Ein Markttag auf dem Kabisplatz Wann in Rorschach das erste Kornhaus gebaut wurde, steht nicht fest. Gesichert ist, dass zur Zeit von Abt Ulrich Rösch das damalige Kornhaus von 1630 bis 1648 umgebaut und vergrössert wurde. Das monumentale Kornhaus, das heute als Wahrzeichen der Stadt gilt, ist das Werk von Abt Cölestin Gugger von Studach, der das Kornhaus von 1747 bis 1748 bauen liess. Baumeister war Giovanni Caspare Bagnato aus Como. Rund um den Bodensee baute Bagnato auch das Schloss und die Schlosskirche auf der Insel Mainau und das neue Schloss in Meersburg. Fast jede alte Schweizer Stadt besitzt ihr grösseres oder kleineres Kornhaus, das an die Sorge um das tägliche Brot in alter Zeit erinnert, als die raschen Verkehrsmittel noch fehlten. Eine Missernte in einer verhältnismässig kleinen Gegend brachte Not und Teuerung ins Land. In gleicher Weise wirkten sich Kriege mit Kornsperren aus. Diesem Übel konnte man nur durch die Anlage von Vorräten entgegenwirken. Zum Beispiel durch den Bau von Lagerhäusern und Kornhäusern. Diese dienten meist auch dem Fruchthandel. Hier kaufte der so genannte Hausvater, der keinen eigenen Acker besass, Brotgetreide und liess es beim Müller mahlen. Die bekannteste Mühle in Rorschach war die Feldmühle, südlich des Hafens gelegen. Sie war bis 1845 in Betrieb. Das Markt-, Münz- und Zollrecht besass Rorschach seit 947. König Otto I. verlieh es Abt Craloh. Anderthalb Jahrhunderte diente das Kornhaus als Lager- und Handelsplatz für Getreide. Von hier aus erfolgte die Versorgung der umliegenden Gebiete mit Brotfrucht, die aus fast allen Orten am schwäbischen Ufer des Bodensees eingeführt wurde. Rorschach war im 19. Jahrhundert bis nach dem Bau der Eisenbahnen (1856 und 1869) der Mittelpunkt des ostschweizerischen Kornhandels. Doch mit dem Ausbau der Eisenbahn und der Strassenwege verlor das Rorschacher Kornhaus seine Bedeutung. Immer mehr wurden die Ankäufe im Produktionsgebiet selbst getätigt und die Frucht direkt in die Mühlen geliefert. Seit 1909 dient das Kornhaus als Lagerhaus und ist heute Sitz des Museums im Kornhaus und des Schifffahrtsamts des Kantons St. Gallen. Jeden Donnerstag war im Kornhaus Markttag. Vor dem Kornhaus und auf dem Kabisplatz wimmelte es von Fuhrwerken, Fuhrleuten und Käufern. Müller und Bäcker erschienen, um ihren Bedarf zu decken. Und auch die Bürgersfrau liess sich ihren Sack füllen. Es sollen jeden Markttag hundert vierspännige Ge-
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