marie 71/ Mai 2022

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Mittendrin in V

Schutzberechtigt

Text und Foto: Frank Andres

J le Check ist nicht einfach, weil ich ja die Stelle neu aufbaue. Ich habe viel Verantwortung, aber auch viel Vertrauensvorschuss, Rückenwind und Gestaltungsfreiraum. Ich bin gefordert und muss meine Energie gezielt einsetzen.“ Die Einzelausstellung hatte sie schon vor dem Jobangebot zugesagt. „Gut, dass es so ist. Dadurch musste ich sofort einen Weg finden, beides zu verbinden“, sagt die 34-Jährige. Es ihr ihr wichtig, sowohl als Künstlerin wie auch als Kunstvermittlerin tätig zu sein.

DOUBLE CHECK ...ist die von Kulturabteilung und Bildungsdirektion neu geschaffene Fachstelle für Kultur und Bildung in Vorarlberg. Aufbauend auf der Arbeit des Vorarlberger Kulturservice (VKS) ist Double Check mit Bürositz in Hohenems Service-, Anlauf-, Koordinationsund Förderstelle für Pädagog:innen, Kunst- und Kulturproduzierende, Lehrlingsausbildner:innen, Kinder und Jugendliche. Ziel ist das nachhaltige Verankern von Kunst und Kultur im Bildungsbereich. www.double-check.at

„früher oder später“ eine Ausstellung von Melanie Greußing 13. Mai 2022 bis 26. Oktober 2022 im Egg Museum, Vereinshaus Egg, Pfarrhof 5 www.egg-museum.jimdosite.com, www.melanie-greuszing.at

oy Imade und ihre vier Kinder können vorerst in Österreich bzw. in Dornbirn bleiben. Das hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl entschieden. Allerdings hat die Familie keinen Asylstatus bekommen, sondern eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte. Diese wird Personen gewährt, deren Aslyantrag zwar abgewiesen wurde, aber deren Leben oder Gesundheit im Herkunftsland (Nigeria) bedroht wird. Konkret ging es um den ältesten Sohn von Joy, bei dem Autismus diagnostiziert worden war. Der Anwalt der Familie, Gregor Klammer, hatte im neuen Asylantrag explizit darauf hingewiesen, dass Joys Sohn nicht nur keine Betreuungsmöglichkeiten in Nigeria gehabt hätte, sondern auch persönlicher Verfolgung augesetzt gewesen wäre. Er wäre laut Zeitung „Der Standard“ Gefahr gelaufen, Opfer von sogenannten „Teufelsaustreibungen“ zu werden. Einschlägige Vorgeschichten bezüglich gewaltvoller Voodoo-Rituale habe es laut der Mutter bereits in der Familie gegeben. Joy ist nach dem vorerst positiven Bescheid aus Wien erleichtert. „Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich und meine Familie unterstützt haben“, sagte sie im Gespräch mit der marie. Der Fall von Joy und ihren vier Kindern hatte zuletzt im August 2021 österreichweit für Aufsehen gesorgt (die marie berichtete). Damals konnte die Abschiebung der Familie erst in letzter Minute verhindert werden.

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Illustration © Gerd Altmann via pixabay

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oder genauer gesagt, an den Beziehungen, die dem Menschsein zugrunde liegen. „Wir sind seit Urzeiten in Gruppen sozialisiert. Alles, was Menschen tun, tun sie letztlich für Menschen. Beziehungen machen unser Menschsein aus. Es ist erfüllend, in Beziehungen Liebe, Zeit und Energie zu investieren.“ Eines ihrer Werke heißt „Couples“ – eine Fotoserie, bei der die Betrachtenden selber reflektieren können, welche Personen eine Liebesbeziehung miteinander haben. Ein anderes nannte sie „Contact“. Dabei handelt es sich um eine Performance, bei der die Berührungspunkte zwischen einem Tänzer und einer Tänzerin via Leuchtobjekte auf den von der Künstlerin selbst genähten Kostümen sichtbar werden. Zudem webt sie für die Ausstellung in Egg gerade aus Plakatplanen eine Art Vexierbild, bei dem ein Mann neben einem Boot entweder ganz sichtbar oder ganz unsichtbar ist. „Da hat mich die Frage interessiert, wie es sein kann, dass ein Mensch in einem Moment total zugewandt wie abgewandt sein kann.“ „Wer künstlerisch tätig ist, erzählt naturgemäß sehr viel über sich selbst“, gibt die Künstlerin zu, nichtsdestotrotz sei für sie Kunst immer ein Diskurs. „Mir ist es wichtig, dass meine künstlerischen Arbeiten es schaffen, andere anzusprechen, sie zu berühren, in ihnen etwas auszulösen – unabhängig von mir und meinen Gedanken. Im besten Fall kommen sie mit sich selbst in einen Dialog.“ Für ihre Kunstwerke arbeitet Melanie Greußing mit den verschiedensten Materialien und Techniken, je nach Inhalt tüftelt sie die passende gestalterische Umsetzung aus. Oft liegen ihren Werken Fotografien zugrunde, die sie während ihrer zahlreichen Reisen gemacht hat. „Fotografieren ist für mich eine Art künstlerische Forschung oder auch ein Werkzeug und ein Fundus.“ Die vielfältigen Betätigungsfelder, in denen sie bereits aktiv war, bilden auch einen Fundus für ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin von Double Check. „Mein Auftrag ist es, Kunst in der Bildung zu verankern, vom Kindergarten bis zur Matura sowie für Lehrlinge. Ich bin die Schnittstelle zwischen Pädagoginnen und Pädagogen und den Künstlerinnen und Künstlern. Dabei stehen für mich die Kinder und Jugendlichen im Zentrum. Es geht um die Bereicherung, die Kunst und Kultur für alle Beteiligten sein kann.“ Auf die abschließende Frage, wie sie ihre beiden Professionen unter einen Hut bringe, meint Melanie Greußing: „Der Spagat zwischen meiner Kunst und Doub-

#71 | Mai 2022


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