
3 minute read
Genehmigungsverfahren
Lösungsvorschläge
▪ In Europa existiert bereits ein System für den Emissionshandel, das größere politische
Möglichkeiten bietet, zu einer internationalen Klimapolitik zu kommen. Der Emissionshandel hat gezeigt, dass er ein geeignetes und wirksames Instrument internationaler
Klimapolitik ist. Deutschland und seine Wirtschaft sind aufgefordert, einen deutlichen
Beitrag zum internationalen Klimaschutz zu liefern, der nur auf der globalen Ebene wirksam umgesetzt werden kann. Instrumente sollten darauf abgestimmt werden, sich internationalisieren zu lassen. ▪ Oft fallen Unternehmen der iGW aus der Befreiung der EEG-Umlage (abhängig von der
Stromkostenintensität), obwohl sie systemrelevante Produkte herstellen. Hier wäre eine
Unterstützung wegen der Systemrelevanz (nicht zuletzt aufgrund der Covid-Krise) hilfreich, um Produktion in Deutschland auch im Sinne der Versorgungssicherheit zu unterstützen.
Genehmigungsverfahren
Status quo
▪ Die Herausforderungen mit Naturschutz und Umweltrecht in Deutschland sind im europäischen Vergleich einmalig, obwohl alle EU-Mitgliedstaaten die gleichen Vorgaben haben. ▪ Langwierige Genehmigungsverfahren und die Unberechenbarkeit ihres Ausgangs erschweren Investitionsentscheidungen in Deutschland. Die Dauer von Genehmigungsverfahren sowie der Umfang und Inhalt der vorzulegenden Unterlagen nimmt stetig zu, während sich gleichzeitig die Personalsituation in den Genehmigungs- und Fachbehörden verschlechtert. Die Klagebereitschaft gegen Industrieprojekte steigt ebenso, wie die
Möglichkeiten, solche Klagen erfolgreich durchzuführen. ▪ Unternehmensvertreter, die ein Projekt planen und die notwendigen Investitionen verantworten, können nur sehr schwer die Dauer des Verfahrens vorhersehen, geschweige denn, ob eine Genehmigung für das gewünschte Projekt überhaupt erteilt wird. Das gilt insbesondere auch für Forschungsprojekte. Gerade für die durch Patentlaufzeit beschränkten Wertschöpfungszeiträume innovativer Arzneimittel und Medizinprodukte ist die Auswahl eines effizienten FuE-Standorts zentral. Bürokratische und langwierige Genehmigungsprozesse verringern daher die Attraktivität eines Standorts z. B. für klinische Studien. ▪ Ein Genehmigungsverfahren nach Immissionsschutzrecht dauert nach Antragseinreichung derzeit im Schnitt zwischen sechs Monaten und zwei oft sogar drei Jahren. Hinzu
kommt die Zeit für die Vorbereitung des Genehmigungsverfahrens und die Erstellung der Antragsunterlagen. ▪ Für die Vorbereitung des Verfahrens bis zur Einreichung des Antrags rechnen Unternehmen je nach Verfahrensumfang zwischen drei Monaten und 1,5 Jahren. Die Kosten eines Genehmigungsverfahrens belaufen sich – zusammengerechnet in einem durchschnittlichen Verfahren – auf 10.000 bis 500.000 Euro oder 3 bis 5 Prozent der Bausumme. Ein Großteil der Ausgaben fließt in Gutachten, welche zwischen 5.000 und 120.000 Euro kosten. Kam ein Genehmigungsverfahren vor 15 Jahren noch mit durchschnittlich zwei Gutachten aus, so sind es heute fünf bis zehn Gutachten. 72F 83F 85 ▪ Die iGW ist kurzen Innovations- und Vermarktungszyklen ausgesetzt. Diese reduzierte „Time to and on the market“ bedarf einer schnellen Produktionsanpassung. Damit bleibt keine Zeit für lange Genehmigungsverfahren.
Vision
▪ Eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für den Bau und Betrieb von Industrieanlagen ist dringend geboten, da lange Planungs- und Genehmigungsverfahren ein extremer Standortnachteil für Deutschland sind. Die zügige und umfassende Digitalisierung der Verwaltungsverfahren kann dazu einen Beitrag leisten. ▪ Aus Sicht der deutschen Industrie sind die Entwicklung einer bundeseinheitlichen Software, ein umfassendes Behördenportal und eine damit einhergehende Anpassung des
Rechtsrahmens notwendig und geboten und sollten in der nächsten Legislaturperiode in Angriff genommen werden. 73F84F 86
Lösungsvorschläge
▪ Genehmigungs- und Erlaubnisverfahren müssten aus Sicht der deutschen Industrie so gestaltet werden, dass sie weitgehend ohne gutachterliche oder anwaltliche Unterstützung beantragt werden können. ▪ Verfahren entschlacken: Die Genehmigung von Anlagen muss effektiv und effizient werden. Planspiele können unter Beteiligung von Industrie und Behörden ein geeignetes
Instrument sein, um im Vorfeld neuer Regelungen Probleme zu erkennen und praxisgerechte Lösungen zu diskutieren. Wesentlich ist zudem, die Gerichtsverfahren zu verkürzen. Immer wieder werden Streitfälle über alle Instanzen hinweg ausgetragen. ▪ Klare Rechtsbegriffe verwenden: Unklare Rechtsbegriffe wie „zumutbar“, „praktisch vernünftig“ oder „Gefahrenerhöhung“ erschweren oft die Arbeit der Behörden und forcieren die Angst vor Auslegungsfehlern. Um auf der vermeintlich sicheren Seite zu sein, fordern die Mitarbeiter zunehmend Gutachten ein und verfolgen mitunter eine Null-Risiko-
85 BDI-Position: Genehmigungsverfahren vereinfachen – Rechtssicherheit für Produktionsanlagen schaffen, März 2020. 86 BDI-Stellungnahme: Genehmigungsverfahren digital denken, November 2020.