1 Bedeutung von Klöstern und Klosterbibliotheken Für viele Schweizerinnen und Schweizer sind Klöster etwas Fremdartiges, scheinbar aus der heutigen, schnelllebigen Zeit Ausbrechendes. Klösterliche Gemeinschaften werden als weltabgewandter, eher konservativer Gegenpol zu unserer auf stetiges Wachstum bedachten, individuell-pluralistischen Gesellschaft wahrgenommen. Darin begründet liegt aber auch eine gewisse Faszination am Anderen, am Gegensätzlichen. Diese Faszination führt dazu, dass bestimmte Elemente der Klosterkultur (Gärten, Brauereien, Apotheken etc.) in der Öffentlichkeit und in den Medien immer wieder präsent sind und oftmals ein treues Publikum finden. Allerdings verdeckt die heutige Andersartigkeit von Klosterkultur bisweilen die jahrhundertealte Tradition der Klöster, die f ür unsere europäische Kultur ausserordentlich prägend war. Abendländische Klöster waren (und sind) nie nur Orte geistlichen Lebens, sondern auch Orte des Handwerks, der Landwirtschaft, der Medizin, der Wissenschaft und der Kunst. Die Ausprägung der aufgezählten Aspekte kann sich in zeitlicher und geographischer Hinsicht oder in Abhängigkeit von Geschlecht und Ordenszugehörigkeit stark unterscheiden. So waren die Klöster des Früh- und Hochmittelalters bedeutende Wirtschaf tsunternehmen (Grundherrschaf t, Handwerk) sowie Kulturträger und -vermittler (Schulen, Skriptorien, Bibliotheken), of tmals sogar die einzigen. Sie waren im Abendland praktisch die alleinigen Träger auch des medizinischen Wissens (Heilkunde, Apotheken), bevor um 1200 erste Universitäten gegründet wurden. Ebenso wenig darf ihr politischer Einfluss unterschätzt werden, waren sie doch vielfach Versorgungsinstitutionen f ür adlige Familien und dadurch mit den oberen Gesellschaf tsschichten auf s engste verknüpf t. Mit dem Auf kommen der Städte entwickelten sich ab dem 13. Jahrhundert bürgerliche Institutionen (Spitäler, Schulen), die gewissermassen in Konkurrenz zu denjenigen von Geistlichen traten. Spätestens mit der Reformation verloren die Klöster ihre ehemals grosse Bedeutung in Bildung und Wissenschaft, welche in katholisch gebliebenen Gebieten in der Zeit des Barocks erhalten werden konnte oder gar neuen Auftrieb erhielt. Schon im Mittelalter und dann in der Frühen Neuzeit entstanden neue Ordensformen, die sich Auf gabenfelder in der städtischen Seelsorge, der katholischen Reform oder der Gegenreformation erschlossen. Sowohl Frauen- als auch Männerklöster wandten sich verstärkt sozial-karitativen Aufgaben, der Bildungstätigkeit für breitere Bevölkerungsschichten und der Mission ausserhalb Europas zu. Klöster, die nicht im Zuge der Ref ormation oder der Säkularisierungsbewegungen der Französischen Revolution und des 19. Jahrhunderts aufgehoben wurden, und die in der Schweiz im Vergleich mit Nachbarländern wie Frankreich oder Deutschland in ziemlich grosser Anzahl bis heute bestehen, bewahren ihre Rolle als Träger regionaler und lokaler kultureller Identität nach wie vor. Ihre Gebäude und Kirchen, denen oftmals stadt- oder ortsbildprägende Bedeutung zukommt, gelten als herausragende Baudenkmäler, die unter besonderem Schutz