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Sprechen wir über Barrierefreiheit

Für Ingela Wallin (rechts im Bild), ist Dagny Carlsson ein lebendes Geschichtsbuch. Wo immer sie unterwegs sind, weiß Dagny alles über die Gebäude und Kirchen. „Ich bin neugierig. Wenn du das nicht bist, wirst du gar nichts erfahren,“ sagt Dagny.

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ten Tag schrieb Dagny in ihren Blog, dass sie erst spät in der Nacht zurück nach Hause kam. Sie erwähnte auch, dass sie einen Brief von der Königin erhalten hatte und wie sehr sie sich gefreut hatte, ihre Freunde und Familie zu sehen. Dagnys großer Tag wurde auch von anderen gefeiert: Ihr nächstgelegener Supermarkt, ICA Nära, schickte ihr Mazarin-Törtchen mit ihrem Porträt darauf. Sie berichtete ihren Leser*innen, dass sie die vielen Karten, die ihr geschickt wurden, für Zeiten, in denen sie sich einsam fühlt, aufbewahren würde. Schließlich versprach sie, mit ihrem Blog weiterzumachen, aktiv zu bleiben und sich davor zu hüten, „alt zu werden“.

Am Montag, zwei Tage nach der Feier, verspürte Kerstin den plötzlichen Impuls, rüber zu Dagnys Haus zu gehen, das nur ein paar Wohnblocks entfernt war. „Ich bekam keine Antwort, als ich an der Tür klingelte und normalerweise öffnete sie immer“, erinnert sich Kerstin. „Schließlich rief ich in den Briefkastenschlitz und bekam dann die Antwort, dass sie nicht aufstehen könne. Ich begann, mir große Sorgen zu machen und rief den häuslichen Pflegedienst an.“ Sie waren schnell vor Ort und öffneten die Wohnungstür. Dagny war gefallen und so gelandet, dass sie ihren Notrufknopf nicht betätigen konnte. Niemand weiß, wie es passiert war und wie lange sie dort gelegen hatte. Der Krankenwagen kam und brachte sie ins Krankenhaus.

Seither war Dagny noch nicht wieder in ihrer Wohnung, in die sie in den 1970ern mit Harry gezogen war. Ihre fast 100 Quadratmeter große Wohnung mit einem nur 27 Quadratmeter kleinen Zimmer in ihrer neuen Unterkunft zu tauschen, war eine große Umstellung. Dennoch hat Dagny immer noch das Gefühl, dass es am besten für sie ist: Es war zu einsam und zu schwierig, allein zu leben.

Nur kurze Zeit später waren in den Zeitungen diese Überschriften zu lesen: „Dagny Carlsson, 109, spendet ihre Wohnung der Krebsstiftung“ und „Dagnys Eine-Millionen-SEK-Schenkung nach ihrem Umzug ins Pflegeheim“. Dagny erzählt mir, dass es schon lange ihr Wunsch war, an die Krebsstiftung zu spenden. „Der Krebs nahm mir meinen Ehemann“, sagt sie. Es versagt ihr die Stimme und ihre Augen füllen sich mit Tränen. Sie selbst hat Angst, unter Krankheiten zu leiden, aber nicht vor dem Tod. „Jeder wird irgendwann sterben“, sagt sie nickend. „Aber es ist nichts, das ich herbeisehne.“

Bis jetzt ist Dagny gesund geblieben. Sie vermutet, dass das an den guten Genen, den Spaziergängen und der vielen Kuhmilch liegt, die sie getrunken hat – und immer noch trinkt. Sie führt es auch auf die Liebe und Freundschaft in ihrem Leben zurück, dass ihr Körper und Geist fit bleiben. Aber nicht alles ist mehr, wie es war: Ihr Gehör versagt. Man muss entweder in ihr Ohr schreien oder ein kleines Mikrofon benutzen, das die Stimme auf Kopfhörer, die sie trägt, weiterleitet.

Kerstin hingegen hat sich durch Laufen fit gehalten. Sie ist bei Wettbewerben 35 Zehn-Kilometer-Läufe für Frauen gelaufen: den letzten erst vor acht Jahren. „Es war auf Mallorca. Ich war mit meiner Girlgroup dort, die sich Hot Legs nannte“, grinst sie.

