Strategie für die industrielle Gesundheitswirtschaft

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Strategie für die industrielle Gesundheitswirtschaft

Handelsgrenzen hochzieht, Globalisierung ohne Not zurückdreht und durch den damit beförderten Protektionismus die Gefahr der wirtschaftlichen Rezession und Verteuerungen erhöht. Der Wunsch nach Versorgungssicherheit hingegen muss sorgfältig aufgegriffen werden, in dem die geäußerten Ideen zu regionalen oder internationalen öffentlichen Reserven von Medizinprodukten, Schutzgütern, Desinfektionsmitteln und Medikamenten sinnvoll und koordiniert auf europäischer Ebene ausgestaltet werden. Hierzu empfiehlt sich der Aufbau einer digitalen Bestandsplattform von versorgungskritischen Medizin- und IVD-Produkten und -Komponenten. Des Weiteren entscheidend in diesem Prozess ist, dass Lieferketten, insbesondere bei versorgungsrelevanten Produkten unter Sicherung europäischer Produktionsstandorte und Diversifizierung, gestärkt werden, um die Entstehung strategischer Abhängigkeiten zu vermeiden oder diese zu verringern. Hierzu gehört, dass Industrieexpertise zu Lieferketten frühzeitig abgefragt und eingebunden wird, damit nicht an den derzeitigen Realitäten globaler Lieferketten vorbeigeplant wird oder andernorts gar Versorgungsengpässe für Patienten entstehen. Darüber hinaus muss in den Fokus der Diskussion rücken, dass eine dauerhafte Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Europa für die iGW hinsichtlich bereits vorhandener und der Ansiedlung zur Herstellung innovativer Produkte sichergestellt wird. Sämtliche Maßnahmen für die Förderung der Forschung, Entwicklung, Herstellung und des Absatzes von Produkten des medizinischen Bedarfs müssen dazu führen, dass Strukturen für z. B. Produktion, Entwicklung und Dienstleistungen gestärkt werden, die im internationalen Wettbewerb dauerhaft bestehen können. Dafür sollten in Abstimmung mit der Industrie gezielt Wettbewerbsfaktoren gefördert und ausgebaut werden, wie z. B. ein robuster Schutz geistigen Eigentums, der Abbau von Bürokratie im Sinne von beispielsweise vereinfachten Zulassungs- und Erstattungsverfahren, gleiche Berechtigung wie andere forschende Akteure beim Zugang zu Daten sowie die Ausbildung von Fachkräften. Die Stärkung des Standortes Europa sollte auch durch eine proaktive Gesundheitsaußenpolitik, zum Beispiel in Form von Handelsabkommen sowie gemeinsamen europäischen Kooperationsprojekten in Entwicklungs- und Schwellenländern, in denen die Unternehmen der industriellen Gesundheitswirtschaft in Kooperation mit staatlichen Stellen erfolgreiche Projekte zur Stärkung lokaler und regionaler Strukturen und Gesundheitssystemen beitragen. Neben diesen wichtigen wirtschaftlichen Maßnahmen, bedarf es mehr denn je eines strategischen Austauschs aller gesellschaftlichen und politischen Akteure zur Weiterentwicklung des Forschungs-, Wissenschafts- und Produktionsstandortes Europa und damit auch zur Sicherstellung einer exzellenten Patientenversorgung in ganz Europa. Die ordnungspolitische Frage ist die nach der Standortattraktivität für Investoren — bewertet im globalen Wettbewerb. Das bedeutet Öffnung statt Abschottung und attraktive Märkte für innovative Produkte. Außerdem bedarf es mutiger Investitionen in die Bildung und ihre Institutionen sowie in neue Technologien wie die Digitalisierung, um weiterhin eine breite Teilhabe der Gesellschaft zu ermöglichen. Deutschland ist Innovationsland und möchte laut Bundesforschungsministerin Anja Karliczek auch Innovationsland bleiben.19 Zuletzt haben die drei Bundesministerien für Bildung und Forschung (BMBF), für Gesundheit (BMG) und für Wirtschaft und Energie (BMWi) gemeinsam mit der Roadmap für die Innovationsinitiative „Daten für Gesundheit“ 20 einen wichtigen Grundstein für die digitale Medizin der Zukunft gelegt. Laut den Ministerien soll Deutschland bei der Entwicklung und Anwendung digitaler 1F

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Pressemitteilung (057/2020) BMBF zur Vorstellung Bundesbericht Forschung und Innovation 2020: <https://www.bmbf.de/de/karliczek-forschung-und-innovation-sind-unsere-staerke-11580.html> (13.05.2020). 20 BMBF, BMG, BMWi: Innovationsinitiative „Daten für Gesundheit“: Roadmap für eine bessere Patientenversorgung durch Gesundheitsforschung und Digitalisierung: <https://www.bmbf.de/upload_filestore/pub/Daten_helfen_heilen.pdf>.

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