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Wirtschaftspolitisches Klima

könnte die europäische Initiative GAIA-X sein, bei der ein föderiertes Cloud System aufgebaut werden soll, das den Prinzipien der DSGVO entspricht. ▪ Mit Blick auf den Patientendatenschutz sind punktuelle Anpassungen der DSGVO erforderlich. So sollten EU-Bürger ihre Daten einfacher zu Forschungszwecken bereitstellen können (sogenannter Broad Consent). ▪ Wichtig ist außerdem, ein standardisiertes, mehrstufiges, und patientenzentriertes Einwilligungsverfahren zur Datenfreigabe, um Rechtssicherheit zu schaffen. Neben der technischen Infrastruktur (z. B. auf Basis der geplanten europäischen Dateninfrastruktur

GAIA-X) benötigt ein europäischer Gesundheitsdatenraum auch eine ökonomische Infrastruktur, die die Entwicklung datengetriebener Geschäftsmodelle unterstützt, aber dennoch so reguliert ist, dass ein fairer und breiter Zugang zu Daten zu wirtschaftlich angemessenen Konditionen geschaffen wird. ▪ Letzten Endes ist die erfolgreiche digitale Transformation im Gesundheitswesen nicht nur eine Frage von Technologie und Gesetzgebung, sondern durch diese unterstützt, eine kulturelle und vor allem eine Frage des Vertrauens. Bürger müssen durch den Erwerb digitaler Kompetenzen (z. B. in der Aus- und Weiterbildung in allen Bildungsbereichen) und den ersichtlichen Nutzen, den die Digitalisierung stiften kann, unterstützt werden, Vertrauen zu fassen, um den kulturellen Wandel mitzugehen.

Ökologische und ökonomische Rahmenbedingungen

Wirtschaftspolitisches Klima

Status quo

▪ Die Entscheidung der Unternehmen, in Deutschland oder Europa zu investieren oder gar zu produzieren, hängt mit der immer noch intakten Wertschöpfungskette und mit einem vielversprechenden Innovationsökosystem zusammen, das den Standort attraktiv macht. In der Digitalisierung hingegen sind die europäischen Unternehmen jedoch nicht

Innovationstreiber, was zu Lasten neuer Kooperationen und Innovationen geht. Die zunehmend datenbasierte Forschung und Innovation läuft Gefahr andernorts stattzufinden. ▪ Globaler ökonomischer Druck zur Gewinnmaximierung durch Risikogeschäfte mit hohem Investitionsbedarf einerseits und der andererseits steigende Preisdruck bzw. Gewinnunsicherheiten in den Erstattungssystemen stecken den Rahmen für Unternehmensentscheidungen. ▪ Die iGW wird politisch vornehmlich als Kostentreiber wahrgenommen. Aufgrund dessen erfährt die industrielle Gesundheitswirtschaft in Politik und Öffentlichkeit bisher mangelnde Wertschätzung bezüglich ihres direkten wirtschaftlichen Beitrags (u. a. BIP und sichere, hoch qualifizierte sowie gut bezahlte Arbeitsplätze) und der Sicherung der

öffentlichen Gesundheit und damit essenziellen Grundlage für eine gesunde Bevölkerung und eine wachsende Wirtschaft. ▪ Weitere zentrale Probleme: Zunehmende staatliche Eingriffe in privatwirtschaftliches

Handeln (z. B. Corona-Sondergesetzgebung, Diskussion über Patenteinschränkungen in Arzneimittel- und Impfstoffentwicklung), Überregulierung des Gesundheitssystems, hohe bürokratische Hürden und teils jahrelange Verzögerungen durch die Bewertungsverfahren in der Selbstverwaltung. ▪ Derzeit fehlt eine aktive wirtschaftspolitische Entwicklung der iGW als hochi nnovative, spitzentechnologie-basierte und von einem enorm hohen Exportpotenzial geprägten

Branche.