Dagny freut sich schon, 110 Jahre alt zu werden, und sie hofft auf ein großes Ereignis. Dem Altwerden jedoch sieht sie weniger optimistisch entgegen. „Daran ist wirklich überhaupt nichts gut!“, lacht sie. „Aber man muss ja alt werden! Doch man kann ein paar gute Dinge zusammensammeln“, fügt sie mit einem Lächeln hinzu. „Vor allem Erinnerungen.“

Genau dieses Zusammenspiel von Ehrlichkeit und Humor ist es, weshalb die Leute ihren Blog lieben. Es gibt so viele Erfahrungen und Weisheiten, von denen man lernen kann. Für mich – denn ich bin 78 Jahre jünger – ist ihr Rat, nett zu meinen Liebsten zu sein, hart zu arbeiten und sicher zu gehen, dass ich immer etwas zu tun habe, besonders ansprechend. „Sitz bloß nicht untätig herum!“, warnt mich Dagny.

Dagny ist seit ihrem Sturz im Mai 2021 nicht zum Bloggen gekommen. Ihre Freundin und Computer-Lehrerin Elena Ström hatte Dagnys Leser*innen über das Leben der 109-Jährigen auf dem aktuellen Stand gehalten. Erst Ende Herbst konnte Dagny wieder übernehmen. Dagny sagt mir, dass sie nicht glaubt, dass sie noch eine Zukunft haben wird, jetzt, wo sie ein fortgeschritte„Am Altwerden ist wirklich nichts gut!“, lacht sie. „Aber man muss ja alt werden! Doch man kann ein paar gute Dinge zusammensammeln – vor allem Erinnerungen."

nes Alter erreicht hat. Trotzdem hat sie noch Träume. „Jetzt gerade träume ich davon, rauszugehen und etwas zu erleben!“, sagt sie lächelnd. „Ich möchte die Mitternachtssonne sehen!“

Es ist Montagmorgen und die Leute auf der Götgatan flitzen draußen vor dem Fenster vorbei. Wenn ihr Blick auf die Gunnarsson Konditorei fällt, schauen sie einmal und blicken dann noch ein zweites Mal hinein. Und zwar weil Dagny Carlsson am Fenster sitzt, während sie ihr Shrimpsbrötchen isst. Freitag hatte sie den Wunsch geäußert, diesen Ausflug zu machen. Und so ist es dann auch gekommen. Allerdings findet sie nun, dass das Brot zu zäh und die Mayonnaise zu viel ist. Dagny bittet um ein großes Glas Milch und trinkt es zügig aus. Ihre Fingernägel sind frisch lackiert in hellrosa. Ihre Freundin Ingela Wallin hatte sie letzte Woche mit zur Maniküre genommen. Heute ist Ingela die Chauffeurin ihrer besten Freundinnen Dagny und Kerstin.

Während wir raus zum Auto gehen, erzählt mir Ingela, dass sie Dagny kontaktiert hat, nachdem sie ihren Blog gelesen hatte. „Ich verstand, wie einsam sie war“, sagt sie. „Als das Rampenlicht ausging (nachdem sie wegen ihres Sturzes einen Gang herunterschalten musste), war das Leben nicht mehr so spaßig.“ Ingela bemüht sich, in das Mikrofon zu sprechen, damit Dagny hören kann, was sie sagt. „Also habe ich dich angerufen und gefragt, ob du einen Kaffee trinken möchtest“, sagt sie zu Dagny. Die beiden haben nicht nur Kaffee getrunken. Ingela hat Dagny auch zu verschiedenen Abenteuern mitgenommen. Als nächstes werden sie essen gehen – es soll Gans geben. Im Sommer unternehmen sie vielleicht einen Ausflug zur Mitternachtssonne.

Ingela beschleunigt und bremst dann scharf ab, als das Auto in die Kurve fährt. Dagny mag Geschwindigkeit. Wir lassen die Götgatan hinter uns und fahren in Richtung Fotostudio, wo uns ein Fotograf erwartet. Eine Schulklasse kommt gerade vorbei, als wir den Eingang erreichen. Dagny, die 109-jährige Bloggerin, steigt aus dem Auto aus, hält ihren Gehwagen entschlossen fest und lächelt. Ingela sagt den Kindern, wer da gerade vor ihnen steht, und sie brechen in Jubel und Applaus aus.

Zwischen den mit Graffiti besprühten Wänden des Studios soll die 60-jährige Freundschaft zwischen Dagny und Kerstin auf dem Film verewigt werden. Kerstin hakt sich bei Dagny ein. „Na komm, meine Freundin“, sagt sie mit einem Lächeln.

Übersetzt ins Deutsche von Translators Without Borders

Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Faktum / International Network of Street

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„Das Runde muss in das Eckige“

Das waren noch Zeiten, als gegnerische Fußballmannschaften am Bahnhof abgeholt und gemeinsam mit den Fans der Heimmannschaft zum Fußballplatz eskortiert wurden. Begleitet von einer Musikkapelle spazierten die Kicker zu ihrer Arbeitsstätte. In den 1920er Jahren war dies durchaus üblich. Üblich war allerdings auch, dass während des Spiels die Fetzen flogen.

