11.30–13 Uhr Frühstück: Montag 10.30–13 Uhr Sprechstunde Mobiler Medizinischer Dienst: Montag 10.30-11.30 Uhr und Donnerstag 13.30-14.15 Uhr
Kleiderkammer/Duschen: Montags ab 10.30 Uhr Donnerstags ab 13.00 Uhr
Computer-Nutzung: nach Vereinbarung Weitere Angebote: Gepäckaufbewahrung REDAKTIONSSITZUNG DRAUSSENSEITER: siehe Aushang
n agisra e.V. Informations- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen Salierring 48, 50677 Köln, Tel.: 0221/124019 oder 1390392, www.agisra.org Beratung nach Terminvereinbarung, telefonische Sprechzeiten: Mo, Di und Do 10-15 Uhr
n Café Auszeit 1 des SKF e.V. Kontakt- und Beratungsstelle für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Frauen, Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln, Tel.: 0221/126 95 310
Duschen, Waschen, Kleidung, Postadresse, warme Mahlzeit (1,- Euro) Öffnungszeiten: Mo, Di, Do, Fr 11 – 15 Uhr; Mittwoch 15 – 19 Uhr
n Café Auszeit 2 des SKF e.V. Beratungsstelle für Frauen An der Fuhr 3, 50997 Köln, (EG, Gang auf der linken Seite, erste Tür links), Tel.: 02232/14 82 92, cafe-auszeit2@skf-koeln.de Jeden Di und Do offene Beratung von 10–15 Uhr; Do von 10 bis 12 Uhr Frauenfrühstück
n Comeback
Notschlafstelle für Frauen, Sozialdienst kath. Frauen e.V., Mauritiussteinweg 77-79, 50676 Köln | Nähe Neumarkt, Tel.: 0221/126 95 210
Täglich geöffnet von 20 – 10 Uhr. Angebot für wohnungslose Frauen und Frauen in Notlagen:
Schutz, Übernachten, Essen, Duschen, Wäsche waschen, Kleiderkammer, PC- und Internetnutzung. Tiere sind erlaubt. Beratung und Vermittlung an weiterführende Hilfen möglich.
n Elisabeth-Fry-Haus Albert-Schweizer Straße 2, 50968 Köln (Raderthal), Tel.: 0221/99 56-43 00 Aufnahme-EFH@diakonie-michaelshoven.de www.diakonie-michaelshoven.de Notaufnahme für Frauen in Krisensituationen auch mit Kindern, Schutz, Übernachtung, Verpflegung und Beratung. Aufnahme nach telefonischer Vorankündigung möglich
n Der Wendepunkt Frauenberatung und Gewaltschutzzentrum. Danzierstr. 142 A, 51063 Köln (Mülheim), Tel.: 0221/99 56-44 44 wendepunkt@diakonie-michaelshoven.de www.diakonie-michaelshoven.de
Beratung für Frauen in akuten Krisen, (drohender) Wohnungslosigkeit, nach Gewalt und in existenziellen Notlagen. Di, Do, Fr 9-12 Uhr, Mo, Di, Do 15-18 Uhr
n Frauen gegen Gewalt e.V. – Notruf und Beratung für vergewaltigte Frauen Herwarthstr. 10, 50672 Köln, Tel.: 56 20 35, mailbox@notruf-koeln.de, www.notruf-koeln.de Beratung telefonisch, persönlich und per E-Mail, Begleitung und Unterstützung nach sexualisierter Gewalt; Prozessvorbereitung und -begleitung; Rechtsberatung; Gruppenangebote
n Haus Rosalie Wohnprojekt für Frauen. Gocher Straße 45, 50733 Köln-Nippes Tel.: 0221/97 30 88 88 haus-rosalie@vinzentinerinnen.de
n LOBBY FÜR MÄDCHEN e.V. für Mädchen und junge Frauen Beratung und Begleitung bei Problemen und in Krisensituationen
Mädchenberatung linksrheinisch
Fridolinstr. 14, 50823 Köln-Ehrenfeld Tel.: 0221/45 35 56 50 maedchenberatung-linksrhein@lobbyfuer-maedchen.de
Mo bis Do: ganztägig nach Vereinbarung Mi 14-16 Uhr: ohne Anmeldung Di 10-11 Uhr, Do 14-15 Uhr: telefonische Beratung, Di 16-18 Uhr: kostenlose Betreuung Ess-Störungen 0800 5 03 58 85
Mädchenberatung rechtsrheinisch Buchheimer Str. 56, 51063 Köln-Mülheim Tel.: 0221/890 55 47; maedchenberatung-rechtsrhein@lobby-fuer-maedchen.de
Mi bis Fr: ganztägig nach Vereinbarung, Fr 14-18 Uhr: ohne Anmeldung
n Mäc-Up
Treffpunkt für Mädchen von 14-27 Jahren Gereonstr. 13, Nähe Bahnhof, 50670 Köln, Tel.: 0221/13 35 57
Essen, Trinken, Dusche, Wäsche waschen, Second-Hand-Kleidung, medizinische Versorgung, Beratung
Öffnungszeiten: Mo., Mi., Do. und Fr. von 12-15.30 Uhr Di. von 10-13 Uhr, Frühstück gibt es Di. und Mi., gekocht wird Mo. und Fr..
n Die Heilsarmee Sozialwerk GmbH Erik-Wickberg-Haus
Marienstr. 116-118, 50825 Köln Tel.: 955609–13
koelnewh@heilsarmee.de www.heilsarmee.de/ewh
Stationäre Einrichtung für wohnungslose Männer: Beratung und Unterstützung durch fachkompetente Mitarbeiter in den Bereichen: Wohnen, Arbeit, Gesundheit, Finanzen, Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten, Vollverpflegung und Möglichkeiten zur Selbstversorgung, Nachgehende Hilfen im „Ambulant betreuten Wohnen“, Freizeitangebote
n Notschlafstelle für Männer
Johanneshaus Köln, Annostr. 11, 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz, Tel.: 93 12 21-54 (tagsüber) und -26 (ab 18 Uhr), jhk-notaufnahme@johannesbund.de
Sozialarbeiterische Beratung, Erarbeitung einer Perspektive, Vermittlung in weiterführende Hilfen Aufnahme: Täglich (auch Sonn- u. Feiertags) ab 18 Uhr für wohnungslose Männer ab 18 Jahren
n „Reso“ – Resozialisierungsabteilung Johanneshaus Köln, Annostr. 11 50678 Köln, Nähe Chlodwigplatz Tel.: 93 12 21-54, th.klahr@johannesbund.de Hilfe für wohnungslose Männer mit sozialen Problemlagen nach § 67 SGB XII: Unterbringung, Verpflegung und Selbstversorgung, individuelle Einzelfallhilfen, Beschäftigungsangebote, Mo bis Fr.: 8-16.30 Uhr
Wer denkt schon im Strom der Touristen an Suppenküchen und Kleiderkammern? Und wo können Menschen ohne Budget täglich satt werden? Wie wild sind die Nächte am Dom wirklich? Und wo kann man sich mitten in der Stadt am besten zur Ruhe legen, wenn man kein Zuhause hat? Bei dem beliebten Kölner Stadtrundgang „Der doppelte Stadtplan“ werden DRAUSSENSEITER-Verkäufer zu „Experten der Straße“.