TM Nr. 5 / 2016

Page 19

AUSBILDUNG

«Ich bin der Stadt Thun wahnsinnig dankbar» Seit 1962 verfügt die Stadt Thun über einen eigenen Stipendienfonds. Thunerinnen und Thuner können bei der Stiftung Stipendienfonds ein Gesuch um Ausbildungsfinanzierung stellen. So hat dies vor einigen Jahren auch Xavier Garzón getan. Heute übt er seinen Traumberuf Berufsschullehrer aus.

Xavier Garzón vor dem Rathaus Thun.

Xavier Garzón überlegt nicht lange: «Ja, Berufsschullehrer ist

werden und sparte auf sein Ziel hin. Doch die Steuern (damals

mein Traumberuf. Ich finde es schön, junge Erwachsene in diesem

musste man sie zwei Jahre rückwirkend bezahlen) machten ihm

spannenden Lebensabschnitt zu begleiten und ihnen etwas mitzu-

einen Strich durch seine eng kalkulierte Rechnung. Garzón fragte

geben für das Leben. Das ist sehr erfüllend.» Garzón unterrichtet

den Kanton um Stipendien an. Dieser verwies ihn jedoch an seine

Polymechanikerinnen und Polymechaniker am Bildungszentrum

Eltern. Da aber sein Vater zu dieser Zeit schwer erkrankte, konnte

Interlaken bzi. «Es ist eine Berufs- und Lebensschule», sagt

er ihn auch nicht unterstützen. Die Situation schien nicht sehr

Garzón. In den vier Jahren bringt er seinen Lernenden unter ande-

aussichtsreich. Durch Zufall erfuhr Garzón vom Stipendienfonds

rem bei, wie man sein Leben meistert – wie man ein Budget macht

der Stadt Thun (siehe Infokasten). Er reichte ein Gesuch um Un-

zum Beispiel. Garzón selbst musste als Sohn eines spanischen

terstützung ein – und es wurde bewilligt.

Arbeitsimmigranten während seiner Studienzeit lernen, haushälterisch mit Geld umzugehen. Trotz seiner Sparsamkeit kam er an

Finanzielle und psychische Entlastung

einen Punkt, an dem er fremde Hilfe annehmen musste.

«Ich bin der Stadt Thun wahnsinnig dankbar für die Unterstützung», sagt Garzón. Das Geld bedeutete für ihn nicht nur eine fi-

Durch Zufall vom Stipendienfonds erfahren

nanzielle Entlastung, sondern auch eine psychische. Gerade der

Als gelernter Hochbauzeichner entschloss sich Xavier Garzón im

zweite Punkt sei nicht zu unterschätzen, zumal die Zeit während

Alter von 30 Jahren, noch studieren zu gehen. Er wollte Lehrer

des Studiums finanziell keine einfache gewesen sei. Garzón musste trotz der Hilfe durch die Stadt Thun während des vierjähri-

Stipendienfonds der Stadt Thun

gen Studiums an der PH Bern nebenbei 50 Prozent auf dem Bau arbeiten. Eine intensive Zeit.

Thun will die Chancengleichheit im Zugang zur Bildung

«Heute kann ich die Früchte ernten», sagt Garzón. Aus Dankbar-

fördern. Die Stadt verfügt seit 1962 über einen eigenen

keit bezahlt Garzón heute jeden Monat freiwillig 50 Franken in

Stipendienfonds. Dieser wird vom Amt für Bildung und Sport

den Stipendienfonds ein: «So kann ich der Stadt etwas zurückge-

verwaltet. Als Ergänzung zu den kantonalen Stipendien

ben und Menschen helfen, die sich in einer ähnlichen Situation

können Thunerinnen und Thuner bei der Stiftung Stipendien-

befinden wie ich damals.»

fonds ein Gesuch um Ausbildungsfinanzierung stellen. Der Stiftungsrat behandelt die Gesuche dreimal im Jahr. Es steht

Text Simone Tanner Bild Marc Riesen

jährlich ein Betrag von 125 000 Franken zur Verfügung. Die Gesuchformulare und weitere Informationen sind abrufbar unter: www.thun.ch/stipendien

thun! das magazin 19


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.
TM Nr. 5 / 2016 by WEBER VERLAG - Issuu