Text: Gerhard Thoma, Fotos aus: „Vorarlberger Fußballgeschichte“

Spieler und Schiedsrichter mussten mit dem Schlimmsten rechnen. Im November 1920 trafen die Teams des FC Bregenz und der zweiten Mannschaft des Turnerbunds Lustenau – Vorgängerin der Lustenauer Austria – zu einem Freundschaftsspiel aufeinander. Die Partie musste beim Stand von 2:2 abgebrochen werden, „weil der Schiedsrichter, ein Lustenauer, ohne Erklärung davonlief“, wie die Presse berichtete. Der Unparteiische ließ daraufhin via Presse verlauten, dass er sich von einer wütenden Menge bedroht gefühlt habe. Genaue Recherchen ergaben, dass der Schieri einen Bregenzer Spieler tätlich attackiert hatte. Das Opfer hatte die Hiebe offenbar provoziert. Der Schiedsrichter, Arthur Grahammer, wurde wegen „Tätlichkeit“ einen Monat gesperrt, der Spieler für 14 Tage „disqualifiziert“.

Im Oktober 1932 schlugen in Hohenems rasende Zuschauer mit Regenschirmen und Stöcken auf das siegreiche Team des SV Feldkirch und den Schiedsrichter ein. Die Begegnung zwischen Bludenz und Hag Lustenau musste nach 60 Minuten wegen Schlägereien abgebrochen werden, die Lustenauer Spieler konnten die Arena nur unter Polizeischutz verlassen. Öfters gab es so grobe Fouls, dass sogar die Medien mahnten: „Kämpfen ist gut, holzen und drauflos hauen ist bös“.

Die Probleme lagen damals gewiss in der mangelhaften Ausbildung der „Männer in Schwarz“ sowie mangelhafter technischer Fähigkeiten der Spieler, besonders in den unteren Ligen. Nicht nur Schiedsrichter liefen davon, sondern auch Mannschaften. Ob in Dornbirn, Lustenau, Bludenz oder Bregenz: Ganze Teams verließen vorzeitig das Spielfeld, weil „der Schiedsrichter seiner Aufgabe ganz und gar nicht gewachsen war“. Der Vorarlberger Fußballverband (VFV) reagierte „unter Berücksichtigung mildernder Umstände“, wie es seitens des VFV hieß, mit einer einwöchigen Sperre der Mannschaften. 1937 gab es in Vorarlberg 14 Fußballplätze und 18 Vereine. Nur selten mit Umkleide- und Waschkabinen. Das erledigte man in benachbarten Häusern. Beim FC Bregenz beispielsweise war Klementine Schmuck für die Reinigung der Trikots zuständig. „Mutter Klementine“ war bei jedem Spiel dabei und hatte ihren Ehrenplatz direkt am Spielfeld. Jeder Spieler brachte ihr persönlich sein Trikot, welches sorgfältig von Hand gewaschen und im Hof getrocknet wurde. Aber nur von jenen Akteuren, die es in ihren Augen auch verdient haben. Wer zu wenig Leistung und Kampfgeist zeigte, musste sich selbst um seine Wäsche kümmern. Diese Erfahrung machte unter anderem ein Spieler namens Patzall, dem Mutter Klementine gleich nach Abpfiff Bescheid gab: „Patzall, du muasch gär nit wäscha ku, du bisch a nünte gsi, dass as gierat.“

Weltstar kickt in Bludenz

Jahrzehnte lang dominierten die Teams aus Lustenau die Vorarlberger Fußballszene, vor allem der FC Lustenau. Selbst die Lustenauer Reserveteams hatten keinen Gegner zu fürchten. Schlau und mit Glück engagierten die Lustenauer immer wieder Spitzenspieler aus Wien. Die Stars und Nationalspieler trainierten die Teams nur einige Wochen lang, aber von Otto Hamacek, Ferdl Wessely, Leopold Huber etc. konnten Jung und Alt auch in kurzer Zeit viel lernen.

Pech hatten die Bludenzer, als sie es den Lustenauern gleichtun wollten. 1934 engagierten sie hoffnungsvoll den Wiener Fußballer Josef Graf, der sich als „Internationaler“ anpries. Bald stellte sich heraus, dass Josef nur der untalentierte Bruder des berühmten, bei Austria Wien spielenden Nationalspielers Karl Graf war. Josef war eher ein „internationaler Scharlatan“.