Vision

▪ Die iGW benötigt konkrete Unterstützung, indem verlässliche Rahmenbedingungen die Innovationskraft unterstützen. Vor allem wird aber eine Wertschätzung für die

Wertschöpfung benötigt. Dies gilt insbesondere im Wettbewerb mit anderen Anbietern in einem globalisierten Weltmarkt und unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen eines vereinten Europas. Diese Wertschätzung muss politischer Konsens sowie öffentlich und offensichtlich sein, damit die iGW ihre volle Innovationskraft auch weiterhin in Deutschland zur Verfügung stellen kann.

Lösungsvorschläge

▪ Bedeutung des Gesundheitswesens anerkennen, verbunden mit einer politischen Priorisierung und entsprechenden Budgetierung (Gesundheit als Rückgrat von Wirtschaft und Gesellschaft, Anerkennung von Gesundheit als „high politics“). ▪ Gründung eines Expertenkreises aus der iGW analog des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, der speziell zu Themen sowie Gesetzen, welche die iGW betreffen, befragt und berücksichtigt wird und dabei sowohl die deutschen wie auch europäischen Rahmenbedingungen beurteilt. Denkbar wäre darüber hinaus die Erstellung eines gesundheitswirtschaftlichen Gutachtens im zweijährigen Rhythmus durch den iGW-Expertenkreis. Idealerweise soll auch auf EU-Ebene ein entsprechender Expertenkreis etabliert werden und die DG Competition beraten, die die wesentlichen Weichen für die europäische Industriepolitik mitgestaltet. ▪ Konsequente Umsetzung eines „health-in-all-policies“-Ansatzes, z. B. durch - eine obligatorische Folgeabschätzung im Bereich öffentlicher Gesundheit in jeder Gesetzgebung, die gesundheitsindustrie- oder versorgungsrelevant ist. Dabei sollte die Folgenabschätzung bewerten, inwiefern die Versorgung und Sicherheit der Bevölkerung sowie eine Innovations- und Digitalisierungsförderung der Industrie sowie industrie- und handelsbezogene Maßnahmen positive Effekte auf Effizienz und Versorgung von Gesundheitsdiensten und -systemen haben. Dies entspräche den Sustainable Development Goal (SDG) 3, 9 und 17 der Vereinten

Nationen. Unter SDG 3 steht der Versorgungsansatz von Gesundheit im Fokus. SDG 9 setzt sich zum Ziel, eine nachhaltige Industrialisierung zu fördern und Innovationen zu unterstützen und über Ziel 17 werden die Partnerschaften zwischen iGW, Regierungen und sonstigen Akteuren gestärkt; - standardmäßig zu erstellende ökonomische Berechnungen alternativer Szenarien bei Preiseingriffen, die nicht nur die gesamtwirtschaftlichen Effekte des Einsparpotenzials der GKV quantifizieren, sondern auch eine Modellierung der denkbaren Intensität der negativen Effekte auf die inländische Wertschöpfung gegenrechnen; - Einführung einer Mitberatungspflicht des Wirtschaftsausschusses für bestimmte Gesetze, die wirtschaftliche Auswirkungen auf die Unternehmen der iGW nach sich ziehen können. ▪ Erweiterung und Fortführung der Dialogformate auf Landes- sowie Bundesebene. Orientierung können dabei die in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen initiierten Foren,

Dialoge und Runden Tische geben. Die genannten Bundesländer schärfen damit ihr

Verständnis, welche Rahmenbedingungen die iGW benötigt, um sich am Standort weiter entwickeln zu können. Entscheidend ist eine breite politische Basis unter Einbezug aller betroffenen Ministerien (Gesundheit, Wirtschaft und Forschung). ▪ Planungssicherheit, verlässliche Rahmenbedingungen (v. a. Bekenntnis zum Patentschutz, keine retrospektive Rückerstattung oder Zwangsabgaben nach Kassenlage). ▪ Maßvolle Belastung bei der Corona-Krisenbewältigung: Anreizwirkung zur Standortsicherung, Forschung und Vermarktung erhalten. ▪ Zugang zu Exportmärkten durch multilaterale und bilaterale Kooperation erhalten.

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