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MENSCHEN
«Im Steuerhaus steht ein Mensch, kein Roboter» Der einstige Zimmermann Hans von Gunten wechselte in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zur BLS Schifffahrt – vorübergehend, wie er meinte. Heute steuert er als Kapitän stolz die Schiffe der Thunerseeflotte und überholt sie im Winter.
Kapitän Hans von Gunten verständigt sich auf der «Blümlisalp» übers Sprachrohr mit dem Maschinisten.
Hans von Gunten, erzählen Sie uns etwas über sich? Ich werde demnächst 60 Jahre alt, bin seit 34 Jahren verheiratet, Vater von drei erwachsenen Kindern und zweifacher Grossvater. Aufgewachsen bin ich in Sigriswil, seit längerer Zeit aber wohnhaft in Thun. Wie sind Sie zur Schifffahrt gekommen? Eigentlich bin ich gelernter Zimmermann. Nach drei Jahren Berufserfahrung traf mich 1971 die Rezession und ich musste mich nach einer anderen Tätigkeit umsehen. Bedeutete die Schifffahrt damals für Sie ein Traumberuf? Nein, zuerst gar nicht, ich sah die Schifffahrt als Übergangslösung an. Die ersten vier Jahre arbeitete ich auf dem Brienzersee. Ab Frühling 1976 auf dem Thunersee. Mit den Jahren kamen immer mehr Aufgaben und Verantwortung dazu, was mich immer mehr faszinierte. Und wie sind Sie dann trotzdem Kapitän geworden? Begonnen habe ich als Matrose, dann bin ich aufgestiegen zum Untersteuermann, später zum Steuermann und dann zum Schiffsführer. Seit dem 1. Januar 1997 bin ich Kapitän. Heute bin ich natürlich stolz auf das Erreichte und habe grosse Freude an meiner Arbeit. Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit besonders? Der Umgang mit Menschen und die Verantwortung, die der Kapitän zu übernehmen hat. Auch die rund sechs Monate in der Werft während den Wintermonaten sind für mich eine ideale Abwechs-
lung. Im Herbst, wenn wir an Land gehen, erwarten uns die geregelte Arbeitszeit und mein ursprünglicher Beruf. Für welche Arbeiten sind Sie in der Werft zuständig? Ich bin in der Schreinerei tätig. Meine Hauptaufgaben gelten den Personentreppen, die ich vielfach im Alleingang auf Vordermann bringe und den Holzdecks. Bei den Holzdecks ersetzen wir verfaulte Decklatten und die Gummifugen werden neu vergossen, anschliessend geschliffen. Dabei lassen Sie den Beruf des Zimmermanns aufleben. Sicher. Am Augenfälligsten kam das beim Dampfschiff «Blümlisalp» zur Geltung. Im Winter 2005/06 arbeitete ich am neuen 1.-KlasseDeck. Ich gehöre aber auch zu den drei Kapitänen, die dieses einmalige Schiff steuern dürfen. Total sind wir acht Kapitäne. Wie schwierig ist es, ein Schiff zu steuern? Man muss das Schiff kennen, jedes hat seine Eigenschaften. Zudem gilt es, die Beladung, den Wind und die Geschwindigkeit einzuordnen. Im Steuerhaus steht ein Mensch, kein Roboter. Müssen Sie im Frühjahr beim Saisonstart Testfahrten absolvieren? Als Schifffahrtskapitän gehe ich mit Euphorie in die neue Saison. Testfahrten sind für uns nicht nötig, wir starten mit der Erfahrung der letzten Saison. Für uns Kapitäne ist wichtig zu wissen, welche Schiffe auf dem Trockendock waren und was für Arbeiten und Änderungen gemacht wurden. Mit überholtem Unterwasser sind sie wieder schneller – etwas, das wir berücksichtigen müssen.