Dafür angelte sich Bludenz, die spätere Rätia, einen der besten Fußballspieler aller Zeiten: Franz „Bimbo“ Binder. Der Stürmer von Rapid Wien schoss in rund 750 Spielen mehr als 1000 Tore und war ein Weltstar. Durch die Kriegswirren hatte es ihn 1945 nach Tirol zum FC Kufstein verschlagen. Genau dort absolvierte der FC Bludenz im September als erstes Vorarlberger Fußballteam nach dem Zweiten Weltkrieg ein Match außerhalb der Landesgrenzen. Bei der 1:3-Niederlage kassieren sie zwei Binder-Tore. Auch das Rückspiel geht mit 2:4 verloren. Am 1. Mai 1946 kommt Binder wieder ins Ländle: Zur Eröffnung des Fußballstadions in Bregenz – und diesmal mit seinem Team Rapid Wien. Über 14.000 Zuschauer, so viele wie nie zuvor, drängen sich um das Spielfeld, wollen die legendäre Wiener Meister-Elf um Binder, Wagner, Körner, Happel und Aurednik sehen. Die Ländle-Auswahl aus Lustenauer und Bregenzer Kickern unterliegt „nur“ 0:4. Fünf Tage später geben die Rapidler ein Gastspiel auf dem Fohrenburg-Sportplatz in Bludenz und siegen vor 3000 Zuschauern – mehr passten nicht hinein – mit 12:1. Aber die Bluden-

„Patzall, du muasch gär nit wäscha ku, du bisch a nünte gsi, dass as gierat.“

zer knüpfen Kontakte: Im Juli 1946 schlüpft der 33-jährige „Bimbo“ Binder ins Bludenzer Dress. Eine Sensation! Nach einigen Wochen, zahlreichen Trainingseinheiten und Freundschaftsspielen, kehrt Binder allerdings wieder nach Wien zurück.

Die Situation für die Fußballteams während und nach dem Zweiten Weltkrieg war sehr schwer. Viele Vereine wurden durch den Krieg dezimiert. Die Toten und Verletzten werden durch Kinder aus der „Hitler-Jugend“ ersetzt. Ein trauriges Schauspiel. In jeder Hinsicht: Im Herbst 1945 konnte die Vorarlberger Meisterschaft zwar wieder beginnen, aber das Ende eines Spiels war nicht absehbar. Die Partie zwischen Dornbirn und Höchst musste 20 Minuten vor Schluss abgebrochen werden, weil der Spielball kaputt war. Ein Ersatzball war nicht aufzutreiben. Die Zuschauer gingen enttäuscht nach Hause. Als der neu gegründete Fußballklub in Koblach beim FC Lustenau um alte, gebrauchte Fußballschuhe bettelte, erhielten sie – nichts. Der einstige Paradeklub teilte mit, er befinde sich selbst in „Mitleidenschaft“.

LITERATURTIPP „Vorarlberger Fußballgeschichte“ Autoren und Gestaltung: Christian Rhomberg, Siegfried Margreiter, Gerold Mohr Buchdruckerei Lustenau, 2021.

Mannschaft des FC Bludenz im Juli 1946 mit Franz „Bimbo“ Binder (stehend, 5. v. l.). „Bimbo“ Binder gilt heute noch als einer der weltbesten Stürmer, erzielte in rund 750 Spielen über 1000 Tore. Wo immer der Rapid Wien-Star auflief, waren die Stadien pump voll. Das Gastspiel in Bludenz dürfte er eher zur „Sommerfrische“ genossen haben. Er war aber dennoch bei mehreren Freundschaftsspielen dabei.

Ausverkauftes Haus und Action pur auf dem Blumenauplatz in Lustenau: Fußball als Familienfest. 1932 spielte der FC Lustenau gegen Österreichs Serienmeister Admira Wien, damals eines der besten Teams in Europa. Als die Wiener am Bahnhof Dornbirn eintrafen, standen Jugendliche bereit, um den Stars ihr Gepäck ins Hotel zu tragen. Aus der Schweiz trafen Sonderzüge ein. 6500 Zuschauer sahen einen 8:2-Sieg der Admira. „Es war Fußballkunst allererster Marke“, schrieb das Volksblatt, „sie hätten leicht sechs Tore mehr machen können“. In Vorarlberg selbst konnte Jahrzehnte lang keine Mannschaft den verschiedenen Teams aus Lustenau das Wasser reichen.

Von den zahlreichen Pokalen des FC Lustenau blieb nicht viel übrig: Die meisten wurden während des Zweiten Weltkriegs eingeschmolzen und in Waffen verwandelt.

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