Thun-Magazin Nr. 1, März 2021

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GESCHICHTE

Der lange Weg zum Frauen­ stimmrecht in Thun Vor 52 Jahren durften Thunerinnen zum ersten Mal über Sachvorlagen der Stadt Thun ­abstimmen. Für die Frau war der Weg zum Wahl- und Stimmrecht lang und steinig. Ein Blick zurück. Das Recht, wählen zu gehen und gewählt werden zu können, war den Thunerinnen bereits vor über 100 Jahren ein Anliegen. 1916 entstand in Thun die sozialdemokratische Frauengruppe, die Referate hielt, das Frauenstimmrecht propagierte und das poli­tische Interesse der Frauen förderte. Bis das Wahl- und Stimmrecht für Frauen in Thun im Jahr 1968 eingeführt war, vergingen Jahre des Ringens um politische Gleich­stellung.

Erste kantonale Abstimmung Schweizweit wie auch auf kantonaler Ebene erfolgten mehrere Anläufe – Petitionen und Vorstösse – jedoch ohne das gewünschte Ergebnis. 1956 kam im Kanton Bern eine erste Vorlage zur ­fakultativen Einführung des Frauenstimmrechts in den Ge­meinden an die Urne. Die kantonale Stimmbevölkerung lehnte sie allerdings ab. In Thun stiess die Vorlage auf Zustimmung, die Mehrheit stimmte dafür. Die Premiere Zwölf Jahre später, am 18. Februar 1968, hiessen 52 Prozent der Berner Stimmbürger den zweiten Anlauf zum fakultativen Stimmrecht gut. Ende Juni sprach sich die Thuner Stimmbevölkerung mit 66,4 Prozent für eine entsprechende Regelung auf Gemeindeebene aus. Der erste Urnengang der Thunerinnen stand am 2. März 1969 an. Es bestanden drei Vorlagen: das Budget für das Jahr 1969, die Gewährung von sechs Prozent Teuerungszulagen an das Gemeindepersonal und die Bewilligung von Sonderbauvorschriften an der äusseren Länggasse. 26 Prozent der Thu­ nerinnen stimmten ab. Die Thuner waren an der Urne mit 36 Prozent vertreten. Alle Vorlagen wurden angenommen. Zwei Frauen im Stadtrat Am 6. Dezember 1970 standen in Thun die Gemeinde- und Stadtratswahlen an.

Unter den 172 Kandidierenden für den Stadtrat waren erstmals 30 Kandidatinnen. Die Stimmbeteiligung der Thunerinnen von 57 Prozent war für damalige Schweizer Verhältnisse ungewöhnlich hoch. Mit der Freisinnigen Barbara König-Ziegler und der Sozialdemokratin Käthi Hänni-Loder nahmen zwei Frauen Einzug in den Stadtrat. Im Februar 1971 reichte Käthi Hänni-Loder ihr erstes Postulat ein. Es forderte, die Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungs­ leistungen besser über ihre gesetzlichen Ansprüche aufzuklären. Barbara König-Zieglers erstes Postulat vom 7. Mai 1971 beantragte die Produktion eines Schulblattes, welches den engeren Kontakt zwischen Schule und Eltern fördern sollte. Beide Postulate wurden angenommen. 1980 wurde Barbara König-Ziegler zur ersten Thuner Stadtrats­ präsidentin gewählt.

Bild: D er erste Urnengang für ­Thunerinnen am 2. März 1969.

Auszug aus der Geschichte

Jahrelanges Engagement von ­ rauengruppen. F 1945: Petition für ein kommunales Frauenstimmrecht mit 50 000 Unterschriften z. Hd. des Berner Grossrats. 1956: Kantonale Abstimmung zu ­fakultativem Gemeindestimmrecht für Frauen. 1968: Zweite kantonale Abstimmung. Einführung des fakultativen ­Frauenstimmrechts auf Gemeindeebene. Einführung in Thun.

Text: Fabio Burri Bild: zvg

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