74 HEALTH ECONOMY
Freitag, 16. Oktober 2020
Digitaler Boom
LOGISTIK
Großhandel will Vernetzung WIEN. Die Wartelisten in Österreichs Apotheken für die heurige Grippe-Impfung und der weltweite Wettlauf um ein Vakzin gegen das Coronavirus machen für den Großhandelsverband Phago deutlich: Es reicht nicht bloß, den Wirkstoff gegen eine Krankheit zu haben. Die Impfdosen müssen gut verteilt werden.
Der digitale Gesundheitsmarkt wird in Europa bis 2025 um 50% auf 232 Mrd. Euro steigen. Das zeigt eine neue Analyse.
© PantherMedia/Wavebreakmedia (YAYMicro
Verteilung verbessern Der Vizepräsident des Verbands, Bernd Grabner (er ist gleichzeitig Präsident der europäischen Dachorganisation aller Voll-Großhändler), bekräftigt: „Es braucht eine gute Koordination bei der Verteilung der Impfstoffe. Bei den Grippe-Impfstoffen weiß derzeit niemand genau, welche Einrichtung welcher Stelle wie viele Dosen zur Verfügung stellt. Der Bund bestellt Impfdosen, die Bundesländer sowie einzelne Städte bestellen für sich und die Apotheken bestellen ebenso. Die Koordination der Impfstoff-Verteilung muss in eine Hand kommen.“ (red)
Die Corona-Pandemie beschleunigt die Digitalisierungsprozesse im Gesundheitswesen, sagen Experten.
••• Von Martin Rümmele
© Phago/Bernhard Wolf
Impfkampagne Großhändler kritisieren eine Unübersichtlichkeit bei der Verteilung von Impfstoffen.
medianet.at
WIEN. Vor der weltweiten Corona-Pandemie standen viele Patienten dem Arztbesuch per Videochat oder der Datenübermittlung an Versorger eher kritisch gegenüber. Durch den täglichen Umgang mit digitalen Dienstleistungen und Produkten ändert sich diese Ausgangslage. Damit nimmt der digitale Gesundheitsmarkt weiter an Fahrt auf. Das zeigt eine neue Studie des Beratungsriesen Roland Berger, für die rund 500 Experten weltweit befragt wurden. Fusionen und Übernahmen Für Europa erwarten die Experten Corona-bedingt einen Boom: Der digitale Gesundheitsmarkt in Europa soll bis 2025 auf 232 Mrd. € wachsen, ein Plus von fast 50%; für Deutschland liegt die Prognose bei 57 Mrd €. Die Experten gehen davon aus, dass die Pandemie den Digitalisierungsprozess der Branche insgesamt um rund zwei Jahre beschleunigt. „Die Ergebnisse
unserer Befragung übertreffen die des Vorjahres deutlich“, stellt Karsten Neumann, Partner bei Roland Berger und einer der Autoren, fest. „Wir erwarten eine entsprechend hohe Dynamik im Markt, die in den kommenden Jahren auch Fusionen und Übernahmen nach sich ziehen wird.“ Das durch die Pandemie beschleunigte Wachstum trifft
Es steigen auch die Chancen für Unternehmen und Plattformanbieter aus dem Gesundheitswesen. Karsten Neumann Roland Berger
auf einen stark fragmentierten Markt: Einerseits versuchen sich große Technologieunternehmen mit riesigen Datenmengen zu positionieren, andererseits bringen kleinere Anbieter Applikationen und spezielle Lösungen für bestimmte Krankheiten auf den Markt. 2019 waren sich noch 61% der Experten sicher, dass die großen Tech-Konzerne bis 2025 ein integraler Bestandteil des Gesundheitssystems sein werden; die aktuellen Umfrageergebnisse zeigen jedoch: Lediglich 10% der Patienten mit Vorerkrankungen würden sich an diese Unternehmen wenden. „Damit steigen die Chancen für Unternehmen und Plattform anbieter aus dem Gesundheitswesen, die als Schnittstelle virtuelle und reale Dienstleistungen kombinieren“, sagt Neumann. An diese neuen Plattformmodelle sollten sich auch ambulante Dienstleistungsanbieter anpassen – ansonsten laufen sie mittelfristig Gefahr, marginalisiert oder aus dem Markt gedrängt zu werden.